Vierte Fortsetzung

Bei der ersten Kunde, die in Petersburg von dem Attentat mit der Höllenmaschine eintraf, erging an Ludwig die Aufforderung, Russland sofort zu verlassen und dies geschah auch Januar 1801.
Als Ludwig XVIII. das ihm von Preußen in Warschau, der damals preußischen Stadt, eingeräumte Asyl im Jahre 1804 plötzlich verlor, fand er noch einmal in Russland eine Freistatt und schlug abermals seine Residenz in Mitau auf, die er bis 1807 beibehielt, wo der Tilsiter Friede ihn von der letzten Zufluchtsstätte auf dem Kontinent verdrängte. Er ging nach England.

Nicht zu einem rechtmäßigen König, sondern zu einem Usurpator führte mich mein Verhängnis. Die Folgen der eben erwähnten unglücklichen Schlacht sind bekannt, — der Waffenstillstand, die Zusammenkunft der beiden Herrscher auf einem Floß im Niemen und endlich die in Tilsit von ihnen geleiteten Friedensunterhandlungen. Als hierbei mitwirkende Bevollmächtigte wurden unsererseits der Fürst Kurakin, der hergekommen war, sich vom Kaiser für seine Stelle in Wien die letzten Instruktionen einzuholen, und der Fürst Dimitri Lobanoff ernannt, von französischer Seite Talleyrand. Ich wurde dem Fürsten Kurakin zugeordnet. Mein einziges Geschäft, das ich zu besorgen hatte, bestand aber eigentlich nur darin, die Abschrift der Friedensschlussakte anzufertigen. Die Verhandlungen selbst, die jeden Abend stattfanden und sich bis tief in die Nacht hineinzogen, wurden von beiden Herrschern geführt. Die schriftliche Abfassung besorgte die französische Kanzlei. Gleich nach Abschluss und Bestätigung des Vertrags kehrte Kaiser Alexander nach Petersburg zurück, wohin ich ihm in Kurzem nachfolgte. Baron Budberg, der der neuen Gestaltung der Verhältnisse, wie sie der Tilsiter Frieden geschaffen hatte, im hohen Grade abgeneigt war, legte sein Amt nieder. Sein Nachfolger wurde der Graf Nicolai Rumianzoff. Ehe Budberg aus dem Ministerium schied, ernannte er noch das Personal der neuen Pariser Gesandtschaft, den Grafen Peter Tolstoi zum Botschafter und mich zum Legationssekretär. Wie schmeichelhaft mir auch diese Ernennung sein musste, so erfreute sie mich doch keineswegs. Ich hatte niemals eine besondere Neigung für Frankreich und seinen neuen Herrscher empfunden und war daher fast schon entschlossen, das Amt nicht anzunehmen. Bald wurde ich indes durch die huldvollen Worte des Kaisers in meinem Vorhaben umgestimmt und das zu meinem Glück, denn gerade diese Stelle sollte der Anfang der herrlichen mir von Gott bestimmten Dienstlaufbahn werden. Auch Graf Tolstoi übernahm nur mit Widerwillen sein Amt. Er scheute sich vor den ihm ganz fremden Verhältnissen, denen er jetzt entgegen ging. Er war ein Mensch von vielem Verstände, war rechtschaffen und tatkräftig, aber kein Freund von den Gesellschaften der vornehmen Welt, deren Etikette ihm verhasst war. So kam er nach Paris eher mit dem Wunsch und der Absicht, die erste Gelegenheit zum Aufgeben einer Stelle zu benutzen, die seinen Gewohnheiten und Neigungen so wenig entsprach, als mit dem Vorsatz, sich einzuleben und in seinem Amte heimisch zu werden. Nichtsdestoweniger hatte er das Glück, Napoleon zu gefallen. Sein Benehmen war frei und ungezwungen und er wusste in seinen Unterhaltungen mit Napoleon, die häufig stattfanden und nicht selten sehr lebhaft waren, sich trefflich in seiner Würde zu behaupten. Was mich anbetrifft, so lag mir die schriftliche Aufzeichnung ihrer Unterredungen ob, so wie die Besorgung der ganzen Gesandtschaftskorrespondenz. Unsere Depeschen lauteten nicht immer sehr zu Gunsten des französischen Bündnisses und mussten daher den Grafen Rumianzoff, der für Napoleon schwärmte, nicht wenig missfallen.


Gerade um diese Zeit gingen die Ereignisse vor sich, die den französisch - spanischen Krieg zur Folge hatten. Im Frühling des Jahres 1808 fand die berüchtigte Bayonner Katastrophe *) statt und in Kurzem stand fast das ganze Land in Flammen. Der Kaiser Napoleon beschloss, ein großes Heer dorthin zu senden und seinen Bruder Joseph auf den Thron Karls IV. zu erheben, zugleich erkannte er aber auch die Notwendigkeit, für Fortdauer der friedlichen Beziehungen mit den übrigen Reichen des Kontinents zu sorgen und zwar vor Allem mit denjenigen, die von ihm zu viel hatten leiden müssen, um nicht Grund zu Misstrauen zu geben. Daher schlug er dem Kaiser Alexander eine neue Zusammenkunft vor. Diese fand in Erfurt statt (27. Septbr. bis 8. Oktbr. 1808). Den Grafen Tolstoi, der auch dorthin beschieden war, musste ich begleiten. Somit war ich denn Zeuge dieser berühmten Zusammenkunft. Ohne gerade teilzunehmen an den dort gepflogenen Verhandlungen, hatte ich doch die beste Gelegenheit, von allen Vorgängen zu erfahren und Alles zu sehen. Der Kaiser behandelte mich ziemlich ungnädig, die Depeschen des Grafen Tolstoi hatten sein Missfallen erregt. Letzterer hatte nach seiner Ankunft in Erfurt nichts Eiligeres zu tun, als um seinen Abschied zu bitten. Und diesen erhielt er auch. Graf Rumianzoff hatte den Kaiser hierher begleitet und war mit den Unterhandlungen beschäftigt, die zwischen ihm und Herrn von Champagny geführt wurden. Nach Talleyrands Entlassung, der sich Napoleons Unwillen zugezogen hatte, war nämlich Champagny zum Minister des Auswärtigen ernannt worden. Er war der „Seïd" seines Herrn, ein blinder Vollstrecker seiner Befehle, dabei von ganz anderem Benehmen, als sein Vorgänger, — gegen das diplomatische Korps nicht wenig unfreundlich (passablement maussade). Als man Talleyrand sein Bedauern ausdrückte, nicht mehr mit ihm im Geschäftsverkehr zu stehen, antwortete er: „Sie beklagen sich mit Unrecht, meine Herren, denn genau genommen ist durchaus keine Änderung eingetreten; der einzige Unterschied zwischen Champagny und mir besteht nur darin, dass wenn der Kaiser ihm befiehlt, Jemanden zu köpfen, er es in einer Stunde tut, ich aber in solchem Falle zur Vollstreckung des Befehls einen Monat Zeit brauche." Diese Veränderung hatte Talleyrands Anhänglichkeit für seinen erhabenen Herrn nicht eben steigern können. Eine Art von geheimer Feindseligkeit begann sich seinerseits zu äußern, die Pläne Napoleons auf Spanien missbilligte er. Kaiser Alexander hatte die Heirat seines Neffen mit der Prinzessin Dorothea von Kurland **) vermittelt und das bewirkte eine Annäherung zwischen Beiden. In Erfurt hatten sie häufig Unterredungen, in denen Talleyrand die Aufmerksamkeit des Kaisers auf die ehrgeizigen Pläne Napoleons, die für Europa nicht minder, wie für Frankreich verderblich wären, zu lenken gewusst. Nicht Wenige in der Umgebung Napoleons stimmten darin mit Talleyrand vollkommen überein, dass mit dem Tilsiter Frieden Frankreich den Gipfel seines Ruhms und seiner Macht erreicht habe und dass es das Interesse desselben erheische, nicht weiter zu gehen. Es entstand eine Art Einverständnis zwischen Kaiser Alexander und Talleyrand. Nach meiner Rückkehr in Paris wurde ich der Vermittler zwischen ihnen.

Die Ergebnisse der Erfurter Zusammenkunft waren *) die Verpflichtung, die Russland übernahm, Frankreich Hilfe und Beistand zu leisten, wenn es von Österreich während des spanischen Krieges angegriffen würde. Dagegen versprach Napoleon sich der Einverleibung der Donaufürstentümer nicht zu widersetzen, wenn es Russland gelänge, die Pforte zur Einwilligung zu bewegen. Außerdem verabredeten die beiden Herrscher, gemeinschaftlich England Friedensvorschläge zu machen. In Folge dessen richteten Graf Rumianzoff und Herr v. Champagny an das britannische Kabinett offizielle Noten. Ersterer begab sich nach Paris, um daselbst die Antwort abzuwarten. Fürst Kurakin wurde der Nachfolger des Grafen Tolstoi. Da er aber nicht eher, als in einigen Monaten in Paris eintreffen konnte, so wurde ich mit der Leitung der laufenden Geschäfte betraut. Die Wahl des Fürsten Kurakin war eine sehr unglückliche. Gesandter zu sein unter einem so spottsüchtigen Volk, wie es die Franzosen sind, war Niemand weniger geeignet, als er mit seiner mangelhaften Begabung und seinen lächerlichen Schwachheiten. Meine Stellung wurde daher sehr peinlich. Ich fand nur Entschädigung in dem freundschaftlichen Vertrauen, das mir mehrere bedeutende Männer Frankreichs bewiesen. Das Verhältnis, in dem ich zu ihnen stand, gewährte mir die Gelegenheit, von allen Vorgängen aufs Beste unterrichtet zu sein und daher den Depeschen, die ich im Auftrage des Fürsten Kurakin abzufassen hatte, durch so manche interessante Mitteilung Wert zu verleihen. Die Unterhandlungen mit England waren vollständig erfolglos. Sie waren noch im Gange, als Napoleon in Spanien einrückte, nach einem siegreichen Feldzuge Madrid wiedereroberte und ein englisches Korps unter Moore zwang, sich in Coruña einzuschiffen. Während dieses Feldzuges hatte er von den Rüstungen, die von Österreich gemacht wurden, erfahren und beschleunigte daher seine Rückkehr nach Paris. Dies fand zu Anfang des Jahres 1809 statt. Graf Rumianzoff verabschiedete sich von ihm und reiste nach Petersburg zurück. Kurz vor seiner Abreise traf Fürst Kurakin in Paris ein und übernahm die Verwaltung seines Amtes. Kaum hatte Napoleon Spanien verlassen, als einzelne Teile des französischen Heeres empfindliche Verluste erlitten. Die Folge davon war, dass Österreich, ermutigt durch den wirksamen Widerstand der Halbinsel, mit Eifer in seinen Rüstungen fortfuhr. Im Frühling desselben Jahres war der Krieg schon unvermeidlich geworden. Bei einer in St. Cloud dem diplomatischen Korps zu Ehren gegebenen Gesellschaft wandte sich Napoleon an den österreichischen Gesandten, Grafen Metternich, und verlangte mit Heftigkeit Auskunft über den Zweck der Rüstungen. Dies war bei ihm das Vorspiel zur Tat. Beim Bruch des Friedens von Amiens hatte er dem englischen Gesandten, Lord Whitworth, eine ähnliche Scene gemacht und zwei Jahre später kam die Reihe an den russischen Gesandten. In Folge dieser Unterredung rückte ein österreichisches Heer unter Erzherzog Karl in Baiern ein. Ein französisches Heer unter dem Marschall Berthier erhielt den Befehl, an den Rhein zu rücken. Beim Zusammentreffen der beiden Heere erlitt das französische eine nicht ganz unbedeutende Niederlage. Napoleon beschleunigte daher seine Abreise zur Armee, griff den Feind an und gewann die berühmte Schlacht von Regensburg, die ihm den Weg nach Wien öffnete und den Erzherzog zum Rückzug nach Böhmen zwang. Während dieser Ereignisse in Deutschland blieb unsere Gesandtschaft untätig und hatte keine andere Aufgabe zu erfüllen, als die kaiserlichen Kriegsberichte und die Nachrichten aus Spanien, die nicht aufhörten ungünstig zu lauten, nach Petersburg zu senden. Da einige Privatangelegenheiten es mir wünschenswert machten, nach Russland zurückzukehren, so beschloss ich, meine Stelle bei der Pariser Gesandtschaft aufzugeben. Meine Stellung beim Fürsten Kurakin entsprach nicht meinen Wünschen, obgleich er nie versäumte, mir sein Wohlwollen zu bezeugen. Ich erhielt also meinen Urlaub, reiste ab und erwirkte in Petersburg beim Grafen Rumianzoff meine Entlassung vom Pariser Posten. Der österreichisch-französische Krieg schloss mit dem Wiener Frieden. Russland hatte, wie man weiß, nur mit Lauheit die in Erfurt übernommenen Verbindlichkeiten erfüllt, was in Napoleons Seele einen Keim zur Feindschaft zurückließ. Die Art, wie Fürst Kurakin sein Amt verwaltete, ließ, wie zu erwarten stand, viel zu wünschen übrig. Hauptsächlich fand man den Mangel an Kenntnis der Sachlage tadelnswert und die Depeschen daher sehr ungenügend. Im Januar 1810 wurde ich beauftragt, nach Paris zurückzukehren unter dem Vorgeben, dort eine Anleihe abschließen zu wollen, in Wirklichkeit aber zu dem Zweck, durch Vermittlung des Herrn von Speransky, ***) der damals das unbeschränkte Vertrauen seines Herrn besaß, unmittelbar an den Kaiser gerichtete Berichte einzusenden. Im Februar des Jahres 1810 trat ich meine Reise nach Paris an.

Unterwegs erfuhr ich ganz unerwarteter Weise den Tod meines Vaters. Ich war den Abend in Gotha eingetroffen und hatte erfahren, dass der preußische Gesandte in Paris, Baron Brockhausen, kurz vor mir angekommen sei und in demselben Gasthause logiere, wo ich abgestiegen war. Ich verfügte mich also sogleich zu ihm, um Nachrichten aus Paris zu erhalten, und berührte im Laufe des Gesprächs meinen Plan, den Weg nach meinem Bestimmungsorte über Frankfurt zu nehmen, um daselbst einen oder zwei Tage bei meinem Vater zu verbringen. Brockhausen, der über Frankfurt gekommen war, teilte mir denn da die Trauerkunde mit. Unter den schmerzlichen Empfindungen, die dieser Trauerfall in mir erzeugte, setzte ich meine Reise fort und begann die Arbeiten meines neuen Amtes. Der Versuch, eine Anleihe zu Stande zu bringen, scheiterte, die Korrespondenz aber wurde glücklich eingeleitet und im Laufe von acht Monaten fortgesetzt, ohne dass weder der Fürst Kurakin, noch der Minister des Auswärtigen die geringste Ahnung davon hatten. Den Hauptbeitrag zu meinen Mitteilungen hatte ich den Unterhaltungen mit Talleyrand und mit einigen andern, dem wachsenden Ehrgeiz Napoleons feindlichen Personen zu verdanken.

Den mit den Plänen der Regierung Unzufriedenen hatte sich auch Herr v. Caulaincourt ****) angereiht, der damalige französische Gesandte in Petersburg. In vertraulichen Unterredungen hatte er den Kaiser Alexander auf die Gefahr aufmerksam gemacht, mit welcher der Ehrgeiz seines Herrn Russland bedrohe. Im Frühling des Jahres 1810 rief ihn Napoleon, unzufrieden mit seinen Depeschen, von seinem Gesandtschaftsposten ab und ernannte zu seinem Nachfolger den General Lauriston. Da dem Kaiser Alexander die Nachrichten, die er durch Caulaincourt bezogen hatte, von großem Wert gewesen waren, forderte er ihn auf, ihn auch fernerhin von Paris aus in genauer Kenntnis der Sachlage zu erhalten und sich dazu meiner Vermittlung zu bedienen. Die Absicht aller dieser Männer war hierbei durchaus nicht, ihren Herrn zu verraten, sondern es ihm unmöglich zu machen, sich seiner grenzenlosen Leidenschaft für den Krieg hinzugeben, der Frankreich schon entvölkert habe und schließlich mit schrecklichen Katastrophen enden könne.

*) Der König Karl IV. von Spanien hatte, als seine Stellung durch das landesverräterische Walten seines im französischen Solde stehenden feilen Günstlings und allmächtigen Ministers Godoy unhaltbar geworden war, seine Krone niedergelegt. Es war ihm sein Sohn Ferdinand VII. gefolgt, dem Spanien wiederum als einem um die Ehre des Reichs und das Wohl des Volks besorgten Könige in alter Weise zujauchzte. Dadurch waren alle auf den Sturz des spanischen Königshauses abzielenden Ränke Napoleons vereitelt worden und es musste zu einem andern Mittel gegriffen werden. Napoleon weiß unter dem Schein der Freundschaft und unter dem Vorwande einer zur Feststellung der Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien nötigen Besprechung Ferdinand VII. nach Bayonne zu locken. Hier kaum angekommen und vom Kaiser begrüßt, wird ihm nach aufgehobener kaiserlicher Tafel vom Polizeiminister Savory eröffnet: Das spanische Hans Bourbon habe aufgehört zu regieren, Ferdinand habe hier nichts weiter zu tun, als für sich und die Seinigen zu Gunsten einer Napoleonischen Dynastie zu entsagen. Das Recht der Bayonnette siegte; Ferdinand wird pensionierter König und erhält eine „Freistatt" in Frankreich.

**) Prinzessin Dorothea war die Tochter der aus dem kurischen gräflich Medemschen Hause stammenden Herzogin Dorothea und des letzten Herzogs von Kurland, Peter, welcher 1795 Kurland an die Kaiserin Katharina abtrat, nach seinem schleichen Herzogtum Sagan zog und 1800 starb.
In dem reizenden Löbichau, dem von der Herzogin selbst gegründeten thüringischen Lieblingsaufenthalt, erschien auf seiner Rückreise von dem Erfurter Kaiserkongress Kaiser Alexander, sowohl um den Besuch zu erwidern, den die Herzogin in Petersburg dem Kaiserhause gemacht hatte, als auch um für Talleyrands Neffen, Fürsten Talleyrand-Perigord, um die Hand ihrer Tochter Dorothea zu werben, auf die sie in ganzer Fülle den gewinnenden Liebreiz vererbt hatte, der die Töchter ihres Stammlandes kennzeichnet und der, im Verein mit den edelsten Herzensgaben, in ausgezeichnetem Grade sie schmückte. Der Bewerbung, durch Kaiser Alexander angebracht, konnte die Zusage nicht fehlen. Die Verlobung fand im März, die Vermählung im August desfolgenden Jahres (1809) statt.
Die Herzogin bewahrte eine rührende Anhänglichkeit für ihr Geburtsland und beglückte es zweimal durch ihren Besuch, 1806 und 1817. Sie starb 1821.

***) Speransky ist der Sohn eines Geistlichen, erhielt seine Bildung in den geistlichen Seminarien zu Wladimir und zu St. Petersburg und wurde in der letzteren Anstalt Lehrer der Mathematik, der Rhetorik und endlich der Philosophie. Keine Befriedigung findend in diesem Beruf, gab er seine Stelle bei einer passenden Gelegenheit auf und wurde Regierungsbeamter. Als solcher hatte er das Glück, der Reihe nach zweien seiner Chefs, Fürsten Kurakin, Bruder des Gesandten, und Fürsten Kotschubei, bekannt zu werden und bei ihnen Anerkennung seiner ausgezeichneten Tüchtigkeit und Belohnung seiner Verdienste zu finden. In Folge dessen war er im Jahre 1806 nach etwa zehnjährigem Dienst schon so weit vorgerückt, in Vertretung seines erkrankten Chefs, des Ministers des Innern, Fürsten Kotschubei, den Vortrag beim Kaiser übernehmen zu müssen, wobei er das volle Vertrauen seines kaiserlichen Herrn gewann. Im Jahre 1807 begleitete er den Kaiser auf der Inspektionsreise nach Witebsk, 1808 aus der Reise zur Erfurter Zusammenkunft.
Dem peinlichen Mangel einer der Sache würdigen Schilderung des Wesens und Wirkens Speranskys ist seit 1861 durch die von dem Staatssekretär Baron Modest Korff in russischer Sprache verfasste Biographie desselben aufs vollständigste abgeholfen.

****) Caulaincourt, Herzog von Vicenza, war von 1807—1811 Gesandter in Petersburg und hatte hier das Glück, sich in hohem Grade die Gunst des Kaisers Alexander zu erwerben, was ihm und Napoleon bei den Verhandlungen des Jahres 1814 trefflich zu Statten kam. Denn hauptsächlich dem Einfluss, den sein hoher Gönner ihm einräumte, ist es zuzuschreiben, dass Napoleon mit der Souveränität der Insel Elba ausgestattet wurde. 1813 und 1814 war Caulaincourt Minister des Auswärtigen.