Vorrede des Bruders Johannes Meier

In dem Namen Jesu Christi, der ewigen Weisheit, fangt an der Prologus oder die Vorrede für das Buch der seligen Schwestern des Predigerordens im Kloster zu Töß.

Mundam servavi animam meam ab omni concupiscentia, Thobie tercio capitulo. Diese Worte stehen geschrieben in dem Buch Thobie, im dritten Abschnitt, und die schöne, andächtige Jungfrau Sara, Raguelis Tochter, sprach sie zu unserm Herren in ihrem heimlichen Betkämmerlein, da die in großer Betrübnis, Kummer und Leiden war; der Worte Sinn ist also: Rein habe ich erhalten meine Seele von aller unziemlichen Begehrlichkeit. Und weiter: Et nunquam cum ludentibus miscui me neque cum hiis qui in lenitate ambulant: Und habe mich nie gemischt unter die da unziemliche Kurzweil treiben, noch unter die da in sündlicher Leichtfertigkeit bleiben.


Also mag wohl auch eine jegliche Schwester vom Predigerorden sprechen, die den heiligen Orden wohl und löblich gehalten hat von ihrem ersten Eingang in das Kloster bis an das Ende ihres sterblichen Lebens, wenn die unter die Heiligen und Engel kommt, in den himmlischen Hof vor den König der Ehren: Mundam servavi animam meam: Herre Jesu Christe, dir sei gesagt Freude und Dank und ewiges Lob; denn durch deine Gnade habe ich meine Seele rein erhalten in der gefährlichen Welt vor aller unziemlichen Begehrlichkeit und habe mich nie gemischt unter die da in unziemlicher Kurzweil und Sünde einhergegangen, noch unter die da in Leichtfertigkeit zum Schaden ihrer eigenen Seele verblieben sind.

Wie aber gar viel Schwestern des Predigerordens in mannigfaltigen Klöstern und zahlreichen Landen in gar großer, heiliger Tapferkeit in dem Orden gelebt, Gott ihre Seele lauter und rein von aller unziemlichen Begierlichkeit bewahrt und sich gehütet haben vor allen denen, die da in sündlicher Leichtfertigkeit verharret sind: davon haben wir gar viel in Schriften gelesen und auch von andern lagen hören, dass in vielen Ländern und Schwesterklöstern mannigfaltige Bücher sind, die da melden das heilige, geistliche, andächtige Leben der seligen Schwestern des Predigerordens. Und solche Schriften oder Bücher sind gemeiniglich von etlichen geübten geistlichen Brüdern oder Schwestern des Predigerordens gemacht, die solches mit gar gutem Zeugnis von ihren Vorderen erfahren oder es auch in eigener Person gemerkt und gesehen haben.

Und also hat auch getan die selige, weise, andächtige Schwester Elisabeth Staglin aus Zürich von dem Kloster Töß, Predigerordens deutscher Provinz. In diesem Kloster wohnte die unter den Schwestern als ein Spiegel aller Tugenden. Mit Fleiß, sonderlicher Minne und kranken Leibes hat die dies gegenwärtige Buch zusammengefügt, geschrieben und gemacht, das da von dem seligen Leben etlicher ehemaligen seligen Schwestern ihres Klosters Töß tagt, und welch große Wunder Gott der Herr an ihnen gewirkt, was sehr ersprießlich ist zur Andacht allen gutherzigen Schwestern. Und damit dieses gegenwärtige Buch um so tröstlicher und nämlicher werde und auch um so ordentlicher und besser erhalten bleibe, so hab' ich, Gott zu einem ewigen Lob und allen Schwestern, vor die dieses Buch kommen wird, zum Troste, diese Vorrede in das Buch gemacht. Und am Anfang dieses Buches habe ich das heilige Leben der obgenannten Schwester Elsbeth geschrieben. Und die Nachrede oder die Beschließung dieses Buches, damit es desto vollkommener sei, habe ich auch gemacht. Und dass man der seligen Schwestern Leben desto eher finde, wenn man es sucht, so habe ich auch mit gezählten Kapiteln ein Register über dies Buch gemacht.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben