Die Anfertigung der Panamahüte in Ecuador

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1903
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Panamahüte, Luxusmode, Ecuador, Kostspieligkeit, Modeartikel
Eine Mode, die Jahrzehnte hindurch fast in Vergessenheit geraten war, ist neuerdings in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika wieder in Aufnahme gekommen und hat von dort aus ihren Weg auch nach Europa gefunden: das Tragen der Panamahüte, jener federleichten Kopfbedeckungen, die so biegsam und elastisch sind, dass sie sich trotz ihres beträchtlichen Umfanges zusammengelegt in der Westentasche unterbringen lassen, und so dauerhaft, dass sie unzählige Male durch einen einfachen Reinigungsprozess mit Wasser und Seife ausgefrischt und in ihrer ursprünglichen Schönheit wieder hergestellt werden können.

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Ihren Namen führen diese Hüte allerdings nicht mit Recht, denn sie kommen nicht aus Panama, sondern aus dem südamerikanischen Staate Ecuador, wo die Stadt Guayaquil den Hauptsitz des Handels mit diesem sehr wertvollen und neuerdings so gesuchten Artikel bildet. Die Preise für echte Panamahüte sind nämlich ganz außerordentlich hoch! Sie steigen bis zu mehreren tausend Mark für das Stück, und ein Gigerl aus der New Yorker „goldenen Jugend“ würde es als unter seiner Würde erachten, einen Panamahut zu tragen, der weniger als zweitausend Mark kostet.

Dabei ist diese Kostspieligkeit nicht etwa durch besondere Seltenheit des für die Herstellung verwendeten Materials verursacht. Die Palmenart, aus deren Bast die Hüte geflochten werden, kommt sowohl in Ecuador wie in anderen Gegenden Südamerikas ziemlich häufig vor, und nur die Schwierigkeit der Erzeugung bedingt den Wert der Hüte. Die Baststreifen müssen einem außerordentlich langwierigen Bleichungsprozess unterworfen werden, und die Arbeit an einem einzigen Hute, für den mit peinlichster Sorgfalt nur völlig tadellose Streifen ausgewählt werden, dauert mehrere Monate, ja zuweilen ein ganzes Jahr. Sie wird zumeist von indianischen Frauen ausgeführt, die in hohem Maße über die für diese Tätigkeit erforderliche Geschicklichkeit verfügen. Das Material muss dabei beständig feucht bleiben, und während seiner letzten Vollendung wird der Hut dauernd unter Wasser gehalten. Natürlich fällt auch hier der Hauptanteil an dem Verdienst nicht dem Erzeuger, sondern dem Zwischenhandel zu, der, wie aus jedem Modeartikel, so auch aus den Panamahüten einen unverhältnismäßig großen Vorteil zieht. Ursprünglich vorwiegend von den reichen Sklavenhaltern der Südstaaten getragen, kamen die keineswegs durch hervorragende Schönheit der Form oder besondere Kleidsamkeit ausgezeichneten Kopfbedeckungen in den Nordstaaten zuerst in Aufnahme, als General Grant von seinen Verehrern mit einem ausnehmend schönen Panamahut beschenkt worden war. Die Hitze, die fast den ganzen Sommer hindurch in New York und anderen Staaten der Union herrscht, macht allerdings eine Kopfbedeckung von der Leichtigkeit und Durchlässigkeit der Panamahüte besonders schätzbar.

Die Anfertigung der Panamahüte in Ecuador

Die Anfertigung der Panamahüte in Ecuador