Zweites Kapitel - Im Süden von Schottland, in einem der abgelegensten Bezirke, dort, wo ...

Im Süden von Schottland, in einem der abgelegensten Bezirke, dort, wo eine Kette hoher kahler, Berggipfel die Grenze zwischen Schottland und seinem Schwesterkönigreiche zieht, kehrte ein Jüngling namens Halbert oder Hobbie Elliot von der Hochwildjagd zurück, der sich rühmte, von Martin Elliot, dem in Sage und Lied des Grenzgebietes berühmten Herrn des Preakin Tower, herzustammen.

Es hat Zeiten gegeben in diesen Einöden, da es von Rotwild wimmelte. Jetzt aber war es zusammengeschrumpft auf wenige Rudel, die Zuflucht suchten in den unzugänglichsten fernsten Schluchten, so daß die Jagd gar mühselig und unsicher geworden war. Immerhin fand sich junges Volk, das ihr trotz aller Mühen und Gefahren mit Eifer nachging, noch genug im Lande. Ruhte doch zufolge der friedlichen Vereinigung beider Kronen unter Jakob dem Ersten, König von Großbritannien, das Schwert schon über hundert Jahre in der Scheide! Aber das Land zeigte noch überall Spuren von seiner früheren Beschaffenheit. Die Bewohner, im friedlichen Betrieb ihrer Gewerbe durch die Bürgerkriege des verwichnen Jahrhunderts gestört, hatten sich kaum wieder in regelmäßige Arbeit hineingewöhnt; die Schafzucht hatte ihre alte Höhe bei weitem nicht erreicht; auf den Höhen und in den Tälern sah man vorwiegend Rindviehherden. Der Pächter baute in der Nähe seines Hauses nur soviel Hafer und Gerste, als er zu Mehl für seinen Hausstand brauchte. Die freie Zeit, welche dem jungen Volke infolge dieses eingeschränkten Ackerbaues übrig blieb, wurde zumeist verwandt auf Jagd und Fischfang; in dem Eifer, mit welchem man der Jagd oblag, kam der abenteuerliche Geist zum Ausdruck, der sich früher bei Raubzügen und feindlichen Einfällen betätigte.


In der Zeit, in welcher unsere Erzählung anhebt, sahen die kühneren Jünglinge weit mehr voller Hoffnung als voller Furcht auf Gelegenheiten, in Wetteifer mit den kriegerischen Taten ihrer Väter zu treten, deren Schilderung ihr schönstes Vergnügen am häuslichen Herde bildete. Als das Parlament von Schottland die sogenannte Sicherheitsakte annahm, herrschte in England allenthalben Beunruhigung, weil dort die Meinung obwaltete, daß dieselbe auf Scheidung der beiden Königreiche nach dem Tode der damals regierenden Königin Anna hinauslaufe. An der Spitze der Regierung von England stand damals Godophin, der mit weitsichtigem Blick erkannte, daß sich die wahrscheinliche Gefahr eines Bürgerkriegs nur durch die Verschmelzung beider Königreiche zu einem einzigen Staatskörper beschwören lassen würde. Wie sich aus der Geschichte dieser Zeit ersehen läßt, versprachen die diesbezüglichen Verhandlungen längere Zeit bei weitem nicht die günstigen Resultate, die sich seitdem in so hohem Maße eingestellt haben. Hier sei nur bemerkt, daß in ganz Schottland Erbitterung herrschte über die Bedingungen, unter welchen in Edinburgh das Parlament die Unabhängigkeit der Nation preisgegeben hatte. Zufolge dieser Erbitterung entstanden die absonderlichsten Parteiungen, schmiedete die Bevölkerung die tollsten Pläne. Die Cameronier trugen sich mit der Absicht, die Waffen zu erheben für die Restitution des Hauses Stuart, trotzdem sie dasselbe mit Recht als ein Geschlecht von Tyrannen ansahen; Katholiken intrigierten mit Jüngern der anglikanischen Kirche, und diese wieder mit Presbyterianern, gegen die englische Regierung, weil überall die Empfindung herrschte, gegen das Vaterland sei Unrecht verübt worden, überall in Schottland gärte es, und da die schottische Bevölkerung zur Zeit der Sicherheitsakte wohlgeübt im Waffenhandwerk war, hielt sie sich für zum Kriege gerüstet und wartete nur, daß sich Männer aus dem noch besser gerüsteten Adel des Landes fänden, die Feindseligkeiten zu beginnen.

In dieser Zeit offenkundiger Wirrnis setzt unsere Erzählung ein.

Hobbie Elliot, der Jüngling, den wir auf der Heimkehr von der Jagd auf Hochwild im südlichen Schottland trafen, war schon ziemlich weit von der Bergschlucht entfernt, in der er gejagt hatte, und auf dem Heimweg begriffen, als ihn die Nacht überfiel. Hobbie Elliot war ein tüchtiger Weidmann, der jeden Zoll seiner heimatlichen Heide so genau kannte, daß er den Weg drüberhin mit verbundenen Augen gefunden hätte. Der Einbruch der Nacht hätte ihn also in keiner Weise gestört, wenn er sich nicht gerade an einer Stelle der Heide befunden hätte, von der es in der ganzen Gegend hieß, daß böse Geister dort ihr Wesen trieben. Hobbie Elliot hatte solcher Mär von Kindesbeinen an gespannten Ohrs gelauscht, und gleichwie kein anderer Teil von Schottland solchen Reichtum an Mären und Sagen bot, so war auch niemand in solchen gruseligen Dingen bewanderter als Hobbie vom Heugh-Foot. Diesen Namen führte nämlich unser Held zum Unterschied von einem ganzen Dutzend Elliots, die den gleichen Taufnamen hatten wie er. Und darum brauchte er sich das Gedächtnis nicht sonderlich anzustrengen, um sich all der grausigen Ereignisse zu erinnern, deren Schauplatz die weite Einöde gewesen war, auf die er den Fuß zu setzen in Bereitschaft stand. So schnell und lebhaft traten sie ihm auch in das Gedächtnis, daß er sich einer gewissen Beängstigung nicht zu erwehren vermochte.

Das Mucklestane Moor hieß die schreckliche Einöde, nach einer unbehauenen Granitsäule von beträchtlicher Höhe, die in der Mitte der Heide auf einer Anhöhe emporragte, vielleicht als Kunde von den gewaltigen Toten, die unter ihr ruhten, vielleicht auch zum Gedenken an den blutigen Kampf, der an dieser Stätte ausgefochten worden war.

Weshalb die Säule errichtet worden, war in Vergessenheit geraten. Mündliche Überlieferung, gar oft im gleichen Maße Mutter der Dichtung wie Hüterin der Wahrheit, hatte den Sagenschatz Schottlands um eine Nummer bereichert, deren Hobbie sich in diesem Moment erinnerte.

Der Boden rings um die Säule war mit großen Blöcken vom gleichen Gestein wie die Säule übersät. Im Volksmunde hießen sie zufolge einer gewissen, wenn auch wohl weit hergeholten Ähnlichkeit, die Graugänse des Mucklestane-Moors. Die Sage gab dem Bild und dem Namen eine andere Auslegung: eine schreckliche, im ganzen Lande bekannte Hexe, die früher in diesen Höhlen hauste und allerhand Unheil stiftete, Mutterschafe zu unzeitigem Lammen und Kühe zu unzeitigem Kalben brachte, die mit ihren Schwestern hier ihre nächtlichen Orgien hielt, wofür sich als Merkmale noch zahlreiche Kreise im Erdreiche vorfanden, in deren Bereich weder Gras noch Heidekraut wachsen konnte, weil die Teufel mit ihrem sengenden Klumpfuß den Rasen beim Hexentanz bis auf die Wurzel ausgebrannt hatten – diese schreckliche Hexe sollte in grauer Vorzeit eine Gänseherde über das Moor getrieben haben, um sie auf einem Markte in der Nähe zu verkaufen; aber die Gänse waren bald, statt auf dem gangbaren Wege zu bleiben, in die Sümpfe und Teiche, mit denen die Gegend hier übersät war, geflohen. Wütend hierüber sollte die Hexe den Teufel zu Hilfe gerufen haben, daß er die Gänse an die Stelle banne. Satanas hatte sich nicht nötigen lassen, sondern Hexe und Gänse zu Stein verwandelt.

Aller Einzelheiten dieser Sage gedachte Hobbie während seines Ganges über das Moor. Es fiel ihm ein, daß nächtlicherweile sich niemand an diese Stätte wage, wo noch immer Böcke und Ziegen und Kobolde, die Genossen der schrecklichen Hexe, ihren Teufelsspuk trieben. Aber Hobbie bekämpfte mannhaft all diese Regungen von Furcht; er rief das Paar mächtiger Hühnerhunde, die ihn auf seinen Jagdzügen begleiteten und sich, wie er selbst sagte, weder vor Hund noch vor dem Teufel fürchteten, an seine Seite. Er untersuchte das Zündkorn auf seiner Büchse und trällerte, wie der Narr von Halloween, das kriegerische Lied vom Jock, ähnlich jenem General, der die Trommeln rühren läßt, um den Mut seiner Soldaten, in den er Zweifel setzt, zu stärken.

In solchem Gemütszustand vernahm er hinter sich, zu seiner nicht geringen Freude, die Stimme eines Freundes, der ihm zurief, ob es ihm recht sei, wenn er sich ihm anschlösse, Hobbie verlangsamte seine Schritte und sah sich bald von einem andern Jüngling eingeholt, den er gut kannte, und der in der ganzen Gegend als reicher »Herr« galt. Genau wie Hobbie Elliot, hatte auch er der Jagd gefrönt.

Earnscliff hieß der Jüngling, »ein Mann vom gleichen Schlage« wie Hobbie Elliot: vor kurzem mündig geworden, war er in den Besitz der bescheidenen Überreste eines Vermögens gelangt, das zum größten Teil durch die Bürgerkriege, in denen seine Familie eine Rolle gespielt hatte, verschlungen worden war. Nichtsdestoweniger stand die Sippe Earnscliff im ganzen Lande in Achtung, und auch der junge Herr, der jetzt zu Hobbie Elliot trat, schien alle Eigenschaften zu besitzen, die diesen guten Leumund wahren konnten.

»Na, Earnscliff,« hub Hobbie an, »daß ich Euer Gnaden begegne, ist mir wahrhaftig sakrisch lieb! Auf solchem öden Moor, wo sich Kobolde Stelldichein geben, ist es ein Glück, auf Gesellschaft zu stoßen. Wo habt Ihr gejagt?«

»Auf dem Carla-Cleugh, Hobbie,« versetzte Earnscliff, den Gruß des Bekannten erwidernd; »aber meint Ihr, daß Eure Hunde Ruhe halten werden?«

»O doch,« entgegnete Hobbie, »können sie doch kaum noch auf den Beinen stehen! Fürwahr, ich glaube, die Hirsche und Rehe sind aus dem Lande geflohen: bis Ingar-fall-food bin ich gekommen, ohne auf ein Geweih zu treffen: zwei vertrackte Hirschkühe ausgenommen, die mich nie zum Schuß kommen ließen, trotzdem ich eine Meile Umweg machte, um ihnen den Wind abzufangen. Ich bin ja nicht weiter erpicht auf Wild, bloß hätte ich gern für unsere alte Urahn einen Braten gehabt. Das alte, mürrische Weib sitzt daheim im Winkel und schmäht über die faulen Jäger von heute, die denen früherer Zeit das Wasser nicht reichen! Es mag wohl sein, daß die alles Wild im Lande zur Strecke gebracht haben!«

»Na, tröstet Euch, Hobbie! Ich hab' einen feisten Bock geschossen und heut früh nach Gainscliff geschickt: die Hälfte sollt Ihr haben für Eure Urahn!«

»Dank, Dank, Herr Patrik! Euer gutes Herz ist ja bekannt im ganzen Land! Die Alte wird sich freuen, um so mehr, wenn sie vernimmt, daß der Braten von Euch gekommen! noch mehr aber, wenn Ihr selber Euch einstellen wollet zum Mahle: denn sicherlich lebt Ihr jetzt einsam im alten Turm, während Eure Sippe im garstigen Edinburgh weilt. Daß Menschen, die auf herrlichen, grünen Hügeln hausen können, sich heimisch fühlen können zwischen steinernen Häusern mit Schieferdächern, das wundert mich!«

»Die Rücksicht auf meine und meiner Schwester Erziehung war für meine Mutter der Grund, mehrere Jahre in Edinburg zu wohnen, aber Ihr könnt Euch drauf verlassen, daß die verlorene Zeit von mir eingebracht werden wird.«

»Ihr müßt halt Euren alten Turm ein bißchen herrichten lassen,« versetzte Hobbie, »und Euch den alten Freunden der Sippe nachbarlich anschließen, wie es sich für den Gutsherrn von Earnscliff schickt. Meine Mutter oder vielmehr Großmutter – wir nennen sie bloß Mutter, seit wir die rechte Mutter durch den Tod verloren haben – bildet sich, glaubt mir, zum Beispiel ein, sie stände mit Euch in keinen allzuweiten Verwandtschaftsgrade.«

»Ganz richtig, Hobbie! Ihr dürft mich morgen in Heugh-foot erwarten. Zum Essen.«

»So, das laß ich mir gefallen, Earnscliff! Das ist ein höflicher Bescheid. Wir sind alte Nachbarn, wenn auch schließlich nicht mitsammen verwandt. Meine liebe Großmutter will Euch gern bei sich sehen. Sie spricht oft von Eurem Vater, der vor langer Zeit sein Leben lassen mußte.«

»Pst, pst, Hobbie! Davon kein Wort mehr! Diese Sache ruht besser in Vergessenheit!«

»Ich weiß nicht, wäre uns solches zugestoßen, so würden wir den Tag nicht eher vergessen haben, als bis wir gewisse Genugtuung bekommen hätten. Aber Ihr Herren von Stand kennt ja eure Wege am besten. Ellieslaws Freund hat, wie mir gesagt worden, Euren Vater erstochen, nachdem ihm der Gutsherr selber den Degen entwunden hatte.«

»Ach, laßt doch, Hobbie! Die Männer saßen beim Wein und diskutierten. Da gab es Rauferei wegen politischer Meinungsverschiedenheit. Es wurden viele Degen gezogen. Wer den Stoß gegen meinen Vater geführt hat, läßt sich unmöglich sagen.«

»Geholfen dabei hat der alte Ellieshaw jedenfalls und aufgehetzt dazu ganz entschieden. Eines Unrechts könnte Euch niemand zeihen, wenn Ihr Rachegelüste wider ihn hättet; denn Eures Vaters Blut klebt an seinen Nägeln. Zudem ist er Jakobit und Bischöflicher. Im Lande rechnet man darauf, daß es zwischen Euch was setzen werde. Das kann ich Euch sagen.«

»Ach, schämt Euch doch!« versetzte der junge Gutsherr; »Ihr wollt fromm sein und stachelt Euren Freund auf zu Gesetzesbruch und eigenmächtiger Rache? Obendrein an einem Orte, wo Geister ihren Spuk treiben und kein Mensch wissen kann, von was für Wesen er belauscht wird!«

»Pst! Pst!« machte Hobbie, seinem Kameraden näher rückend; »an solche Dinge habe ich nicht gedacht. Aber was Eure Hand zurückhält, Herr Patrik, läßt sich leicht erraten. Daß es nicht Mangel an Mut ist, wissen wir alle recht gut, aber ebenso gut wissen wir, daß es zwei graue Augen einer schönen Jungfrau sind, die Euren Zorn in Banden halten – Miß Isabella Veres graue Augen!«

»Glaubt mir, Hobbie,« versetzte ziemlich ärgerlich sein Reisekamerad, »hierin irrt Ihr! Solche Gedanken hegt Ihr zu Unrecht, und besser tätet Ihr, ihnen solchen Ausdruck nicht zu geben! Denn nun und nimmer werde ich jemand gestatten, sei es wer es sei, daß er sich erkühnt, meinen Namen in Beziehung zu bringen mit eines jungen Mädchens Namen.«

»Seht an! Seht an!« versetzte Elliot; »habe ich nicht eben gesagt, Mangel an Feuer sei es nicht, durch das Ihr so zahm geworden? Schon gut! Schon gut! Kränken hab' ich Euch nicht wollen. Aber etwas gibt es, das Ihr Euch Wohl merken könnt, wenn es ein Freund Euch sagt. Dem alten Laird von Ellieslaw fließt das alte Raubritterblut weit heißer im Herzen als Euch. Von den neumodischen Anschauungen über Ruhe und Frieden geht ihm wahrlich nichts in den Kopf. Bei ihm heißt's, wie vordem, Überfall und Wegelagerei sind ehrliches Edelmannshandwerk; und die Schar strammer Kerle, die zu ihm schwören, hält er wie junge Füllen so frisch und munter. Wo er sein Geld hernimmt, weiß niemand und kann niemand sagen. Aber üppig lebt er, schier wie der Herrgott in Frankreich, und mehr, weit mehr gibt er aus als ihm sein bißchen Haus und Hof einbringt. Freilich! er bezahlt ganz nach Lust und Laune. Aber bricht im Land ein Aufstand aus, so ist er sicher der Mann bei der Spritze! Auch des alten Haders mit Euch vergißt er wohl nie. Mir ist's immer so zumute, als ob es ihm in den Fingern kribble, am alten Turm von Earnscliff sich das Mütchen zu kühlen.«

»Gut, Hobbie,« erwiderte der junge Gutsherr; »sollte er wirklich so schlecht beraten sein, dann will ich zusehen, den alten Turm gegen ihn zu halten, wie es in früherer Zeit andere, die besser waren als ich, wider andre getan, die besser waren als er.«

»Recht so, Earnscliff! Recht so!« stimmte der kräftige Rittersmann von der Landmiliz bei; »jetzt sprecht Ihr wie ein Mann! Blast Ihr aus solchem Horn, dann braucht Euer Diener bloß die große Glocke im Turm zu schwingen, so bin ich mit meinen zwei Brüdern und David von Stenhouse und allen Reisigen, die wir aufbringen können, schneller zur Stelle, als ein Flintenschloß zuklappt.«

»Ich danke Euch, Hobbie,« versetzte Earnscliff; »hoffentlich erleben wir keinen so unnatürlichen und unchristlichen Krieg im Lande!«

»Hm, Herr Patrik,« versetzte Hobbie, »was wäre es wohl weiter als ein kleiner Zwist zwischen Nachbarsvolk? Auf solch' schlechtem Ackerboden möchten Himmel und Erde wohl Nachsicht üben. So etwas liegt nun einmal in der Natur von Land und Volk. So verschlafen und ruhig wie Londoner Bürger können wir unser Leben nicht hinbringen, denn wir haben nicht soviel Arbeit. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit!«

»Nun, Hobbie,« versetzte der Laird, »für jemand, der so fest an übernatürliche Dinge glaubt wie Ihr, stellt Ihr auf solchem Moorboden wie dem hier den Himmel gar keck auf die Probe!«

»Was schert mich das Mucklestane-Moor mehr denn Euch!« versetzte barsch Hobbie Elliot; »freilich, es soll ja, wie die heute reden, so etwas wie ein Kobold sein Wesen hier treiben, einträchtiglich mit langgeschwänzten Dingen! Aber was geht das mich an? Mein Gewissen ist rein und zu verantworten hab' ich wenig, höchstens einen Zwist mit jungen Burschen oder eine Rauferei auf dem Jahrmarkt, und das sind Dinge, des Redens nicht wert. Wenn ich es auch selber sage, so bleibt es doch, wahr: ich bin ein ruhiger Mensch und keiner, der Händel sucht ...«

»Ei! und Dick Turnbull, dem Ihr den Schädel eingeschlagen, und Willie von Winton, auf den Ihr geschossen habt?« fiel ihm sein Kamerad ins Wort.

»Haltet ein, Earnscliff! Ihr führt ja, scheint's, Register über Tun und Lassen der Mitwelt? Dem Dick Turnbull ist der Schädel wieder geheilt worden und der alte Streit zwischen uns soll in Jeddard am Kreuzsteg ausgefochten werden, so daß es also in Frieden abgehen wird. Mit Willie von Winton stehe ich aber wieder auf gutem Fuß; der arme Schlingel hat ja bloß ein paar Schrotkörner ins Kreuz bekommen. Das könnt mir jeder antun, der eine Pinte Schnaps vorfahren läßt; aber Willie von Winton ist in den Niederlanden aufgewachsen und hat zu große Angst um sein Leben. Und was nun noch die Kobolde und Langschwänzer anbetrifft, die hier spuken sollen, so meine ich, sollten wir etwa auf dergleichen stoßen –«

»So unwahrscheinlich ist das nicht, Hobbie!« versetzte der junge Earnscliff, ... »Jesus! Seht doch, Hobbie! Dort steht ja Eure alte Hexe!«

»Wie gesagt, Earnscliff,« rief Elliot, in dem unterbrochenen Satze fortfahrend, wie wenn er sich über die Anspielung ärgere, »sollten wir auf so etwas treffen und sollte die alte Hexe just hier aus dem Boden aufsteigen, so sollte mich das nicht mehr scheren, als wenn – aber, Gott behüte uns, Earnscliff! Was kann das ... das sein?«

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der schwarze Zwerg