Schwester Gedraut von Hapurch

Eine Schwester hieß Gedraut von Hapurch, die war gar eine andächtige Schwester und hielt ihre Ordensregel sehr strenge und war ein gerechter Mensch. Nun ward sie von einer ihrer Gespielen gebeten, dass sie mit ihr nach der letzten Abendandacht rede. Da sprach sie: Wo wäre irgendein Mensch, um dessentwillen ich nach Komplet mein Schweigen bräche?“

Wenn sie nicht betete, so redete sie emsiglich von Gott; und wenn sie bei weltlichen Priestern war oder bei unbekannten Leuten, so redete sie so süß von unserm Herrn, dass sie weinend wurden.


In dem Jahr, als sie hier innen starb, da hub sie immer in der Nacht an und sang mit lauter Stimme. Wenn die Schwestern dann zu ihr sprachen, warum sie im Schlafe singe, so sprach sie: „Da freut sich meine Seele, dass ihr die ewige Freude nahet.“ Da sie nun der Tod ankam, sandte sie nach den Frauen und sprach: „Lieben Kinder, mir hat heute geträumt, es käme ein schöner Jüngling zu mir und sprach, ein König habe mich auf seinen Hof geladen, da sollt ich mich nun fürbaß aufmachen. Da sprach ich hinwider: „Es ist lang, dass ich vom Hof kam; ich kann mich da nimmer benehmen und hab' auch nicht schöne Kleider.“ Da sprach er: ,Sorg' nicht darum! Der König, zu des Hof du geladen bist, der kann dich wohl lehren und will dir auch schöne Kleider geben.‘ Nun besinne ich mich wohl durch diesen Traum, dass ich derben soll. Bettet mich in das Krankenhaus!“ Unterwegs, als sie ins Krankenhaus gehen sollte, da stand ein Apfelbaum und blühte unermesslich schön. Da sprach sie: „Lasst mich etliche Weile unter dem Baum hier sein.“ Dann hub sie an gar sehr zu weinen und sprach: „Dass du neulich so dürr warst und nun so schön blühest, und dass ich so lang im geistlichen Leben bin gewesen und dass ich mich nicht hab gebessert!“ Dann empfing sie die letzte Wegzehrung und starb mit einem schönen Ende.

Eine Schwester hieß Alheit von Grindlach, die war etliche Weile siech vor ihrem Tode. Als sie nun tot war, kam sie zu einer zuverlässigen Frau herwider; die fragte sie, wie es um sie stünde. Sie sprach: „Nun bin ich im Himmelreich und scheint die heilige Dreifaltigkeit durch mich wie eine Sonne und ich bin recht wie ein Bild worden, das durch einen Kristall scheinet; also glänzt die Gottheit in mich. Und diese Gnade habe ich damit verdienet, dass mein Herz allezeit mit Gott umging.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben