„Fritzisch nicht Preußisch“

Die Größe des Mannes imponierte ja seinen Feinden, „man darf in Paris kaum laut sagen, dass man den französischen Waffen den Sieg wünscht“, schrieb damals Duclos; wie hätten doch die Deutschen nicht von den Taten ihres Landsmannes entzückt sein sollen ? Man war nicht preußisch gesinnt, aber man fühlte, wie Goethe sagte: „fritzisch“; das Bedürfnis der Heroenverehrung, das in einfachen und unverbildeten Naturen so stark ist, war glücklich, einen Gegenstand zu finden, der der Bewunderung, der Liebe, der Hingabe wert war.

Die Seele des Schwaben Schubart war ,,ganz und gar für die Preußen enthusiasmiret“, und als er 1756 nach Erlangen kam, fand er zu seiner Freude, dass die ganze Stadt „in wildem Enthusiasmus für die Preußen brannte“. In jedem katholischen Bauernhaus Bayerns fand man die Bilder des Ketzerkönigs, herab bis in die Kinderspiele warfen seine Taten ihren Glanz. „Indessen meine ältere Schwester die Kaiserin Maria Theresia vorstellte,“ erzählte Friedrich Leopold Stollberg, „musste ein ernsthaftes vorläufiges Gefecht entscheiden, ob mein Bruder oder ich im Spiele König Friedrich sein sollte. Der Überwundene musste den Feldmarschall Daun vorstellen.“


Pütter schätzte sich glücklich, dass ihn der Anblick des Königs, dem er 1762 in Gotha vorgestellt wurde, nicht aus der Fassung brachte, und der Schweizer J. G. von Salis beklagte sich 1786 bei Reichard aus Paris: „Mit fällt der Gedanke lästig, mit diesem Unsterblichen zugleich auf Erden gelebt und ihn nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen zu haben.“ Der Ruhm des Königs fiel auf jeden Deutschen im Ausland zurück. Goethe musste den Bürgern von Caltanisetta von Friedrich II. erzählen, „und ihre Teilnahme an diesem großen Könige war so lebhaft,“ bemerkt er, „dass wir seinen Tod verhehlten, um nicht durch eine so unselige Nachricht unsern Wirten verhasst zu werden“.

Kapitän Klock aus Emden war von marokkanischen Seeräubern gefangen worden, aber der Kaiser Muley Ismael ließ ihn nicht nur frei, sondern beschenkte ihn auch reichlich, weil er erfuhr, dass der Schiffer ein Untertan des Preußenkönigs sei. Nettelbeck sah in Lissabon ein Wachsfigurenkabinett, in dem Friedrich II. und die Familie des Müller Arnold aufgestellt waren. Als er sich als Preußen zu erkennen gibt, bringt ihn der Pöbel in seinem Entzücken beinahe ums Leben und trägt ihn im Triumph in seinen Gasthof zurück. Als Garlieb Merkel auf dem Wall in Riga spazieren geht und einem dort als Schildwache postierten ehemaligen preußischen Deserteur die Nachricht vom Tode des Königs mitteilt, bricht der Mann in einen Strom von Tränen aus. Wie man selbst in dem katholischen Bayern über Friedrich den Großen dachte, erzählt Freiherr von Stengel in seinen Denkwürdigkeiten.

„Die Bayern“, schreibt er, „sahen den König von Preußen, der doch eigentlich Bayern für die Vereinigung der fränkischen Markgraftümer mit der Primogenitur seines Hauses geopfert hatte, für ihren Retter an und verehrten ihn wie einen Halbgott. Auf Friedrichs Tag waren in den meisten Wirtshäusern Beleuchtungen, Gastmähler und Bälle. Der Buchhändler Strobl hatte vor seinem Laden das Bildnis des Königs zum Verkaufe ausgestellt, die Vorübergehenden zogen den Hut ab, und eines Morgens, als die Wachablösung vorbeikam, kommandierte der Feldwebel: Halt, rechts um! Front! und ließ die ganze Wache vor dem Bilde das Gewehr präsentieren.“

Friedrich der Große Kupferstich von Nilson

Friedrich II. Schreiber-Kunststück. D. A. Hauer nach Joh. Christ. Albrecht 1760

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutschland im 18. Jahrhundert. Band 1
019 Friedrich der Große Kupferstich von Nilson

019 Friedrich der Große Kupferstich von Nilson

020 Friedrich II. Schreiber-Kunststück. D. A. Hauer nach Joh. Christ. Albrecht 1760

020 Friedrich II. Schreiber-Kunststück. D. A. Hauer nach Joh. Christ. Albrecht 1760

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