Preußen

Als Joseph II. starb, da war ihm sein großer Rivale auf dem preußischen Thron nur um wenige Jahre im Tode vorausgegangen, müde und bitter auch er, aber nicht durch Misserfolge verstimmt, sondern durch die Größe der eigenen Erfolge erdrückt. Das was Preußen in diesem Jahrhundert groß gemacht hatte, das war der Geist der Selbstverleugnung gewesen, mit dem Friedrich Wilhelm I. und sein Sohn ihren Herrscherberuf aufgefasst hatten. Sie verkündeten nicht nur den Grundsatz: „Ein König ist nichts wie der erste Diener seines Staates,“ sondern sie lebten auch nach ihm.

Das Wohl ihres Staates war die Rücksicht, der sie alle andern nachordneten, und das tat der zweite preußische König zu einer Zeit, als selbst seine nächsten Nachbarn, ein August der Starke, ein Max Emanuel von Bayern nichts anderes im Auge hatten als den Glanz ihrer Person und die Unterhaltung ihres Hofes. Die Natur hatte Friedrich Wilhelm I. jede Anmut des Geistes versagt, aber sie hatte ihm ein Pflichtgefühl mitgegeben, wie es so ausgeprägt keiner seiner Zeitgenossen auf den deutschen Thronen und Thrönchen besaß.


Es bildete den Kern seines Wesens, das mit allen Vorzügen und Fehlern so echt und recht deutsch war und trotz der rauen, oft genug rohen Außenseite doch schließlich das Muster wurde, das den andern vorleuchtete. „Wer es nicht sieht,“ schrieb der kaiserliche Gesandte von Seckendorff aus Berlin, „der kann es nicht glauben, dass ein Mensch in der Welt, von was für Verstand er auch sei, so viele differente Dinge in einem Tage expedieren und selbst tun könnte, wie dieser König täglich tut, dazu er dann den Morgen früh drei Uhr bis zehn verwendet, dann aber mit Militärexerzitien den Tag zubringt.“

Friedrich Wilhelm I. ist der Schöpfer des preußischen Staates, den er auf Absolutismus, Beamtentum und Heer so fest gründete, dass sein Sohn das kleine Preußen auf diesem Unterbau zu einer Großmacht ausgestalten konnte.

Friedrich der Große. Nach dem Gemälde von A. Graff
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutschland im 18. Jahrhundert. Band 1
018 Friedrich der Große. Nach dem Gemälde von A. Graff

018 Friedrich der Große. Nach dem Gemälde von A. Graff

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