Projektbeschreibung erster Teil

Die Scheitelstrecke des Kanals bildet der im Südosten von Mecklenburg-Schwerin gelegene Müritz-See, welcher im Sommerwasser auf 62,8 Meter = 200 preußische Fuß über Rostocker Null belegen ist. Derselbe ist eine Einsenkung auf der Wasserscheide zwischen der Elbe und Ostsee. Dieser Höhenzug beginnt in Holstein, durchzieht Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz und setzt sich bis in die Uckermark fort. Aus dem Müritz-See und den mit ihm in Verbindung stehenden Seen, deren Fläche zusammen fast 4 Quadratmeilen und deren Zuwässerungsgebiet beinahe 24 Quadratmeilen beträgt, geschieht die Speisung des Kanals.

Diese Seen, welche von der Kanallinie durchschnitten werden, bilden ein großartiges natürliches Reservoir. Sie haben keinen freien Abfluss, sondern ihr Wasser gelangt lediglich durch die Mühlenwerke in Plau und bei der Bolter Mühle in die Elde und Havel.


Im Norden geht nun die Kanallinie durch den Alt-Schweriner See, welcher durch eine schmale Landzunge von dem erwähnten Komplex von Seen getrennt ist, führt dann nach dem Krackower See und längs der Nebel an Güstrow vorbei in die Warnow bei Bützow, welche schon jetzt von da bis Rostock völlig schiffbar ist und sogar mit Dampfschiffen befahren wird. Die Verbindung der durch einen Damm getrennten Ober- und Unterwarnow welche letztere bei Warnemünde in die See fließt und etwa 1 ½ Meilen lang ist bei einer durchschnittlichen Tiefe von ca. 4 Meter, soll durch eine Schifffahrtsschleuse hergestellt werden.

Südlich von der Müritz folgt der Kanal anfänglich der Richtung des Strelitzer Schifffahrtsweges, welcher aus einer Reihe von durch Kanäle miteinander verbundenen Seen besteht. Im Großen Peetsch-See verlässt er den Strelitzer Schifffahrtsweg, welcher sich östlich der Havel zuwendet, geht südlich und verfolgt, in der Mitte des Giesenschlag-Sees entlang laufend, die Grenze zwischen Mecklenburg-Strelitz und Preußen. Von der preußischen Grenze aus geht die Kanallinie durch die sich bis nach Rheinsberg hinziehenden Seen, erstreckt sich darauf parallel dem Rhinfluss in südlicher Richtung nach Zippelsförde, wendet sich dann in südöstlicher Richtung nach dem Möllen-See und von diesem über den Tholemann- und Werbellin-See durch das Neu-Kammerluch nach dem Kremmer-See. Sodann verfolgt die Kanallinie den Lauf des Ruppiner und Oranienburger Kanals, und wird von hier in der Länge von etwa einer Meile ein mit der Havel parallellaufender Kanal gebaut. Dann mündet die Kanallinie in die Havel oberhalb der Havel-Seen und erstreckt sich durch die erstere in die Havel-Seen und den Spandau- Berliner Schifffahrtskanal bis zum Nordhafen bei Berlin.

Die Differenz zwischen der Höhenlage des Müritz-Sees und dem Nord Hafen von Berlin beträgt auf einer Länge von ca. 17 Meilen 32,4 Meter.

Die ganze Kanallinie von Rostock nach Berlin hat eine Länge von 264,6 Km. oder 35 ½ Meilen, wogegen die Luftlinie 26 Meilen lang ist, während die Eisenbahnentfernung zwischen Rostock und Berlin auf den bisherigen beiden Linien 40,1 resp. 39,2 und auf der jüngst bis Neubrandenburg eröffneten Nordbahn 35,4 Meilen beträgt. Die mecklenburgische Strecke des Kanals ist 21 1/3, die preußische Strecke desselben 14 Meilen lang. Die Zahl der Schleusen beträgt auf mecklenburgischem Gebiet 23, auf preußischem Gebiet 11, zusammen 34, also noch nicht eine Schleuse auf eine Meile, und die Verteilung der Schleusen ist eine äußerst glückliche, indem auf 29,7 Meilen die Tauerei eingerichtet und der Leinenbelrieb auf 5,3 Meilen beschränkt werden kann. Um den Wert dieser Tatsache zu ermessen, ist noch zu bemerken, dass sich auf einer Strecke von 6,5 Meilen gar keine Schleusen befinden und auf Strecken von 12,6 und 10,6 nur je 3 Schleusen, was selbstverständlich für die Tauerei von außerordentlichem Wert ist. Besonders günstig hat sich die Sache für die preußische Strecke des Kanals gestellt, indem dieselbe, welche früher auf 15 bis 16 Meilen angenommen ward, sich auf 14 Meilen hat zurückführen lassen, und in fast gerader Linie von der preußischen Grenze auf Berlin führt. Die Verteilung der Schleusen auf preußischem Gebiet lässt sich wider alles Erwarten so zweckmäßig bewerkstelligen, dass auf 13 Meilen Länge die Tauerei eingerichtet werden kann und nur eine Meile Leinenzug eingeführt zu werden braucht, nämlich 0,7 Meile bei Zippelsförde und 0,3 Meile von der Plötzensee-Schleuse bis zum Berliner Nordhafen.

Die ganze Strecke von Rostock bis Berlin wird, wenn nur die Tageszeit benutzt wird, in 6 Tagen, bei Mitbenutzung der Nächte in 3 ½ Tagen zurückgelegt.

In Betreff der Dimensionen des Kanals wird projektiert: eine Minimal-Wassertiefe von 2 m, eine durchgängige Sohlenbreite von 13 m, eine lichte Weite der Schleusen von 6,6 m, eine nützliche Länge derselben von 51,5 m und eine lichte Weite der Brücken von 10 m.

Auf dem mecklenburgischen Gebiet brauchen nur 5,6 und auf dem preußischen Gebiet nur 7,5 Meilen, zusammen nur 13 Meilen, neue Kanäle hergestellt zu werden, während die restierenden 22 1/3 Meilen aus der bis zu 24 Fuß tiefen Warnowstrecke und den Seen, welche eine ausreichende Tiefe haben, und aus schon bestehenden Kanälen sich zusammensetzen.

Aus dem soeben Bemerkten erklärt es sich auch, dass der 35 1/3 Meilen lange Kanal nur 6.338.000 Thaler oder 180.000 Thaler per Meile kosten wird. Die Kosten der sonstigen in Deutschland projektierten größeren Kanäle werden auf 500.000 Thlr. per Meile veranschlagt. Der Bau der französischen Kanäle, deren Gesamtlänge 668 preußische Meilen ist. hat 364.000 Thlr. per Meile gekostet. Für die mecklenburgische Strecke des Kanals sind die Anlagekosten desselben zu 3.197.000, für die preußische Strecke zu 2.915.000 Thlr.. zusammen auf 6.112.000 Thlr. veranschlagt. und sind dann noch 28.000 Thlr. für eine Telegraphenleitung und 198.000 Thlr. für einen Dispositionsfond ausgeworfen. Von jenem Betrage von 6.112.000 Thlr. fallen auf Eigentums-Entschädigungen 298.600, auf Erdarbeiten 2.247.791, auf Bauwerke 2.937.200, auf Nebenanlagen 112.000 auf Verwaltungskosten 90.209 und auf Zinsverlust 426.200 Thlr.

An dem projektierten Kanal haben zunächst die beiden Mecklenburg und die Provinz Brandenburg, durch welche die Kanallinie von Nord nach Süd mitten hindurch führen wird, das größte Interesse. Vor Allem ist es für Berlin bei der stetigen Zunahme seiner Bevölkerung und bei der großen Entwickelung seiner Industrie von hohem Werth. neue Transportwege zu gewinnen, um den erheblich wachsenden Konsum auf die leichteste Weise befriedigen zu können. Ja, man darf behaupten, dass von der Lösung dieses Problems die weitere gedeihliche Entwicklung der Hauptstadt des deutschen Reichs abhängt. Die Ausführung des projektierten Unternehmens verschafft aber Berlin eine großartige Wasserstraße, deren Länge die Luftlinie zwischen dieser Stadt und Rostock nur um 35 pCt. übertrifft und welche ihr die Rohprodukte der Provinz Brandenburg und beider Mecklenburg, als: Lebensmittel, Bau- und Brennmaterial, auf die billigste Weise zur Verfügung stellt.

Die Bedeutung des Kanals würde dadurch noch in eminentem Grade erhöht, dass auch der projektierte Elbe-Spreekanal, wie zu hoffen, zu Stande kommt. Wir erhalten dann eine ununterbrochene, fast geradlinige Schifffahrtsstraße von der Ostsee aus über Berlin und Dresden bis tief nach Böhmen hinein. Die nächste Schifffahrts-Verbindung zwischen Deutschland und Österreich einerseits und dem skandinavischen Norden andererseits würde dann über Rostock und Warnemünde führen, von welchem Ort die Insel Falster schon jetzt in 3 ½ Stunden mittelst Dampfschiffes erreicht wird, welche Zeit sich auf 2 Stunden ermäßigt, wenn das ernstlich intendierte Projekt eines Hafens an der Südspitze von Falster zur Ausführung kommt.

Im Süden von Mecklenburg-Schwerin existiert schon jetzt zwischen dem Plauer See, welcher von der Kanallinie durchschnitten wird, und der Elbe eine allerdings noch sehr der Verbesserung bedürftige schiffbare Verbindung durch den Eldefluss. Eine durchgreifende Korrektion desselben ist gegenwärtig von der Regierung und den Ständen in Aussicht genommen, und eine Kommission, bestehend ans Kommissarien beider Regierungen und aus Deputierten der Stände, ist eingesetzt, um die Schifffahrts-Verhältnisse der Elde zu untersuchen. Der Wert dieser Verbindung für den Rostock-Berliner Kanal würde sich selbstverständlich bedeutend erhöhen, wenn auch der Maas-Rhein-Weser-Elbe-Kanal ausgeführt und dadurch die nächste Verbindung dieser Wasserstraße mit dem Rostock-Berliner Kanal und der Ostsee erreicht würde. Nach Osten zu aber tritt der letztere durch die Havel und den Finow-Kanal mit der Oder und durch die Netze und den Bromberger Kanal mit der Weichsel in Verbindung, deren große Bedeutung sich erheblich steigern ließe, wenn diese west-östliche Wasserstraße einer durchgreifenden Korrektur unterworfen würde.