Der verzweifelte Kornwucherer.

Die Volkssagen von Pommern und Rügen.
Autor: Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881), Erscheinungsjahr: 1840
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Zu einer Zeit, es ist schon lange über vierhundert Jahre her, war in Pommern eine große Theurung an Krone. Damals lebte in der Stadt Damgard ein Bürger, Pantlitz geheißen, der, obgleich er schon reich war, doch viel Korn zusammengekauft hatte, in der Hoffnung, daß es noch theurer werden sollte und er daran brav Geld verdienen werde. Für solchen Geiz traf ihn die sichtbare Strafe des Himmels. Denn als unser Herr Gott im nächsten Jahre des Segens genug gab, und Pantlitz eines Tages sein Korn selbst einfuhr, da fing sein Knecht, den er bei sich hatte, mit lauter Stimme an ein fröhliches Lied zu singen, also daß Pantlitz ihn fragte, warum er denn so fröhlich sey und singe? Dem antwortet der Knecht, er freue sich, daß unser Herr wieder so gute Zeit gegeben, daß die armen Leute wieder etwas zu essen hätten, und er sang immer zu. Darüber ärgerte sich Pantlitz in seinem geizigen Gemüthe, und es verdroß ihn, daß er so fröhlich war, und so ein gutes Jahr war geworden. Und wie er gerade oben auf dem Kornwagen saß, so nahm er in seinem Verdrusse das Seil, womit der Weichselbaum gebunden war, schnürte sich dasselbe um den Hals und sprang von dem Wagen, also daß er sich jämmerlich erwürgte. Da war es denn schrecklich anzusehen, wie der erwürgte Kornwucherer hinten an seinem eigenen Wagen hing, denn der Knecht, der immerzu fröhlich singend neben den Pferden ging, sah seinen todten Herrn nicht eher, denn als der Wagen in der Stadt angekommen war. Also sollte es allen Wucherern ergehen.