Das Jahr 1709. Sein dritter Feldzug. Belagerung Dornicks

Unser Regiment ward nach Brüssel verlegt. Die Franzosen taten diesen Winter Friedensvorschläge, welche aber von keinem Erfolge waren.

Mit dem Anfange des folgenden Junius rückten wir zur Armee, welche sich den 21sten zwischen Cortrick und Menin, 110.000 Mann stark, formierte, worauf wir über die untere Deyle gingen, und auf den Ebenen von Ryssel das Lager aufschlugen. Die Französische Armee, welche aus 130.000 Mann bestand, hatte sich auf den Ebenen von Lens gelagert, wo sie sich so fest verschanzte, dass es unweise gewesen sein würde, wenn wir sie hätten angreifen wollen, daher Belagerung beschlossen ward, Dornick zu belagern. Der Feind war sich dieses so wenig vermuten, dass er auch einen Teil der Besatzung heraus gezogen, und die Armee damit verstärkt hatte. Die Stadt ward also den 27sten von dem Herzog von Marlborough berennet, und den 30sten wurde der Anfang mit den Linien gemacht. Der Graf Lottum führte den Angriff auf die Citadelle, wobei ich das erste Mahl als Ingenieur gebraucht ward. Die beiden übrigen Angriffe auf die Stadt wurden von den Generals Schulenburg und Fagel kommandiert, und der Prinz von Nassau bemächtigte sich der beiden Forts St. Amand und Mortagne, welche uns zur Bedeckung der Belagerung sehr notwendig waren. Den 6ten Juli kamen die Linien zu Stande; den 7 ten in der Nacht wurden die Laufgräben geöffnet, und den 13. fingen unsere Batterien an, auf die Stadt zu spielen.


Kurz, die Stadt ergab sich den 28., und die Besatzung zog sich 4.000Mann stark in die Citadelle; 2 Capitäne, 4 Leutnants und 150 Gemeine desertierten und kamen in unser Lager, 800 ihrer Verwundeten aber wurden nach Douay gebracht. Wir hatten bei dieser Belagerung 3.210 Mann an Tote und Verwundeten, und der Graf von Albemarle ward zum Gouverneur in der Stadt ernannt.

Den 1sten August fing der Feind an, aus der Citadelle auf uns zu feuern, welches aus unsern Batterien so gleich erwidert ward, und den 3ten fiel eine unserer Bomben in ein Pulver - Magazin, welches daher in die Luft flog. Gleich darauf verglich man sich wegen eines Waffenstillstandes, und die Besatzung versprach, sich den 5ten September zu ergeben, wenn sie inzwischen nicht entsetzt werden sollte. Während des Waffenstillstandes suchten die in der Citadelle befindlichen Ausreißer von unserer Armee zu entkommen, allein sie wurden insgesamt erhascht und aufgeknüpft.

Als der König von Frankreich die Bedingungen des Waffenstillstandes erfuhr, so wollte er in die Übergabe nicht willigen, daher die Feindseligkeiten wieder angingen: der Feind ließ viele Minen springen, und unsere Gegenminen veranlassten viele kleine Gefechte unter der Erde. Den 26sten sprengten sie vermittelst einer Mine 400 Mann von unsern Leuten in die Luft und töteten den Herrn du May unsern ersten Ingenieur. Sie ließen hieraus noch verschiedene Minen springen, welche uns vielen Schaden taten, besonders eine, welche eine Öffnung sechzig Schritt lang und zwanzig Fuß tief machte, und beinahe ein ganzes Regiment Hannoveraner in die Luft gesprengt hatte, wenn sie nicht noch bei Zeiten wäre entdeckt worden, daher wir nur eine einzelne Schildwache dabei verloren. Den 30. beschossen wir sie so heftig, dass sie den 31sten des Morgens zu kapitulieren verlangten; allein da wir sie schlechterdings zu Kriegsgefangenen verlangten, sie aber dazu noch keine Lust hatten, so gingen die Feindseligkeiten wieder an, und da wir ihnen auf das neue heftig zusetzten, so mussten sie sich endlich den 5ten September zu Kriegesgefangenen ergeben, und 3.500 Mann stark, die Kranken und Verwundeten ungerechnet, ausmarschieren.

Vor Dornick kam ein Expresser von dem Fürsten Menzikoff an den Herzog von Marlborough (1650-1722) an, der ihm die Nachricht brachte, dass der Czar den 8ten Juli bei Pultawa einen vollständigen Sieg über den König von Schweden erfochten habe.

Unsere nächste Unternehmung war auf Mons gerichtet; als daher der Churfürst von Bayern, welcher sich daselbst aufhielt, solches erfuhr, so begab er sich nach Namur. Marschall Bousieur ward nunmehr von dem Könige von Frankreich abgeschickt, dem Marschall Villars beizustehen, mit dem Befehl, eher ein Treffen zu wagen, als uns Mons einnehmen zu lassen. Den 8ten stieß der Prinz Eugen mit seiner Armee zu uns, da wir denn sehr abgemattet wurden, weil wir in beständigem Regenwetter und auf schlechten Wegen Tag und Nacht marschieren mussten. Den 9ten bemerkten wir, dass sich der Feind nach Blorigies zog, die Wälder und Hecken bei Taniers und Malplaquet zu besetzen, woraus wir in Schlachtordnung vorwärts rückten. Allein, da die Engländer fouragieren waren, so konnten sie diesen Tag nicht zu uns stoßen, und beide Armeen fingen an, einander zu kanonieren, welches bis in die späte Nacht dauerte, und den folgenden Morgen erneuert ward. Da wir noch 23 Bataillone aus Dornick erwarteten, so hielten wir es nicht für ratsam, uns diesen Tag mit dem Feinde einzulassen. Ich wäre an diesem Tage von einem unserer eigenen Soldaten beinahe erschossen worden, denn da er aus seinem Gliede getreten war, und ich ihm befahl, sich wieder zu stellen, er aber nicht gehorchen wollte, so schlug ich ihn über die Schulter und stieß ihn in die Linie, worauf er zurück sprang und mir sein Gewehr mit ausgezogenem Hahne auf die Brust setzte. Ich parierte es so gleich unterwärts, da denn die Kugel zwischen meinen Füßen in die Erde fuhr. Der Kerl warf sogleich sein Gewehr weg und lief davon, ward aber sogleich von dem Adjutanten zu Pferde verfolgt, und da er ein starker Mensch war, so ergriff er den Adjutanten bei dem Fuße, warf ihn aus dem Sattel und war eben im Begriffe, sich auf sein Pferd zu schwingen, als der Major dazu kam und sich seiner bemächtigte. Doch wieder zur Sache.

Unser Verzug verschaffte dem Feinde Zeit, das Gehölz niederzuhauen und sich zu verschanzen. Den Abend unterredeten wir uns mit den Französischen Offizieren, und bewirteten einander mit dem, was jeder hatte, aus das freundschaftlichste. Wir wurden dazu um so viel mehr bewogen, weil wir auf beiden Seiten glaubten, dass ein Waffenstillstand als der Vorläufer des Friedens vor der Tür sei. Allein um Mitternacht erfuhren wir ein anderes, indem jeder Befehl erhielt, auf seinem Posten zu erscheinen und sich zu dem Angriffe auf den nächsten Morgen anzuschicken.

Den 11 ten verrichteten wir des Morgens um 2 Uhr unser Gebet, und stellten uns alsdann in Schlachtordnung. Um 8 Uhr rückten wir vor und griffen die feindlichen Verschanzungen an, deren wir uns bemächtigten und den Feind in großer Unordnung und Verwirrung in seine Laufgräben trieben, aus welchen wir ihn, obgleich mit beträchtlichem Verluste auf beiden Seiten, gleichfalls wieder jagten. Dasjenige Regiment, mit welchem das unsrige handgemein war, war eben dasjenige, mit dessen Offizieren wir die Nacht vorher so freundschaftlich umgegangen waren. Es befand sich ein Leutnant dabei, welcher einen Bruder, der gleichfalls Leutnant war, bei unserem Regimente hatte. Der Französische Leutnant gab sich seinem Bruder zum Gefangenen, und ward von ihm auf das zärtlichste in Schutz genommen; allein zum Unglück rann ein Soldat von den Unsrigen ihn in demselben Augenblicke durch den Leib, so dass er seinem Bruder tot in die Arme fiel. Der Soldat entschuldigte sich damit, dass er solches zur Verteidigung seines Offiziers getan, und den andern nicht gekannt habe; und doch hatte er den Abend vorher gesehen, dass beide als Brüder mit einander umgegangen waren. Dergleichen traurige Versehen fallen bei streitenden Feinden in der Wut des Gefechtes nur zu oft vor, und es ist unmöglich, den armen Menschen eines bösen Vorsatzes bei dieser Gelegenheit mit Gewissheit zu beschuldigen. Die Franzosen zogen sich über einen Verhau, und wir folgten ihnen auf dem Fuße nach; da wir aber fanden, dass sie sich verstärkt hatten, so mussten wir uns nunmehr zurück ziehen, da wir denn in dem Verhaue unsern Obersten und verschiedene von unsern Leuten verloren. Indessen wurden wir aus unserer Reserve verstärkt, da wir denn den Feind zum zweiten Mahle aus dem Verhau trieben, und ihn bis zu seiner zweiten Verschanzung verfolgten, ihn auch hier über den Haufen warfen und bis zur dritten trieben, bei welcher Gelegenheit ich durch das Dickbein geschossen ward, daher man mich aus dem Felde bringen musste. Man trug mich in eine kleine Hütte, wo ich den Leichnam meines Obersten fand, und mich verbinden ließ. Nach einem sehr hitzigen Gefechte von sechs Stunden wich der Feind überall und überließ uns das teuer erkaufte Schlachtfeld, indem es uns nicht weniger als 20.300 Mann kostete. Da die Umstände dieses so berühmten Treffens von weit geschickteren Federn beschrieben sind, so will ich nichts mehr davon sagen, als dass von dem Feinde, seinen eigenen Berichten nach, 540 Offiziere blieben, 1.068 verwundet, und 301 gefangen gemacht wurden; von Gemeinen aber sein Verlust an Gebliebenen, Verwundeten und Gefangenen sich auf 15.000 Mann erstreckte. Wir verloren zwei Generale, die Grafen Lettum (1651-1709) und Fettace.

Nach diesem Treffen ging das Gerücht, dass der Marschall Villars (1653-1734) ein neues Treffen wagen wolle, die Eroberung der Stadt Mons zu hindern, allein den Marschall Boufleur wider sich habe, daher der König den Herzog von Berwick abgeschickt habe, die zwistigen Meinungen dieser beiden geschickten Feldherren zu vereinigen. Der Herzog kam, und nachdem er das Schlachtfeld mit seinen Verschanzungen besehen hatte, so bewunderte er ihre außerordentliche Festigkeit, und sagte, da sie aus einem solchen Posten waren vertrieben worden, so würde es sehr unbesonnen sein, ein Treffen auf freiem Felde zu wagen.

Indem der Wundarzt meine Wunde, bei welcher ich das Zimmer hüten musste, besorgte, so erzählte er mir eine lustige Geschichte von einem neu angeworbenen jungen Schweizer, der, als die Montierungsstücke verfertigt wurden, sich eine runde eiserne mit kleinen Löchern durchbohrte Platte machen ließ, und verlangte, dass der Schneider sie über der linken Brust inwendig in dem Rocke befestigen sollte, damit er nicht durch das Herz geschossen werden könnte. Der Schneider, der ein Spaßvogel war, nähte sie ihm in den Sitz der Hosen, und so bald er die Montierung angezogen hatte, musste er in das Feld, daher er keine Gelegenheit hatte, den bemerkten Fehler zu verbessern. Er kam gleich darauf in ein Treffen und da er vor dem Feinde fliehen musste, und über eine Dornhecke springen wollte, blieb er unglücklicher Weise sitzen, so dass er von einem feindlichen Soldaten eingeholt ward, der ihm mit dem Bajonette in den Hintern stieß, aber zum Glück die eiserne Platte traf, und durch den Stoß den Schweizer aus der Hecke half, der nunmehr gestand, dass sein Schneider mehr Verstand als er selbst habe, und besser wisse, wo er sein Herz habe. Doch nunmehr zu edleren Taten.