Die Bulgarei

Bela III. König von Ungarn eroberte 1182 die Bulgarei und gab sie später (1193) seiner Tochter, die er dem griechischen Kaiser Isak Angelos vermählte, als Brautschatz. In der Folge entstand Streit darüber, worein sich der Papst mischte und den Woiwoden Johanniza, weil er zur römischen Kirche übertrat, als König von Bulgarien proklamierte. König Emerich von Ungarn protestierte kräftig gegen diese päpstliche Anmaßung.

Stephan V. von Ungarn schlug 1270 ein bulgarisches Heer, eroberte Widin und zwang den König Konstantin zur Unterwerfung.


Im Jahre 1359 eroberte Ludwig von Ungarn die Bulgarei in einem Kreuzzuge zu Gunsten der lateinischen Kirche. Die Minoriten tauften fleißig nach römischem Ritus und Bulgarien wurde zu einer ungarischen Provinz gemacht. Natürlich verhinderte eben der kirchliche Fanatismus das Gedeihen dieses Verhältnisses und in den folgenden Stürmen ging es gänzlich zu Grunde.

Doch drang in den Jahren 1488 und 1448 der Held Johann Huniady erobernd bis Sofia vor, und noch im Jahre I688 wurde Windin vom Heere Leopold I. erobert. Aber alles ging wieder verloren und jetzt stehen die Sachen in der Bulgarei so, dass sich „Allmutter Slava“ auch dieses Landes annehmen muss! —

Dass sich Rechtsansprüche Ungarns und Deutschlands sogar über die Bulgarei hinaus erstreckten, ist z. B. durch eine Urkunde vom Jahre 1444 unter Wladislaus V. bewiesen. Darin wird ein Robert von Thur als Ban von Macedonien aufgeführt

Solche Erinnerungen hat Ungarn und Deutschland in den Donaufürstentümern! Durch Schwäche, Uneinigkeit, falsche Politik und Verrat ließen wir uns diese Länder einst von den Türken entreißen, und in noch tieferer Erniedrigung geben wir sie jetzt den Russen preis!

Die praktischen Politiker lächeln über die vergebliche Mühe, mit welcher diese Notizen aus der sehr verworrenen Geschichte jener Länder hervorgesucht worden. Das sind alte erloschene Dinge, sagen sie, die etwa in einen Roman passen, aber nicht in die praktische Politik. Sonst wecken diese Herren sehr gern die Vergangenheit auf; wo dies aber heilsam und rühmlich wäre, da geben sie die Vergangenheit für unrettbar todt aus.

In Österreich namentlich denkt man gar nicht daran, den ungarischen Krönungseid auch nur einigermaßen zu erfüllen. Und doch würde man dadurch die tief erschütterte Anhänglichkeit Ungarns neu befestigen, würde ganz Österreich erfreuen, zugleich eine große Gefahr des Kaiserstaates beseitigen und der Zivilisation einen Dienst leisten.

Dagegen verschwört sich die österreichische Regierung lieber neuerdings dem Papsttum, weil sie sich dem Wahn hingibt, an der römischen Kirche ein Schutz, und Trutzmittel gegen Rußland zu haben.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutschland, Polen und Russland