Die unverehelichte J.....l.

Bisher habe ich viele Beispiele dargestellt, wo schlechte Erziehung, Leichtsinn, Mangel, ungünstige Verhältnisse, Verkuppelung durch die eigene Mutter oder fremde Personen etc. junge, moralisch nicht feste Frauenzimmer auf den Weg des Lasters und der öffentlichen Prostitutiongeführt haben. Ich bin es aber der Wahrheit schuldig, noch einer Klasse gesunkener weiblicher Wesen zu gedenken, — welche, durch den eigenen Vater geschändet, zu einem sündhaften Leben gezwungen wurden. Wilhelmine Charlotte J.....l ist die Tochter eines Unterbeamten, welche frühzeitig ihre Reife und jene gesunde Frische erlangte, welche die Ursache war, dass ihr eigener, leiblicher Vater einer verbrecherischen Begierde gegen sie unterlag. Zuerst gewaltsam von ihm überwunden, — was ihm bei seiner außerordentlichen Körperkraft nicht schwer ward, — wurde die Tochter zuletzt freiwillig die Konkubine des Vaters. Das Verhältnis ward durch die Umgebungen entdeckt, eine gerichtliche Einschreitung war die Folge, und die J. räumte den sträflichen Umgang ein, welchen auch später ihr Vater eingestand.

Nach dem allgemeinen Landrecht II, 20, 8. 1039 ff. ward er kassiert und zu mehrjähriger Zuchthausstrafe, die Tochter jedoch, in Betracht ihrer Jugend und der gegen sie ursprünglich angewandten unwiderstehlichen Gewalt, zu einem halben Jahre Strafarbeit verurteilt.


Was blieb ihr nach Verbüßung der Strafe übrig? Sie war vor der Welt entehrt und hatte — bei dem harten, aber gerechten Schicksal, welches ihren Vater betroffen — die Mittel zum selbstständigen Fortkommen verloren. In einen Dienst hätte die Bestrafte, unter strenge Aufsicht der Polizei Gestellte, Niemand genommen, auch hatte sie ohnehin dazu die Lust durch die auf dem Zuchthause gemachten Bekanntschaften verloren.

Sie hat sich also der Prostitution ergeben, wozu ihr die jetzt ebenfalls in der Strafanstalt befindliche Kupplerin M....r die beste Gelegenheit bot, mit welcher sie auch die schon genannten Lokale, die Versammlungsörter der feilen Dirnen, fleißig besucht hat. Jedoch ist sie klug geworden und treibt ihr Wesen mehr in der Stille.

Ein Seitenstück zu J....l ist der vormalige Eigentümer, frühere Gendarm G. Dieser hat drei seiner Töchter — ich möchte sagen — genotzüchtigt, bis er von ihnen selbst angezeigt und der gerechten Ahndung entgegengeführt ward. Auch er hat zwei seiner Töchter zu jenem traurigen Gewerbe genötigt, da das Vermögen durch die Untersuchung absorbiert ward, und die Nemesis des öffentlichen Rufs seine unglücklichen Kinder verfolgte. Wie viele Beispiele aus den bessern, gebildeteren, und in einer moralischen Jugenderziehung aufgewachsenen Ständen könnte ich noch anführen, z. B. den Destillateur R., der von der eigenen Frau und ältern Tochter des Inzests mit einem jüngern Kinde beschuldigt ward, u. A. m., ja, wie ich schon im ersten Abschnitt bemerkt habe, die fleischlichen Verbrechen in ihrer unverhältnismäßigen Zunahme in den gedachten Klassen der Gesellschaft sind eine der dunkelsten Schattenseiten der Gegenwart! Was sollen wir da erst von dem in der Rohheit aufgewachsenen Proletarier erwarten!