Berichte aus Polen

Vor unsern Augen bestätigt sich blutig das Gesagte.

Wie befriedigend lauteten gerade in jüngster Zeit die Berichte aus Polen. Wie salbungsvoll verkündigte namentlich aus Galizien die blinde und verblendende Regierungspresse, dass österreichisch Polen mit den altösterreichischen Provinzen in treuer Anhänglichkeit an das Kaiserhaus rühmlichst wetteifere, dass der polnische Adel die Politik der Regierung überlasse und sich nur mit Hypothekenbanken, Spiritusfabriken und neuen Ackermaschinen beschäftige, dass das ganze Königreich über die versprochene Eisenbahn in dankbarstem Jubel schwelge und nichts sehnlicher wünsche, als durch recht viele Bande mit dem Kaiserthrone unzertrennlich verbunden zu werden.


Wie fürchterlich sind diese Lügen widerlegt, durch welche nicht nur die öffentliche Meinung, sondern auch die regierende Familie so unheilvoll getäuscht werden sollte! Es ist eine patriotische Pflicht, hier auf die sogenannte gute wohlgesinnte und wohlmeinende Presse einen Blick zu werfen. Diese Presse arbeitet besonders in Österreich geradezu am Sturze des Thrones und schon hat sie ihm alle Stichen des öffentlichen Glaubens und Vertrauens genommen. Eben jetzt in der Polensache leistet sie in dieser Hinsicht wieder das kaum Glaubliche. Es ist kaum glaublich, dass sich so kluge Staatsmänner dem Wahn hingeben können, durch solche Zeitungsartikel und Rundschreiben die öffentliche Meinung leiten und beherrschen zu können. Sie täuschen wahrlich niemanden als höchstens die regierenden Familien, die von dem verdunkelnden Geist der Aristokratie und Bürokratie umgeben, in ihren Schlössern recht eigentlich im Staatsgefängnis sitzen, und nicht wissen, was draußen im Leben vorgeht, was sich über ihren Häuptern drohend zusammenzieht, was unter ihren Füßen den Boden auswühlt. Die Regierungspresse scheut sich nicht, klaren unmittelbar gegenwärtigen Tatsachen entschiedenen Widerspruch entgegenzusetzen, und dann wundert sie sich wieder und schimpft darüber, dass in der Presse der Geist der Lüge herrsche. Sie klagt über Vergiftung der Moral durch die Presse, während doch sie allein das offizielle Beispiel und Muster gibt. Auf diesem Wege hat es diese gute Presse bereits so weit gebracht, dass man im Volk gar nichts mehr glaubt, was zum Lob, und dagegen unbedingt alles, was zum Tadel der Regierungen gesagt wird. Selbst wo der Tadel zuweilen offenbar ungegründet oder übertrieben ist, glaubt man ihn, oder stellt sich wenigstens so, als ob man ihn glaubte. Es ist dies allerdings ein sehr trauriger Zustand, aber wer hat ihn verschuldet, als die Lüge der Regierungspresse. Sie hat es so weit gebracht, dass unsere Regierungen gar keine Stütze in der öffentlichen Meinung haben, und sich also lediglich durch List und Gewalt erhalten müssen. Die bezahlten Regierungsorgane dienen dem Publikum höchstens zur Belustigung, namentlich in Österreich, wo man zur Leitung der offiziellen Presse gewöhnlich entweder unfähige oder moralisch vernichtete Leute wählt. Eine Zeit lang half dort die Augsburger Allgemeine Zeitung aus. Die lieben Österreicher meinten geraume Zeit hindurch, in dieser ausländischen Zeitung wirklich etwas ausländisches zu lesen. Allein jetzt ist auch dieses Täuschungsmittel abgenutzt. Die Österreicher sind der großen Augsburger Allgemeinen über den Kopf gewachsen und sehen ihr in die diplomatisch gemischten und gezeichneten Karten. Wie fleißig auch Zedlitz und Andere, ja sogar der große hochgeborne Unbekannte, der Verfasser von „Österreich und seine Zukunft“ für diese Zeitung arbeiten, die Österreicher glauben diesem aristokratisch-bürokratischen Orakel nicht mehr. Im Jahr 1819 sagte Metternich in geheimer Ministerialversammlung: „Man kann ohne Übertreibung behaupten, dass es heute nicht eine einzige als Privatunternehmung in Deutschland erscheinende Zeitschrift gibt, welche die Wohlgesinnten als ihr Organ betrachten könnten, ein Fall, der selbst in dem Zeitpunkt der blutigsten Anarchie in Frankreich ohne Beispiel ist.“ Dies ist auch heute im Jahr 1846 des diplomatischen Weltteiles noch der Fall und noch mehr als damals. Aber wer ist schuld daran? Wer ist schuld daran, dass die Regierungen nur von kriechenden Schmeichlern und Bettlern gelobt werden?

In dieser unglückseligen Polensache bewies und beweist sich die Regierungspresse wie, der recht als das Verderben der Regierungen; besonders in Österreich. Vorher und nachher einlullendes Lob! Ohne dass die argusäugige österreichische Polizei eine Ahnung davon hatte, stand plötzlich Polen abermals in Waffen, und Preußen und Österreich ließen gegen die Stimme ihres Gewissens, gegen die Überzeugung und das Gefühl ihrer Völker ihre Söldner ausrücken, um an dem unglücklichen Volk die Waffen zu üben, die nur für die Gerechtigkeit geführt werden sollen. Das ist der Fluch der bösen Tat.

Nachträglich gibt sich die österreichische Regierungspresse alle Mühe, die Allwissenheit der Polizei zu retten. Man will nicht, dass die preußische Polizei für besser gelten solle, als die altberühmte österreichische. Daher wird behauptet, man habe längst alles gewusst, man habe ja so früh wie Preußen Verhaftungen vorgenommen etc. Welche traurige Bemühung! Mag der Roman der Fürstin Sapieha wahr sein oder nicht, genug, es hatte sehr den Anschein, dass Österreich überrascht worden. War es dies wirklich, so ist dies ein sehr trauriger Beweis, dass man, verführt durch die lügnerische Regierungspresse, hier sein Gewissen gänzlich eingelullt hatte. Denn wenn Österreich? Gewissen wach ist, so muss es in Polen in jedem Augenblick auf das schlimmste gefasst sein. Es muss wissen, dass kein echter Pole zufrieden sein kann. Es muss als gewiss voraussetzen, dass die Polen, sobald sie nur irgend könnten, die Österreicher wie die Preußen und Russen aus dem Lande sagen oder tot schlagen würden. Das ist ja eben der Fluch jener bösen Tat. Österreich hat hier fünf Millionen Untertanen, von denen es wissen muss, dass es ebenso viele Feinde des österreichischen Namens sind. Welch ein unglückseliges Staatsverhältnis! Dies eben, man kann es nicht oft genug wiederholen, ist der von den absoluten Monarchien ausgehende Umsturz des monarchischen Prinzips.

Ich rede hier nicht der Revolution das Wort. Ich hebe nur ein ewiges Naturgesetz hervor. Tretet einen Wurm, und er windet sich widerstrebend mit aller Kraft, die in ihm ist; zerreißt ihn, und noch die Stücke strecken und schnellen sich. Hier hat man ein großes, kräftiges, schwungvolles Volk zertreten und zerrissen; Kraft eines göttlichen Naturgesetzes muss es sich im ganzen und in jedem Teile gegen den Gewaltdruck empören, solang nur noch ein Gedanke seines Bewusstseins, ein Fünkchen seiner Kraft in ihm ist.

Es ist ungerecht, es ist sündhaft, die Erhebungen der Polen Revolution, die polnischen Patrioten Rebellen zu nennen. In dem Herzen Desjenigen, der diese verdammenden Namen in voller Überzeugung und in dem gewöhnlich verdammenden Sinn gegen die Polen anwendet, muss das menschliche Gefühl erstorben sein. Was die Polen thun, das haben alle kräftigen Völker aller Zeiten getan und ihre Taten stehen als Beweise ehrenhafter Charakterfestigkeit im Weltbuch der Geschichte. Was die Polen tun, dazu haben dieselben Regierungen, die es jetzt an den Polen verdammen, früher in wiederholten Fällen ihre eigenen und fremde Völker aufgerufen! Die Polen erheben sich zur Wiedererringung ihrer nationalen Selbständigkeit, die man ihnen, dies wird ja doch eingestanden, gewaltsam, widerrechtlich geraubt hat. Wenn man fortfährt, dieses Streben im verdammenden Sinn Revolution zu nennen, so wird man es dahin bringen, dass das schreckliche Wort Revolution zur Bezeichnung des Inbegriffs aller Volksehrenhaftigkeit erhoben werden wird.

Das Verhältnis Polens zu Russland, Preußen und Österreich ist kein anderes als das eines fortdauernden Kriegszustandes. Polen hat nicht Frieden geschlossen, und kann nicht Frieden schließen, solang es eben Polen bleiben will. Dass aber die Mächte noch lange nicht den vollständigen Sieg errungen haben, ist ja eben wieder durch die Tat erwiesen. Dieser verderbliche Kriegszustand ist nicht aufgehoben, wenn der Krieg auch eben nicht offen und mit den gewöhnlichen Waffen des Krieges geführt wird. Er wütet dann heimlich um so verderblicher und schlägt Wunden, die nicht sichtbar, aber eben deshalb um so gefährlicher sind. Und je strenger man nach jeder neuen Erhebung die Polen als gewaltsam unterjocht behandelt, desto mehr bestätigt man ja nur den Kriegszustand, desto frevelhafter ruft man das Verhängnis der Gewalt zum Richter in dieser blutigen Sache auf.

Vor unsern Augen hat sich dieser Schicksalskampf des Polentums zu einer neuen blutigen Katastrophe entwickelt. Alle Völker fühlen das innigste schmerzlichste Mitleid. Den neuen fruchtlosen Kampf, das abermalige fruchtlose Verbluten von tausend edlen Herzen muss Jedermann beklagen; aber die natürliche Unvermeidlichkeit dieses unglückseligen Kampfes und seine sichere oftmalige Wiederholung kann Niemand leugnen. Gewiss, auch die Monarchen von Österreich und Preußen kennen und empfinden diese Wahrheit und geben ihre Befehle mit widerstrebendem Herzen. Dieser Widerspruch zwischen der moralischen Überzeugung und der überwältigenden Notwendigkeit des blutigen Augenblicks ist eben der fürchterlichste Fluch jener bösen Tat unsrer Väter.

Aber eben darum ist es die dringendste heiligste Pflicht, endlich an eine vernünftige, gerechte, christliche Lösung der polnischen Frage zu gehen. Man hat sich bisher immer gewaltsam zu überreden gesucht, die polnische Sachs sei nun einmal abgetan und nicht mehr zu ändern. Man begnügte sich damit, die Polen bloß zu bedauern, beschwichtigte aber dieses Bedauern sogleich mit der Bemerkung, dass die Polen ihr Unglück doch eigentlich selbst verschuldet, dass ihnen nun einmal nicht mehr zu helfen sei, dass man ihretwegen keinen Weltkrieg anfangen und den schönen Gang der Kultur unterbrechen könne.

Allein die polnische Sache schreibt sich eben wieder blutig in das Gedächtnis der Gegenwart ein. Diese Schicksalsfrage ist nicht gelöst; sie schwebt noch, sie schwebt wie ein scharfes Schwert über unserm Haupte. Und gerade durch diesen Zustand der polnischen Sache ist die friedliche Lösung aller andern Zeitfragen gefährdet, ist der Fortschritt der Kultur gestört und gehemmt, ist selbst die bisherige Errungenschaft unsrer Bildung der Gefahr des Unterganges ausgesetzt. Wie kann man überhaupt bei dem Hinblick auf Polen auch nur von Bildung sprechen! Was ist Bildung, wenn ihr die sittliche Grundlage fehlt? Diese sittliche Grundlage der europäischen Bildung ist aber zertrümmert, so lang Polen zertreten unter den Füßen gerade derjenigen Mächte liegt, die in drei verschiedenen Richtungen die himmelan ragenden Säulen christlicher Gesittung sein wollen.

Doch verlassen wir hier den christlich sittlichen Standpunkt. In hohen politischen Dingen gilt er bekanntlich für schwärmerische Schwindelei. In hohen Kreisen macht man sich gern frei von diesen Sittlichkeitsforderungen, um die engen Lebenskreise noch enger machen zu können. Denken wir also hier vorzüglich nur an die politische Bedeutung der Sache.

Die polnische Sache muss erledigt werden; dies ist eine politische Aufgabe, von welcher mehr als man sich dessen bewusst ist, der ganze politische Zustand der nächsten Zukunft abhängt. Aber diese Erledigung darf nicht dem Verfahren desjenigen gleichen, der Jemanden bloß verwunden wollte, ihn aber, weil er sich wehrt und schreit, vollends tot schlägt.

Als erste Arbeit für diese hohe Aufgabe ist aber folgendes Beisichselbsteinkehren notwendig:

An dem elenden Zustande der polnischen Sache sind nicht die Regierungen allein schuld. Sie taten, was man mit schuldbeladenem Bewusstsein so häufig tut; sie überredeten sich, die Sünde an Polen sei eine Erbsünde, für die sie nichts könnten, und die Fortsetzung dieser Sünde sei eine unvermeidliche, zur Natur gewordene Notwendigkeit. Sie übertäubten ihr einzelnes Gewissen, und das allgemeine Gewissen begünstigte dies durch nachgiebiges Schweigen. Die öffentliche Meinung tat und tut Polen gegenüber ihre Schuldigkeit nicht. Wie überall, so wendet auch hier die öffentliche Meinung ihre sittliche Kraft nicht an. Man hat sich daran gewöhnt, die fürchterliche Polensache wie eine Tragödie zu betrachten, an der man recht im Großen die unheimliche Lust an Schauerlichkeiten befriedigen kann. Die Dichter beuten das Unglück Polens zu lockenden Verlagsartikeln aus, Parlamentsglieder halten darüber gefahrlos freimütige Reden, ja die fashionable Welt hat es in Stumpfheit des Gefühls so weit gebracht, dass sie aus Mitgefühl für das verblutende Polen — tanzt! Gibt es etwas, wodurch mehr die moralische Versunkenheit, die elende Gesinnungslosigkeit unserer Zeit bewiesen wird, als diese Polenbälle! Kann man das Geld für die armen Verbannten nicht anders zusammenbringen, als durch Bälle und auf Bällen? Wie kann man an Polen denken und tanzen!? Zar Nikolaus hat recht treffend seine Verachtung dieser vornehmen empfindungslosen Gefühlspielerei dadurch ausgesprochen, dass er zu dem Londoner Polenball einen Beitrag sandte! Es kann hier nicht verschwiegen werden, dass auch sehr viele der verwiesenen Polen sich sehr unwürdig benehmen. Sie machen recht eigentlich mit ihrem Schmerz Parade und verführen dadurch andere Völker zu einem gleichen Verfahren. So sind in Paris und London für jede Karnevals- und Parlamentszeit Polenbälle und Polenreden Mode geworden und — Mode geblieben. Dadurch hat man es den Gegnern erleichtert, ihre Gewissensbisse zu übertäuben. Die vernünftigen Polen — sagen die Gegner — leben ruhig und glücklich in ihrer Heimat unter dem Schutz der österreichischen, preußischen und russischen Adler sicherer und freier als unter dem weiland polnischen; die unvernünftigen Schwärmer aber machen im Ausland mit ihrem patriotischen Schmerzstaat und auch gute Geschäfte.“ So sagen die Gegner und setzen den polnischen Schmerz fast in dieselbe Kategorie, wie den zum Weltspott gewordenen Weltschmerz.

Mit gereimten und ungereimten Redensarten und mit Almosen wird einem Volke nicht geholfen; mit solchen Mitteln wird keine große historische Tat vollbracht.

Eine große geschichtliche Tat aber wäre es, wenn das Rechts- und Sittlichkeitsgefühl von ganz Europa, und besonders zunächst von Deutschland, sich laut, freimütig und ernst zu Gunsten Polens ausspräche. Welch eine Wirkung würde es machen, wenn alle Gemeinden Österreichs und Preußens sich erhöben — nicht zur Unterstützung des polnischen Aufstandes, sondern zu der Bitte, dass die väterlichen Regierungen sich entschließen und vereinigen möchten, dem jammervollen Unglück Polens auf edel christliche Weise ein Ende zu machen! Welch einen Eindruck müsste es machen, wenn in allen Kirchen aller Bekenntnisse gebetet würde — nicht um Sieg für die polnischen Insurgenten, sondern um Erleuchtung der Landesväter zur glücklichen Erledigung der allerdings schwierigen polnischen Frage!

Aber die öffentliche Meinung tut ihre Schuldigkeit nicht. Wir klagen über den Mangel an Rechten, aber wir sind zu faul und zu feig, auch nur den kleinen Rest unserer Rechte herzhaft rechtschaffen auszuüben. Wir verlangen Konstitutionen; aber wir werden sie nicht erhalten, und wenn wir sie hätten, würden sie uns nichts nützen, so lange wir nicht stark sind durch eine immer wachsame, immer schlagfertige öffentliche Meinung. Wir wollen mitregieren. Wohlan, wir können es augenblicklich durch eine starke öffentliche Meinung. Und sie ist da, sobald sie da zu sein den Mut hat. Sie bildet sich durch die Haltung, den Blick, das Wort des Volkes. Und diese öffentliche Meinung ist die einzige Allmacht auf Erden. Uns aber fehlt sie. Wir haben eine laute schreib-, red- und zankselige öffentliche Meinung nur über Theaterhelden und Virtuosen. So begnügen wir uns denn auch in der Polensache wieder mit leisem Geflüster, dumpfem Kannegießern und schwingen uns kaum zu einer mutigen Übersetzung dessen auf, was Franzosen und Engländer und noch fernere Völker über eine Sache sagen, die hart an unsern Grenzen, zum Teil auf unserm Grund und Boden vorgeht und wobei unser Gut und Blut, unsre Ehre in die Schanze geschlagen wird.

Vor unsern Augen blutet Polen abermals. Während wir unsern maschinenhaften Werkeltagsgeschäften nachgingen und unsern langweiligen, traurigen Belustigungen nachhingen, geschahen in unserer nächsten Nähe himmelschreiende Gräueltaten, und deutsche Regierungen sind darein verstrickt, deutsche Brüder mussten tätig und leidend Anteil nehmen, und das Ereignis wird als eine neue Schuld in das Buch der deutschen Geschichte geschrieben. Benützen wir also dieses neue polnische Unglück nicht abermals lediglich zu interessanten, unsre Langweile verkürzenden Zeitungsartikeln! Tun wir etwas für das unglückliche Polen!

Es geschieht aber schon etwas bedeutendes für Polen, wenn die öffentliche Meinung Deutschlands die Sache Polens ernsthaft und eifrig zur eigenen Sache macht. Und es ist ja gewiss und wahrhaft unsre eigene Sache; die polnische Frage ist auch, ist zunächst für Deutschland eine verhängnisvolle Lebensfrage.

Gehen wir also endlich einmal über das oberflächliche und herzlose: „das arme Polen; aber es ist nicht zu helfen!“ hinaus. Gehen wir an eine scharfe Auffassung der Verhältnisse; suchen wir uns und andere recht lebhaft davon zu überzeugen, dass das Schicksal Polens den wichtigsten Einfluss auf die Entwickelung Deutschlands ausübt. Verlassen wir die bisherige Gewohnheit, sich und andere über die ganze Fülle des Elends und der Gefahr zu täuschen. Decken wir das Übel rücksichtslos auf; es möge in seiner ganzen Grässlichkeit vor die Augen treten und die Herzen erschüttern. Stellen wir uns bei diesem Streben unwandelbar auf den Boden der Gesetzlichkeit, des Rechts, der christlichen Moral.

Hier wird ein kleiner Beitrag zu dem großen Werk geliefert, welches Vernunft und Christentum von uns fordern, welches die Zeit von uns erwartet.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutschland, Polen und Russland