König Friedrich II.

Gegen die Persönlichkeit des Vaters gehalten ist Friedrich II. eine Erscheinung mit so viel bestechenden Eigenschaften, dass sie seinen Vorgänger auf dem Throne stark in den Schatten stellen müssen, aber das kann nicht darüber täuschen, dass der größere Sohn das Beste seines Wesens doch dem Vater verdankt.

Hatte Friedrich Wilhelm I. seine Zeit und seine Kräfte dem Staate gewidmet, so hat Friedrich II. ihm ausschließlich gehört; mit größerem Recht als einst Ludwig XIV. hätte er von sich sagen können: Der Staat bin Ich! Er besaß, wie Koser einmal so hübsch gesagt hat, mit dem Augenmaß für das Erreichbare die Kunst des Maßhaltens, die einem großen Staatsmann unentbehrlich ist, Fähigkeiten, die ihn in den Stand setzten, große Ziele nicht bloß ins Auge zu fassen, sondern mit zähem Willen auch zu erreichen. „Nicht zum Vergnügen, nicht um zu prunken,“ schrieb er einmal an Voltaire, „sondern zur Arbeit ist der Fürst an der Spitze des Staates gestellt, er hat die Pflicht, seine Untertanen glücklich zu machen.“


In der Tat ist sein ganzes Leben in Arbeit aufgegangen, sein Trieb, dieser Pflicht zu genügen, war ebenso erstaunlich, wie die unverwüstliche Kraft, mit der er bis zum letzten Atemzug an ihr festzuhalten vermochte; ,,erst im Sterben“, schrieb Mirabeau, ,,vergaß er seinen Beruf.“ Die hohe Auffassung, die Friedrich II. von seiner Aufgabe hatte, ist oft genug von ihm zum Ausdruck gebracht worden, vielleicht nie überzeugender als in den Bestimmungen, die er dem Minister Grafen Fink von Finkenstein hinterließ, als er 1756 ins Feld zog. „Wenn ich das Verhängnis hätte,“ schrieb er, ,,vom Feinde gefangen zu werden, so verbiete ich, dass man die geringste Rücksicht auf meine Person nehme oder dem, was ich aus meiner Haft schreiben könnte, die geringste Beachtung beimesse. Geschähe mir solches Unglück, so will ich mich für den Staat opfern.“

Das Geschick hat ihm diese Erfahrung erspart und ihm dafür Erfolge beschert, die ihn selbst nüchtern ließen, die aber sein Volk, und im weiteren Sinne war dieses Volk das ganze damalige Deutschland, mit einem hohen Gefühl des Glückes und des Stolzes erfüllten. Die feste, starke und schlichte Art, mit der der preußische König sich an der Spitze seiner kleinen Schar gegen eine ganze Welt von Feinden behauptete und einen Endsieg erfocht, während schon die bloße Zahl seiner Gegner ihn erdrücken zu müssen schien, zeigte den Deutschen zum erstenmal nach langer leidvoller Nacht einen Morgenschimmer neuer Hoffnung.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutschland im 18. Jahrhundert. Band 1
Friedrich der Große

Friedrich der Große

Friedrich II. und seine Schwester Wilhelmine

Friedrich II. und seine Schwester Wilhelmine

018 Friedrich der Große. Nach dem Gemälde von A. Graff

018 Friedrich der Große. Nach dem Gemälde von A. Graff

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