Die Auswanderung nach Kanada und der Deutsche daselbst. 1862

Autor: Sturz, Johann Jakob (1800-1877) deutscher Herausgeber und Publizist, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Kanada, Auswanderung, Amerika, Auswanderer
Aus: Die Krisis der Deutschen Auswanderung und ihre Benützung für jetzt und immer.
Ein Hebel für deutsche Schiffart, deutschen Handel, deutsche Reederei und Gewerbe, zur deutschen Flotte und eine Gewährleistung für deutsche Eignung, Kräftigung und Selbstachtung diesseits und jenseits des Weltmeeres. Berlin, 1862. Verlag von G. Hickethier.
Aus den neuesten Listen über die in Kanada im Jahre 1861 geschehene Einwanderung ergibt sich Folgendes: Es kamen nach Quebec im Jahre 1861 an Passagieren auf 98 englischen Schiffen 9.308 Mann, auf 9 hanseatischen Schiffen 2.000 Mann, zusammen: 11.308 Mann, (außerdem an 6.000 Norweger).

Davon starben auf der Reise auf englischen Schiffen 4 Passagiere, auf hanseatischen Schiffen 39 Passagiere.

Und im Quarantäne-Hospital befanden sich am 1. Januar noch 14 Kranke von hanseatischen Schiffen, während von englischen Schiffen keiner blieb.

Auf englischen Schiffen starb mithin 1 auf 2.326 Passagieren, auf hanseatischen 1 auf 38.

Was die hanseatischen Schiffe anbelangt, so ist wohl zu bemerken, dass nur eins darunter aus Bremen kam, die anderen sämtlich Hamburger waren. Die ungemein große Anzahl von Todesfällen auf diesen Hamburger Schiffen lässt sich nur aus einer großen Unachtsamkeit der betreffenden Reeder in Bezug auf Sanitäts-Maßregeln erklären.

Übrigens muss es auch gar wunderbar erscheinen, dass nicht mehr deutsche Passagiere, die allein auf hanseatische Überfahrt angewiesen sind, nach Kanada gehen, sondern immer nur nach den Vereinigten Staaten und Brasilien.

Selbst die „Bremer deutsche Auswanderungs–Zeitung“ sagt bei ihrer Beobachtung der Auswanderung nach Kanada: „Mehr und mehr stellt es sich jetzt klar heraus, dass die Republik der Vereinigten Staaten, besonders deren jetzige Zustände, (siehe im Verlauf Weiteres) dem ruhigen Deutschen, der durch Tätigkeit und Fleiß im fernen fremden Lande eine neue Heimat sich zu sichern dachte, jetzt nicht der geeignetste Ort ist.*)

Durch hanseatische Schiffe sind im Jahre 1860 nur 533 deutsche Emigranten und 1861 951 nach Kanada gebracht worden, wohingegen die Hamburger wieder an zirka 2.000 Deutsche nach Brasilien, und die Bremer Schiffe zirka 19.000 nach den Vereinigten Staaten führten.

Wenn man bedenkt, wie sehr sich durch Agenten aller Orts die guten Deutschen Überreden lassen, so sind wir wohl berechtigt zu fragen, woher diese Partikular-Interessen, bei der Kenntnis aller Übelstände der Länder, für die man wirbt? Und wie lange soll noch die Indifferenz der deutschen Regierungen gegen die ungerechtfertigte Verschleppung deutscher Landeskinder fortbestehen?

Wir sind nicht für eine deutsche Auswanderung nach Kanada, weil daselbst der deutsche Emigrant englischer Kanadier wird, und jede nationale Bedeutung für sein Mutterland verliert, aber wir haben im Vorhergehenden nur einen Spiegel der Bestrebungen bei hanseatischen Auswanderungsagenturen geben wollen, um zu zeigen, wie es so sehr Not tut, die deutsche Auswanderung selbst in die Hand zu nehmen.

*) In ganz Kanada existierten nach 1861er Zensur bei einer Bevölkerung von 2.506.755 Seelen (von denen 1.917.777 in der Kolonie geboren waren) mir 23.835 Deutsche, dagegen 1.037.770 französische Kanadier. —

Parlamentsgebäude in Toronto

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