Der vollkommene Dachdecker

Unterricht in allen bis jetzt bekannten vorzüglichst anwendbaren und mit unsern Dachkonstruktionen und Bauverordnungen vereinbaren Dachbedeckungsarten.
Autor: Matthaey, Carl Ludwig, Baumeister in Dresden., Erscheinungsjahr: 1833
Themenbereiche
Ein unentbehrliches Handbuch
für
Alle, denen an einer gegen Wind und Wetter gesicherten und möglichst dauerhaften, feuersichern Bedeckung ihrer Häuser und Wohnungen gelegen ist; besonders aber für Ziegel-, Steine, Schiefer-, Lehmschindel-, Stroh- und Rohrdecker, Klempner und Bleidecker, Zimmerleute, Landleute und Ökonomen, die sich ihre Dachbedeckungen ohne große Kosten und zweckmäßig selbst machen oder machen lassen wollen; nebst Berechnung der Materialien und Arbeitslöhne.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Übersicht.

Das Dach oder die Bedeckung eines Gebäudes ist ein wesentlicher Teil desselben, und in allen Weltgegenden, Hütten und Palästen ist dessen einziger und alleiniger Zweck Schutz und Sicherheit. Da, wo es weniger, ja, wo es niemals regnet, da heischt man von ihm Schutz gegen böse feuchtende Nebel, gegen die drückende Wärme des Tages, gegen die brennenden Strahlen der Sonne, gegen Staub, Winde und den Andrang lästiger Insekten u. s. w. der größere Teil der Menschheit aber sucht Schutz gegen Frost, Kälte und Regen unter demselben. Wer nur eine Hütte bewohnt, der strebt auch nach einem sicher schützenden, dem Wetter widerstehenden Dachen wer in Palästen wohnt, will unbedingt nur unter sicherem Dache wohnen, kurz, es strebt ein jeder Mensch ein schützendes Obdach zu erhalten und setzt nach seinen Kräften Alles daran, um es zu erreichen.

Mit Sehnsucht sieht ein jeder, der das Unannehmliche der nicht dem Wetter widerstehenden Bedachung seiner Wohnung fühlt, den Decker kommend von dem er hofft, daß er dem Übel kräftig steuern werde, und gern bezahlt er, was nur seins Kräfte immerhin gestatten mögen, um nur im Trockenen zu sitzen. Doch leider ist noch immer allgemeine Klage über nicht vollkommen dichte Dächer; dies liegt jedoch sowohl im Material, als in der Dachbedeckungsarbeit selbst. Es liegt auch oft in der unzeitigen Ersparung, ja man könnte wohl oft sagen in dem Geize manches Bauherrn, der nach dem Sprichwort Beides, Gut und Wohlfeil, haben will. Doch Beides kann wohl nie beisammen sein! Das wahrhaft Gute, Beste, ja das Vollkommenste, bleibt immer stets das Billigste und einer weisen Ersparnis Angemessenste, wenn auch höher als gewöhnlich oder außerordentlich bezahlt.

Dies aber ist auch nur allein durch gutes und durch tüchtiges Material und dann durch eben solche Arbeit zu erhalten. Auf dieses müssen wir stets unser Augenmerk und unsere Sorge richten, und dann für gute tüchtige Arbeit gern bezahlen, was billig und recht ist.

In Ansehung der Wahl des Materials zur Bedeckung der Dächer kommt es sehr oft auf die Verhältnisse der Bauenden oder sogenannten Bauherrn an, in wiefern sie nämlich, unabhängig von den Kosten der vorzüglicheren Dachbedeckungen, diese wählen können, oder zu anderen mit geringeren Kosten zu erreichenden zweckmäßigen Dachbedeckungen schreiten müssen, die aber, zu vielen Bedingungen unterworfen, nicht allemal den Vorteil gewähren, der unter dem Zusammentreffen aller günstigen Umstände fast ebenso unfehlbar von ihnen zu erwarten ist, als von jenen.

Ein Werk, wie gegenwärtiges, sein soll, heischt eine Lehre aller Dachbedeckungsarten, die wie im allgemeinen, so insbesondere auch gebräuchlich sind; heischt älterer noch im Gebrauche und verbesserter, wir aller neueren verbesserten und neuerfundenen Bedeckungsarten Lehren; heischt so dem Reichen, wie dem Ärmeren mit Rath und Tat zur Seite stehen, daß er in seinem Palast, seiner Hütte sich mit Sicherheit vor Wind und Wetter bergen könne.

Mit Strohbedeckungen, den natürlichsten nach Baum- und Laubbedeckungen, will ich den Anfang machen und stufenweise bis zur teuersten Bedeckungsart mit den verschiedenen Metallen übergehen, und ist dies auch das Material verschiedener Gewerbe so muss es doch in seiner Anwendung als Material zum Decken unserer Häuser hier behandelt werden und gehört hierher, weil es, wenn der Verbesserung nicht selbst, doch der Erinnerung an das bedarf, was wesentlich von Nöten ist, um dem Bessern zu entsprechen.

Strohdächer sind zwar alle ohne Ausnahme mehr oder weniger feuergefährlich und dennoch bis jetzt unvermeidlich, weil nicht nur Millionen Menschen andere Bedeckungsmaterialien fehlen, teils Tausende sie zu erzeugen, zu bestreiten nicht im Stande sind, so lange wenigstens die Ziegel von gebranntem Lehm in den enormen Preisen bleiben, die teils ein jüdischer Gewinn der Ziegler zu erhalten strebt, teils Unverstand gebiert und Holzaufwand und Holzverschwendung kaum entschuldigen kann.

Nie aber eignet Strohbedeckung sich zu den Gebäuden in den Städten, und Wohngebäude sollen auf dem Lande selbst auch nie mit Stroh bedeckt werden. Wie aber sollte dies bei angeführten Mängeln möglich werden? - Wirtschaftsgebäude, Scheunen, Schuppen, Pferde-, Küh- und andere Ställe mögen also, doch entfernt von allen Feuerwellen, gern mit Stroh bedeckt werden. Muss dies aber auch in manchen Gegenden aus erwähnten Gründen auch bei Wohn- und anderen Häusern noch geschehen, dann bleibt nur das Bessere zu wählen übrig, und in dieser Hinsicht habe ich die Strohbedeckung, als für Millionen Menschen unentbehrlich, in den nützlichsten und besten Arten aufgeführt. Um jedoch zum Bessern stets. den Weg zu zeigen, bin ich stufenweise zu den Strohbedeckungen mit Anwendung des Lehmes fortgegangen, und für Alle, die noch etwas mehr daran zu wenden fähig und im Stande sind, das bare Geld für einige und mehrere Handarbeitet auszugeben, wie für Gutsbesitzer und dergleichen, die das Wohl nicht nur ihrer Untergebenen und Dorfbewohner, nein auch das allgemeine Wohl der Menschheit zu befördern streben, auch für diese habe ich die in Ermangelung eines bessern Materials oder schöneren Eindeckung so sehr vortrefflichen und nie genug empfehlungsmöglichen Lehmschindeldächer aufgeführt und ihre Arten möglichst deutlich hier beschrieben und durch Zeichnungen erklärt, um sie viel allgemeiner zum Wohle aller Menschen zu verbreiten, da der größere Teil der Menschheit ihrer wesentlich bedarf. Manches, Vieles ist schon über ihren Bau noch neuerlich geschrieben, Vieles aber bleibt dabei zu wünschen übrig.

Möchte doch die herrliche wohltätige Bedeckungsart bei jedem Landmann, bei den Ökonomen, bei den Gutsbesitzern nach mehr Anwendung und Eingang finden; möchten doch auch höhere Behörden sie beherzigen, Fürsten ihre Ausführung zum Wohl und Heile der weit größeren Menge ihrer Unterthanen anbefehlen und aus eigenen Mitteln kräftig unterstützen.

Weniger, doch immer noch gefährlich sind die Rohrbedeckungen in Feuersnot. Ihre Anwendung erfolgt gleichfalls und aus gleichen Gründen unvermeidlich, ja oft schonend für den weniger Begüterten, und freundlich annehmbar für Reiche, um ihre Garten-, Fische Gewächs- und andere Häuser, Fantasie-Gebäude u. s. w. zierlich und auch zweckerfüllend einzudecken. Tausende von unsern Brüdern, die im Süden wohnen, leben unter ihrem Schutze recht behaglich freundlich sicher.

Holzbedeckung ist im allgemeinen unentbehrlich, um nicht sowohl die Käufer als nur Schuppen, Not- und andere Stelle oder Interims-Gebäude, doch auch Lust und andere kleine Häuser zu bedecken, wozu man sich besonders Spließen, Schindeln, Spänen u. s. w. zu bedienen pflegt. Unrecht ist es, sie aus Wohngebäuden, Wirtschaftshäusern, Vieh- und anderen Ställen anzuwenden, weil sie feuerfangend und gefährlich nährend sind. Dennoch sind sie gleichem Schicksal wie die Strohbedeckung unterworfen und in vielen Gegenden in Städten selbst in Anwendung und unverdrängbar eingeführt. Ihre bessere Bedeckungsart zu lehren, fordert der Begriff des Titels dieses Werkes, wie alle andere hier gelehrte.

Ich habe nun die Eindeckung mit Ziegel und mit Schiefer u. s. w. zu erwägen, endlich aber der Metalle zu gedenken.

Die Ziegeleindeckung, die allgemein verbreitete und angewendete, die eigentlich dem Decker im gemeinen Leben seinen Namen gibt, die aber trotz den tausendfältig schon gegebenen Lehren noch immer fehlerhaft betrieben wird, die muss, wie sich von selbst versteht, in allen ihren Arten hier beschrieben, von ihr das Neueste und Beste ebenfalls gelehrt, erklärt werden. Sie ist unstreitig dem gemeinen Besten und Gebrauche die entsprechendste Bedeckungsart, weil Jeder fast, der Geld genug zum Bau des Hauses, doch wohl bedungen nur in Städten, hat, auch so viel davon übrig haben kann, sein Hans mit Ziegeln einzudecken.

Die Eindeckung mit Schiefer hat ihr Gutes und auch ihre Schattenseiten. Was Ersteres betrifft, so ist sie, gut und regelmäßig eingedeckt, in Hinsicht ihrer Dichtigkeit sehr zweckerfüllend und namentlich die Eindeckung mit großen regulären Schiefern, die gewöhnlich nur auf Latten gedeckt werden und .also weniger kostspielig in ihren Unterlagen, wenigstens weniger feuernährend sind. Die nötige Vorsicht bei der Wahl der Schieferart, die ich bei den Schieferarten selbst erwähnen werde, hebt das Feuergefährliche oder vielmehr nur Nachtheilige im Feuer, dessen man sie beschuldigt. Unsere vaterländische Eindeckungsart gewährt zwar auch dichte Dächer, aber nicht die Vorteile jener mit großen Schiefern; sie ist indessen für alle Bedeckungsarten anwendbarer als die erstere Art und leistet hinsichtlich ihrer Dichtigkeit, was man von einem dichten Dache, bedingungsweise freilich, nur verlangen kann. Sie ist in vielen Gegenden die Hauptbedeckungsart und selbst im allgemeinen nach den Ziegeln die gebräuchlichste. Weil aber Alles, was von ihr erwartet wird, von einer tüchtigen, soliden Eindeckung abhängte so habe ich diese und besonders die gewöhnlichste speziell beschrieben und erläutert.

Metallbedeckung und zwar Kupfer oder verzinntes Eisenblech ist freilich unter allen Bedeckungen die vorzüglichste; aber die augenblickliche Ausgabe ist groß, oft zu groß für den hundertsten der Baulustigen und unerschwinglich für den tausendsten der Baubedürftigen. Wäre dies nicht, so würde einem Jeden ohne Ausnahme zu raten sein, sein Haus mit Kupfer bedecken zu lassen, welches selbst nicht auf eine holzverschwenderische Bretterschalung eingedeckt zu werden braucht und bei geraden Dachflächen nur auf etwas enger gelatteten und wenig breiten Latten geschehen kann.

Der Eindeckung mit Kupfer folgt in Ansehung der Güte unmittelbar die Eindeckung mit gut verzinntem Eisenblech, doch macht das reine Zink in nicht zu schwachen Tafeln schon seiner leichten Eindeckung als seiner weit geringern Kosten wegen ihm den Vorzug streitig. Doch ist ein gutes Zinkdach schwerer als das Blechdach und hat die Dauer nicht die ein mit gutem Material gut eingedecktes Blechdach hat. Es hat so manche Eigenschaft der Bleieindeckung und wird, wie diese oft sogar von Ungeziefer durchbohrt und löcherig.

Geringern Aufwand aber immer noch genug, verhältnismäßig zu ihrer Güte, macht die Eindeckung mit schwarzem oder rohen Eisenblech. Bei guten dichten Eisenblechtafeln und gehöriger Arbeit gibt sie zwar ein dichtes Dach, aber ihr notwendiger starker Anstrich, der oft wiederholt werden muss, macht sie kostbar. Jedoch gehört sie immer zu den bessern Eindeckungsarten.

Die Bleibedeckung ist sowohl in Hinsicht ihrer Dauer als ihrer Schwere unstreitig die letzte unter allen Metalleindeckungen. Nicht nur daß es mit der Zeit durch die Wirkungen der Luft u. s. w. leidet, wird es auch, wie gesagt, von Holzwürmern und anderen Insekten durchbohrt, sogar von Ratten durchfressen. Wie schrecklich nachteilig es aber bei Feuersbrünsten wird, werden wir bei ihrem Vorkommen hören.

Dennoch muss des Bleies Anwendung in Ermangelung anderen oder viel teueren besseren Materials bei flachen Dächer sehr oft dessen Stelle vertreten, und gehört unter dieser letzten Voraussetzung immer noch unter die notwendig anzuwendenden, den Zweck der dichten Dachbedeckung erfüllenden Materialien.

Die Lehre der Anfertigung der verschiedenen Bedeckungsmaterialien gehört im allgemeinen nicht hierher und darum habe ich auch die Verfertigung der Ziegel als allein zur Anweisung des Zieglers gehörig, und womit der Ziegeldecker selbst sich in der Regel nie beschäftiget, hier nicht gegeben. Das Wesentlichste davon habe ich auch schon in meinem, im Verlage des Hrn. B. F. Voigt herausgekommenen Maurer speziell mitgeteilt, und da diese Abhandlung sich einer besondern rühmlichen Erwähnung in der Berliner Militärzeitung, April, Stück 27 zu erfreuen hatte, so darf ich sie mit Recht und ohne alle Eitelkeit empfehlen. Im übrigen findet man eine sehr detaillierte Beschreidung der Lütticher Ziegelfabrikation, besonders mittelst maschinärer Behandlung in Schallers wohlunterrichtetem Ziegler, Ilmenau, Voigt 1828, der Jedem, welcher darin Unterricht bedarf, sehr zu empfehlen ist. Besonders nützlich wird diese Schrift jedem Ziegler, Fabrikanten oder denen sein, die entweder schon Ziegeleien besitzen oder anlegen wollen, ohne schon die hinlänglichen Kenntnisse zu besitzen.

Mit der Strohbedeckung, als der noch allgemein bedürftigsten, bedingungsweise selbst für reiche Gutsbesitzer vieler Gegenden bedürftigen, will ich also, wie schon gesagt, das Werk beginnen, das ich der Nachsicht jedes Sachverständigen empfehle, erwägend frei, dass vom Vollkommnen ich noch weit entfernt mich fühle. Und, wo ist wohl ein Werk, das über Kunst und Wissenschaft sich ganz erschöpfen und das Vollkommene erreichen möchte! Wie wenig Anspruch darf daher das meinige auf Lob und Ehre machen, da mir so viele Würdigere vorausgegangen sind, bekennend, daß auch sie bei aller Anerkennung ihrer größeren Verdienste wenig noch zu leisten glaubten.

Darum nicht Tadel fürchte ich vom wahren Sachverständigen, der mich belehren kann! - Des Laien Tadel aber, der ohne Lexikon nicht tadeln könnte – würde? - kann mich gar nicht rühren.

Auf Anerkennung aber meines unaufhörlichen Bestrebens, angemessen meinen Kräften stets zu nützen, rechne ich, und fühle mich belohnt, wenn ich vom wahren Sachverständigen belehrt, getadelt werde.

Dresden, im Juli 1833
Carl Ludwig Matthaey