Der Werwolf von Hüsby

Autor: Ueberlieferung
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In Hüsby bei Schleswig wohnte eine alte, geizige Frau. Sie setzte ihren Dienstboten wenig zu essen vor, doch Sonntags gab's immer frisches Fleisch. Darüber wunderte sich das Gesinde, denn die Alte kaufte doch niemals solches ein.

Ein junges Knechtlein wollte der Frau gern hinter ihre Schliche kommen; er versteckte sich daher einmal auf dem Heuboden, während alle anderen Hausbewohner in die Kirche gegangen waren. Plötzlich bemerkte er, wie die Frau einen Wolfsriemen hervorlangte und umlegte. Gleich wurde sie zum Wolf, lief aufs Feld und kehrte bald mit einem Schaf zurück.

"Wenn sie so leicht zum Fleisch kommt", dachte der Junge, "so kann sie es uns wohl auch reichlicher geben." Als die Frau das Fleisch in den Topf steckte und dabei nach ihrer Gewohnheit seufzte: "Ach du leeve Gott, weer ik bi di!" da stellte sich der Junge, als wäre er der Herrgott, und antwortete:

"Nu un in Ewigkeit kümmst du nich zu mi!"

"Warum denn nich, du leeve Gott?"

"Du giffst din Volk nich nog in'n Pott (Topf)."

"Ei, so will ik betern mi."

"Ja, gewiß, dat rad ik di!"

Die Frau legtte von nun an ein viel größeres Stück Fleisch in den Topf. Der Junge konnte aber nicht schweigen und plauderte die Sache im Dorf aus. Als die Frau an einem Sonntagmorgen wieder, zum Wolf verwandelt, ein Schaf holte, paßten ihr die Leute auf. Aber keine Kugel schadete ihr, bis man schließlich eine Flinte mit einer silbernen Kugel lud. Seit der Zeit hatte die Frau ihr Lebenlang eine offene Wunde, die kein Doktor heilen konnte, als Werwolf aber hat sie sich nie mehr gezeigt.