Entstehung der Nonnenklöster

Die meisten Nonnenklöster, über die wir durch die ziemlich zahlreichen Vitensammlungen aus dem 14. Jahrhundert unterrichtet sind, entstanden schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, und zwar größtenteils aus Beginenhäusern oder ähnlichen kleinen Vereinigungen. Was diese „willig Armen“ zusammenführte, war ein „brennender Ernst“ zu Gott und einem „geistlichen heiligen Leben“. In Nürnberg war es die ehemalige Harfnerin Adelheid, „eine große Reuerin“, um die sich eine Samnung in frommer Begierde scharte. In Zürich nahm die ehrbare Frau Gertraut von Hilzingen zwei gleichgesinnte „gutwillige Personen“ zu sich in ein armseliges, ödes Haus, wo der Regen zu allen Enden einging“ und die zuerst nichts hatten als Wasser und Brot; und „wer unserm Herrn dienen wollt in Gehorsam mit Armut, den nahmen sie zu sich“ (Oetenbach, S. 220). In Witichen im Schwarzwald ergeht an die Klausnerin Liutgart Christi Gebot, ein Haus zu bauen und im Gedenken seiner 33 Erdenjahre 33 Menschen darin aufzunehmen. Blindgläubig gehorcht sie und vollbringt es. Als Wunsch und Ziel mag wohl den meisten Beginen die Stiftung eines echten Klosters vorgeschwebt haben. Und wenn hiezu auch anfangs die Geldmittel mangelten und sie jahrelang in engem Raume bei karger Nahrung ihr Leben fristeten, so gewannen sie doch mählich Freunde und Gönner, welche die gottseligen Frauen mit Gütern begabten. Hand in Hand mit diesem Wachsen des gemeinsamen Besitzes und der sich mehrenden Zahl der Schwestern ging meist das Bedürfnis nach der Zugehörigkeit zu einem festen Ordensverband. Und fast ausschließlich ein Orden war es, der für die mystische Richtung ihrer Frömmigkeit in Betracht kam: der Dominikaner Predigerorden.

Dieser war 1215 von Dominikus gegründet worden und erstrebte die Durchleuchtung des dumpfen Gewohnheitschristentums mit den Geistkräften erneuter Gotterkenntnis. Predigt und Unterweisung war seine zentrale Wirkensform, die mystische Lehre vom möglichen unmittelbaren Gotterleben „in“ jeder einzelnen Seele der Stern seiner Verkündigung. Rasch wuchs die Zahl seiner Niederlassungen. Überall entstanden Brüder und Schwesternkonvente, besonders zahlreich in Süddeutschland und in der Schweiz. In den Gehorsam dieses Ordens begaben sich viele unsrer erstarkten Samenungen. Die Annahme der Regeln und die Wahl einer Priorin wurde vollzogen. Dann mußte noch von der Priorin oder einer andern dazu gewählten Schwester die Bestätigung des Papstes persönlich eingeholt werden (Engeltal, S. 272). Auf solche Weise wurden Engeltal bei Nürnberg, Oetenbach bei Zürich, Adelhausen bei Freiburg i. Br. usf. dem Orden eingegliedert. Bei andern Klöstern, z. B. bei Töß, liegen die Anfänge im Dunkel und es kann sich auch um vollständige Neugründung gehandelt haben. Eins steht fest: nahezu alle Frauenmystik, deren bedeutsame Zeugnisse uns in Vitensammlungen oder Offenbarungen erhalten sind, stehen unter dem Zeichen des Dominikaner Predigerordens; ganz zu schweigen von dem unzerstörbaren Glanz, der auf die Geistesdokumente dieses Ordens durch die drei Namen Eckehart, Seuse, Tauler fällt.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben