Schwester Anna von Weiterstorf
Eine Schwester hieß Anna von Weiterstorf. Sie war eine emsige Dienerin Gottes und hatte große Mühsal in den Ämtern und hatte auch größten Eifer darin. Sie war Krankenmeisterin und hatte groß Leiden dadurch und war doch kein unehrbares Leiden. Als die davon loskam, gedachte die, die wolle nimmermehr ein großes Amt tun. Sie sprach das auch wegen der Trübsal, die sie durch das Amt erlitten hatte. Danach, zu Weihnachten, entbot uns der Bischof Niklaus von Regensburg, er wollte die Festzeit hier sein. Als uns diese Botschaft kam, wurde die Frau so froh, dass sich die andern Frauen darob wunderten; und sie stand auf und kehrte selber. Danach, am Sankt Johannistag nach Ostern, kam sie der Tod an, und da man sie nun mit den christlichen Sterbesakramenten versehen hatte, wurde sie über die Maßen schön und sprach immer wieder: „Mir ist gar nicht weh; es ist mancher bei mir, dem ist schlechter als mir.“ Da sandte sie nach Schwester Agnesen von Praitenstein, die hernach Priorin wurde, und sprach zu ihr: „Ich will dir kundtun, was mir unser Herr Gutes getan hat.“ Da sprach jene zu ihr: „Sag' mir, warum wurdest du so recht froh, als man sagte, der Bischof wolle herkommen?“ Da sprach sie: „Damals befiel mich eine große Freude; denn ich hörte Engel singen, alle Tage seit der Zeit.“ Sie sprach: „Daß ich alle Tage so emsiglich zu unserer Frauen Mette aufgestanden bin, dass geschah darum, weil sie mir oft dabei erschien und mich an ihr Herz drückte.“ Und sie sprach: „Daß ich so gern in der alten Kapellen gewesen bin, bei Tag und Nacht, das kam daher, weil mir unsere Frau Maria und ihr Sohn Jesus Christus darin erschienen und auch große Gnade taten. Dass mir Sankt Leuprecht so lieb gewesen ist, war darum, weil ich ihn auf seinem Grab in der Kirche stehen sah.“ Diese s war halb in der Grundfeste, halb außen. Also hatte er sich auch dem Kaplan gezeigt; und er hatte Grabesgewand an und sprach zu ihr: „Siehe, in dem Gewand hat man mich unschuldig getötet; nimm wahr, so ist dies mein Grab.“ (Und sie sprach:) „Als uns der Bischof Niklaus von Regensburg unsern Herrn geben wollte, da sah ich, dass vor ihm, zu der Tür, die in den Chor geht, drei schöne Herren herein gingen; und die gingen zwar zusammen und ward doch ein Herr daraus.“ Da besann die sich wohl, dass es die heilige Dreifaltigkeit war. Als er unseres Herrn Leichnam gesegnet hatte, da sah sie, dass je eine Oblate zu einem Kindlein wurde, und als er es jeder Frau darbot, da gebärdete es sich gegen jede, wie sie in ihrem Leben war, gegen etliche tat es gar minniglich, gegen etliche nicht also. „So hab' ich“ (sprach sie) „all die Zeit die Engel singen hören die Respons „Summe trinitati“ und ein schönes „Kyrie eleison“ mit drei Stimmen; das klang so schön, dass es über alle menschlichen Sinne war.“ Dann sprach die: „Heißt jemand zu mir kommen, der sich lange erinnert.“ Nun sprach sie: „Lieben Frauen, ihr sollt wissen, dass ich die Engel alle Tage hab' singen hören von Weihnacht bis heute,“— zu Sankt Johanns, des Evangelisten Tag, nach Ostern, da war die der Tod ankommen — „und dass ich etwann so bewusstlos und erstarrt war, wenn man mit mir redete, das war darum, weil ich der Engel Sang emsiglich anhörte. Mir haben unser Herre und seine Mutter Maria in der Kapelle und in der Zelle gütlich getan. Da man mir den Kellerdienst gegeben hatte, ward ich gar sehr betrübt. Da erschien mir unser Herre in der Zelle in seiner Marter mit den fünf Wunden und sprach zu mir: „Sieh du Geminnte, das hab' ich alles um deinetwillen erlitten; was leidest du um meinetwillen? Sei darin gehorsam und sonst in keinem mehr.“ Da wähnte ich, er meine, ich sollte kein Amt mehr tun; nun hat er's auf meinen Tod gemeint. Als ich zu des Mosburgers Messe ging, wie hier der große Ablass war, da erschien mir unser Herr, wie er war um dreißig Jahre.“ Als sie nun an dem Tod lag und wir wähnten, die gewahre von dieser Welt nichts mehr, da war sie gar schön. Nun sprachen sie zu ihr: „Wie war Jesus von Nazareth beschaffen, als du ihn sahst?“ Da beschrieb sie ihn, er wäre ein großer Herre. Wie ihre letzten Augenblicke kamen, da ward sie gar furchtsam. Eine Schwester war eben im Gebet, zu der sprach eine Stimme: „sich zu der Schwester, die eben im großen Kampf liegt.“ Als sie zu ihr kam, verschied sie bald.
Nach ihrem Tod kam sie dieser selben Schwester wieder und sagte ihr, es wäre noch etwas zwischen ihr und Gott, das sie noch nicht gebüßt hätte, und daher musste sie den bösen Geist sehen, damit er ihr es hier entgelten lasse.
Nach ihrem Tod kam sie dieser selben Schwester wieder und sagte ihr, es wäre noch etwas zwischen ihr und Gott, das sie noch nicht gebüßt hätte, und daher musste sie den bösen Geist sehen, damit er ihr es hier entgelten lasse.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben