a) in Österreich-Ungarn

a) Das österreichische Auswanderungsrecht geht zurück auf die Bestimmungen des Auswanderungspatentes vom 10. VIII 1784 und 4. III. 1832. Als Auswanderer wird angesehen, wer sich in einen auswärtigen Staat begibt, mit dem Vorsatz nicht wieder zurückzukehren. Im Prinzip war die Auswanderung nach diesen Gesetzen verboten und zog den Verlust des Bürgerrechtes in jedem Falle nach sich. Das Gesetz unterschied zwischen befugter und unbefugter Auswanderung. Jeder Auswanderer hatte um Entlassung aus der österreichischen Staatsbürgerschaft nachzusuchen, er hatte nachzuweisen, dass er selbständig war, dass er und seine Familienmitglieder der Wehrpflicht genügt hatten, und dass der Auswanderung auch sonst keine zu erfüllenden Pflichten im Wege standen, Wanderte aber jemand aus ohne behördliche Genehmigung mit dem ausdrücklich erklärten oder durch konkludente Handlungen erkennbaren Vorsatze nicht mehr zurückzukehren, dann war er unbefugter Auswanderer und unterlag festgesetzten Strafen. Unter den konkludenten Handlungen werden genannt (§ 7): die Annahme einer ausländischen Staatsbürgerschaft oder ausländischer Zivil- oder Militärstellen ohne spezielle Genehmigung; der Eintritt in ein ausländisches, religiöses Institut oder in eine außer der Monarchie bestehende Versammlung, welche die persönliche Anwesenheit erfordert; ein durch fünf Jahre ununterbrochen fortgesetzter Aufenthalt im Ausland, ohne da selbst Güter oder Anstalten des Handels und der Industrie zu besitzen, wenn zugleich die Familie und das ganze oder ein Teil des Vermögens mitgenommen wurde; die Abwesenheit von 10 Jahren, wenn die angeführten Bedingungen nicht zutreffen. Es gab allerdings einige Staaten, mit denen Österreich schon damals Freizügigkeitsverträge hatte. Für diese galten die Bestimmungen nicht. Die Nichtbefolgung des Einberufungsbefehles machte die erlaubte Auswanderung zur unbefugten. Neben dem Verlust des Bürgerrechtes, der schon oben erwähnt ist, wurde die unbefugte Auswanderung öffentlich-rechtlich und privatrechtlich bestraft. Die unbefugten Auswanderer verloren Rang und sonstige Standesvorzüge; sie wurden aus den ständischen, den Universitäts- und Lizentialmatrikeln gestrichen. Im österreichischen Staate konnten sie Eigentum weder erwerben noch veräußern; testamentarische Anordnungen über das in Österreich gelegene Vermögen verloren ihre Rechtskraft. Das Vermögen der unbefugten Auswanderer wurde während ihrer Lebenszeit, unbeschadet der darauf haftenden Verpflichtungen sequestiert. Die Erben erhielten das Vermögen erst nach dem Tode der Auswanderer, bis dahin, soweit sie in Österreich waren, standesgemäßen Unterhalt.

Das sind die wesentlichsten Punkte des alten österreichischen Auswanderergesetzes. Noch heute gelten diese Bestimmungen teilweise, namentlich soweit sie die staatsbürgerliche und militärstrafrechtliche Seite der Materie regeln. Das Staatsgrundgesetz vom 21. XII, 1867 hebt die die Auswanderungsfreiheit beschränkenden Bestimmungen zum größten Teil auf. In dem Artikel 4 des Gesetzes heißt es: „Die Freiheit der Auswanderung ist von Staatswegen nur durch die Wehrpflicht beschränkt“. Die Unterscheidung zwischen befugter und unbefugter Auswanderung ist damit hinfällig. Ja selbst militärpflichtige Auswanderer haben nicht mehr die Bestrafung nach dem alten Gesetz zu erwarten, sondern sie können nur nach Wehrgesetzen bestraft werden. Allerdings sind die Bestimmungen des Wehrgesetzes verschärft worden. Maßgebend ist das Wehrgesetz vom 11. IV. 1889. Im allgemeinen wird die Genehmigung zur Auswanderung nur in Friedenszeiten erteilt und auch dann nur, wenn der betreffende zur Erhaltung der Familie notwendig ist oder aber selbst ohne Familie seinen Lebensunterhalt sich nicht beschaffen kann. Andere rechtliche Beschränkungen bei der Auswanderung gibt es jetzt in Österreich nicht.


Soweit die österreichischen Gesetze den Auswanderer selbst betreffend. Doch damit ist ein Auswanderungsgesetz noch nicht zu Ende. Es gilt noch, sich mit denen zu befassen, die aus der Auswanderung ein Gewerbe machen, mit den Auswanderungsagenten. Wir werden sehen, dass das bei weitem der wichtigere Teil der Gesetzgebung ist oder wenigstens sein sollte. Denn von ihm hängt Wohl und Wehe der Auswanderer in nicht geringem Maße ab. Das Hofkanzleidekret vom 16. IV. 1833 und der Staatsministerialerlass vom 28. II. 1863 setzen fest, dass es den berechtigten öffentlichen Agenten und den privaten Geschäftsvermittlern freisteht, einzelnen Personen auf Wunsch in Auswanderungsangelegenheiten Auskunft zu erteilen. Aber nur auf diese Auskunft darf sich ihre Tätigkeit beschränken. In Geschäftsverbindung mit Handelshäusern oder Agenten des Auslandes zur Vermittlung von Auswanderern dürfen sie keinesfalls stehen (Erlass des Ministeriums des Innern vom 23. X. 1852). Im Inland sind Auswanderungsagenturen unbedingt untersagt. Nach demselben Erlass ist auch die Veröffentlichung von Auswanderungsprospekten und die Aufforderung zur Auswanderung durch Insertion den Agenturen verboten. Flugblätter und Broschüren die zur Auswanderung aneifern, werden mit Beschlag belegt (Erlass der obersten Polizeibehörde 31. X. 1852). Das sind so strenge Bestimmungen, dass sie das Auswanderergeschäft vollständig unterbinden. Aber da, wie wir später sehen werden, der Auswanderer für seine Reise einen Agenten braucht, konnten diese gesetzlichen Maßnahmen nie in die Praxis umgesetzt werden. Ja, durch solche Bestimmungen wurde und wird ein Winkelagentenwesen gezüchtet, das einen Krebsschaden der ganzen Gesellschaft bildet; und dennoch gelang es kaum, die österreichische Regierung von dieser jedes positive Eingreifen ablehnenden Haltung auch nur um ein weniges abzubringen. Einigen wenigen ausländischen Schifffahrtsgesellschaften gelang es auf Grund einer Ministerialverordnung vom 29. XI. 1865 zum Geschäftsbetriebe zugelassen zu werden. Im Allgemeinen aber hielt die Regierung an ihrem Prinzip fest. Am 23. XI. 1895 wurden die Reisebüros nach Ministerialverordnung unter die konzessionspflichtigen Gewerbe gereiht. Es wurde ihnen gleichzeitig jede Anwerbung von Auswanderern sowie jede Förderung des Auswandererwesens verboten. Ebenso wird die Ausgabe von Zwischendecksfahrkarten allen denjenigen ausländischen Schifffahrtsunternehmungen untersagt, die in Österreich nicht konzessioniert sind. Die Missstände, unter denen die Auswanderer durch das Emporkommen immer neuer Winkelagenten zu leiden hatten, wurden immer schlimmer. Die Anträge im Parlament nach neuer Regelung des Auswanderungswesens mehrten sich, aber die Regierung konnte sich zu einer Änderung der eingenommenen Stellung nicht entschließen. So kam es am 21. I. 1897 nur zum Erlass neuer strafrechtlicher Bestimmungen über das Betreiben der Auswanderungsgeschäfte. Danach begeht jeder, der ohne behördliche Bewilligung Auswanderungsgeschäfte betreibt oder vermittelt oder bei dem, wenn auch gestatteten, Betriebe solcher Geschäfte den hierfür bestehenden Verordnungen zuwiderhandelt, eine Übertretung, die von den Gerichten mit Arrest bis zu 6 Moneten zu bestrafen ist. Die Verleitung zur Auswanderung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder durch andere auf Täuschung berechnete Mittel bildet ein Vergehen, das mit strengem Arrest zwischen 6 Monaten und 2 Jahren und mit Geldstrafe bis zu 4.000 Kronen, unter erschwerenden Umständen aber mit strengem Arrest bis zu 3 Jahren und mit Geldstrafe bis zu 8.000 Kronen zu belegen ist. Im Jahre 1904 erhielt die vereinigte österreichische Schifffahrtsgesellschaft das Recht in den Gemeinden Österreichs Agenturen zu eröffnen. Aber da nur ein sehr kleiner Teil der österreichischen Auswanderer mit dieser Schifffahrtsgesellschaft fährt, ist diese Verordnung für die Besserung der Lage der Auswanderer fast belanglos. Weiter aber ist die österreichische Auswanderungsgesetzgebung noch nicht gekommen. Zwar haben es die österreichischen Parlamentarier nicht an Interpellationen fehlen lassen, und es wurde auch jedes Mal von der Regierung versprochen eine Neuregelung des Auswandererwesens vorzunehmen, bisher aber ist ein Erfolg nicht zu verzeichnen. Eine Enquete vom Jahre 1905 zeigte recht deutlich einen der Hauptgründe für das Misslingen aller Versuche. Die meisten Enquetemitglieder lenkten ihr Augenmerk nicht auf den Schutz der Auswanderer, sondern auf die Hebung Triests als Auswanderungshafen. Es geschah dies hauptsächlich aus folgendem Grund. Der größte Teil der Mitglieder war an der Begünstigung Triests materiell zu sehr interessiert und nur einige wenige wirklich unparteiische wollten den wirklich Schwachen, den Auswanderern, helfen und sie schützen. So kam es, dass wir in Österreich immer noch jene veralteten Gesetzesbestimmungen haben. Wir werden später sehen, wie schlechte Verwaltung ihre Wirkung noch verschlimmert.

In Ungarn ist das Auswanderungswesen gesondert von Österreich weiterentwickelt worden. Man darf wohl annehmen, dass diese Neuregelungen in Ungarn von denselben Kreisen beeinflusst wurden, die in Österreich bisher stets eine durchgreifende Auswanderungsgesetzgebung vereitelt haben; denn dieselben Motive, die wir eben kennen gelernt haben, treten hier klar zu Tage. Im § 6 des Gesetzes wird der Zweck des Gesetzes dahin erläutert, die ungarische Auswanderung zu nationalisieren, sie den nationalen Interessen dienstbar zu machen, namentlich sie über einen nationalen Hafen zu leiten. Im Einzelnen sind die Bestimmungen dieses Gesetzes vom 11. III. 1903, das am 20. IV. 1904 in Kraft getreten ist, in Kürze etwa folgende. Wehrpflichtigen, Minderjährigen und Eltern, die Kinder unter 15 Jahren zurücklassen, kann die Auswanderung nur unter bestimmten Bedingungen gestattet werden. Die Auswanderung von Personen, die den für die Reise erforderlichen Geldbetrag nicht besitzen oder deren Reise von fremden Regierungen oder Kolonisationsgesellschaften bezahlt wird, ist verboten. Für alle Auswanderer ist Passpflicht vorgeschrieben. Die Regierung kann die Auswanderung nach einzelnen Ländern allgemein oder für bestimmte Berufszweige zeitweilig verbieten, und auch den Weg bestimmen, den die Auswanderer zu nehmen haben. Nach dem vorher Gesagten ist der Zweck dieser Bestimmungen klar. Um den Willen der Regierung, der Auswanderung den Weg über Fiume und die Benutzung der Schiffe einer bestimmten Schiffsgesellschaft vorzuschreiben, in die Tat umzuwandeln, wurde auch die Grenzpolizei mobilisiert, da man mit diesen Gewaltmaßregeln den Auswanderern jeden anderen Weg abzuschneiden hoffte. Man kann wohl sagen, dass diese Versuche vollkommen gescheitert sind.

Ferner schreibt das Gesetz für die Beförderung von Auswanderern eine besondere Erlaubnis vor. Diese Erlaubnis wird nur gegen Stellung einer Sicherheit von mindestens 100.000 Kr. erteilt. Die Konzession gilt nur für bestimmte Länder. Der Transporttarif muss vom Minister des Innern genehmigt werden. Auch Agenten bedürfen einer Erlaubnis und müssen eine Sicherheit von 10.000 Kr. hinterlegen. Es sollen nach dem Gesetz ferner ein Auswanderungsfonds, ein sachverständiger Beirat und eine Auswanderungskommission geschaffen werden. Soweit die gesetzlichen Bestimmungen in Österreich–Ungarn. Später werden wir über die tatsächlichen Verhältnisse unterrichtet werden.
Der erste Mai auf dem Tivoli.

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Kahlenberg und Leopoldsberg.

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Das Paradeisgartel.

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Ferdinandsbrücke und Rothethurmbastei.

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Der Michaelerplatz und das Burgtheater.

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Therese Peche

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Ein Wiener Fiaker.

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Die Theaterenthusiasten.

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Das Schottentor und die Schottenbastei.

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Der Volksprater.

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Haus in Wien, IV., Lambrechtsgasse 8A

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