Deutscher Menschenhandel im 18. Jahrhundert

Aus: Die Gartenlaube, Illustriertes Familienblatt. Nr. 1. 1864. – Herausgeber Erst Keil.
Autor: Redaktion: Die Gartenlaube. U. K., Erscheinungsjahr: 1864

Exemplar in der Bibliothek ansehen/leihen
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Menschenhandel, Soldaten, England, Krieg gegen die USA, Unhabhängigkeitskrieg, Truppen, Anwerbung, Anwerber, Sold, Handgeld,
Inhaltsverzeichnis
  1. Erste Fortsetzung
Die diensteifrige Durchlaucht von Hanau und ihr „Extrabouceur“ – Der opferwillige Waldecker und seine werbenden Dorfpfarrer – Die Braunschweiger, Vater und Sohn – Der Kasseler Landesvater, seine Rechenkünste und seine kameradschaftlichen Gesinnungen – Der Anhalt Zerbster und seine Stilübungen – Der verschmähte Bayer – Das Urteil des englischen Parlamentes und Friedrich des Großen.

„Es traten wohl so etliche vorlaute Bursche vor die Fronte heraus und fragten den Obersten, wie teuer der Fürst das Joch Menschen verkaufe? . . . . Aber unser gnädigster Landesherr ließ alle Regimenter auf dem Paradeplatz aufmarschieren und die Maulaffen niederschießen. Wir hörten die Büchsen knallen, sahen ihr Gehirn auf das Pflaster spritzen, und die ganze Armee schrie: Juchhe! nach Amerika!"
Schiller, „Kabale, und Liebe."

Es war in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts; die unter Englands Oberhoheit stehenden dreizehn Kolonien, die nachmaligen Vereinigten Staaten von Nordamerika, hatten ihrem Herrscher Georg III., der sie eines ihrer Rechte nach dem anderen beraubt, den Gehorsam gekündigt und die gegen sie ausgesendete bewaffnete Macht durch ihr eigenes Heer unter Washingtons Oberbefehl siegreich zurückgeschlagen. Der König war aber fest entschlossen, die rebellischen Kolonien um jeden Preis zum Gehorsam zurückzuführen. Seine eigene verfügbare Truppenmacht reichte indes für diesen Zweck nicht aus, so dass ihm seine Minister nichts Besseres zu raten wussten, als mit einer auswärtigen Regierung wegen Überlassung einiger Truppenkorps zu diesem Zwecke in Unterhandlung zu treten. England hat es von jeher geliebt, seine Kriege mit Verbündeten oder Hilfstruppen zu führen, diesen die schwerste Arbeit zuzuweisen und im Fall des Misslingens die Schuld aufzubürden, gemeinschaftlich erfochtene Siege dagegen für sich allein in Anspruch zu rühmen.

Über diese von der englischen Regierung mit auswärtigen Höfen gepflogenen Unterhandlungen macht der berühmte amerikanische Historiker Bancroft in dem neuesten Bande seiner umfassenden und gediegenen Geschichte der Vereinigten Staaten Mitteilungen, welche mancherlei bis jetzt noch wenig oder gar nicht gekannte Einzelheiten enthalten und überhaupt geeignet sind, jenen schmachvollen Menschenhandel vor den Augen der Nachwelt in das ihm gebührende Licht zu stellen.

Die Blicke Georgs III. richteten sich zunächst nach Russland. Er hoffte die Kaiserin Katarina seinen Vorschlägen geneigt zu machen; allein trotz vieler Konferenzen und mancherlei anfangs gegebener unbestimmter Zusagen war schließlich die Kaiserin nicht zu bewegen, auf das Anerbieten einzugehen, in welchem sie eine Beleidigung ihres Stolzes und ihrer Ehre erblickte. Alle Höfe von Moskau bis Madrid hatten den Gang dieser Unterhandlungen beobachtet, aber keinerlei auswärtiger Einfluss äußerte auf die Willensmeinung der Kaiserin irgend welchen Einfluss. Im westlichen Europa hatte sich eine Zeit lang das Gerücht verbreitet, die Kaiserin sei bereit, dem englischen Verlangen zu einsprechen; Bergennes, der französische Minister, erklärte es jedoch sofort für unglaubhaft und schrieb an den französischen Gesandten in Moskau die denkwürdigen Worte: „Ich kann Katharinens Seelengröße nicht mit dem unehrenhaften Gedanken vereinbaren, dass sie mit dem Blute ihrer Untertanen Wucher treiben könnte."

Zu seinem Troste hatte König Georg bereits Beweise in den Händen, dass nicht alle Fürsten Europas die von der Kaiserin Katharina bewiesene Standhaftigkeit gegen die Verlockungen des englischen Goldes an den Tag legen würden.

Der Erbprinz von Hessen-Kassel , bereits Beherrscher des kleinen Fürstentums Hanau, hatte Englands Wünsche schon vor den mit der Kaiserin Katharina angesponnenen Unterhandlungen instinktartig gewittert und deshalb an Georg III. geschrieben: „Ich höre nie auf, die feurigsten Wünsche und Gebete für den besten aller Könige zum Himmel emporzusenden, und wage hiermit, ohne die mindeste Bedingung zu stellen, mein Regiment von fünfhundert Mann anzubieten, welche alle bereit sind, mit mir ihr Leben und ihr Blut für Eurer Majestät Dienst zu opfern. Geruhen Eure Majestät, auf den Beweggrund und nicht auf die Sache selbst zu sehen. O, dass ich zwanzigtausend Mann offerieren könnte! Es sollte mit demselben Eifer geschehen. Mein Regiment ist auf den ersten Wink, der mir gegeben werden wird, bereit, aufzubrechen."

Gleich dem Bettler, der einem reichen Gönner, von dessen Großmut er mehr als den Marktpreis zu erpressen hofft, seine Habe als Geschenk anbietet, verlangte er nichts, begab sich aber, als keine Antwort erfolgte, später selbst nach England, um seine Anträge zu erneuern.

Georg III. wünschte jedoch, bevor er mit deutschen Fürsten in Unterhandlung trete, erst eine Truppenanwerbung in Holland zu versuchen. Ohne großes Bedenken wäre der Erbstatthaller der Republik auf den Vorschlag eingegangen; Würde, Grundsätze und Politik der Generalstaaten widerstrebten einem solchen Verlangen aber entschieden.

Namentlich war es Baron van der Capellen tot den Pol, der Gracchus der holländischen. Republik, welcher gegen Englands Zumutung protestierte. Janitscharen solle man lieber mieten, äußerte er, als Truppen eines freien Staats. Warum solle eine Nation, welche selbst den Namen von Rebellen getragen und sich mit der Schärfe des Schwerts von ihren Unterdrückern befreit, ihre Truppen hergeben, um das zu zermalmen, was man von einigen Seiten die Rebellion der Amerikaner zu nennen beliebe, die gleichwohl für alle Nationen ein entmutigendes Beispiel seien und als wackere Männer die Achtung der ganzen Welt verdienten, weil sie mit Unerschrockenheit und doch mit Mäßigung die Rechte verteidigten, welche Gott, aber nicht das britische Parlament, ihnen verliehen?

Auch hier also scheiterte Georg mit seinem Ansinnen. Mittlerweile aber fand er in Deutschland, was er suchte.

Das deutsche Reich hatte sich von der Zerrüttung, welche der dreißigjährige Krieg über dasselbe gebracht, noch nicht wiedererholt. Seit dieser furchtbaren Zeit war der Militärdienst ein Handwerk geworden und der gemietete Söldner an die Stelle des mittelalterlichen Vasallen getreten. Das Gefühl des Patriotismus hatte sich allmählich in den Gehorsam des Soldaten verwandelt, welcher wohl lernte, dass er einen Herrn, aber nicht dass er ein Vaterland hatte, und Kurfürsten, Herzöge und Landgrafen maßten sich das Recht an, sich um ihres persönlichen Vorteils willen in Kriege einzulassen und ihre Truppen ganz nach ihrem Belieben zu vermieten. Um des Gewinnes ihrer Fürsten und um des Soldes und der Beute für sich selbst willen waren deutsche Truppen bei jedem großen Kampf beteiligt, welcher von Polen bis Portugal, von der Nordsee bis zum Golfe von Neapel wütete, und standen sich häufig genug auf verschiedener Seite feindlich gegenüber. In Friedenszeiten trieben sich die verabschiedeten überzähligen Söldner im Lande umher und bildeten eine unbeschäftigte Masse, bis sie neues Handgeld und die Hoffnung auf neue Beute wieder unter die Fahne rief, gleichgültig unter welche.

Büffeljagd 05

Büffeljagd 05

Das wildlebende Karibu ist der etwas größere Verwandte des europäischen Rentiers und ist der einzige Vertreter aus der Familie der Hirsche, bei denen beide Geschlechter ein Geweih tragen ,deren Form einzigartig ist.

Das wildlebende Karibu ist der etwas größere Verwandte des europäischen Rentiers und ist der einzige Vertreter aus der Familie der Hirsche, bei denen beide Geschlechter ein Geweih tragen ,deren Form einzigartig ist.

008. König Georg III. Kupferstich von W. Woollett nach dem Bilde von A. Ramsay

008. König Georg III. Kupferstich von W. Woollett nach dem Bilde von A. Ramsay

013. Wahlvergnügen 1 Nach dem Stiche von Hogarth. 1755

013. Wahlvergnügen 1 Nach dem Stiche von Hogarth. 1755

018. Die Herzogin von Cumberland. Schabkunst von Th. Watson nach dem Bude von Reynolds. 1773

018. Die Herzogin von Cumberland. Schabkunst von Th. Watson nach dem Bude von Reynolds. 1773

066. Ein Mann der Zeit von George III. 1760-1820

066. Ein Mann der Zeit von George III. 1760-1820

067. Eine Frau aus der Zeit George III. 1760-1820

067. Eine Frau aus der Zeit George III. 1760-1820

068. Ein Mann der Zeit von George III. 1760-1820

068. Ein Mann der Zeit von George III. 1760-1820

069. Eine Frau aus der Zeit George III. 1760-1820

069. Eine Frau aus der Zeit George III. 1760-1820