Praktische Wirksamkeit des Vereins.

Der Verein begann seine Tätigkeit im Juni 1849:

1) mit der Einrichtung eines offenen Büros (unter den Linden 45), in welchem jeder sich Meldende gebührenfrei Auskunft und Rat erhält.


Statutenmäßig wurde die Leitung dieses Büros dem Special-Direktor des Vereins übertragen.

In der Person des Herrn Freiherrn A. v. Bülow wurde vorläufig der Mann gefunden, welcher aus Interesse für die Sache seine Zeit und Kräfte unentgeltlich dieser Stellung widmete.

Die bald zu einem bedeutenden Umfange anwachsende Korrespondenz nach Außen machte schon nach kurzer Zeit einen Zuwachs von Kräften nötig. Da die Mittel zur Besoldung eines besonderen Beamten nicht hinreichten, so hat sich bis jetzt ein Mitglied unseres Vereins, Herr Dahmenhaus, mit großer Aufopferung der Teilnahme an den Arbeiten des Büros ohne alle Entschädigung unterzogen.

Über die einzelnen Anmeldungen wird ein besonderes Buch geführt, welches in tabellarischer Form eine Reihe von Rubriken für die persönlichen und Vermögens-Verhältnisse der Angemeldeten enthält. Die Tabellen sind nach vorgängiger Vernehmung mit dem Direktor des statistischen Bureaus angelegt und versprechen nach dessen Äußerung ein schätzenswertes statistisches Material für die Behandlung der Auswanderungsfrage. Die Diskretion gebietet, dass dieses Buch lediglich dem Verwaltungsrat zugänglich sei, und nur die Resultate nach Rubriken und Ziffern mitgeteilt werden.

Im Ganzen sind auf dem Büro in den 7 Monaten des Bestehens 2.055 Personen als Auswanderungslustige angemeldet worden, wobei wir bemerken, dass da, wo nur Familien im Allgemeinen angezeigt waren, die Familie nach dem Durchschnitt der Übrigen auf 3 1/2 Kopf angenommen worden ist. Sie gehörten fast allen Klassen der Gesellschaft an, und besaßen nach ihren Angaben zusammen ein Vermögen von 360.000 Rthl., wonach, wenn man die 600 Unbemittelten abzieht, auf den Kopf ungefähr 247 1/2 Rthl. kommen. Bei der Mehrzahl war Mangel an Auskommen das Motiv. Außerdem wurden Streben nach Selbstständigkeit, politische Unzufriedenheit, Unternehmungslust und verwandtschaftliche Bande mit bereits ausgewanderten Personen als Gründe angegeben. Die Anmeldenden gehörten allen Teilen der Monarchie an. Die Meisten hatten sich noch nicht bestimmt entschieden, wohin sie auswandern wollten, und folgen darin dem Rat des Büros.

Bei den Besprechungen des Spezial-Direktors mit den Auskunftssuchenden wird überall der oben entwickelte Standpunkt des Vereins in der Auswanderungsfrage festgehalten, und dadurch auch auf diejenigen belehrend gewirkt, bei denen der Entschluss auszuwandern noch nicht feststeht. Bei diesen Besprechungen ist es zugleich die Aufgabe des Spezial-Direktors, im Allgemeinen die Ansichten möglichst aufzuklären, die oft einseitigen und befangenen Urteile über die hiesigen und fremden Zustände und Verhältnisse zu berichtigen, Gegensätze zu versöhnen, Vorurteile zu beseitigen, und überhaupt im wahren Interesse des Vaterlandes zu wirken.

Es kann hier als erfreuliches Resultat mitgeteilt werden, dass es gelungen ist, nicht Wenige, deren Verhältnisse bei näherer Prüfung die Auswanderung nicht ratsam erscheinen ließen, von ihrem Entschlusse zurückzubringen, und Manchen überhaupt zu unbefangeneren und richtigeren Ansichten zu führen. Da noch keine der wirklichen Kolonisations-Gesellschaften so weit gediehen ist, um mit der Kolonisation tatsächlich zu beginnen, auch dem Vereine weder von der Regierung noch von Privatgesellschaften Gelegenheit nachgewiesen werden konnte, Kolonisten im Inlande zu platzieren, so musste das Büro für jetzt sich begnügen, Denjenigen, welche mit der Auswanderung nicht zu warten vermochten, die möglichst umfassende Belehrung über die Länder zu gewähren, wo die Ansiedelung unter den speziell vorliegenden Verhältnissen am vorteilhaftesten erschien. Oft wurde auch Auskunft über besondere Staaten oder Orte verlangt. In geeigneten Fällen endlich wurden die Auswanderungslustigen an Auswanderungsgesellschaften, welche auf soliden Grundlagen beruhen, gewiesen.

Die so eingenommene Stellung des Vereins erforderte vor Allem

2) die Beschaffung eines genügen den Materials.

Zu dem Ende wurden nicht nur die in Deutschland erscheinenden Auswanderungs-Zeitungen, sondern auch einige englische, für diesen Gegenstand wichtige Zeitschriften angeschafft. Durch die Geschenke einiger Mitglieder und die freiwilligen Beiträge einiger Buchhandlungen wurde der Grund zu einer Bibliothek gelegt, welche bereits eine Anzahl der gediegensten Werke im Auswanderungsfache enthält. Wir erwähnen hier mit herzlichem Danke der Hahn'schen Hof-Buchhandlung in Hannover, der Buchhandlungen von Bädecker in Elberfeld und Iserlohn, von Buchner in Bayreuth und Brandstetter in Leipzig.

Der Verwaltungsrat setzte sich gleichzeitig in Verbindung mit den Regierungen der Mittel- und Süd-Amerikanischen Staaten und mit einzelnen zuverlässigen Personen sowohl jener Gegenden, als Nord-Amerikas und Australiens, um sich zuverlässige Nachrichten über die dortigen Verhältnisse zu verschaffen, und sie überhaupt für die Zwecke des Vereins zu interessieren.

Die von den Gesandten dreier Staaten und einiger Privat-Personen bereits eingegangenen Antworten gewähren in dieser Beziehung sehr schätzbare Ausbeute.

Was insbesondere Mittel-Amerika anbetrifft, so hat der Herr Spezial-Direktor seine, in jenem Lande während eines längeren Aufenthalts gesammelten, umfangreichen Studien dem Vereine zur Disposition gestellt. Über Brasilien konnte das Mitglied des Verwaltungsrates, Herr Bastide, welcher als brasilianischer Ingenieur-Offizier mehrere Jahre dort einheimisch gewesen, die zuverlässigsten Nachrichten mitteilen, und über Chile gab der dort ansässige und mehrere Wochen hier verweilende Herr Kindermann, welcher dem Vereine durch Herrn Prof. Carl Ritter empfohlen war, so wie der Chilenische Ingenieur-Major Herr Philippi spezielle Auskunft.

Nicht minder hat sich der Verein an die Königl. Regierung gewandt, um auch von dieser durch das dort vorhandene Material, namentlich durch die Konsulats-Berichte, unterstützt zu werden. Er hat die erfreulichsten Zusicherungen und auch bereits Mitteilungen erhalten.

Ferner wird die gesamte, auf Auswanderung und Kolonisation sich beziehende, neu erscheinende Literatur einer sorgfältigen Prüfung unterworfen. Zu diesem Zwecke hat der Verwaltungsrat beschlossen, dass jedes neu erscheinende Werk einem seiner Mitglieder zum schriftlichen Referieren zugeteilt und darüber Vortrag gehalten werden soll.

Der Spezial-Direktor und die Mitglieder des Verwaltungsrates haben es sich endlich besonders angelegen sein lassen, die Anwesenheit von Fremden aus solchen Ländern, welche den Verein interessieren, möglichst zu benutzen, um durch dergleichen direkte Mitteilungen zu immer genauerer Kenntnis der dortigen Verhältnisse zu gelangen.

Ein anderes Feld der Tätigkeit für den Verwaltungsrat waren

3) die öffentlichen Vorträge in den General-Versammlungen.

Statutenmäßig fanden die letzteren allmonatlich Statt. Sie sind zunächst allerdings nur für die Mitglieder bestimmt; gewiss aber liegt es nicht in der Tendenz des Vereins, Gäste auszuschließen. Der Verwaltungsrat hat es sich deshalb angelegen sein lassen, Personen einzuladen oder zuzulassen, von denen er erwarten durfte, dass sie sich für die Sache interessieren.

Das Lokal dazu gewährte uns mit zuvorkommender Gefälligkeit die hiesige Handelsgesellschaft Teutonia in ihrem freundlichen und geräumigen Saale. Wir sind derselben deshalb zu großem Danke verpflichtet, den wir mit Freuden hier öffentlich aussprechen.

Der leitende Gedanke bei den General-Versammlungen war für den Verwaltungsrat der: dass dieselben hauptsächlich dazu dienen sollten, teils durch das lebendige Wort die Idee des Vereins immer mehr zur Anerkennung zu bringen, teils durch Mitteilungen über die Verhältnisse derjenigen Länder, wohin sich die deutsche Auswanderung wendet, die Kenntnis zu erweitern und die Ansichten aufzuklären. Zu dem Ende erachten wir es für einen großen Gewinn, dass sich auch Nicht-Mitglieder, namentlich auch zeitweise hier anwesende Bewohner jener Länder, bereit gefunden haben, die Versammlungen mit ihren Vorträgen zu erfreuen. Wie viel dadurch an Abwechslung und Interesse gewonnen wird, bedarf keiner Erwähnung.

Der Verwaltungsrat hat außerdem

4) durch die Verbindung mit andern Vereinen zu wirken gesucht.

Die Vereine, mit welchen wir in Verbindung getreten, sind verschiedener Natur.

Zunächst waren es die hier in Berlin bestehenden 5 Auswanderungs- resp. Kolonisations-Vereine.

1) die Berliner Kolonisations-Gesellschaft für Zentral Amerika,
2) die Auswanderungs-Gesellschaft für Süd-Brasilien,
3) die Auswanderungs-Gesellschaft für Süd-Australien,
4) der Auswanderungs-Verein für Süd-Amerika,
5) der Verein für deutsche Auswanderung und Kolonisation,

die wir zu einer näheren Verbindung, namentlich zur Ernennung von Abgeordneten zu den Sitzungen des Verwaltungsrats eingeladen haben.

Die vier ersteren sind bereits unserem Wunsche nachgekommen; von dem Stifter des letzteren Vereins, Herrn Geh. Rat Diergardt, welcher einige Zeit abwesend war, ist eine freundliche Zuschrift eingegangen, worin uns angezeigt wird, dass die Angelegenheit dem provisorischen Vorstande vorgelegt worden sei.

Ferner hat sich der Verein mit den überseeischen philanthropischen Gesellschaften, welche das Wohl der deutschen Auswanderer zum Gegenstande ihrer Bestrebungen machen, in Verbindung gesetzt, namentlich mit den deutschen Gesellschaften in New – York, New-Orleans, St. Louis und Rio de Janeiro. Ein Gleiches wird mit den ähnlichen, erst in neuester Zeitentstandenen deutschen Gesellschaften zu Philadelphia, Cincinnati und Mexico geschehen. Die Berichte von diesen Gesellschaften, von denen wir bis jetzt erst zwei erhalten haben, sind äußerst lehrreich, und geben ein lebendiges Bild von den Mühseligkeiten und Gefahren, denen deutsche Auswanderer dort entgegen gehen, und den fast unglaublichen Betrügereien und Täuschungen, denen sie ausgesetzt sind.

Weiter ist der Zentral-Verein für das Wohl der arbeiten den Klassen in Preußen, welcher im Begriffe steht, die Frage über die Kolonisation im Inlande einer gründlichen Prüfung zu unterwerfen, und zu diesem Zwecke bereits in seinen „Mitteilungen“ (Berlin bei Veit und Comp.) durch seinen Präsidenten einen dahin einschlagenden, sehr interessanten Aufsatz veröffentlicht hat, mit zuvorkommender Bereitwilligkeit auf eine nähere Verbindung mit dem Vereine eingegangen. Der Verwaltungsrat unseres Vereins hat aus seiner Mitte einen ständigen Abgeordneten bei dem Zentral-Verein ernannt, und so ein gemeinsames Wirken beider Vereine in Bezug auf die Kolonisation im Inlande angebahnt.

Endlich musste es dem Verwaltungsrate nach den vorliegenden Erfahrungen äußerst wünschenswert erscheinen, in Hamburg und Bremen, als den Haupt-Ausgangshäfen der deutschen Auswanderer, ähnliche philanthropische Vereine gegründet zu sehen, wie sie in den Nord-Amerikanischen Hafenplätzen bereits bestehen. Er hat deshalb in den erstgenannten Städten diese Idee angeregt, auch bereits mit dortigen einflussreichen Personen verhandelt, und die bisherigen Zusicherungen berechtigen zu der Hoffnung, dass dergleichen Vereine dort zu Stande kommen werden.

Die Verbindung mit den größeren deutschen Auswanderungs-, resp. Kolonisations-Vereinen, welche mehr oder weniger eine allgemeine Tendenz verfolgen, ist noch nicht in weiterem Umfange erfolgt. Der Grund mag einerseits darin liegen, dass die eigentliche Tendenz unseres Vereins noch nicht überall richtig aufgefasst, namentlich derselbe immer und immer wieder mit der hiesigen „Kolonisations-Gesellschaft für Zentral-Amerika“ verwechselt wurde, andererseits raubten auch die zahlreichen, näher liegenden Arbeiten den Mitgliedern des Verwaltungsrats die Zeit, dieser Seite ihrer Tätigkeit so viel Kräfte zu widmen, als sie es gern gemocht hätten.

Wir hoffen, dass der gegenwärtige Rechenschaftsbericht dazu beitragen wird, die gegenseitigen Beziehungen enger zu knüpfen.

Der Verwaltungsrat hat sich ferner bemüht

5) das Zustandekommen förmlicher Kolonisations-Gesellschaften zu befördern.

Am vollständigsten gelungen ist ihm dies bei der Berliner Kolonisations-Gesellschaft für Zentral-Amerika, deren Idee aus dem Schoße unsers Vereins hervorgegangen ist. Sowohl der Erstatter dieses Berichts, als der Herr Spezial-Direktor haben an den Beratungen des Statuts derselben Teil genommen, und das Büro hat sich bereitwillig der Besorgung der erforderlichen Korrespondenz mit unterzogen. Das Statut hat eine entschieden günstige Aufnahme gefunden, und bereits bemerkt man, dass es den Statuten anderer Kolonisations-Gesellschaften zum Muster gedient hat. Namentlich sind es die Auswanderer, welche sich sehr zufrieden mit dem Selben erklären. In kurzer Zeit hatten sich, wie bereits oben erwähnt, 251 Familien, resp. selbstständige Personen zum Anschluss an die neue Kolonie gemeldet, welche zusammen ein Kapital von 310.400 Rthlr. besaßen, und von denen nur 67 unbemittelt waren. Dagegen ist die Beteiligung der Kapitalisten als Aktionäre, obschon ein bedeutender Gewinn in Aussicht steht, und die Einzahlungen auf die Zeit von drei Jahren verteilt sind, weniger lebhaft gewesen, was teils in den gegenwärtigen Zeitverhältnissen, teils in der Unbekanntschaft mit dieser noch neuen Art von Unternehmungen seinen Grund haben mag.

Außerdem sind dem Verwaltungsrat noch die Statuten von Kolonisations-Gesellschaften für Süd-Brasilien, für Süd-Australien und für British-Honduras vorgelegt worden, die sich indes noch mehr oder weniger in den Stadien der Entwicklung befinden. Auch eine englische Auswanderungs-Gesellschaft, die Colonisation-Assurance-Company zu London, hat dem Verein ihren Prospekt eingereicht.

Der Verein hat ferner:

6) durch die Presse

zu wirken gesucht.

Aus dem Schoße des Verwaltungsrats sind im Laufe des vergangenen Jahres drei , der Auswanderung und Kolonisation gewidmete Werke hervorgegangen.

a) Auswanderung und Kolonisation im Interesse des deutschen Handels von Freiherrn. A. von Bülow, Berlin und Posen bei Mittler und Sohn.

b) Der Freistaat Nicaragua in Mittel-Amerika und seine Wichtigkeit für den Welthandel, den Ackerbau und die Kolonisation, von Demselben, Berlin bei Gustav Hempel.

c) Wie und Wohin? Die Auswanderung und die Kolonisation im Interesse Deutschlands und der Auswanderer, von Karl Gaillard, in Berlin bei Karl Reimarus.

Außerdem haben die Mitglieder des Verwaltungsrats es sich angelegen sein lassen, in den hiesigen und auswärtigen Zeitungen die Sache der Auswanderung und Kolonisation von verschiedenen Gesichtspunkten aus zu besprechen, um so die Ansichten des größeren Publikums immer mehr zu berichtigen und aufzuklären.

Erfreulich ist es gewesen, und mit großem Danke haben wir es erkannt, dass fast alle hiesigen Zeitungen besondere Berichterstatter für unsere Öffentlichen Generalversammlungen ernannt, und auch sonst Aufsätzen über die Auswanderungs- und Kolonisationsfrage ihre Spalten bereitwillig geöffnet haben.

Der Verwaltungsrat hat es weiter für seine Pflicht erachtet,

7) das Interesse der Königlichen Regierung für den Verein zu erwecken.

Dies ist ihm zu seiner Freude gelungen. Das Königl. Ministerium des Innern, von welchem die Auswanderungs-Angelegenheiten ressortieren, hat nicht nur die Tendenz unseres Vereins gebilligt, und die Bedeutung, welche derselbe bei seiner weitern Entwickelung erlangen muss, anerkannt, sondern ist auch sogleich bereit gewesen, denselben, als bei seinem Beginnen die Mitgliederzahl noch sehr schwach war, mit Geldmitteln zu unterstützen, um wenigstens die Einrichtung des Büros möglich zu machen.

Das Königl. Ministerium hat uns außerdem, wie schon oben erwähnt, die Mitteilung des ihm zu Gebote stehenden Materials verheißen und hiermit auch bereits begonnen.

Indem wir mit lebhaftem Danke diese Berücksichtigung anerkennen, hoffen wir, dass die seitdem entwickelte Tätigkeit des Vereins das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen, und ihm auch für die Zukunft die günstige Meinung erhalten werde.

Endlich hat der Verein

8) dem Agenten- und Transportwesen, insoweit solches die Auswanderer betrifft,

seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt.

Bereits oben ist hervorgehoben, wie gewissenlos die Auswanderer oft von einzelnen Auswanderungs-Agenten ausgebeutet werden. Eben so konnte dem Verein nicht Verborgen bleiben, dass noch viele Reeder bei der Einrichtung und Verproviantierung der Schiffe keineswegs den Anforderungen entsprechen, welche billiger Weise an sie gemacht werden können. Am nachteiligsten zeichnen sich hierbei einige Reeder im Hávre und in Antwerpen aus, welche Häfen von einem großen Teile des süddeutschen Auswanderungs-Stromes benutzt werden. In Hamburg und Bremen haben obrigkeitliche Verordnungen in dieser Beziehung schon etwas gewirkt; hauptsächlich sind es aber einige ehrenwerte Persönlichkeiten, welche mit gutem Beispiele vorangehen, und die Übrigen durch die Konkurrenz bald zwingen werden, ihnen nachzufolgen.

Der Verein hat zu dem Ende Verbindungen mit einigen der solidesten Reeder-Häuser angeknüpft, und achtbare Männer als seine speziellen Agenten zu gewinnen gesucht, um die auf dem Büro sich meldenden 9) Auswanderer mit einer sichern und fruchtbringenden Empfehlung versehen zu können. Der Spezial-Direktor hat zu diesem Zwecke eine besondere Reise nach Hamburg gemacht.

Die meisten der hiesigen Auswanderungs-Agenten haben dem Vereine die Bedingungen, unter denen sie Auswanderer befördern, eingereicht, und werden nach erfolgter sorgfältiger Prüfung berücksichtigt, oder zu andern Bedingungen veranlasst.

Auch auf die Gasthöfe in den von den Auswanderern hauptsächlich benutzten Stations-Orten dehnte sich der Rat des Bureaus aus, wiewohl in dieser Beziehung noch manche Lücken auszufüllen bleiben.

Das Resultat der in dem Vorstehenden entwickelten Wirksamkeit des Vereins darf hiernach wohl als ein für die Sache günstiges erachtet werden.

Es sei nur noch hinzugefügt, dass das Vertrauen, welches der Verein bei dem größeren Publikum genießt, im steten Wachsen begriffen ist. Die zahlreichen Zuschriften und Anfragen, nicht nur aus Deutschland, sondern auch vom Auslande, z. B. von Galizien aus, geben hiervon ein erfreuliches Zeugnis. Auch die Zahl der Mitglieder ist bisher immer im Steigen begriffen gewesen, und wenn dieselbe noch nicht so bedeutend ist, als es wohl zu wünschen wäre, so ist gewiss nur die Unbekanntschaft mit dem eigentlichen Zwecke und der Tendenz des Vereins daran Schuld.

Ein großer Teil des Publikums denkt sich beidem Vereine immer noch weiter nichts, als eine gewöhnliche Auswanderungs-Gesellschaft, und glaubt, als Feind der Auswanderung, einer solchen unbedingt entgegentreten zu müssen. Viele verwechseln ihn ebenfalls, wie erwähnt, mit der hiesigen Kolonisations-Gesellschaft für Zentral-Amerika; noch Andere sind sich überhaupt nicht klar bewusst, was der Verein eigentlich wolle, und nehmen deshalb Anstand, demselben ihre Mitwirkung zuzuwenden. Gerade in dieser Beziehung hofft der Verwaltungsrat, durch den gegenwärtigen Rechenschaftsbericht den noch bestehenden Vorurteilen zu begegnen und eine regere Teilnahme für sich zu erwecken.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsche Auswanderung und Kolonisation.