Von der seligen Schwester Mezzi von Klingenberg

Wir hatten auch eine gar tugendhafte Schwester, die hieß Schwester Mezzi von Klingenberg und war Sängerin und hatte die große Gnade, dass ihr, so sie den Messgesang anfing, die Tränen überreichlich die Wangen hinabrannen. Die selige Schwester sah einst, als zwei Schwestern Büßübungen machten, dass ein wonnigliches Kindlein um sie herumlief und ihnen mit einer Kerze leuchtete. Sie sah auch einmal, dass einer andern Schwester, die hieß Schwester Gisla, ein gar wonnigliches Kindlein nachging, vom Altar an bis sie in ihren Stuhl kam. Sie sah bei derselben Schwester auch ein andermal, dass ihr Herz so durchleuchtet und geschmückt war, als trüge sie vom eine wunderbare Spange. Sie empfing auch viel besonderen Trost durch unsres Herrn Leiden; und namentlich, wenn man mit Betrübnis zu ihr kam, sprach sie: „Wüssten alle Menschen, was sie an Trost: empfingen, sie kehrten mit ihren Leiden in das Leiden unseres Herrn ein.“ Ihr geschah auch einmal etwas; da ward die so sehr angefochten, dass sie jemand widersprach; und da sie ihre Schwester fragte, wie sie sich dabei verhielte, sprach sie: „Ich ging und nahm eine so starke Disziplin, bis mir der Zorn wohl verging.“

Als diese selige Schwerter von hinnen geschieden war, da hörte die selige Schwerter Margret von Zürich gar viele Stimmen singen; eine aber sang ausnehmend wohl und fröhlich diese Worte: „Ich fahre auf von der Traurigkeit zu den Freuden und von der Klage zu den höchsten Freuden.“ Und da verstand sie, dass es ihre Seele war und dass sie zum Himmelreich fuhr.


Diese selige Schwerter Margret von Klingenberg hatte auch ihre Schwester hier herinnen, die war auch eine fleißige Dienerin unseres Herrn Jesu Christi; das sahen wir an manchem heiligen Dienst, der ihr doch oft sauer ankam. Sie sorgte, dass der Altar in der Kapelle geweiht wurde und dass man das Nachtlicht und die Kerzen dazu gab. Und nach ihrem Tode träumte einem auswärtigen Menschen, dass er sie in zwei goldenen Schuhen gehen sah, und sie sprach: „Siehe, diese Schuhe hab' ich für die Schritte, die ich tat, als ich das Licht in der Kapelle besorgte.“ Wir haben auch fast alle unsere guten Bilder durch sie; viele deutsche Bücher hat sie gestiftet. Aber den besten Eifer von allen Dingen hatte sie zum Chor; denn die war oberste Sängerin. Sie sang selbst bis zu ihrem Tod und der ganze Chor wurde von ihr wohl geleitet. Und Gott tat ihr auch die Gnade: wenn es ihr etwa sonderlich weh war und die dann in den Chor kam und Mette sang, so wurde ihr besser. Außer viel andern heiligen Übungen hatte die besondere Andacht zu den heiligen fünf Minnezeichen und die ehrte sie durch ihr Gebet und fünfmaliges starkes Sich-Niederwerfen. Und dabei tat ihr dann der böse Geist gar viel Leides, so dass es sie zuweilen dünkte, große Mäuse liefen ihr um das Haupt und wollten ihr in den Mund schlüpfen; und dennoch lag sie still auf der Erde. Sie verstand einst alles, was man sang und las, und konnte doch nicht Latein in Deutsch verstehen. Drei Dinge hat sie auch viel begehrt: das erste, dass sie der Tod in unseres Herrn Dienst ergreife; das andere, dass sie williglich sterbe; das dritte, dass sein heiliger Fronleichnam ihre letzte Speise werde. Und dies ward ihr ganz und gar gewahrt. Der Tod kam sie im Chor an und sie lag neun Tage so fröhlich und redete ganz unerschrocken von dem Tod und wollte nicht leiden, dass ihr jemand vom Leben sagte. Sie erzählte auch, dass sie ein ganzes Jahr lang alle Tage ihre Sünden mit solcher Bitterkeit beweint und bereut habe, dass sie lieber ihr Haupt von ihrem Leibe hatte schlagen lassen. Das dritte Gebet gewährte ihr Gott auch; denn sein heiliger Leichnam war ihre letzte Speise.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben