Teil 09: Ein Thronfolger flieht vor seinem Vater

Peter sah in Preußen seinen zuverlässigsten Verbündeten. Ein Deutschland, das diesen Namen verdiente, gab es zu seiner Zeit nicht: Der Kaiser war machtlos. Die deutschen Fürsten dachten jeder nur an sich und an ihre wenn auch noch so jämmerlich kleine Herrschaft. Während das Reich in Ohnmacht lag, wuchsen Größe und Ansehen Russlands.

Nur in kultureller Hinsicht war Deutschland noch immer tonangebend. Peters als Nachfolger bestimmter Sohn Alexej sollte folglich in Deutschland erzogen werden. Der 17jährige Zarewitsch war von Natur scheu und furchtsam und fühlte sich seiner Zukunftsaufgabe nicht gewachsen. Er wollte lieber Pope werden, wurde jedoch zunächst einmal als eine für den russischen Thron glänzende Partie mit der Schwägerin Kaiser Karls VI. verheiratet. Die Ehe war zu frühem Scheitern verurteilt. Der Schwächling Alexej brachte es zwar fertig, zwei Kinder zu zeugen; doch misshandelte er, wohl um sich als Mann aufzuspielen, seine Frau derart, dass sie schon mit 21 Jahren starb.


Im Oktober 1716 nutzte Alexej die Abwesenheit seines Vaters, um nach Wien zu entfliehen und den deutschen Kaiser um Asyl zu bitten. Auf seinen Thron wollte er verzichten. Für den Zaren war das ein Schock, auf den er mit erbarmungsloser Grausamkeit reagierte. In eine erneute Moskauer Revolte glaubte er auch seinen Sohn verwickelt. Mit falschen Versprechungen ließ er seinen Sohn aus dem italienischen Exil zurücklocken. Unter tagelanger Folterung belasteten die Verdächtigten sich gegenseitig. Peter ließ sie in Ketten schmieden, der Länge nach auf spitze Pfähle ziehen oder ihre Leiber mit Keulen zerschlagen und aufs Rad flechten. Der Zarewitsch, obwohl zur Organisation eines Putsches völlig unfähig, wurde für schuldig erklärt und zum Tode verurteilt. Er starb unter der Folter.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsche helfen Russland bauen