Projektbeschreibung fünfter Teil

Zur weiteren Begründung der an den preußischen Handelsminister gerichteten Eingaben vom 11. und 21. Februar und vom 5. Oktober 1875 und zur Verteidigung des Projekts gegenüber den Einwendungen, welche regierungsseitig gegen dasselbe im Schoße der Budget-Kommission und in der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 21. Juni 1876 erhoben worden sind, richtete ich im Auftrage des mecklenburgischen Kanalvereins an den Handelsminister am 30. August 1876 eine Eingabe, welcher ich Nachstehendes entnehme.

Aus dem Umstande, dass zu den Kosten der Vorarbeiten Staatshilfe gewährt ist, hat der Regierungs-Kommissarius einen Einwand gegen das Projekt entnommen, indem derselbe daraus die Folgerung zog, dass die beteiligten Adjazenten [Nachbarn] dem Unternehmen nur eine geringe Bedeutung beilegten. Dagegen hat der Handelsminister sein Interesse für den projektierten Kanal damit begründet, dass derselbe das Haus der Abgeordneten mit Erfolg aufgefordert hat, einen Beitrag von 1.500 Thlr. zu den Vorarbeiten für die preußische Strecke des Kanals zu leisten. Es darf daher angenommen werden, dass der Handelsminister mit dem erhobenen Einwand nicht einverstanden ist. Denn entgegengesetzten Falls würde derselbe die Bewilligung einer Staatshilfe nicht beantragt und das betreffende Gesuch des Neu-Ruppiner Komitees sofort abgelehnt haben. Derselbe hat sich auch in einer mir erteilten Audienz in wohlwollendster Weise über das Projekt ausgesprochen und seine Bereitwilligkeit erklärt, denjenigen Teil der Kosten der Vorarbeiten für die preußische Strecke, welcher durch freiwillige Beiträge nicht aufgebracht werden sollte, aus Staatsmitteln zu decken. Auch von dem Abgeordnetenhause steht nicht anzunehmen, dass dasselbe die beantragte Staatshilfe genehmigt haben sollte, wenn es der Ansicht gewesen wäre, dass daraus Konsequenzen zum Nachteil des Projekts hergeleitet werden könnten. Schwerlich würden auch die Komitees zu Rostock und Neu-Ruppin Staatshilfe zu den Kosten der Vorarbeiten erbeten haben, wenn sie hätten voraussetzen können, dass ihnen dies zum Vorwurf gemacht werden würde. Sie würden dann vielmehr von vornherein auf Staatshilfe verzichtet und versucht haben, den ganzen Betrag der Vorarbeitungskosten durch freiwillige Beiträge der Lokalinteressenten aufzubringen. Beide Komitees sind im Gegenteil von der Voraussetzung ausgegangen, dass eine staatliche Beteiligung an den Kosten der Vorarbeiten dem Unternehmen insofern förderlich sein werde, als dadurch das Interesse der betreffenden Staaten an dem Unternehmen bekundet würde.


Der wesentliche Teil der Vorarbeitungskosten ist übrigens durch freiwillige Beiträge der Interessenten beschafft worden. Von jenen Kosten, welche für die ganze Strecke von Rostock nach Berlin 10.000 Thlr. betragen haben, sind fast zwei Dritteile durch Beiträge der Lokalinteressenten aufgebracht.

Allerdings hat die Aufbringung der Kosten der Vorarbeiten für die mecklenburgische Kanalstrecke unserem Komitee die größten Schwierigkeiten bereitet. Aber es ist auch bekannt, welchen Skeptizismus die öffentliche Meinung zu der Zeit, wo wir die erforderlichen Vorarbeitungskosten aufzubringen versuchten, der Anlage von Kanälen entgegensetzte. Es war am Ende des Jahres 1869, nachdem im voraufgegangenen Juni der Zentralverein für Hebung der deutschen Fluss- und Kanalschifffahrt gestiftet war, als wir zuerst für das Rostock-Berliner Kanalprojekt auftraten. Unsere Bestrebungen wurden aber durch den Krieg mit Frankreich unterbrochen, und wir konnten erst nach dem Friedensschluss unsere Tätigkeit, die erforderlichen Mittel für die Vorarbeiten zu beschaffen, wieder aufnehmen. Die Kanäle wurden aber noch zur damaligen Zeit in Deutschland als ein überwundener Standpunkt betrachtet. In der öffentlichen Meinung galt es gewissermaßen als ein Axiom, dass Kanäle durch die Eisenbahnen überflüssig geworden seien. Der unmittelbare Vorgänger im Amte des jetzigen Handelsministers war noch ein entschiedener Gegner der Bestrebungen des erwähnten Zentralvereins. Umso schwieriger war die Aufgabe des letzteren. Seiner unermüdlichen Tätigkeit, welche er trotz der entgegenstehenden Schwierigkeiten entfaltet hat, ist es zu danken, dass die öffentliche Meinung über die Bedeutung der Kanalfrage mehr und mehr aufgeklärt ist. Auch der Mecklenburgische Kanalverein hat, wenn auch mit geringeren Kräften und auf einem beschränkteren Terrain, dazu beigetragen, die öffentliche Meinung für die Entwicklung des deutschen Kanalnetzes zu gewinnen. Aber erst in neuester Zeit, nachdem in der Thronrede am 12. November 1873 die kräftigste Förderung der Eröffnung neuer Wasserstraßen zugesichert war und der Handelsminister und der Finanzminister Camphausen die Notwendigkeit der Entwicklung des deutschen Kanalsystems öffentlich anerkannt haben, hat sich eine lebendigere und breitere Strömung in Deutschland zu Gunsten der Schaffung eines deutschen Kanalnetzes Bahn gebrochen. Es kann daher nicht auffallen, dass es uns nur mit großen Anstrengungen gelungen ist, die zu den Vorarbeiten für die mecklenburgische Kanalstrecke erforderlichen Mittel herbeizuschaffen. Die Schwierigkeit der Herbeischaffung der Mittel für die Bearbeitung der mecklenburgischen Strecke ward dadurch noch vermehrt, dass erst die technische Untersuchung die Ausführbarkeit der Kanallinie herausgestellt hat. So lange dies noch ungewiss war, konnte selbstverständlich auf die Opferwilligkeit der Interessenten weniger gerechnet werden.

Das Neu-Ruppiner Komitee, dessen Bildung durch das Rostocker Komitee für den Rostock-Berliner Kanal veranlasst ist, brachte in verhältnismäßig kurzer Zeit zu den Kosten der Vorarbeiten fast 2.000 Thlr. durch freiwillige Beiträge der Lokalinteressenten auf. Diese Tatsache ist deshalb besonders zu beachten, weil die Kanallinie eine nicht reiche Gegend, in welcher sich nur wenige kleinere Städte befinden, durchschneidet und die Ausführbarkeit und die Richtung dieser Linie bis zur stattgehabten technischen Untersuchung keineswegs feststand. Wenn nun das Neu-Ruppiner Komitee den noch fehlenden Betrag von 1.500 Thlr. vom Staate erbeten hat, so war dies um so mehr in der Ordnung, als der preußische Fiskus wegen der in der Nähe der Kanallinie gelegenen großen Forsten ein wesentliches Interesse an der Ausführung des Unternehmens hat.

Unter diesen Umständen hat es mich allerdings in hohem Grade überrascht, dass daraus, dass Staatshilfe erbeten und geleistet ward, gefolgert worden ist, dass die Lokalinteressenten kein Interesse an dem Unternehmen hätten. Im Gegenteil hätte man erwarten sollen, dass aus den geleisteten nicht unbedeutenden freiwilligen Beiträgen nach der Sachlage die entgegengesetzte Schlussfolgerung gezogen wäre, und dass die von Erfolg gekrönten Anstrengungen der genannten beiden Komitees, die Kosten der Vorarbeiten aufzubringen, gerechte Anerkennung gefunden hätten.

Der preußische Handelsminister hat dem Rostocker Komitee vorgeworfen, dass es nicht einmal den Versuch gemacht habe, die Lokalbeteiligten für die Sache zu interessieren. Es sei nicht mit einem Worte festgestellt, dass irgend Jemand an der ganzen Linie bereit sei, für die Ausführung des Projekts auch nur einen Pfennig zu geben. Der Handelsminister hat sodann auf französische Verhältnisse exemplifiziert und vor Allem verlangt, dass, wenn derartige Projekte vom Staate berücksichtigt werden sollen, die Bereitwilligkeit der Interessenten vorliegen müsse, sich an der Ausführung durch eigene Leistungen zu beteiligen. In gleicher Weise hat sich auch der Regierungs-Kommissarius ausgesprochen.

Niemand kann mehr als ich von der Richtigkeit der Ansicht durchdrungen sein, dass die finanzielle Beteiligung der Lokalinteressenten als notwendige Vorbedingung für die Herstellung gefordert werden muss. Diese Teilnahme ist in der Tat das sicherste Kriterium und der unzweifelhafteste Beweis für das Bestehen der zu befriedigenden Interessen. Ich habe daher auch stets die Heranziehung der Kreise, Kommunen und sonstigen Interessenten zu dem Bau des Rostock-Berliner Kanals als selbstverständlich vorausgesetzt und in meiner Eingabe vom 5. Oktober 1875 ausdrücklich in Aussicht gestellt, dass die Interessenten sich mit nicht unerheblichen Mitteln an dem Kanalunternehmen entweder durch Übernahme von Aktien oder Prioritäten oder durch Hergabe von Geldern à fonds perdu oder von Grund und Boden beteiligen würden. Nur in Bezug auf den Zeitpunkt, wo die Bereitwilligkeit der Interessenten zur Beteiligung an dem Unternehmen zu veranlassen ist, besteht eine Differenz. Nach Ansicht des Handelsministers hatte von vornherein ein solcher Nachweis erbracht werden müssen, während wir nach unserer Ansicht bisher noch nicht in dasjenige Stadium eingetreten waren, in welchem es geeignet erschien, die Interessenten zur Leistung von Beiträgen für das Unternehmen aufzufordern. Ja, durch die ablehnende Haltung, welche der Herr Handelsminister unserem Kanalprojekt gegenüber einnahm, ward uns bis dahin, wenn nicht die Möglichkeit abgeschnitten, so doch es uns in hohem Grade erschwert, diesen Weg mit Erfolg zu betreten.

Die Eingabe des Rostocker Komitees vom 7. November 1873 bezweckte nicht, wie in dem S. 38 der 2. Abt. der Broschüre über das Kanalprojekt abgedruckten Reskript vom 25. November 1873 angenommen wird, eine bestimmte Zusicherung in Betreff eines preußischerseits zu leistenden Zuschusses zu erhalten. Wir beabsichtigten nur und haben das ausdrücklich in unserer Petition hervorgehoben, dass der Handelsminister unter der Voraussetzung, dass die beiden mecklenburgischen Regierungen die erbetenen Zuschüsse für die Ausführung des Unternehmens bewilligen würden, auch preußischerseits uns entsprechende Zuschüsse in Aussicht stellen möchte. Die Gewährung dieser Bitte würde unsere an die mecklenburgischen Regierungen gerichteten Gesuche wesentlich unterstützt haben und außerdem uns behilflich gewesen sein, die Interessenten zur Zusicherung von Opfern für das Unternehmen zu bestimmen. Aber der Handelsminister hat nicht bloß unsere Bitte abgelehnt, sondern auch zuerkennen gegeben, dass ein Zustandekommen des Rostock-Berliner Kanals schwerlich in Aussicht stände und auf bestimmte Zusicherungen zu Gunsten des Projekts nicht zu rechnen sei, wenn nicht die projektierte Wassertiefe von 2 Meter auf eine Fahrtiefe von 3 bis 4 Fuß abgemindert würde. Da nun aber unser ganzes Projekt auf einer Kanaltiefe von 2 Meter basiert ist, so enthielt das erwähnte Reskript eine Verwerfung des ersteren. Unter solchen Umständen aber konnten wir uns unmöglich an die Beteiligten mit der Aufforderung wenden, für ein Projekt Opfer zu bringen, dessen Unterstützung der Handelsminister abgelehnt hatte.

Auch unsere oben erwähnten Eingaben vom 11. und 21. Februar 1875 bezweckten nicht, wie dies in dem S. 8 meiner letzten Kanalbroschüre veröffentlichten Reskript vom 12. Juni 1875 angenommen wird, von dem Handelsminister die feste Zusicherung einer Staatshilfe von einem Drittel oder der Hälfte des Baukapitals à fonds perdu zu erhalten, sondern wir wünschten nur zu wissen, wie dies in unserer Eingabe vom 5. Oktober 1875 näher dargelegt ist, ob wir unter gewissen Voraussetzungen auf Staatshilfe rechnen könnten und wie sich der Handelsminister den Modus der Staatsbeteiligung dachte, sowie außerdem, ob nicht der Handelsminister ein Einvernehmen mit den mecklenburgischen Regierungen in dieser Sache herbeiführen wolle. Wenn unser Gesuch genehmigt worden wäre, oder wenn der Handelsminister auch nur ganz im Allgemeinen sein Interesse für die Sache bekundet und unter bestimmten Voraussetzungen eine Staatshilfe in Aussicht gestellt hätte, so würden wir diejenige Grundlage gewonnen haben, welche unumgänglich notwendig war, um die Beteiligung der Interessenten an der Ausführung des Unternehmens herbeizuführen. Aber die Antwort auf unser Gesuch war eine rein ablehnende, unser ganzes Projekt und namentlich die Basis desselben, die Wassertiefe von 2 Meter, ward auf Grund des Erachtens der requirierten Techniker verworfen und jegliche Unterstützung des Unternehmens verweigert. Mit einem solchen ablehnenden Bescheide in der Hand konnten wir aber doch unmöglich daran gehen, das tatkräftige Interesse der Beteiligten zu erwecken. So lange Preußen in dieser ablehnenden Haltung verharrt, ist und bleibt unser Unternehmen ein völlig aussichtsloses. Es wäre aber doch ein Widerspruch in sich selbst gewesen, für ein völlig aussichtsloses Unternehmen die Opferwilligkeit der Lokalinteressenten anzurufen.

Demnach erscheint der Nachweis geführt, dass wir bisher nicht in der Lage waren, die Beteiligten zur finanziellen Unterstützung des projektierten Kanals aufzufordern, und dass die erwähnten ministeriellen Reskripte uns bis dahin die Möglichkeit genommen haben, diesen Weg mit Aussicht auf Erfolg einzuschlagen. Erst durch die am 21. Juni 1876 in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom Handelsminister abgegebenen Erklärungen, aus welchen hervorging, dass die von ihm berufene Technikerkonferenz sich in unserem Sinne über die Dimensionenfrage ausgesprochen habe, und dass derselbe seine bisherige, unserem Kanalprojekt gegenüber eingenommene ablehnende Haltung aufgeben werde, falls ihm die Opferwilligkeit der Lokalinteressenten für das Unternehmen nachgewiesen würde, hat sich zu unserer freudigen Genugtuung die Sachlage wesentlich geändert.

Wenn der Handelsminister außerdem noch bemerkt hat, dass die Bereitwilligkeit der Interessenten, sich an der Ausführung derartiger Unternehmungen durch eigene Leistungen zu beteiligen, auch zu dem Zweck von vornherein klar vorliegen müsse, um vor einer Flut von Projekten geschützt zu werden, so trifft dieser Grund in concreto nicht zu. Der bei Weitem größte Teil der Kosten der Vorarbeiten für unser Unternehmen ist durch freiwillige Beiträge aufgebracht. Die herausgegebenen Broschüren gewähren schon einen Überblick über dasjenige, was Seitens des Komitees geleistet worden ist. Und wenn der Handelsminister die in einem siebenjährigen Zeitraum erwachsenen Akten des Komitees einsehen würde, so würde derselbe erfahren, welcher Aufwand von Arbeiten bisher erforderlich gewesen ist. Sämtliche Arbeiten sind aber von den Mitgliedern des Komitees aus Patriotismus und aus reiner Liebe zur Sache geleistet, ohne dass diese eine Remuneration beansprucht oder empfangen haben. Der Handelsminister hätte also nicht zu fürchten brauchen, durch Gewährung unseres Gesuches mit ähnlichen Projekten überflutet zu werden, denn die von uns gebrachten Opfer waren zu groß, um Andere zur Nachahmung aufzufordern oder anzulocken.

In unserer oben zitierten Eingabe an den Handelsminister vom 21. Februar 1875 haben wir eine technische Prüfung unseres Projekts gar nicht erbeten. Der Zeitpunkt für eine solche schien uns noch nicht gekommen zu sein. Wir erwarteten vielmehr vorerst nur eine unserem Gesuche entsprechende Antwort, um dann mit Erfolg die Opferwilligkeit der Interessenten in Anspruch nehmen zu können. Wenn aber dessen ungeachtet der Handelsminister eine zuvorige technische Prüfung für angemessen erachten sollte, so erwarteten wir, dass damit, bei der hohen Bedeutung des Unternehmens, die Wasserbautechniker im Handelsministerium, und nicht, wie geschehen, die Techniker der Kgl. Regierung zu Potsdam, betraut werden würden. Der eine der zugezogenen Techniker, der Regierungsbaurat Weishaupt, hatte sich mehrfach als entschiedener Gegner des Projekts kundgegeben und waren uns daher die Resultate seines Erachtens im Voraus bekannt. Auch der Handelsminister hätte aus dem Gutachten der Königl. Regierung zu Potsdam vom 27. August 1874 (abgedruckt S. 11 meiner letzten Broschüre), als dessen Verfasser sich der Regierungsbaurat Weishaupt bezeichnet hat, ersehen können, dass derselbe den von uns angenommenen Dimensionen feindlich gegenüber stand und daher unser Projekt verwerfen würde. Nachdem aber der Handelsminister die Begutachtung unseres Projekts durch die Techniker der Potsdamer Regierung veranlasst hat, wird derselbe uns nach Lage der Sache eine eingehende erneuerte Prüfung unseres Projekts Seitens der Wasserbautechniker des Handelsministeriums nicht wohl versagen können.

Die Ablehnung unseres Gesuches um eine erneuerte technische Prüfung unseres Projekts hat der Regierungs-Kommissarius auch damit zu begründen versucht, dass letztere selbst in dem uns günstigen Falle aus anderweitigen Gründen zu einer Änderung der Entscheidung des Handelsministeriums nicht geführt haben würde. Aber falls solche Gründe vorgelegen haben sollten, dann ist es schwer begreiflich, warum überall eine technische Prüfung angeordnet und unser Gesuch nicht a limine abgewiesen ist. Ein solches Verfahren wäre konsequent gewesen. Nachdem aber der Handelsminister durch die untere Instanz eine zur Verwerfung unseres Projekts führende technische Untersuchung hat vornehmen lassen, glauben wir selbst dann, wenn auch das Handelsministerium noch aus anderen Gründen die Ablehnung unseres Gesuches für gerechtfertigt halten sollte, auf die Entscheidung der höheren Instanz provozieren zu dürfen. Die Rücksicht auf unseren Techniker, welcher unser Projekt entworfen hat. dessen Ehre als Techniker dabei engagiert ist, die Rücksicht auf den mecklenburgischen Kanalverein und die Komitees, deren Mitglieder durch jahrelange, mühevolle und aufopfernde Tätigkeit ihre Aufgabe, die Realisierung der Vorarbeiten für den Rostock-Berliner Kanal herbeizuführen, erfüllt haben, erfordert es nach meiner Ansicht, dass der Bitte um erneuerte Prüfung des Projekts in der kompetenten höheren Instanz gewillfahrt werde. Ein ablehnender Bescheid würde als unverdiente Kränkung eines anerkannt tüchtigen Sachverständigen und als Nichtachtung der Bestrebungen für die Entwicklung unseres Kanalwesens aufgefasst werden, und mit Sicherheit zur Folge haben, dass überhaupt die in dem gegenwärtigen Stadium noch so notwendige patriotische Initiative von Privaten in Bezug auf die deutsche Kanalentwicklung ganz aufhörte.

Nach der Ausführung des Regierungs-Kommissarius im Abgeordnetenhause ist man im Handelsministerium damit beschäftigt, ein Kanalnetz teils im Interesse des allgemeinen Verkehrs, teils im Interesse einzelner besonders gewerbereicher Gegenden aufzustellen und die Kosten eines solchen überschläglich zu berechnen. Dabei würde auch erwogen werden, inwieweit ein Kanal von Berlin nach Rostock in ein solches Netz aufzunehmen sei. Gerade dieses Projekt in seine bevorzugte Stellung vor anderen Projekten zu bringen, sei um so weniger Anlass, als diese zum großen Teil in demselben Maße begründet wären, wie jenes. Es kann gewiss nur mit Freuden begrüßt werden, dass der Handelsminister ein Projekt für die Herstellung eines Kanalnetzes in Preußen entwerfen lassen und dabei auch die Nachbarländer berücksichtigen will. Ein solches Projekt wird aber nur dann von wirklich praktischem Wert sein, wenn die Ausführbarkeit und die Kosten desselben durch eingehende technische Vorarbeiten für jede Linie ermittelt werden. Oberflächliche Vorarbeiten und allgemeine Kostenfestsetzungen genügen bei der Verschiedenheit der lokalen Verhältnisse und der hydrotechnischen und topographischen Voraussetzungen bei jeder Kanalanlage nicht, um über die Ausführbarkeit und die Kosten der projektierten Kanallinien mit einiger Sicherheit urteilen zu können. Die Vollendung einer solchen Arbeit wird aber einen Zeitraum von vielen Jahren in Anspruch nehmen.

In Übereinstimmung mit den eben entwickelten Ansichten äußert sich der Verfasser des zitierten Artikels in der „Deutschen Bauzeitung" vom 19. August 1876 dahin: „Wenn Andeutungen des Inhalts sich vernehmen lassen, dass wahrscheinlich schon die nächste Abgeordnetenhaus-Session mit einem großartigen Plane über Erweiterungen des preußischen Wasserstraßennetzes werde befasst werden, so ist festzuhalten, dass der bisherige Besitz der Verwaltung an authentischem und ausreichendem Material über die deutschen Wasserwege viel zu geringe ist, um die Möglichkeit zu bieten, diejenigen Ergänzungen desselben rasch genug ausführen zu können, die für die Aufstellung „umfassender Projekte" notwendig sind, wenn diese einen Wert besitzen sollen, der über den Wert einer leicht hingeworfenen gutachtlichen Äußerung hinausgeht. Weder nach wirtschaftlicher noch nach technischer Seite dürfte das vorhandene Material bis jetzt auch nur einigermaßen genügen. Nicht bloß zahlreiche Reisen einzelner Beamten und Räte des Ministeriums, sondern ausgedehnte wirtschaftliche und technische Vorarbeiten, deren Ausführung die Tätigkeit zahlreicher Arbeitskräfte für Jahre bedingen wird, dürfte notwendig sein, um der Regierung den Besitz eines für „großartige Projekte" zureichenden Materials zu verschaffen."

Unter solchen Umständen ist es in hohem Grade entmutigend, wenn die Urheber der fertigen Projekte auf die Zeit vertröstet werden, wo der fragliche Entwurf eines Kanalnetzes vollendet sein wird. Wenn es wirklich die Absicht des Handelsministeriums sein sollte, jedes einzelne Kanalprojekt, dessen Unterstützung erbeten wird, nicht bloß an und für sich, sondern auch im Zusammenhang mit dem projektierten großen Kanalnetz zu prüfen, so würde die Ausführung einzelner Kanäle bis zur Vollendung des beabsichtigten Entwurfs vertagt werden müssen und damit die in Deutschland sich mehr und mehr geltend machenden Bestrebungen zu Gunsten unserer Kanalentwicklung bis auf weiteres gehemmt werden. Gerade umgekehrt sollte man diese Bestrebungen von oben möglichst unterstützen und alles daran setzen, um die Ausführung irgend eines der in Deutschland projektierten Kanäle so rasch wie möglich herbeizuführen, wodurch die Entwicklung eines deutschen Kanalnetzes mehr gefördert werden würde, als durch noch so vortrefflich ausgearbeitete theoretische Entwürfe. Übrigens entnehme ich dem Vortrage des Handelsministers im Abgeordnetenhaus, dass derselbe, im Gegensatz zu der Ansicht des Regierungs-Kommissarius, die Förderung einzelner Kanalprojekte keineswegs bis zu dem Zustandekommen des Entwurfes eines Kanalnetzes verschieben will.

Mit Unrecht hat mir der Regierungs-Kommissarius den Vorwurf gemacht, dass von mir verlangt werde, dass die preußische Staatsregierung das Rostock-Berliner Kanalprojekt vor anderen Projekten, welche die gleiche Berechtigung auf Förderung haben, in eine bevorzugte Stellung bringe. Ein solches partikularistisches Streben liegt mir völlig fern, und verdiene ich einen solchen Vorwurf um so weniger, als ich nach Kräften durch Wort und Schrift, insbesondere auch in meiner Stellung als Reichstagsabgeordneter, bestrebt gewesen bin, die allgemeinen deutschen Kanalinteressen zu fördern. Und wenn ich für die Ausführung des Rostock-Berliner Kanals mich interessiert habe, so ist dies stets im Hinblick auf die allgemeine deutsche Kanalentwicklung geschehen. Ich habe aber gewichtige Gründe, welche leider bisher unbeachtet geblieben sind, dafür angeführt, dass sich unser Projekt namentlich auch mit Rücksicht auf die allgemeinen deutschen Kanalinteressen der Berücksichtigung der preußischen Staatsregierung vorzugsweise empfehle.

Der Regierungs-Kommissarius hat im Mai 1875 dem Deputaten des Neu-Ruppiner Komitees und mir, als Deputaten des Rostocker Komitees, gegenüber die großen kommerziellen Vorteile, welche sich für Rostock aus unserem Unternehmen ergeben würden, vollkommen anerkannt, zugleich aber die Ansicht ausgesprochen, dass dasselbe „für die pommerschen Häfen weniger vorteilhaft" sei. Diesem Gedanken hat derselbe in der Budget-Kommission und im Abgeordnetenhaus weiteren Ausdruck gegeben, indem von ihm hervorgehoben ward, dass, wenn preußischerseits eine bessere Verbindung Berlins mit der Ostsee beabsichtigt würde, diese Verbindung nicht in der Richtung auf Rostock, sondern in der Vervollkommnung beziehungsweise Abkürzung der bereits bestehenden Verbindung mit der Oder, Stettin und Swinemünde zu suchen sei. So lange unser Komitee nicht in der Lage wäre, besondere Vorteile für die Wasserverbindung mit Rostock nachzuweisen, würde man preußischerseits vorziehen, die bestehende Verbindung mit Stettin zu verbessern.

Aus diesen Äußerungen des Regierungs-Kommissarius scheint, wie dies auch in dem erwähnten Artikel der „Deutschen Bauzeitung" vom 19. August 1876 angenommen wird, deutlich hervorzugehen, dass derselbe die Idee der Schaffung eines Wasserweges zur Ostsee über Rostock, gegenüber dem Bestreben auf mögliche Verbesserungen und Vervollständigungen des Wasserweges über Stettin entschieden perhorresziert [zurückweisen].

Ich will mich auf die Frage, ob die Konkurrenz Rostocks den pommerschen Häfen zum Nachteil gereiche und ob dies ein Grund wäre, Rostock die naturgemäße Entwicklung zu versagen, nicht näher einlassen. Es gab allerdings eine Zeit, wo man in Deutschland glaubte, dass die Konkurrenz für konkurrierende Handelsstädte nachteilig wirken und dass das Emporblühen des Nachbarn den eigenen Schaden und die Verarmung desselben den eigenen Reichtum zur Folge hätte. Es war dies die Zeit der „deutschen Ausländerei". Aber diese Zeit liegt, Gottlob, hinter uns. Seitdem das deutsche Reich entstanden und die vollständigste wirtschaftliche Einheit Deutschlands erzielt ist, bedürfen solche Fragen einer Diskussion nicht mehr. Ich kann mich um so mehr enthalten, auf die angeregte Frage näher einzugehen, als der Handelsminister ausdrücklich erklärt hat, dass er darauf, dass Stettin in Preußen und Rostock in Mecklenburg liege, kein irgendwie entscheidendes Gewicht legte, und als auch der preußische Abgeordnete, welcher zugleich Vertreter des 2. Stettiner Reichswahlkreises ist, sich dahin geäußert hat, dass ihm um das Maß der Konkurrenz, was Rostock dem Stettiner Handel machen würde, nicht bange sei. Ich glaube auch, dass Stettin es sich an seinem Teile wohl zu Nutze zu machen verstände, wenn es durch Ausführung unseres Projekts eine großartige, nach den beiden Mecklenburg hineinführende Wasserstraße erhielte. Dazu kommt, dass nach diesem Projekt eine nicht unbedeutende Strecke des Wasserweges zwischen Stettin und Berlin, nämlich die von Oranienburg nach Berlin führende, wesentlich verbessert werden soll, und dass dann eine entsprechende Korrektion des übrigen Teils jenes Wasserweges doch nur eine Frage der Zeit sein könnte. Übrigens handelt es sich bei dem Rostock-Berliner Kanal doch nicht allem um Stettin und Rostock und deren Konkurrenzverhältnisse. Ich habe bereits dargelegt, welche Bedeutung das Unternehmen für Preußen überhaupt und insbesondere für Berlin und die Provinz Brandenburg hat. Es kann aber doch wohl nicht im Ernste davon die Rede sein, dass Preußen auf diese Vorteile mit Rücksicht auf Stettin verzichten will. Es scheint mir demnach richtiger zu sein, beide Projekte, den Rostock-Berliner Kanal und die Vervollkommnung resp. Abkürzung der Wasserverbindung Berlins mit der Oder, von denen jedes seine eigentümlichen Vorzüge hat, auszuführen, als das erstere Projekt mit dem letzteren zu bekämpfen.

In Betreff meiner obenerwähnten Bitte wegen der Richtung und der Dimensionen der Projekte des Rheinsberger Kanals und der Havelstrecke Pinnow-Hennigsdorf hat der Regierungs-Kommissarius im Abgeordnetenhause bemerkt, dass ausreichende Rücksicht auf die Dimensionen des Rostock-Berliner Kanals genommen sei. Insbesondere solle der projektierte Havelstau an eine Stelle gelegt werden, welche das Rostock-Berliner-Kanalprojekt nicht berühre, und der Rheinsberger Kanal würde auf die Dimensionen des Rostock-Berliner Kanals erweitert werden können. In der Budget-Kommission ist darauf erwidert, dass mein Antrag, es möchten die Seitens Preußens beabsichtigten Anlagen am Rheinsberger Kanal und an der Havel von vornherein so hergestellt werden, dass sie später für den Rostock-Berliner Kanal verwandt werden könnten und solchergestalt schon Teile desselben ausgeführt würden, wohl begründet erscheine. Im Abgeordnetenhause hat nun der Abgeordnete Dr. Hammacher diesen Gegenstand wieder aufgenommen und sich darüber beklagt, dass die Staatsregierung beabsichtige, auf einer Strecke, die mit dem Rostock-Berliner Kanal zusammenfällt, den Rheinsberger Kanal in geringeren Dimensionen herzustellen, als von dem vom Zentralverein für Hebung der deutschen Fluss- und Kanalschifffahrt veranlagten Technikerkongress für notwendig erachtet sei. Der gedachte Verein, welcher, wie auch der Handelsminister zweifellos anerkennen werde, mit einer bewundernswürdigen Ausdauer angesichts der größten entgegenstehenden Hindernisse Tüchtiges geleistet habe, um richtige Anschauungen über die Verbesserung unserer Wasserstraßen hervorzubringen und das Interesse dafür wachzuhalten, habe sich hierauf an die Staatsregierung gewandt und darauf aufmerksam gemacht, dass man damit einen Zustand schaffe, der die Einfügung des Rheinsberger Kanals in das demnächstige Kanalsystem erschwere. „Und was antwortet die Königl. Staatsregierung darauf? Sie erachte es nicht für erforderlich, diesem Kanal jene Breite und Tiefe zu geben, derselbe könne ja in Zukunft verbreitert oder vertieft werden, wenn der Rheinsberger Kanal ein Bestandteil des größeren Kanalsystems werde." Dieser Widerstand der Staatsregierung habe in ganz Deutschland das peinlichste Aufsehen erregt. Der Handelsminister hat darauf erwidert, dass der Kanal Zechlin-Rheinsberg nichts weiter als ein Zweigkanal eines lokalen Kanalsystems sei. Wenn der Rostock-Berliner Kanal wirklich zur Ausführung gelange, so sei die Herstellung des Zechlin-Rheinsberger Kanals, auf das Leichteste und ohne Kostenaufwand auszuführen. Der gemachte Vorwurf sei also nicht begründet.

Die mitgeteilten Erklärungen des Handelsministers und des Regierungs-Kommissarius haben mich aber wegen der von mir ausgesprochenen Bitte, deren Gewährung mir sehr am Herzen liegt, in keiner Weise beruhigt.

Seitens des Handelsministers lag, wie ich annehmen darf, ein Missverständnis vor. Es handelt sich nämlich einmal um einen von der Staatsregierung projektierten Lokalkanal, welcher sich von Rheinsberg nach Norden bis zur mecklenburgischen Grenze erstreckt, und sodann um einen von Westen nach Osten führenden und in diesen Kanal mündenden Zweigkanal, den Zechlin-Rheinsberger Kanal, welcher von der Staatsregierung nur mit Rücksicht auf die Königl. Forsten projektiert ist. Die Dimensionen des letztgenannten Kanals, welcher gar nicht in die Richtung des Rostock-Berliner Kanals fällt, haben für den letzteren nicht das geringste Interesse. Nur die dem erstgenannten Rheinsberger Kanal zu gebenden Abmessungen interessieren uns. Hierüber aber hat der Handelsminister sich nicht ausgesprochen, ebensowenig wie über die intendierte Havelkorrektion.

Der Regierungs-Kommissarius hat nun allerdings gesagt, dass der Rheinsberger-Kanal so angelegt werden soll, dass derselbe auf die Dimensionen des Rostock-Berliner Kanals erweitert werden könne. Damit würde zwar meiner eventuellen Bitte, die erforderlichen Bauwerke des Rheinsberger Kanals, wenn nicht entsprechend den Dimensionen unseres Projekts, so doch mit Rücksicht auf die letzteren auszuführen, gewillfahrt sein. Aber dem in der Budget-Kommission ausgesprochenen Wunsche, die baulichen Anlagen von vorneherein so herzustellen, dass sie später für den Rostock-Berliner Kanal verwandt werden könnten, und dass somit schon Teile desselben hergestellt würden, ist nicht entsprochen. Meine anderweitige Bitte, die Projekte des Rheinsberger Kanals sowie auch der Havelkorrektion in der Richtung des Rostock-Berliner Kanals auszuführen, hat dagegen der Regierungs-Kommissarius völlig unbeachtet gelassen. Das Rheinsberger Projekt fällt nur zum Teil mit der Linie unseres Projekts zusammen, und zwar von Rheinsberg bis zum Tietzow-See. Von diesem See an wendet sich unsere Linie nordwestlich zum Giesenschlag-See, die Linie des Rheinsberger Projekts aber nordöstlich zum Paelitz-See bei Zerlang, wo eine Schleuse zum Kostenbetrage von 79.800 M erbaut werden soll. Die gesamten Kosten der Kanalstrecke vom Tietzow-See bis Zerlang sind zu 316.200 M veranschlagt. — Was die Havelkorrektion betrifft, so ist zwar richtig, dass der projektierte Havelstau unser Projekt insofern nicht berührt, als nach dem Heß'schen Projekt jene Korrektion durch einen anzulegenden Parallelkanal ganz vermieden werden soll. Aber die Ausführung unseres Kanals wird gerade dadurch erschwert, dass nicht die beabsichtigte Havelkorrektion ganz aufgegeben und statt derselben der Parallelkanal adoptiert wird. Seite 62 ff. meiner letzten Broschüre hat der Wasserbau-Inspektor Heß näher nachgewiesen, dass der von ihm projektierte Parallelkanal von Pinnow bis Hohen-Schöppingen die projektierte Korrektion der Havel ersetzen könne, und dass die letztere noch dazu um 900.000 M teurer sei, als der erstere. Überdies wäre der Havelstau für die Touage*) störend und jedenfalls ein schwieriges Unternehmen.

*) Abschleppen ist eine Zugtechnik für Lastkähne ohne Motor. https://fr.wikipedia.org/wiki/Touage

Die gegen die beabsichtigte Havelkorrektion geltend gemachten Gründe scheinen schließlich erfreulicher Weise nicht ganz ohne Erfolg geblieben zu sein. Nach der „Deutschen Bauzeitung" vom 14. April 1877 S. 145 sind nämlich die bisher beliebten Projekte der Havelkorrektion zu Gunsten eines kurzen Seitenkanals sämtlich zur Seite geschoben. Der neue Seitenkanal würde etwa 2,5 Km Länge erhalten und die unmittelbare Fortsetzung des Oranienburger Kanals in südlicher Richtung bilden. Sein unterstes Ende würde sich bei dem Neuendorfer Berge an die Havel wieder anschlichen, welche von hier aus bis Hohen-Schöppingen und weiter nach Hennigsdorf hinab durch Korrektionsbauten in den entsprechenden Stand zu setzen sei. Die Sohlenbreite des Kanals wäre zu 14 m und die geringste Wassertiefe zu 1,6 m angenommen.

Dieser vom Handelsministerium zur Ausführung bestimmte Seitenkanal erscheint als identisch mit dem von Heß projektierten Parallelkanal, welcher von dem Baurat Weishaupt, wie in meiner letzten Kanalbroschüre S. 61 u. 84 hervorgehoben, unter Verwechselung des linken mit dem rechten Havelufer, aufs Entschiedenste bekämpft ward. Der Unterschied besteht nur darin, dass der von Heß projektierte Parallelkanal von etwa 8 Km auf 2,5 Km Länge reduziert ist, was durch die angenommene geringere Wassertiefe motiviert wird. Für den Rostock-Berliner Kanal würde voraussichtlich der neue Seitenkanal benutzt werden können, falls derselbe auf der Höhe entlang geführt werden soll. Beabsichtigt man aber, aus dem Unterwasser der Pinnower Schleuse auszugehen und den Kanal am Rande der Wiesen entlang zu führen, so würde, wie der Wasserbau-Inspektor Heß sich erachtlich äußert, der Nutzen für unser Projekt nur geringe sein. Leider ist letzteres zu vermuten, weil man zur Überwindung des Gefälles die Pinnower Schleuse, welche vor einigen Jahren zu einer Doppelschleuse umgebaut ist, wird beibehalten, wollen. Diese Ansicht scheint dadurch bestätigt zu werden, dass in dem angeführten Artikel von der Erbauung einer Schleuse keine Rede ist.

In Betreff des projektierten Rheinsberger Kanals sind unsere schlimmsten Befürchtungen eingetroffen. Trotz der im Abgeordnetenhause ausgesprochenen Wünsche und trotz unserer wiederholten dringenden Bitten ist, dem Vernehmen nach, ohne Rücksichtnahme auf den Rostock-Berliner Kanal der Rheinsberger Kanal nach dem ursprünglichen Plan in der Ausführung begriffen, was durch einen Artikel in der „Neustrelitzer Zeitung" vom 24. Juni d. J. bestätigt wird. Der Wasserbau-Inspektor Heß hat näher nachgewiesen, dass die Verbindung der Rheinsberger Seen mit der Havel bei Zerlang mir von verhältnismäßig geringem Nutzen und völlig überflüssig sei, wenn der Rostock-Berliner Kanal zur Ausführung gelangt. Derselbe hat daher dringend empfohlen, bis zur definitiven Entscheidung über diesen Kanal die Arbeiten auf die Verbindung der Seen, welche unter allen Umständen von Nutzen wäre, zu beschränken. Ich darf noch hinzufügen, dass man bei der Ausführung des Rostock-Berliner Kanals unter keinen Umständen die Linie vom Tietzow-See bis Zerlang benutzen wird, da diese 4.000 m länger ist als jene und außerdem das Passieren einer zweiten Schleuse bei Kanow erforderlich machen würde, während für den ersteren Kanal in dieser Strecke eine einzige Schleuse bei der Mühle im Krummen See projektiert ist. Wenn man daher die Ausführung einer Verbindung der Rheinsberger Seen mit der Havel nicht länger aufschieben wollte, so hätte man diese Verbindung in der Richtung des Heß'schen Projekts und damit einen Teil des Rostock-Berliner Kanals herstellen sollen, anstatt mehr als 300.000 M für eine Kanalstrecke, die von sehr problematischem Wert und vielleicht ganz überflüssig ist, zu verwenden.