Conrat von Lauffenholz

In den selben Zeiten war ein Dienstmann, der war ein Deutschherr und hieß Herr Conrat von Lauffenholtz und war zu Preußen Marschalk und war ein weiser Mann und hochgeehrt im deutschen Orden. Da er von dieses Klosters Heiligkeit und großem Ruf vernahm, da ward er in seinem Herzen so sehr von göttlicher Minne entzündet, dass er zu seinen Dienstherren also sprach: „Mir wurde kundgetan, mein Freund von Kunigstein habe ein Kloster gestiftet; da seien so heilige Leute drinnen; und sonderlich hab' ich eine Muhme darin, an der tut Gott so große Wunder. Nun ist mein Herze Tag und Nacht in so große Begierde gekommen, dass ich den Willen hab, meine Ehren aufzugeben und in diese Vereinigung zu kommen, damit ich Tag und Nacht in Innerlichkeit zu leben vermag. Das kann ich bei euch nicht tun.“ Da wurde er mit großen Bitten bedrängt, und sie taten alle Dinge, damit sie ihn behalten möchten; aber das half bei ihm nichts, und er kam zur heiligen Vereinigung. Da empfingen ihn die Prediger und der Konvent mit solchen Ehren, dass man sprach, es hätte an den Palmsonntag gemahnt und an die Ehren, die man unserm Herrn getan. Und sie hatten solche Freude, dass ein so achtbarer Mann zu ihrer Gesellschaft gekommen war, und wollten ihn zur hohen Kapitelversammlung hin führen. Das wollte er nicht tun.

Dieser selige Mann von Lauffenholtz befleißigte sich eines so heiligen Lebens, sein Wesen war so geistlich und sein ganzer Wandel war so vollkommen und er redete so süß von Gott, dass es die hohen, gelehrten Prediger wundernahm, wie ein so ungelehrter Mann so tief von Gott reden konnte. Wenn er zu den Landsherren ritt oder in die Städte, so nahmen die Leute so große Besserung durch ihn an, dass sie dem Kloster auch desto günstiger wurden. Er führte ein so hartes Leben und diente Gott mit großem Ernste, so dass er ein Licht ward in der Leute Herzen. Unser Herr tat große Dinge an ihm, die ich leider nicht weiß, weil es vor meinen Zeiten geschehen ist.


Eines Tages wollte er zur Messe gehen und ging am Bräuhaus vorbei. Da stand ein Bruder, der hieß Heinrich, der Brauer. Wie man nun die Fässer verpichte, sprach er: „Viel lieber Schaffner, ich ginge wohl auch gern zur Messe und muss doch hier bei der Arbeit sein.“ Da sah der Schaffner, dass den Brauer ein göttliches Licht umgab, das war schöner denn die Sonne; da stand er in großen Gnaden drinnen. Nun besann sich der Lauffenholtzer wohl, dass dies vom Gehorsam kam.

Er trug Leid darum, dass man die Frauen Nonnen hieß. Da sprach eine göttliche Stimme zu ihm: „Sei nicht betrübt! Nonnen, das sind Sonnen.“

Alles was ihm Gott zugute tat, sagte er seiner Muhme Alheit von Trochau. Da ihn nun der Tod ankam, sandte er nach ihr und tat ihr das kund. Da ging die in die Küche und sprach zu einer Laienschwester, die seine Pflegerin war, dass man ihm Fleisch gäbe, ihm wäre weh. Da tat diese gar unwillig und sprach: ,,Was ist ihm geschehen? Nun hat er in viel Jahren nie keines Fleisches genossen.“ Und das tat sie mit großem Geschrei und mit Härte. Da sprach unser Herr (Christus) zu der Muhme: „Ich will mich groß rächen an diesem Menschen, weil sie dem heiligen Menschen also getan hat.“ Da sprach sie : „Nein, lieber Herre, schlage sie nicht.“ Er sprach: „Nein, ich lasse von meiner Gerechtigkeit nicht ab.“ Da bat die ihn mit allem Flehen: „Lieber Herre, tu das nicht bei meinem lebendigen Leibe!“ Und es geschah also: da man einst zu Mittag durch das Schlagen der Holztafel das Zeichen ihres (der Muhme) Todes gab, war diese Laienschwester indes im steinernen Refektorium. Da sah sie, dass das Refektorium voller Teufel war, denen war Gewalt über die gegeben, darum, weil die dem guten Menschen so unbarmherziglich getan hatte; denn jene hatte es oft zuvor kundgetan, dass die Rache Gottes auf sie fallen sollte. Da gewann sie die Anfechtung: die wollte sich selber töten und wurde tödlich krank und lebte in dieser Züchtigung bis an ihren Tod.

Dieser gute Bruder starb eines heiligen Endes. Da verhehlte man sein Begräbnis wegen des großen Leumundes, den er hatte.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsches Nonnenleben