Der Klassenkampf

Der Klassenkampf setzte ein, als das Industriezeitalter heraufdämmerte. Er wurde der wichtigste aller Kämpfe, als Maschine, Technik, Geldwirtschaft, Industrie die ganze Erde unterjochten. Was bedeuteten jetzt noch die alten Religionszwiste? Auch völkische Unterschiede der Menschen waren nicht mehr so entscheidend, wie die Unterschiede der wirtschaftlichen Klassen und ihre Not.

Karl Marx, der Theoretiker des Klassenkampfes, sah in seinen Glaubens- oder Stammes genossen nichts anderes mehr als „den wurzellos gewordenen Anhang der Kapitalistenklasse und ihrer Geldwirtschaft“. Die sogenannte Emanzipation der Juden bedeutete für Marx nur ihre Verbürgerlichung, und Verbürgerlichung war ihm gleichbedeutend mit „Auslieferung an die kapitalistische Gesellschaft, welche in ferner Zukunft durch die sozialistische Gesellschaftsordnung abgelöst werden soll“. Ein jüdisches Volk im Volkskampfe kannte Marx nicht. Ein solches wäre nur im Osten zu finden gewesen, wo die Juden vorwiegend Handwerker und Arbeiter waren, denn jene Historiker, die die Juden als ein Volk von Wucherern schildern, wissen nicht einmal, daß gerade Zinsnehmen und Wucher durch die mosaische Gesetzgebung verboten und ganz unmöglich waren, bis, vom 13. Jahrhundert ab, das feudale Zeitalter den Juden das Münz- und Finanzwesen schlechtweg aufdrängte.


Im Westen sah also das Auge von Karl Marx nichts als Partei- und Interessenkämpfe. Ein Kommunist wie Moses Heß, der zugleich ein nationaler Jude und ein Zionist war, stand in der Partei des Proletariats und im Kampf wider die bürgerliche Welt ganz einsam.

Mit tausend Freuden aber nützte die Welt des bürgerlichen Erfolges das Dasein der Juden und der Judenfrage! Ihr konnte es nur recht sein, daß die Gegner der bürgerlichen Gesellschaft die Juden einfach dieser Sündenwelt des Kapitals zugesellten. Denn eine Sündenwelt benötigt eines Sündenbocks. Alle Widrigkeiten der bürgerlichen Kolonisations- und Erdversklavungswirtschaft, auch die an den Juden selber verübten, wurden somit aus der Geschichte oder aus dem Wesen der Juden „erklärt“.

War es denn nicht ein wahres Kinderspiel, das Vorhandensein des vielgeschmähten „Kapitalismus“ mit Natur und Wesen der Juden in Verbindung zu bringen?

Selbstliebe und Selbstsegnung . . . worauf sonst käme das meiste Menschenleben hinaus? „Theologie“, sagt Goethe, „ist die eigenbezügliche Selbstvergottung des Menschen“. — Eine neue Theologie erstand, für welche (völlig im Gegensatz zur Theologie des Mittelalters) das Christentum (und mithin auch die Sünden des Christentums) zum — Werke der Juden wurde. Paulus trug Schuld! Das „Christentum Christi“, das sogenannte Urchristentum, das war unjüdisch gewesen, das war (auf irgend einem mystischen Wege) aus der Seele arischer Völker entstiegen. Aber dann war Paulus, der Hebräer, gekommen. Und so war die Vernüchterung und Entseelung der Erde im Gefolge der christlichen „Kultur“ eben nicht wirkliches Christentum, sondern: „verjudetes“.

Erst heute beginnt es der Kulturwelt zu dämmern: nicht der Jude hat die Menschheit in den Geist hineingetrieben, sondern der Weg zum Geiste, den die Kultur nehmen muss, hat mit dem Heidentume auch das Judentum gewandelt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der jüdische Selbsthass