Schwester Els von Sehssencham

Eine Schwester hieß Els von Sehssencham und war gebürtig vom hohen Gebirge und hatte einen Amtmann des Herzogs von Baiern zum Mann. Der verlor den Leib; da kam sie zu unterer Vereinigung und wurde eine gute Frau. Und als sie eine Weile in dem Kloster war, da sprach unser Herre zu ihr: „Elspet, warum bist du in die Fremde gegangen?“ Da sprach sie: „Herr, um deinetwillen.“ Da sprach er zum andern Mal: „Elspet, warum bist du in die Fremde gegangen?“ Da antwortete sie: „Herre, dass ich dir desto näher sei und werde.“ Da sprach er: „So bist du mir nirgends näher als in dem Konvent

Einmal sah sie in einem geistlichen Gesicht und kam an eine wonnigliche Stätte. Da war eine gar schöne Jungfrau; nun kam unser Herre Jesus Christus in eines minniglichen Kindleins Gestalt und spielte immerfort mit der Jungfrau. Da hätte sie (Els) gern gesehen, dass das Kindlein auch ihr gütlich getan hätte, und bekam ein großes Begehren danach; doch das tat es nicht. Nach diesem Gesicht gewann sie große Leiden in ihrem Herzen, Tag und Nacht, und hielt dafür, er verschmähte sie darum, weil sie eine Witwe war, und wollte ihr nicht gütlich tun. Da erschien er ihr ein andermal und sprach: „Soll ein Kind, ehe es dir Gnade schenkt, nicht seiner Mutter gütlich tun? Sie ist meine Mutter.“ Da verlor sie erst ihr Leiden.


Vor ihrem Tode wurde sie sehr krank. Da sprach eine Stimme zu ihr: „Was willst du lieber: sterben an unserer Frauen Tag in der Fasten oder am Karfreitag?“ Da sprach sie: „Ich will lieber am Karfreitag sterben.“ Das geschah also. Vier Tage vorher erschien ihr unser Herre und redete gar minniglich mit ihr und sprach, er wolle sie alles dessen vergessen machen, was sie je erlitten hatte. Also verschied sie am Karfreitag zu Mittag.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben