Laienschwester Osanna

Eine Laienschwester hieß Osanna; die kam zu uns in ihren alten Tagen und war ein guter Mensch. Als sie an ihrem Tode lag, da erzählte sie, dass sie die Engel einen Gesang hatte singen hören, der war über menschliche Sinne, und dass unser Herre und unsere Frau bei ihr gewesen wären und die ewigen Lebens versichert hätten; und Sankt Martin wäre zu ihr gekommen im Bischofsornat und hätte ihr unseres Herrn Leichnam gegeben. Dann starb die mit einem heiligen Ende.

Die vorgenannte Schwester Kungunt von Evstet, die den Baum sah, war einmal betrübt und ging zu unserm Herrn und klagte ihm's. Da antwortete er ihr und sprach: „Gehab dich wohl, ich will dich deines Leidens mit mir selbst vergessen machen.“ Eines Tages erschien ihr unsere Frau und hatte ihr Kindlein am Arm. Und sie sprach zu dem Kindlein: „Liebes Kind, wie heißt du?“ Da sprach es: „Jesus Süßelein.“ Da wollte sie das Kind der Mutter nehmen; doch es wollte nicht zu ihr und klammerte sich an der Mutter Hals. Da sprach sie: „Liebes Herrelein, was willst du mir dann geben? Da sprach es: „Daß du bist ein Kind des ewigen Reiches.


Als sie nun im Tode lag, da sprach sie: „Ach, was seh' ich für schöne Kindlein!“ Wie die Schwestern zu ihr sprachen: „Wofür hältst du sie?“ Da sprach sie: „Es sind Seelen und warten mein.“ Danach sah sie Sankt Dominikus und Sankt Peter. Dann erschien ihr die heilige Dreifaltigkeit in ihrer Klarheit. Da sprach sie: „Mich will die heilige Dreifältigkeit mit sich hinnehmen.“ Und sprach das „Salve Regina“ und unserm Wort „Jesum“, da ging ihr die Seele aus.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben