Projektbeschreibung zweiter Teil

Die Komitees für den Rostock-Berliner Kanal in Rostock und Neu-Ruppin überreichten unter dem 11. und 21. Februar 1875 dem preußischen Handelsminister das von einem der ersten Kanalbautechniker Deutschlands entworfene Projekt des Rostock-Berliner Kanals mit den dazu gehörigen Originalkarten, Profilen und Plänen und den von mir herausgegebenen Broschüren über jenes Projekt, — die Resultate vieljähriger, mühevoller, sorgfältiger und mit großen persönlichen Opfern verbundener Arbeiten — und erbaten eine Mitteilung darüber:
1) ob und in welcher Weise der Handelsminister bereit wäre, das projektierte Unternehmen durch Staatsmittel zu unterstützen, und
2) ob derselbe geneigt sei, wegen dieser Angelegenheit sich mit den Großherzogl. mecklenburgischen Regierungen in Verbindung zu setzen.
Zur Motivierung ihres Gesuches bezogen sich die Petenten auf die erschienenen Broschüren, in welchen eingehend dargelegt ist, dass nach Lage der Sache nicht darauf zu rechnen wäre, den ganzen Betrag der zum Bau des Kanals erforderlichen Mittel auf dem Privatkapitalmarkt aufzubringen, dass vielmehr das projektierte Unternehmen ohne die Hilfe der zunächst beteiligten Staaten nicht realisierbar wäre. In jenen Broschüren sind ferner die verschiedenen Möglichkeiten besprochen, wie das Unternehmen durch die Hilfe Preußens und der beiden Mecklenburg ausgeführt werden könne. Preußen könne ohne finanzielles Opfer ein bis zwei Millionen zur Ausführung des Kanals, der für die preußische Strecke 3 Millionen Thaler kosten würde, à fonds perdu beitragen. Denn im Falle des Zustandekommens des Rostock-Berliner Kanals könnten die vom Abgeordnetenhause für den Rheinsberger Kanal und die Korrektion der Havel unterhalb Oranienburg — welche Anlagen in die Richtung des ersteren sielen — bereits bewilligten, aber noch nicht verwandten Summen im Betrage von etwa einer Million Thaler gespart werden. Außerdem kämen noch andere Projekte und Korrektionen in Betracht, welche sich dringend empfehlen und voraussichtlich früher oder später doch ausgeführt würden, welche aber für den Fall des Zustandekommens des Rostock-Berliner Kanals durch diesen ersetzt werden, wie das auf Veranlassung der Stadt Rheinsberg vollständig bearbeitete und zu 350.000 Thlr. veranschlagte Kanalprojekt von dort bis Zippelsförde am Rhin und die notwendige Korrektion des Rhin von Zippelsförde bis zum Möllen-See. Außerdem aber würde die Ausführung des Rostock-Berliner Kanals den Wert der in der Nähe desselben befindlichen ausgedehnten Königl. Forsten beträchtlich steigern. Preußen würde daher selbst dann, wenn es selbst aus Staatsmitteln die preußische Strecke des Kanals erbaute, keinen finanziellen Verlust erleiden, da anzunehmen sei, dass mindestens die Hälfte des Anlagekapitals durch die Einnahme der Kanalgebühren gedeckt werde. Jedenfalls aber erscheine es zweckmäßiger, dass Preußen, anstatt das Geld auf vereinzelte Fluss- und Kanalstrecken zu verwenden, dasselbe dem Rostock-Berliner Kanal zuwende, um dadurch einen jene Strecken passierenden, ununterbrochenen, großartig angelegten Kanal zu erlangen, welcher den Wohlstand und die Steuerlast des Landes und insbesondere der Provinz Brandenburg in überraschender Weise heben würde.

Am 12. Juni 1875 hat aber der preußische Handelsminister auf Grund der von zwei Technikern der Regierung zu Potsdam, den Regierungs- und Bauräten Weishaupt und Blut, geforderten Gutachten eine ablehnende Antwort erteilt, welche Aktenstücke in der erwähnten letzten Broschüre über das Kanalprojekt abgedruckt sind. Beide Komitees haben darauf dem Handelsminister ein in dieser Broschüre gleichfalls mitgeteiltes Gutachten ihres Technikers, des Wasserbau-Inspektors Heß, überreicht, in welchem die gegen dessen Projekt erhobenen Einwendungen, welche sich in erster Linie gegen die projektierte Wassertiefe von 2 Meter richten, Punkt für Punkt widerlegt sind, und in einer, in der Broschüre gleichfalls mitgeteilten ausführlichen Eingabe vom 5. Oktober 1875 den Antrag gestellt:
ihr Gesuch einer erneuerten Prüfung zu unterziehen und das Projekt des Rostock-Berliner Kanals den wasserbautechnischen Mitgliedern der Königl., technischen Baudeputation zur Begutachtung vorzulegen.
Außerdem ist in jener Eingabe der Handelsminister ersucht worden:
die Projekte des Rheinsberger Kanals und der Havelstrecke Pinnow-Hennigsdorf in der Richtung der betreffenden Heßschen Projekte und die auf jenen Strecken erforderlichen Bauwerke entsprechend den Dimensionen des Rostock-Berliner Kanals, oder doch mit Rücksicht auf die letzteren, ausführen zu lassen.


Diese letzte Bitte ist damit gerechtfertigt, dass, wenn jene Bauten ohne Rücksicht auf das demnächstige Zustandekommen des Rostock-Berliner Kanals in projektierter Weise zur Ausführung kommen, der Anlage des letzteren neue, nicht unerhebliche Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden, während, wenn in beantragter Weise vorgegangen wird, die spätere Ausführung desselben sehr viel leichter ist, indem auf jene Weise schon Teile desselben fertig gestellt werden.