Projektbeschreibung vierter Teil

In hohem Grade erfreulich ist es, dass das Rostock-Berliner Kanalprojekt von der Presse, insbesondere von den angesehensten technischen Blättern, äußerst günstig beurteilt worden ist. In meiner Broschüre über den Stand jenes Projektes habe ich bereits darauf hingewiesen. Auch nach dem Erscheinen dieser Broschüre, welche die betreffenden amtlichen Aktenstücke im Wortlaut enthält, hat die Fachpresse das Projekt gegenüber den von den beiden Regierungsbauräten gemachten Einwendungen in Schutz genommen. Die „Deutsche Bauzeitung" vom 1., 8. und 15. April 1876 enthält eine ausführliche Kritik des Projekts Seitens des rühmlichst bekannten Wasserbau-Inspektors J. Schlichtung in Tilsit, in welchem dem Heß'schen Erachten die größte Anerkennung zu Teil wird. Aus den Vorlagen ergibt sich, so heißt es unter Anderem darin, „dass der im Gebiete der Kanaltechnik schon seit lange bekannte Verfasser den ihm gewordenen Auftrag zur generellen Projektierung des Rostock-Berliner Kanals mit besonderer Sachkenntnis erledigt und den Nachweis der technischen Ausführbarkeit des Kanals, soweit ein solcher von einer generellen Bearbeitung verlangt werden kann, in der Tat geliefert hat." In Betreff der Speisungsverhältnisse wird bemerkt, dass sich ein sicheres Urteil nur durch sorgfältige Messungen der abfließenden Wassermengen gewinnen lasse, dass diese Aufgabe aber unbedenklich den speziellen Vorarbeiten überlassen werden könne, „da die auf der Scheitelstrecke vorhandenen großen Seebecken mit ihrem mächtigen Niederschlagsgebiete zu der Annahme berechtigen, dass sich die erforderliche Speisewassermenge unter allen Umständen, nötigenfalls mit Geldopfern, beschaffen lässt." Schließlich wird der Wunsch ausgesprochen, dass sich die Differenzen wegen der Kosten der Anlage insoweit beseitigen lassen „dass mit Aufstellung spezieller Vorarbeiten zu dem im allgemeinen Landesinteresse so notwendigen Unternehmen begonnen werden konnte." — In einem Artikel der „Baugewerkszeitung" vom 12. Dezember 1875 wird das Kanalprojekt den Angriffen der beiden Regierungsbauräte gegenüber energisch verteidigt und demselben das Lob gespendet, dass es „mit seltener Sachkenntnis und Umsicht" ausgearbeitet sei. Die veranschlagten Kosten der Erd- und Baggerungskosten werden für ausreichend angenommen. Die projektierte Tiefe von 2 Meter wird für notwendig erachtet, um den Transport auf die billigste, schnellste und zuverlässigste Weise und mit dem geringsten Wasserkonsum bewirken zu können. Es würde ein großer Fehler sein, wenn die in Frankreich, Holland und Belgien gemachten Erfahrungen unbenutzt bleiben sollten, zumal bei einem Kanal, der die Hauptstadt des deutschen Reiches mit dem Meere verbinden solle und hoffentlich ein Muster für eine Reihe nachfolgender Kanäle werden würde. Wenn es für möglich erachtet würde, durch eine Aktiengesellschaft einen erheblichen Teil des veranschlagten Kapitals aufzubringen, so scheine es nicht gerechtfertigt zu sein, auf Grund einer hiervon abweichenden Ansicht von vornherein die Unterstützung des Staats zu verweigern, so lange nicht der Beweis vorliege, dass das Kapital nicht flüssig gemacht werden könne. In dem Artikel heißt es dann: „Wir wollen uns daher der Bitte des Herrn Wiggers anschließen, dass von Seiten des Herrn Handelsministers eine nochmalige Begutachtung des Projekts, und zwar im Handelsministerium selbst, angeordnet und sodann eine bestimmte Erklärung abgegeben werden möchte, unter welchen Bedingungen das Komitee für den Bau des Rostock-Berliner Kanals auf die Gewährung einer Beihilfe von Seiten des Staats rechnen darf." — In der „Deutschen Bauzeitung" vom 5. und 19. August 1876 wird über den Rostock-Berliner Kanal nach den darüber im Hause der Abgeordneten stattgehabten Verhandlungen in einem unseren Anschauungen entschieden günstigen Sinne von einem anderen, als dem zuerst erwähnten Referenten berichtet. Das Zurückkommen auf diesen Gegenstand wird mit Rücksicht auf die Bedeutung jenes Projekts an sich und im Hinblick auf die allgemeine Wichtigkeit jener Verhandlungen für die weitere Entwicklung eines geordneten Wasserstraßennetzes motiviert. Die Verhandlungen im Abgeordnetenhause über die von mir eingereichte Petition werden dahin aufgefasst, dass dasselbe gegen die Art und Weise, wie ein Projekt dieses Ranges Seitens der preußischen Verwaltung bisher behandelt sei, ohne dass die Sache richtig untersucht worden wäre, energisch Verwahrung eingelegt habe. Schließlich will ich noch auf einen Artikel des „Deutschen Handelsblatt" vom 16. Dezember 1875 hinweisen, welcher die Einwendungen der beiden Regierungsbauräte wider das Kanalprojekt in sehr scharfer Weise bekämpft und der Bitte um erneuerte Prüfung desselben sich mit dem Bemerken anschlicht, dass, „wo in jahrelang ausdauernder Arbeit mit eigenen Geldopfern so viel Tüchtigkeit der Selbsthilfe für Unternehmungen von großer Bedeutung zum Wohl des Landes auftritt", der Staat seine hilfreiche Hand bieten sollte.