Kapitel 11 - Das erstemal in der Luft!

Morgens früh um sieben Uhr sollte ich zum erstenmal mitfliegen! Ich war in einer etwas begreiflichen Aufregung, konnte mir so gar nichts darunter vorstellen. Jeder, den ich fragte, schnurrte mir etwas anderes vor. Abends ging ich zeitiger schlafen als sonst, um am nächsten Morgen für den großen Moment frisch zu sein. Wir fuhren ’rüber auf den Flugplatz, ich setzte mich zum erstenmal in ein Flugzeug. Der Propellerwind störte mich ganz ungeheuer. Eine Verständigung mit dem Führer war mir nicht möglich. Alles flog mir weg. Nahm ich ein Stück Papier heraus, verschwand es. Mein Sturzhelm verrutschte sich, der Schal löste sich, die Jacke war nicht fest genug zugeknöpft, kurz und gut, es war kläglich. Ich war noch gar nicht darauf gefaßt, schon loszusausen, da gab bereits der Pilot Vollgas, und die Maschine fing an zu rollen. Immer schneller, immer schneller. Ich hielt mich krampfhaft fest. Mit einem Male hörte die Erschütterung auf, und die Maschine war in der Luft. Der Erdboden sauste unter mir weg.

Man hatte mir gesagt, wo ich hinfliegen sollte, d. h. also, wo ich meinen Führer hinzudirigieren hatte. Wir flogen erst ein Stück geradeaus, dann machte mein Führer kehrt, nochmal kehrt, rechtsum, mal linksum, und ich hatte über meinem eigenen Flughafen die Orientierung verloren. Keine Ahnung mehr, wo ich mich befand! Ich fing so sachte an, mir mal die Gegend unter mir anzusehen. Die Menschen winzig klein, die Häuser wie aus einem Kinderbaukasten, alles so niedlich und zierlich. Im Hintergrund lag Köln. Der Kölner Dom ein Spielzeug. Es war doch ein erhabenes Gefühl, über allem zu schweben. Wer konnte mir jetzt was anhaben? Keiner! Daß ich nicht mehr wußte, wo ich war, war mir ganz Wurscht, und ich war ganz traurig, als mein Pilot meinte, jetzt müßten wir landen.


Am liebsten wäre ich gleich wieder geflogen. Daß ich irgend welche Beschwerden, wie etwa bei einer Luftschaukel, gehabt hätte, daran ist nicht zu denken. Die berühmten Amerikanischen Schaukeln sind mir, nebenbei gesagt, widerlich. Man fühlt sich unsicher darin, aber im Flugzeug hat man das unbedingte Gefühl der Sicherheit. Man sitzt ganz ruhig auf seinem Sessel. Daß einem schwindlig wird, ist ganz ausgeschlossen. Es gibt keinen Menschen, dem im Flugzeug je schwindlig geworden wäre. Aber es ist ein verdammter Nervenkitzel, so durch die Luft zu sausen, besonders nachher, als es wieder ’runterging, das Flugzeug nach vorn kippte, der Motor aufhörte zu laufen und mit einemmal eine ungeheure Ruhe eintrat. Ich hielt mich wieder krampfhaft fest und dachte natürlich: »Jetzt stürzt du.« Aber es ging alles so selbstverständlich und natürlich vor sich, auch das Landen, wie man wieder die Erde berührte, und alles war so einfach, daß einem das Gefühl der Angst absolut fehlte. Ich war begeistert und hätte den ganzen Tag im Flugzeug sitzen können. Ich zählte die Stunden bis zum nächsten Start.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der rote Kampfflieger