Kapitel 31 - Major Hawker

Am stolzesten war ich, als ich eines schönen Tages hörte, daß der von mir am 23. November 1916 abgeschossene Engländer der englische Immelmann war.

Dem Luftkampf nach hätte ich mir’s schon denken können, daß es ein Mordskerl war, mit dem ich es zu tun hatte.


Ich flog quietschvergnügt eines schönen Tages wieder mal auf Jagd und beobachtete drei Engländer, die scheinbar auch nichts anderes vorhatten als zu jagen. Ich merkte, wie sie mit mir liebäugelten, und da ich gerade viel Lust zum Kampfe hatte, ließ ich mich darauf ein. Ich war tiefer als der Engländer, folglich mußte ich warten, bis der Bruder auf mich ’runterstieß. Es dauerte auch nicht lange, schon kam er angesegelt und wollte mich von hinten fassen. Nach den ersten fünf Schüssen mußte der Kunde schon wieder aufhören, denn ich lag bereits in einer scharfen Linkskurve. Der Engländer versuchte, sich hinter mich zu setzen, während ich versuchte, hinter den Engländer zu kommen. So drehten wir uns beide wie die Wahnsinnigen im Kreise mit vollaufendem Motor in dreitausendfünfhundert Metern Höhe. Erst zwanzigmal linksrum, dann dreißigmal rechtsrum, jeder darauf bedacht, über und hinter den anderen zu kommen. Ich hatte bald spitz, daß ich es mit keinem Anfänger zu tun hatte, denn es fiel ihm nicht im Traum ein, den Kampf abzubrechen. Er hatte zwar eine sehr wendige Kiste, aber meine stieg dafür besser, und so gelang es mir, über und hinter den Engländer zu kommen.

Nachdem wir so zweitausend Meter tiefer gekommen waren, ohne ein Resultat erreicht zu haben, mußte mein Gegner eigentlich merken, daß nun die höchste Zeit für ihn war, sich zu drücken, denn der für mich günstige Wind trieb uns immer mehr auf unsere Stellen zu, bis ich schließlich beinahe über Bapaume, etwa einen Kilometer hinter unserer Front, angekommen war. Der freche Kerl besaß nun noch die Unverschämtheit und winkte mir, als wir bereits in tausend Meter Höhe waren, ganz vergnügt zu, als wollte er sagen: »Well, well, how do you do?«

Die Kreise, die wir umeinander machten, waren so eng, daß ich sie nicht weiter als achtzig bis hundert Meter schätzte. Ich hatte Zeit, mir meinen Gegner anzusehen. Ich guckte ihm senkrecht in die Karosserie und konnte jede Kopfbewegung beobachten. Hätte er nicht seine Kappe aufgehabt, so hätte ich sagen können, was für ein Gesicht er schnitt.

Allmählich wurde selbst dem braven Sportsmann dies doch etwas zu bunt, und er mußte sich schließlich entscheiden, ob er bei uns landen wollte oder zu seinen Linien zurückfliegen. Natürlich versuchte er letzteres, nachdem er durch einige Loopings und solche Witze vergeblich probiert hatte, sich mir zu entziehen. Dabei flogen meine ersten blauen Bohnen ihm um die Ohren, denn bis jetzt war keiner zu Schuß gekommen. In hundert Metern Höhe versuchte er, durch Zickzackflüge, während deren sich von dem Beobachter bekanntlich schlecht schießen läßt, nach der Front zu entkommen. Jetzt war der gegebene Moment für mich. Ich folgte ihm in fünfzig bis dreißig Metern Höhe, unentwegt feuernd. So mußte der Engländer fallen. Beinahe hätte mich eine Ladehemmung noch um meinen Erfolg gebracht.

Mit Kopfschuß stürzte der Gegner ab, etwa fünfzig Meter hinter unserer Linie. Sein Maschinengewehr rannte in die Erde und ziert jetzt den Eingang über meiner Haustür.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der rote Kampfflieger