Kapitel 32 - Pour le mérite

Der Sechzehnte ist gefallen. Ich stand somit an der Spitze sämtlicher Jagdflieger. Dieses war das Ziel, das ich erreichen wollte. Das hatte ich scherzeshalber mal vor einem Jahr zu meinem Freund Lynker gesagt, als wir zusammen schulten und er mich fragte: »Was ist denn Ihr Ziel – was wollen Sie erreichen als Flieger?« Da meinte ich so scherzhaft: »Nun, so an der Spitze der Jagdflieger zu fliegen, muß doch ganz schön sein!« Daß dies mal Tatsache würde, habe weder ich mir zugetraut noch andere Menschen mir. Bloß Boelcke soll einmal gesagt haben – natürlich nicht mir direkt persönlich, aber man hat es mir nachher erzählt – wie er gefragt wurde: »Wer hat denn Aussicht, mal ein guter Jagdflieger zu werden?« da soll er mit dem Finger auf mich gezeigt und gesagt haben: »Das ist der Mann!«

Boelcke und Immelmann hatten mit dem Achten den Pour le mérite bekommen. Ich hatte das Doppelte. Was wird sich nun ereignen? Ich war sehr gespannt. Man munkelte, ich würde eine Jagdstaffel bekommen. Da kommt eines Tages das Telegramm: »Leutnant v. R. zum Führer der Jagdstaffel 11 ernannt.« Ich muß sagen, ich habe mich geärgert. Man hatte sich so schön mit den Kameraden der Jagdstaffel Boelcke eingearbeitet. Nun wieder ganz von neuem anzufangen, das Einleben usw. war langweilig. Außerdem wäre mir der Pour le mérite lieber gewesen.


Nach zwei Tagen – wir sitzen gemütlich bei der Jagdstaffel Boelcke und feiern meinen Abschied –, da kommt das Telegramm aus dem Hauptquartier, daß Majestät die Gnade hatte, mir den Pour le mérite zu verleihen. Da war die Freude natürlich groß. Es war ein Pflaster auf das Vorangegangene.




Ich hatte es mir nicht so nett vorgestellt, selbst eine Jagdstaffel zu führen, wie es nachher in Wirklichkeit geworden ist. Ich habe mir nie träumen lassen, daß es mal eine Jagdstaffel Richthofen geben würde.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der rote Kampfflieger