Arbeiter-Wohnhäuser für eine Familie

Kleine, einzeln stehende, ebenerdige, von einem Gärtchen umgebene Häuschen für eine Familie sind namentlich von der franz. Firma Jappy Comp, in Beaucourt erbaut. Die Bewohner dieser Häuser führen die übernommene Uhrmacherund Feinschlosserarbeit zu Hause aus , weshalb der Grundriss des Erdgeschosses in zwei Werkstätten, Küche und Wohnzimmer eingeteilt ist. Jeder Raum hat ein Fenster, die Küche ist Eingangsraum und von hier aus führt eine einfache Holztreppe mit eingestemmten Stufen zum Dachgeschoss. Dieses ist mit einem Satteldache gedeckt und ausgebaut; es enthält einen größeren gemeinschaftlichen Schlafraum und eine kleinere Schlafkammer, beide an den Giebelseiten durch je ein Fenster beleuchtet. Zwischen diesen beiden Räumen ist der Abort angebracht. Das Erdgeschoss hat 2,4 m, das Dachgeschoss nur 2 m lichte Höhe; die Küche ist unterkellert. Ein solches Haus ist 7,9 m lang, 6,9 m breit und nimmt somit eine Fläche von 54,5 m2 ein. Die ganze Grundfläche mit Haus und Garten beträgt 22 X 15 = 330 m2. Die Umfassungsmauern sind 0,4 m dick aus Bruchsteinen hergestellt, während die Scheidewände aus schwachem Fachwerk bestehen. Der Bau dieser Häuser geschah durch eine Aktien Gesellschaft , und die Kosten für ein solches Haus mit Dachstuben betragen nicht mehr als 2.300 Fr. — 1.840 Mk., also pro Grundfläche rund 33,8 Mk., worin die Anlage und Einzäunung des Gartens, die Straße, die Beschaffung des Wassers etc. nicht inbegriffen sind. Häuser ohne Dachstuben kosten nur 2.000 Fr.

Nach den Statuten der Gesellschaft werden diese Häuser an die Arbeiter der Brüder Jappy & Co. oder an andere sich darum bewerbende Einwohner von Beaucourt vermietet oder verkauft. Diese können den Preis entweder in vollem Betrage entrichten, oder sie zahlen eine um diejenige Summe zu erhöhende Miete, welche in 11 Jahren den Preis ihres Grundstückes zu tilgen im Stande ist. Die Mieter werden nicht früher Eigentümer, bis sie den ganzen Betrag des Preises entrichtet haben. Im Falle sie aus irgend einem Grunde die vereinbarten Jahresraten nicht leisten, haben sie nur Anspruch auf die Rückzahlung derjenigen Summen, welche sie über den Betrag ihrer Mietpreise entrichtet haben. Die Dauer der Gesellschaft betrug 11 Jahre und ihr auf 340 Aktien zu 100 Fr. verteiltes Kapital betrug 34.000 Fr. Das Haus Brüder Jappy Co. beteiligte sich an der Gesellschaft mit 100 Stück Aktien und die Gründer mit dem Reste von 240 Stück. Grund und Boden wurde von Peter Jappy unentgeltlich abgetreten. Eine Anzahl Aktien à 100 Fr. wurde überdies ausgegeben, bis zur Höhe von 660 Stück. Die Beamten und Arbeiter der Brüder Jappy & Co. konnten den Preis der Aktien mittelst monatlicher Abzüge oder Einzahlungen von 10 Fr. erlegen. Die Aktien lauteten auf den Namen; sie konnten jedoch nach voll eingezahltem Betrage von dem Eigentümer mittelst Zession übertragen werden, was auf der Rückseite zu notieren war.


Die Brüder Jappy & Co. waren Direktoren der Gesellschaft, doch hatte die Generalversammlung ein Überwachungs-Komitee aus 4, mindestens je 10 Aktien besitzenden Mitgliedern, auf 5 Jahre zu wählen. Die Direktoren und das Komitee hatten einen Beamten zu ernennen, der die Verwaltung der Kasse und Führung der Bücher besorgte, sowie sämtliche Papiere und Archive der Gesellschaft in Verwahrung nahm.

Die Zahlung der Verkaufspreise der Wohnhäuser bildeten den Stock, welcher zur Rückzahlung der durch das Los gezogenen Aktien bis zur Höhe der eingegangenen Gelder benutzt wurde. Die Häuser wurden um den Herstellungspreis verkauft; es gab keine Dividenden, aber die Aktionäre erhielten 5% Zinsen für ihre Aktien, die halbjährlich ausbezahlt wurden. Brüder Jappy & Co. garantierten die Auszahlung der Interessen, falls die Mietpreise und die Zinsen der Verkaufssumme zu ihrer Deckung nicht ausreichten. Bei Auflösung der Gesellschaft, falls dann mehrere Häuser nicht verkauft sein sollten, hatten Brüder Jappy & Co. sich verbindlich gemacht, dieselben zum Herstellungspreise zu übernehmen.

Die Bauunternehmer erhielten als Zahlung für ihre Arbeiten 15% in Aktien der Gesellschaft zum Nominalwerte und den Rest in den bestimmten Epochen nach der Übernahme der Bauten in Baar.

Der niedrige Preis einer Aktie von nur 100 Fr. machte es möglich, dass sich Arbeiter und Werkführer an der Gesellschaft beteiligen und so für das eigene Wohltätig sein konnten. In der Tat war die Beteiligung von Seiten der Genannten keine geringe. Der Wunsch, in kürzester Zeit Eigentümer von Haus und Hof zu werden, war ein so lebhafter, dass es bald keine Mieter mehr gab und dass man seit 1864 neue Häuser nur nach Aufforderung eines Käufers baute, dem sofort ein Kredit von 2.000 Fr. eröffnet wurde. Oft ereignete es sich, dass der Erwerber mit Rücksicht auf seine Bequemlichkeit kleine Änderungen an der Grundrissanordnung des Hauses vornehmen ließ; in diesem Falle musste er die 2.000 Fr. übersteigende Bausumme direkt an den Bauunternehmer entrichten. Der Erwerber hatte übrigens keine im Vorhinein festgestellten Zahlungstermine, nur musste die Hauptbedingung, das Haus in 11 Jahren zu zahlen, erfüllt werden; die Zahlungstermine, sowie die Höhe der Zahlungen blieben ganz ihm überlassen. Wünschte er nach der vorläufigen Entrichtung einer ersten Summe, in Monatsraten auf 1 — 11 Jahre verteilt, sich des Kaufpreises zu entledigen, so wurde ihm mit dem Empfangsscheine ein gedruckter Tarif eingehändigt, welcher ihm nach der gewählten Anzahl Jahre die Höhe der Einzahlung angab. Dieselbe Freiheit, die man dem Arbeiter beim Baue des Hauses ließ, war ihm auch für die Erhaltung desselben und für die Reinlichkeit im Inneren gestattet. Keine Hausordnung verbietet ihm irgend eine Änderung im Hause, Garten und Hofe. Unbehelligt kann der Arbeiter diejenige Anordnung im Hauswesen treffen, die ihm die passende erscheint. Die Häuser sind daher nicht mehr absolut gleich, ebenso wenig im Innern wie in ihrer Umgebung, deswegen aber doch sehr reinlich und gut erhalten. Von 1864 — 1867 waren schon mehr als 100 solcher Häuser erbaut.

Es ist keine Frage, dass diese Art Häuser in jeder Beziehung den Ansprüchen des Arbeiters entsprechen; da er Herr des ganzen Hauses und Gartens ist, wird er in keiner Weise von irgend einem Nachbar behelligt und kann mit dem Engländer stolz ausrufen: ,,my house is my castle“. Indes können solche Häuser doch nur da ausgeführt werden, wo das Baumaterial und der Arbeitslohn sehr billig ist und der Baugrund, wie in Beaucourt, gar nichts kostet.

Das in Figur 1 im Grundrisse dargestellte, einzeln stehende Arbeiterhaus mit nur einer Wohnung in 2 Geschossen und 4 Haupträumen ist von Staub & Comp. in dem Arbeiterquartier zu Kuchen erbaut. Auch hier ist die Küche Eingangsraum, dahinter liegt das Wohnzimmer und im oberen Geschosse sind 2 Schlafzimmer vorhanden. Der Abort und der Holzschuppen sind an dem Hause angebaut. Die Küche enthält einen Kochherd und einen steinernen Spültisch mit Wasserausguss. Dieses Haus ist in der genannten Kolonie nur in einem einzigen Exemplare zur Ausführung gekommen, da man bald die Erfahrung machte, dass Gruppenhäuser mit Gemeinsamkeit der Scheidemauern und des Daches in der Ausführung erheblich billiger werden, was jedenfalls Hauptbedingung bei Arbeiterwohnhäusern ist.