Abb. 52-58. Nymphenburg

Abb. 52-58. Nymphenburg. Auch diese Schlossanlage ist ohne das Vorbild von Versailles nicht denkbar. Von deutschen Schlössern, die im Großen achsial städtebaulich durchdacht sind, ist es die umfassendste Anlage. Sowohl in der Verbindung der Achsen mit der Ortschaft, wie in der entgegengesetzten Richtung mit der Gestaltung des Parks, in dem sich die Dominanten des Schlossbaus noch kilometerlang fortsetzen, zeigt sich die große französische Tradition. Und auch hier werden, wie in Versailles, Mauerwerk, Baumwuchs, Wasser- und Rasenflächen vom Baumeister als gleichwertige Hilfsmittel betrachtet. Die Grundrissanordnung ist, wie bei allen städtebaulichen Anlagen des Barock gar nicht anders denkbar, streng achsial - die Symmetrie wird bis ins kleinste Detail durchgeführt. Eigentlich kann die Großartigkeit der ganzen Anlage nur erfasst werden, wenn man sie im Gesamtüberblick erschaut, d. h. also im Sinne unserer Zeit vom Flugzeug aus oder im Sinne des 18. Jahrhunderts in der damals beliebten Darstellungsart der Vogelperspektive.

Der Mittelbau wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Agostino Barella in zurückhaltender Formensprache unter Anlehnung an die Formvorstellung der italienischen Villen errichtet. Nach 1700 wurden Bogengänge und Pavillons von Viscardi erweitert. Die eigentliche Gestaltung des Baus, wie er sich jetzt darstellt, verdanken wir jedoch Effner, der von 1716 an mitarbeitet.


Der Mittelbau erhielt zwei Seitenflügel, die über rechteckigem Grundriss errichtet, ebenfalls durch offene Galerien verbunden waren. Wichtiger war die kurz vor 1730 erfolgte eigentliche städtebauliche Anlage einer im Halbkreis gegen das Schloss sich öffnenden Beamtensiedlung, die den Kern der Stadtanlage Nymphenburg bildet. Hier, wie auf der anderen Seite bei der Gestaltung des Gartens, wirken Wasserflächen in Form von Becken und Kanälen stark mit.

Die endgültige Gestaltung des Gartens geschah durch französische Architekten. Die ersten Planungen erfolgten durch einen Schüler von Le Nôtre, Max Emanuel Carbonet, später waren Francois Girard und auch Effner erfolgreich an der Ausgestaltung des Gartens tätig. Besonderer Wert wurde auch hier auf die Anlage von Kanälen und Wasserbecken gelegt, die natürlich achsial zum Schloss in Beziehung standen.

Von allen deutschen Parkanlagen steht wohl Nymphenburg durch die Vielseitigkeit der Parkanlagen und mannigfachen Variationen der Wasseranlagen an erster Stelle. Trotzdem der Garten zu Beginn des 19. Jahrhunderts im englischen Stil umgearbeitet wurde, haben wir doch noch einen starken Eindruck von der ursprünglichen Anlage, wozu auch die zahlreich erhaltenen Gartenstatuen von Ignatz Günther, Straub und anderen Barockmeistern beitragen.

Im Park zerstreut liegen zahlreiche kleine Schlösschen, von denen hier nur die schönsten, Pagodenburg und Amalienburg, erwähnt seien.

Die Pagodenburg, bei deren Errichtung Anklänge an Trianon stark mitgesprochen haben, wurde 1716 von Effner errichtet. Sie ist ein Musterbeispiel für die damals beliebte Chinoiserie-Spielerei, die sich in der Außengestaltung ebenso wie in der Innenausstattung, in Tapeten, in der reichen Verwendung von Porzellan und überhaupt in jedem Detail der Ausstattung dokumentiert.

Amalienburg wurde 1734-1739 als Jagdschlösschen von Fr. Cuvilliés für die Kurfürstin Amalie errichtet. Der einstöckige Bau ist die vollendetste Lösung eines fürstlichen Lusthauses. Die Fassade sehr zurückhaltend, unter Vermeidung allzu starker Akzente. Vollendet der Spiegelsaal über kreisförmigem Grundriss, mit seinen in Silber auf blauem Grunde gehaltenen Dekorationen. In den Schlafzimmern schöne Schnitzereien von Jacob Dietrich, die reichen Stuckaturen von Joh. B. Zimmermann. Trotz der großen Mannigfaltigkeit der Ornamentik ist der Gesamteindruck ruhig und nicht überladen, dabei das Ganze von unübertrefflicher Heiterkeit und Leichtigkeit.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsche Barockstädte