Deutsche helfen Russland bauen
Der Beitrag der Deutschen in der Geschichte Russlands
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Russen, Deutschland, Deutsche, Petersburg, Dorpat, Kurland, Schwertbrüder, Reval, Narwa, Mitau, Pernau, Windau, Ordensbrüder, Königsberg, Wikinger, Hanse, Christentum, Schlözer, Riga, Moskau,
Inhaltsverzeichnis
Teil 15: Die deutsch-russischen Beziehungen in der Neuzeit
Groß und grausam wie die unendliche Weite des Landes mit ihrer Sommerhitze, die ohne lange Übergänge in sibirische Kälte umschlägt, mit Bären, Wölfen, blutgierigen Mückenheeren, grausam wie die aus den Tiefen Asiens heranbrandenden Reiterheere, die sich mehr als einmal plündernd, mordend, brandschatzend und vergewaltigend bis ins Herz Europas ergossen so sind der Beginn der russischen Geschichte und auch ihr weiterer Verlauf.
Als Stammmutter des über sieben Jahrhunderte die Geschicke Russlands bestimmenden Herrschergeschlechts der Rurikiden darf Olga, die Schwiegertochter Ruriks, angesehen werden.
Rurik, der Waräger, und seine aus Skandinavien stammenden Nordgermanen waren mit ihren Langbooten in kühnen Fahrten tief nach Russland eingedrungen, hatten die slawische Urbevölkerung unterworfen, den neuen Gebieten den Namen gegeben und mit ihrem Organisationstalent ein großes Reich begründet. Olga, deren germanischer Name noch Helga war, sollte nicht zuletzt auch durch ihre rasende Rachsucht, gegen die die Kriemhild der Nibelungensage vergleichsweise als Waisenmädchen erscheint, in die Geschichte eingehen.
Ihr Mann, der Warägerfürst Igor, hatte nach vorausgegangenen Eroberungen im Raum Kiew versucht, auch den Stamm der Drewljanen zinspflichtig zu machen. Diese jedoch wollten den wenig verlockenden Tributzahlungen entgehen, und so nahmen sie vorsorglich die Gelegenheit wahr, Igor mitsamt der ihn begleitenden kleinen Schar zu töten. Der Hass Olgas, als sie von dem Mord erfuhr, war grenzenlos und bestimmte von nun an ihr Leben.
Nachdem sie eine Abordnung der Drewljanen in eine Baugrube werfen und dort lebendig begraben ließ, verstand sie es, auch die Edelleute der Drewljanen auf ihre Burg zu locken, wo sie sie nach großzügiger Bewirtung erst zum Bade einlud, dann aber verbrennen ließ. Nicht genug damit, wusste sie weitere Boten des Stammes zu täuschen und anzulocken. Sie ließ sie betrunken machen und die vom Rausch Übermannten sämtlich erschlagen. Dann zog sie mit einem Heer gegen die Drewljanen und schlug sie vernichtend. Die Drewljanen baten um Gnade und zeigten sich bereit, sich mit kostbaren Sühnegaben zu unterwerfen.
Olga erbat sich von den Drewljanen nur eine kleine Gabe: aus jedem der Häuser drei Tauben und drei Spatzen. Die Drewljanen waren von Olgas Milde hocherfreut und brachten die Vögel; den Rachedurst der Russenfürstin erkannten sie noch immer nicht. Am Abend brachten ihre Krieger am Schwanz jedes Vogels ein Glimmstück an und ließen diese Luftwaffe zu ihren Nestern unter den Strohdächern von Iskorosten zurückfliegen, worauf die ganze Stadt niederbrannte. Die Überlebenden wurden entweder niedergemetzelt, als Sklaven in die Gefangenschaft verkauft oder mit schweren Steuerlasten bedrückt.
Doch Olga war nicht nur eine grausame Rache-Furie; sie war auch eine fähige und weitblickende Fürstin. Es drängte sie, das Reich nach Süden zum Schwarzen Meer zu erweitern. Dafür ließ sie sich von griechischen Popen zum Christentum bekehren. Als selbstbewusste Herrscherin bestand sie jedoch darauf, die Taufe in der prächtigen Hagia Sophia zu vollziehen, und zwar unter den Augen des Byzanzer Kaisers und der Kaiserin, die ihr als Taufpatin den eigenen Namen gab: Helena.
Die Absicht des Kaisers war klar: Durch die Christianisierung der gefürchteten Nordmänner sollte die von diesen ausgehende Bedrohung gemindert oder ausgeschaltet werden. (Dafür und von einer Anrechnung ihrer früheren Taten absehend wurde Olga, jetzt die christliche Helena, später von der Kirche heilig gesprochen.)
Olga dachte allerdings gar nicht daran, sich unter die Botmäßigkeit von Byzanz zu begeben; im Gegenteil: Als Gegengewicht zu diesem Versuch, sie an Byzanz und an den Papst zu binden, nahm Olga gleichzeitig Beziehungen zu Otto dem Großen auf; die erste, aber keineswegs die letzte Verbindung und Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Russen. Es war dies um das Jahr 945 -1000 Jahre vor einem anderen Datum in der deutsch-russischen Geschichte.
Im deutschen Kaiser sah sie den idealen Partner: die zentrale Figur des Abendlandes, die wie sie in großen Räumen zu denken verstand. Gern kam Otto ihrem Wunsch entgegen, Missionare zu entsenden und engere Beziehungen zwischen den beiden jungen Kontinentalmächten aufzunehmen. Der Mönch Libutius aus dem Kloster Sankt Alban in Mainz erhielt von Otto den Auftrag, mit einer Schar tüchtiger Gesellen eine deutsche Mission in Russland zu gründen. Doch Libutius hatte das Pech, noch vor der Abreise nach Abschluss aller nötigen Vorbereitungen plötzlich zu sterben. Der zu seinem Nachfolger bestimmte Mönch Adalbert gelangte zwar von der Mosel bis zum Dnjepr, war aber dem unwirtlichen neuen Klima nicht gewachsen und kehrte schon nach einem Jahr nach Deutschland zurück. Allerdings konnte er als späterer Erzbischof von Magdeburg dazu beitragen, das Christentum in Polen und Litauen zu verbreiten.
Der Konkurrenzkampf der beiden christlichen Konfessionen wurde von den Russen schließlich im Sinne der Griechisch-Orthodoxen entschieden. Es war allein schon eine Frage der strategischen Lage. Konstantinopel lag entschieden näher als das Erzbistum Magdeburg.
Olga starb im Jahre 969. In der von Leo Sievers erwähnten Chronik des Mönches Nestor heißt es: „Sie war für das Land die Morgenröte vor dem Sonnenaufgang." Das von ihr hinterlassene Reich wurde unter ihre drei Enkel aufgeteilt. Von denen wurde Wladimir später ebenfalls als Heiliger verehrt weil er das Christentum zur Staatsreligion erklärt und alle heidnischen Götzenbilder hatte vernichten lassen.
Dieser Mönch Nestor hauste in einer Nische des ältesten der sieben im Raum Kiew erbauten Klöster am Steilufer des Dnjepr. Dort arbeitete er an dem ersten russischen Geschichtswerk, hat es jedoch bis zu seinem Tode im Jahre 1115 nicht vollenden können.
Mehr als sechs Jahrhunderte später ging der deutsche Sprachforscher und Historiker August Ludwig Schlözer mit 26 Jahren nach Petersburg und machte sich an die schwierige Aufgabe, die von Nestors Original übriggebliebenen Fetzen in mühsamer Arbeit wieder zusammenzubasteln. Auch ins Deutsche hat er diese Chronik übertragen; sie ergab insgesamt fünf Bände. Wegen seiner Verdienste, die sich auch auf andere Sparten wie Handel, Schifffahrt und die Geschichte der nordischen Staaten erstreckten, wurde Schlözer von Zar Alexander in den Adelstand erhoben. Schlözers Tochter wurde neben ihrer Schönheit durch ihre Bildung berühmt. Schon im Alter von 17 Jahren hatte sie den Doktorgrad erworben. Von ihr rührt die erste und gründliche Geschichte des russischen Münzwesens. Schlözers Sohn Christian schrieb als Professor an der Universität Moskau neben anderen Werken das Buch Anfangsgründe der Staatswirtschaft. Es erschien 1804 in Riga in russischer und in deutscher Sprache. Auch der Enkel Kurd von Schlözer befasste sich in der Tradition der Familie mit dem deutsch-russischen Verhältnis, vornehmlich mit den Leistungen der Deutschen in den Ostseeprovinzen. Er wurde nach Bismarcks Reichsgründung der erste deutsche Gesandte in Washington. Doch nun zurück ins Mittelalter.
August Ludwig Schlözer Erforscher der russischen Geschichte.
Als Stammmutter des über sieben Jahrhunderte die Geschicke Russlands bestimmenden Herrschergeschlechts der Rurikiden darf Olga, die Schwiegertochter Ruriks, angesehen werden.
Rurik, der Waräger, und seine aus Skandinavien stammenden Nordgermanen waren mit ihren Langbooten in kühnen Fahrten tief nach Russland eingedrungen, hatten die slawische Urbevölkerung unterworfen, den neuen Gebieten den Namen gegeben und mit ihrem Organisationstalent ein großes Reich begründet. Olga, deren germanischer Name noch Helga war, sollte nicht zuletzt auch durch ihre rasende Rachsucht, gegen die die Kriemhild der Nibelungensage vergleichsweise als Waisenmädchen erscheint, in die Geschichte eingehen.
Ihr Mann, der Warägerfürst Igor, hatte nach vorausgegangenen Eroberungen im Raum Kiew versucht, auch den Stamm der Drewljanen zinspflichtig zu machen. Diese jedoch wollten den wenig verlockenden Tributzahlungen entgehen, und so nahmen sie vorsorglich die Gelegenheit wahr, Igor mitsamt der ihn begleitenden kleinen Schar zu töten. Der Hass Olgas, als sie von dem Mord erfuhr, war grenzenlos und bestimmte von nun an ihr Leben.
Nachdem sie eine Abordnung der Drewljanen in eine Baugrube werfen und dort lebendig begraben ließ, verstand sie es, auch die Edelleute der Drewljanen auf ihre Burg zu locken, wo sie sie nach großzügiger Bewirtung erst zum Bade einlud, dann aber verbrennen ließ. Nicht genug damit, wusste sie weitere Boten des Stammes zu täuschen und anzulocken. Sie ließ sie betrunken machen und die vom Rausch Übermannten sämtlich erschlagen. Dann zog sie mit einem Heer gegen die Drewljanen und schlug sie vernichtend. Die Drewljanen baten um Gnade und zeigten sich bereit, sich mit kostbaren Sühnegaben zu unterwerfen.
Olga erbat sich von den Drewljanen nur eine kleine Gabe: aus jedem der Häuser drei Tauben und drei Spatzen. Die Drewljanen waren von Olgas Milde hocherfreut und brachten die Vögel; den Rachedurst der Russenfürstin erkannten sie noch immer nicht. Am Abend brachten ihre Krieger am Schwanz jedes Vogels ein Glimmstück an und ließen diese Luftwaffe zu ihren Nestern unter den Strohdächern von Iskorosten zurückfliegen, worauf die ganze Stadt niederbrannte. Die Überlebenden wurden entweder niedergemetzelt, als Sklaven in die Gefangenschaft verkauft oder mit schweren Steuerlasten bedrückt.
Doch Olga war nicht nur eine grausame Rache-Furie; sie war auch eine fähige und weitblickende Fürstin. Es drängte sie, das Reich nach Süden zum Schwarzen Meer zu erweitern. Dafür ließ sie sich von griechischen Popen zum Christentum bekehren. Als selbstbewusste Herrscherin bestand sie jedoch darauf, die Taufe in der prächtigen Hagia Sophia zu vollziehen, und zwar unter den Augen des Byzanzer Kaisers und der Kaiserin, die ihr als Taufpatin den eigenen Namen gab: Helena.
Die Absicht des Kaisers war klar: Durch die Christianisierung der gefürchteten Nordmänner sollte die von diesen ausgehende Bedrohung gemindert oder ausgeschaltet werden. (Dafür und von einer Anrechnung ihrer früheren Taten absehend wurde Olga, jetzt die christliche Helena, später von der Kirche heilig gesprochen.)
Olga dachte allerdings gar nicht daran, sich unter die Botmäßigkeit von Byzanz zu begeben; im Gegenteil: Als Gegengewicht zu diesem Versuch, sie an Byzanz und an den Papst zu binden, nahm Olga gleichzeitig Beziehungen zu Otto dem Großen auf; die erste, aber keineswegs die letzte Verbindung und Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Russen. Es war dies um das Jahr 945 -1000 Jahre vor einem anderen Datum in der deutsch-russischen Geschichte.
Im deutschen Kaiser sah sie den idealen Partner: die zentrale Figur des Abendlandes, die wie sie in großen Räumen zu denken verstand. Gern kam Otto ihrem Wunsch entgegen, Missionare zu entsenden und engere Beziehungen zwischen den beiden jungen Kontinentalmächten aufzunehmen. Der Mönch Libutius aus dem Kloster Sankt Alban in Mainz erhielt von Otto den Auftrag, mit einer Schar tüchtiger Gesellen eine deutsche Mission in Russland zu gründen. Doch Libutius hatte das Pech, noch vor der Abreise nach Abschluss aller nötigen Vorbereitungen plötzlich zu sterben. Der zu seinem Nachfolger bestimmte Mönch Adalbert gelangte zwar von der Mosel bis zum Dnjepr, war aber dem unwirtlichen neuen Klima nicht gewachsen und kehrte schon nach einem Jahr nach Deutschland zurück. Allerdings konnte er als späterer Erzbischof von Magdeburg dazu beitragen, das Christentum in Polen und Litauen zu verbreiten.
Der Konkurrenzkampf der beiden christlichen Konfessionen wurde von den Russen schließlich im Sinne der Griechisch-Orthodoxen entschieden. Es war allein schon eine Frage der strategischen Lage. Konstantinopel lag entschieden näher als das Erzbistum Magdeburg.
Olga starb im Jahre 969. In der von Leo Sievers erwähnten Chronik des Mönches Nestor heißt es: „Sie war für das Land die Morgenröte vor dem Sonnenaufgang." Das von ihr hinterlassene Reich wurde unter ihre drei Enkel aufgeteilt. Von denen wurde Wladimir später ebenfalls als Heiliger verehrt weil er das Christentum zur Staatsreligion erklärt und alle heidnischen Götzenbilder hatte vernichten lassen.
Dieser Mönch Nestor hauste in einer Nische des ältesten der sieben im Raum Kiew erbauten Klöster am Steilufer des Dnjepr. Dort arbeitete er an dem ersten russischen Geschichtswerk, hat es jedoch bis zu seinem Tode im Jahre 1115 nicht vollenden können.
Mehr als sechs Jahrhunderte später ging der deutsche Sprachforscher und Historiker August Ludwig Schlözer mit 26 Jahren nach Petersburg und machte sich an die schwierige Aufgabe, die von Nestors Original übriggebliebenen Fetzen in mühsamer Arbeit wieder zusammenzubasteln. Auch ins Deutsche hat er diese Chronik übertragen; sie ergab insgesamt fünf Bände. Wegen seiner Verdienste, die sich auch auf andere Sparten wie Handel, Schifffahrt und die Geschichte der nordischen Staaten erstreckten, wurde Schlözer von Zar Alexander in den Adelstand erhoben. Schlözers Tochter wurde neben ihrer Schönheit durch ihre Bildung berühmt. Schon im Alter von 17 Jahren hatte sie den Doktorgrad erworben. Von ihr rührt die erste und gründliche Geschichte des russischen Münzwesens. Schlözers Sohn Christian schrieb als Professor an der Universität Moskau neben anderen Werken das Buch Anfangsgründe der Staatswirtschaft. Es erschien 1804 in Riga in russischer und in deutscher Sprache. Auch der Enkel Kurd von Schlözer befasste sich in der Tradition der Familie mit dem deutsch-russischen Verhältnis, vornehmlich mit den Leistungen der Deutschen in den Ostseeprovinzen. Er wurde nach Bismarcks Reichsgründung der erste deutsche Gesandte in Washington. Doch nun zurück ins Mittelalter.
August Ludwig Schlözer Erforscher der russischen Geschichte.