a) Auskunftserteilung

a) Die niedere, aber breite Schicht der Auswanderer hält die Auswanderung für etwas Verbotenes und dieser Glaube wird durch die Haltung der Regierung noch bestärkt. Sie sind allzu sehr dazu geneigt, allen offiziellen Ratschlägen gegenüber misstrauisch zu sein. Häufig wird, allerdings mit geringem Erfolg, versucht, dieses Misstrauen zu zerstreuen. So bestimmt z. B. das italienische Gesetz vom 31. I. 1901, dass das Ministerium des Äußeren im Einverständnis mit dem Ministerium des Innern die Auswanderung nach einer bestimmten Gegend nur verbieten kann aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder, wenn das Leber, die Freiheit oder das Eigentum der Auswanderer schweren Gefahren ausgesetzt sein sollten. Danach dürfen auch die amtlichen Auskunftsstellen nur aus den oben erwähnten Gründen von einer Auswanderung abraten und nationalpolitische Gründe sind bei der Auskunftserteilung ausgeschlossen. Selbst diese Versicherungen können die geringe Neigung der Auswanderer zu staatlichen Auskunftstellen nicht erhöhen. Auch in Deutschland war die Nachfrage nach Auskünften, solange sie das auswärtige Amt erteilte, sehr gering. Es wurden insgesamt im Jahre 1895 78, 1896 174 Auskünfte erteilt, und der Erfolg wird noch verringert, wenn man erfährt, dass der größte Teil der Auskünfte an Angehörige der gebildeten Stände erteilt wurde. In England fing man daher damit an, Privatpersonen und private Vereine mit der Auskunftserteilung zu betrauen, Arbeitervereine und zahlreiche Auswanderervereine, die zu diesem Zwecke gegründet wurden, machten es sich zur Aufgabe, den Auswanderern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Aber auch diese Versuche scheiterten und mussten scheitern, weil diese Privatvereinigungen keine Möglichkeit hatten, wirklich zuverlässige und zeitgemäße Auskünfte zu erteilen. Nur der Staat, der überall seine Beamte hat, ist dazu in der Lage. Lediglich in der Schweiz wirkten die staatlichen Auskunftsstellen mit Erfolg, wenigstens behauptete das die Regierung, allerdings ohne diese Behauptung zahlenmäßig zu erhärten, „Ohne geräuschvolle Reklame, so berichtet der Bundesrat, sondern einfach vermittels diskreter Bekanntmachungen, welche in keiner Weise zur Auswanderung ermuntern können, haben sich die Auskunftsstellen so eingebürgert, dass sie von allen Schichten der Bevölkerung benutzt werden“. Wie schon oben gesagt, lässt sich der tatsächliche Erfolg nicht genau feststellen. In den anderen Ländern war jedenfalls der Erfolg sowohl der staatlichen wie der privaten Auskunftsstellen gering. Man übertrug daher die Auskunftserteilung Vertrauensmännern, denen man die staatliche Information zur Verfügung stellte. So entstand zunächst in England im Jahre 1886 die Emigrants Information Office, eine Vereinigung von Fachleuten für die Auswanderung, Vertretern der Arbeiterverbände und Parlamentariern. Zunächst wurden hier nur Auskünfte über die englischen Kolonien erteilt. In den nächsten Jahren schon erweiterte sie ihr Wirkungsgebiet und erteilte auf Verlangen auch über alle anderen Kolonialländer Auskünfte. Die Aufgaben der Auskunftsstellen sind nach der Geschäftsanweisung folgende: „Die Aufgaben dieses Amtes können nicht klar genug ausgesprochen werden. Es hat möglichst genaue Nachrichten zu liefern über die Aussichten der Auswanderung, über die Verhältnisse des Arbeitsmarktes, Reisekosten usw., um Auswanderungslustigen die Beurteilung zu ermöglichen, ob es geraten sei oder nicht, zu einer bestimmten Zeit nach einem bestimmten Lande zu wandern. Die Genauigkeit dieser Nachrichten wird jedoch von der Regierung nicht verbürgt. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Amtes, in irgend einer Weise zur Auswanderung überhaupt oder zu einem besonderen Plane zu ermuntern oder abzuraten. Seine Aufgabe besteht darin Tatsachen zu konstatieren und zu veröffentlichen“. Neben direkten Auskünften auf Anfragen gibt die Emigrants Information Office Broschüren heraus, die jedermann unentgeltlich erhält, und die über die Aussichten der Auswanderer in den einzelnen Ländern unterrichten. Der Erfolg blieb dieser Einrichtung nicht aus. Fast jeder Auswanderer besitzt, wie die Statistik nachweist, eine Broschüre, und ein großer Teil hat außerdem noch direkte Auskünfte verlangt.

Auch in Deutschland haben wir seit dem Jahre 1902 eine Zentralauskunftsstelle, die ähnlich organisiert ist und mit gleich gutem Erfolge wirkt. Sie ist von der Kolonialgesellschaft geschaffen und steht unter der Oberaufsicht des Reichskanzlers. Ihre Wirksamkeit übt sie durch eine Menge Zweigstellen aus, in denen sie Vertrauensmänner hat. Auch hier werden die Auskünfte kostenlos erteilt. Bei allen diesen Einrichtungen hat man sich bemüht, das Misstrauen grade der niederen Bevölkerung vor Ratschlägen der Regierung zu zerstreuen, denn nur durch das Vertrauen der Auswanderer ist es möglich, sie für die nationale Volkswirtschaft auch weiterhin zu erhalten. Wie groß aber die Furcht der österreichischen und russischen Auswanderer vor Bestrafung wegen Auswanderung ist, davon legt die Heimlichkeit, mit der die Auswanderung betrieben wird, ein deutliches Zeugnis ab, Reiselegitimationen, Geld und was sonst unbedingt zur Reise notwendig ist, wird in der unglaublichsten Weise versteckt. Ungarische Auswanderer haben häufig die Postquittung über das an den Agenten geschickte Geld als einzige Reiselegitimation in einem Zigarettenstummel versteckt. Im Absatz des Schuhs wird das Geld verborgen, Selbst jenseits der Grenze kostet es oft die größte Mühe den Auswanderer davon zu überzeugen, dass er ohne Gefahren seine Auswanderungsabsicht und das Ziel seiner Reise angeben kann. Dass bei derartigen Zuständen ein kräftiges Eingreifen der Regierung nach der Art, wie es in den anderen Ländern nach obiger Schilderung geschieht, unbedingt notwendig ist, ist wohl ganz natürlich. Nur durch eine klare Stellungnahme der Regierung zur Auswandererfrage, durch zielbewusste Aufklärung, wird es möglich sein, die anderen Schäden im Auswanderungswesen dieser beiden Länder zu heilen. Erst wenn diese Basis gegeben ist, kann man dazu schreiten, auch die Auswanderungstechnik zu verbessern.
013. Der Glasmacher

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014. Der Glaser

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015. Der Glockengießer

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016. Der Gold- und Silberarbeiter

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017. Der Hufschmied

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018. Der Hutmacher

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019. Der Kammmacher

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