Der hansisch-preußische Weinhandel, Polen, Russland

Der Anteil der preußischen Städte an dem internationalen hansischen Weinhandel ist schon in Verbindung mit dem hansischenglischen Verkehr gestreift worden. Einer Untersuchung vorbehalten bleibt der Weinhandel der Hansen mit Spanien und Portugal, der nahezu ganz in der Hand Danziger Bürger lag. Der Handelsverkehr der Ostsee, welcher Schweden, Dänemark und die pommerschen Städte, soweit sie nicht wie Stralsund Eigenhandel trieben, versorgte, hatte sein Zentrum in den preußischen Städten: von hier aus suchte er sich seinen Weg nach Polen und Russland; Thorn und Danzig bezeichnen seine Ausgangspunkte. Die preußischen Städte hielten unter sich an einem Bund fest, der mit dem Jahre 1278 beginnend, sich 1368 zu dem fest gegründeten Städtebündnis der Städte Kulm, Thorn, Elbing, Danzig, Königsberg und Braunsberg herausgebildet hatte. Gleichzeitig mit dem beginnenden Zusammenschluss der Städte erschien der Deutschritterorden im Lande, der seine Hauptaufgabe in dem Schutz und der Verbreitung des Deutschtums in politischer und wirtschaftlicher Beziehung sah. Er schuf den preußischen Städten durch seine Eroberungen ein gesichertes Hinterland, kultivierte das Land, gründete Städte und gebot von seinen Hauptsitzen Marienburg und Königsberg über Kurland, Livland bis nach Estland. Anderseits wahrte er Polen und Litauen gegenüber mit starker Hand seine herrschende Stellung und bot den preußischen Kaufleuten eine Garantie für einen gesicherten Handelsverkehr.

In den preußischen Städten verschob sich bald die Vormachtsstellung zugunsten Danzigs und Thorns, daneben auch Elbings. Während Kulm und Braunsberg immer unbedeutender wurden, entwickelte sich Königsberg nur langsam. Die preußischen Städte im Bunde mit den livländischen gingen jetzt darauf aus, wirtschaftlich vollkommen selbständig zu werden und ihre Abhängigkeit im Seehandel von den Hansen zu vermindern. Mit Umgehung von Lübeck traten sie in direkten Verkehr mit den westlichen Nichthansen, namentlich mit Engländern und Flamländern, Spaniern und Portugiesen. An die Spitze dieser Bewegung trat Danzig und ward dank seiner günstigen maritimen Lage im Laufe des 14 Jahrhunderts Vorort für den ganzen preußischen Seehandel, während Thorn den Überlandhandel nach Polen und Russland auf den zahlreichen Straßen, die in seinen Mauern einmündeten, übernahm.


Danzigs Aufschwung als Handels- und Seestadt begann in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts nach der glücklichen Beendigung des dänischen Krieges und erreichte seine höchste Blüte in der zweiten Hälfte des folgenden Jahrhunderts. Glücklicherweise sind gerade für diese Epoche erschöpfende Belege für die große Ausdehnung des Danziger Handels in den Schifffahrtsregistern von 1474 — 1476 und 1490 — 1492 erhalten*), die ein anschauliches Bild über Ausdehnung und Richtung des Danziger Weinhandels geben und neben den speziellen Angaben für die obigen Jahre auch allgemeine Schlüsse zulassen. Danzigs Weinschiffe gingen bis nach Spanien und Portugal; im Jahre 1400 wurden dem Danziger Bürger Johann Halewater, der sich auf der Fahrt von Spanien nach Portugal befand, durch die Engländer vier Fass „vini puri“ und zwei Fass Bordeauxwein im Werte von vierzig Nobeln geraubt. Wahrscheinlich trieben preußische Schiffer auch einen Handel zwischen den Häfen Spaniens und Portugals und Bordeaux. Was unter vinum purum zu verstehen ist, ist nicht klar; vielleicht bedeutet „reiner“ Wein soviel wie heißer Wein, und wäre darunter vielleicht ein spanischer Wein zu verstehen. Gewöhnlich fuhren die preußischen Schiffe, die nach Lissabon gingen, bis England gemeinsam; von dort suchten sie dann allein ihren Weg über Plymouth und die Insel d'Ouessant nach Lissabon. Auf diesem Wege hatten sie teils unter Beraubungen englischer und spanischer Piraten, teils unter der Ungunst des Meeres viel zu leiden. Da aber der Verkehr ohne Unterbrechung aufrecht erhalten wurde, ist anzunehmen, dass die Hansen ihre Rechnung dabei fanden.

*) Lauffer, Danzigs Schiffs- und Warenverkehr am Ende des 15. Jahrhunderts, 1893.

Für die Weinausfuhr aus Spanien kam namentlich Galizien in Betracht. Eine größere Ladung galizischen Weines (zehn Tonnen) wird in einer Konossementsurkunde eines preußischen Schiffers aus dem Jahre 1375 erwähnt, die er auf Rechnung eines lombardischen Händlers aus Spanien zu exportieren übernommen hatte; der Ort der Bestimmung wird nicht genannt. Einen ähnlichen Inhalt weist ein Frachtvertrag aus demselben Jahre auf, den ein preußischer Schiffer mit einem Kaufmann aus Galizien über den Transport von fünfzig Fass Wein abgeschlossen hatte; in diesem Falle war die Ladung nach Sluys bestimmt.

Granada gehörte ebenfalls zum Bereich des Danziger Weinhandels mit Spanien; im Jahre 1394 kam ein Schiff mit 26 Fass Wein und 1 Tonne aus Granada im Danziger Hafen an; auch Weißwein aus Vivero wird einmal erwähnt. Damit ist das Urkundenmaterial über Weinsendungen nach preußischen Häfen oder wenigstens durch Vermittlung preußischer Schiffer allerdings erschöpft. Dass die Transporte aber im Großen ausgeführt wurden, geht aus einer Nachricht hervor, nach der im Jahre 1398 14 hansische Schiffe, die unter anderem Wein geladen hatten, aus der Westsee kommend, von friesischen Räubern überfallen wurden; hierbei wird ausdrücklich von dem Gut gesagt, dass „man es von Spanien nach Frankreich zu bringen pflegte“. Eine direkte Verbindung zwischen Lissabon und Flandern wird noch durch einen Überfall dokumentiert, den Engländer auf ein preußisches Schiff, dessen Eigentümer der Großschäffer von Marienburg war, machten und hierbei Wein und Salz im Werte von 1.000 Nobeln raubten.

Später gestaltete sich das Verhältnis der Hansen zu den Spaniern wegen der dauernden Räubereien sehr ungünstig. Dazu kam, dass von 1420 bis 1443 wegen des lange andauernden Kriegszustandes der Handelsverkehr nahezu lahmgelegt wurde. Auch nach Beendigung des Krieges blieb der Handelsverkehr der Hansen mit Spanien und Portugal nur gering; König Alfons V. von Portugal verlieh allerdings 72 Hansestädten im Jahre 1452 völlige Handelsfreiheit, dafür ging Spanien um so feindlicher gegen den hansischen Handel vor. Es ward bestimmt, dass alle Waren nur auf spanischen Schiffen ausgeführt werden durften, und nur so viel blieb frei, als die Kaufleute aus dem Erlös für verkaufte überflüssige Schiffsbedürfnisse eingekauft hatten. Dieses Vorgehen war gleichbedeutend mit einer völligen Unterdrückung des hansischen Handels; außerdem wurde den Hansen speziell für Wein die Rückfracht aus la Rochelle verboten. Diese Bestimmung musste sie um so unangenehmer treffen, als man schon damals einen lebhaften Verschnitt mit spanischen und französischen Weinen trieb und den hansischen Kaufleuten der Handelsvorteil aus dieser Gewohnheit gewaltsam unterbunden wurde. Infolge dieser Maßregeln sank der hansischspanische Weinhandel zu völliger Bedeutungslosigkeit herab.

Ein ganz anderes Bild gibt die Betrachtung des Weinhandels der preußischen Städte mit Frankreich, speziell mit den Häfen der Westküste. Hier spielte eine hervorragende Rolle im hansischen Handel die Baie. Über ihre Lage und die Bedeutung war man lange Zeit im unklaren. Bekannt ward sie durch die sogenannten Baienfahrten der Hansen, die an dieser Stelle Salz in großen Mengen holten. Man geht wohl nicht fehl, wenn man die Baie als identisch mit der Bucht von Bourgneuf annimmt*). Neben der Salzausfuhr bildeten die Baie auch einen Zentralpunkt für den französischen Weinexport; von hier aus wurden Weine aus Poitou und Orleans, die beiden hauptsächlichsten Weinsorten, die damals im Verkehre waren, verschifft. Erschwerend für eine genaue Detaillierung des französisch-hansischen Weinhandels ist der Umstand, dass die Baie und allgemein die Häfen der Westküste Landestellen für die hansischen Kaufleute waren, die hier Zwischenhandel trieben. Es lässt sich daraus bei der Ungenauigkeit der meisten Angaben schwer feststellen, ob der Wein, dessen Herkunft die Baie sein soll, auch wirklich an diesem Platz verfrachtet ist oder nicht anderswoher, vielleicht schon aus Spanien, kommt. Einen zuverlässigen Anhaltspunkt für die Zahl der Schiffe, die im hansisch-französischen Handel engagiert waren, geben für die Blütezeit dieses Handels wieder die Danziger Schifffahrtsregister.

In Danzig wurden die Baienfahrer erst 1396 erwähnt, aber schon 1383 hatte Karl VI von Frankreich allen Untertanen des Hochmeisters den ungehinderten Verkehr in seinen Landen zugesichert. Man kann ihnen unbeschadet ein viel höheres Alter zusprechen, da in Preußen 1390 bereits die verschiedensten spanischen und französischen Weine namentlich aufgeführt werden, die nur auf diesem Wege dorthin gelangt sein können. Eine interessante Quelle für Angaben über die damals in Preußen gangbaren fremden Weine bieten die Rechnungen über des Heinrich von Derbys Preußenfahrten, des nachmaligen Königs Heinrich VII von England aus den Jahren 1390 und 1392. Unter den Nachweisen über seine große und kostspielige Verproviantierung finden sich auch bemerkenswerte Angaben über die mitgeführten Weine. Es werden hier in dieser verhältnismäßig noch frühen Zeit speziell an französischen Weinen aufgezählt: Gascogner Wein und Wein aus Osey oder Auxois in Burgund; von diesen kostete das Fass 18 Mark und 22 Schillinge . Von spanischen Weinen kommt Wein aus Granada vor, das Fass zu 6 1/2 Mark, an einer anderen Stelle 22 Stübchen; ferner Malvasier und Romanieweine, sowie portugiesischer Wein aus Algarbe. Namentlich die französischen Weine werden in großen Quantitäten angeführt, so dass hieraus mit Recht auf einen bereits hoch entwickelten Weinhandel zwischen Preußen und der französischen Westküste geschlossen werden kann.

*) Hirsch a. a. O., S. 93. Vergl. neuerdings Arthur Agats, Der hansische Baienhandel 1904, eine höchst lehrreiche Schrift, die freilich in ihren Einzelheiten nicht mehr hat berücksichtigt werden können.

Die Baienfahrten nahmen ihren Anfang im Hafen von Danzig, wo sich die Schiffe versammelten; unterwegs schlossen sich andere Hansen, an. So wird von einer größeren Flotte berichtet, die 1379 von englischen Piraten aufgerieben wurde; diese setzte sich aus preußischen, lübischen und holländischen Schiffen zusammen. Holländische und englische Seeräuber pflegten den Hansen, namentlich am Eingang des Kanals aufzulauern und sie ihrer Ladung zu berauben. Von solchen fortgenommenen Weintransporten wird aus den Jahren 1398 und 1409 berichtet; in letzterem Falle hatten Engländer ein preußisches Schiff, das 300 Fass Wein geladen hatte, festgehalten und mussten dafür eine Entschädigung von 334 Nobeln zahlen.

Wenn man nach der Baie gelangt war, trennten sich hier die Spanien- und Portugalfahrer; ihre Ladungen bestanden meistenteils aus Getreide und Naturalien aller Art. Im Jahre 1490 verlässt ein Schiff den Danziger Hafen mit 70 Last Roggen und 7 Last Asche; als Rückfracht wurde neben Salz viel Wein verfrachtet. Von 1474 bis 1476 kamen allein aus der Baie 88 Schiffe in Danzig an; durch diese Schiffe wurden importiert in Danzig 1474: 5 Pipen Wein und 2 Pipen Wein aus Poitou; 1476: 3 Pipen Wein und 10 Pipen Wein aus Poitou. 1474 werden auch 10 Ohm Rheinwein als von der Baie kommend angeführt. Diese Angabe ist ein Beweis, dass allgemein in der Bezeichnung des Herkunftsortes sehr ungenau verfahren wurde; wahrscheinlich sind diese 10 Ohm Rheinwein in Flandern durch Zwischenhandel zu der Ladung gekommen und wurden nun als Baiescher Wein bei der Ankunft in Danzig gebucht. An Ort und Stelle kostete die Pipe Orleanswein 24 Mark, von ihm wurden im Jahre 1438 2 Pipen in Baie verfrachtet, im Jahre 1423 ein Fass Poitouwein zu 5 1/2 schweren Nobeln.

Ähnlich wie die Baie war ein anderer kleiner Salz- und Weinplatz beschaffen: Borwasie an der Küste von Poitou; heute heißt der Ort Brouage und liegt nördlich von Bordeaux. Auch Borwasie spielte im Danziger Handel eine große Rolle; von 1474 bis 1476 kamen 39 Schiffe an, die 1475 und 1476 je vier Pipen Poitouwein importierten. Von Danzig nach Borwasie ausgehende Schiffe werden nicht angeführt.

War die Baie offenbar mitunter irrtümlich als Verschiffungshafen angegeben, so wissen wir um so sicherer, dass preußische Schiffe sowohl in la Rochelle als in Bordeaux Wein luden. Ob sie denselben direkt nach Preußen gebracht haben, ist zwar nicht belegt, aber doch wahrscheinlich. Wenn z. B. im Jahre 1436 dem Danziger Bürger Hans Wegener 15 auf einem preußischen, aus la Rochelle kommenden Schiffe befindliche Fass Wein „up de Trade“ d. h. im Fahrwasser von Brest von den Engländern gekapert wurden, so kann man nicht wissen, wohin der Wein bestimmt war: nach Preußen, Flandern oder England. Fälle, in denen die Preußen französischen Wein nach den beiden letztgenannten Ländern brachten, sind mehrfach nachgewiesen. Im Jahre 1436 wurden kurz nacheinander aus preußischen Schiffen, die nach Flandern verfrachtet waren, je 35, 21 und 10 Fass und eine Pipe Wein, teils aus Bordeaux, teils aus la Rochelle, von den Engländern geraubt. Da jedes Fass in Flandern 5 Pfund vlämisch wert war, und die Pipe mit 2 Pf. 10 Seh. angesetzt wurde, betrug der Verlust, den der Danziger Kaufmann reklamierte, nicht weniger als 332 Pf. 10 Sch.. Aus dem Jahre 1455 hören wir von 100 Fass Wein, die preußische Schiffskinder (so nannte man die Mannschaft) wieder in la Rochelle nach Sandwich in England verladen und dafür ihrem Patron 2 Nobel Fracht pro Fass zu zahlen hatten. Im Jahre 1460 aber hatte Jörg Sterneberch aus Danzig in Bordeaux 250 Fass Wein eingenommen, die er in London zu 4 Nobeln pro Fass abzusetzen gedachte. Er kam indes nicht dazu, da die Engländer ihm den Wein unterwegs bei Belle-Isle, einer Insel an der Südwestküste der Bretagne, wegnahmen.

Auch Romanie- und Malvasierwein wurde in la Rochelle geladen; wahrscheinlich kam dieser aus Spanien und wurde unberechtigter Weise in den Einfuhrverzeichnissen als Transport aus la Rochelle aufgeführt.

Ein beträchtlicher Teil des französischen Weines ging über Lübeck nach Danzig, um die Fahrt um Skagen und durch den Sund zu vermeiden. Nach Lübeck gelangte der Wein auf dem Seeweg bis zur Elbmündung und von da über Hamburg weiter bis zum Stecknitzkanal, der ihn dann an die Trave brachte. Da der Kanal erst 1398 eröffnet wurde, können Nachrichten über diesen Handelsweg erst vom Anfang des 15. Jahrhunderts datieren. Von Lübeck gingen dann die Transporte, wenn sie den Kanal verlassen hatten, auf dem Seewege direkt nach Danzig*). Der Landweg nach Danzig über die pommerschen Städte kommt wegen der Mangelhaftigkeit der Straßen und der schweren Transportierbarkeit des Gutes nicht in Betracht. Einen Transport von deutschen oder ungarischen Weinen veranschaulicht eine Aufforderung des Danziger Rats an den Lübecker, er möge seinem Bürger Johannes von Karpen, der auf der Fahrt die Elbe abwärts nach Lübeck käme und nach Danzig weiter wolle, die Einkellerung seiner Weine in Lübeck erlassen. Der Stecknitzkanal und die ausgezeichnete marine Lage setzten Lübeck natürlich in den Stand, einen ausgedehnten Stapel für alle durchgehenden Waren zu halten. Über diesen Stapel, den in dem obigen Schreiben der Danziger Rat als drückend empfand, handelt ebenfalls eine Beschwerde von 1454, in der Köln als Herkunftsort für Wein angegeben wird. In der Beschwerde gaben die Kölner an, dass sie „ihre Weine ostwärts ausführen und in Lübeck nicht verkaufen wollten“ Trotzdem sollten sie ihren Wein daselbst einkellern.

*) Der Stecknitzkanal kam auch für Weintransporte in Betracht, die elbabwärts, vielleicht aus den Gebieten der Meißener Landweine, nach Lübeck verfrachtet wurden.

Außer mit Lübeck unterhielt Danzig neben den Städten des Elbe- und Travegebietes noch mit Lüneburg Handelsbeziehungen; Hauptprodukt bildete hier allerdings das Lüneburger Salz. Aber auch Wein kam von dorther nach Danzig; Lüneburg bildete für den Weinverkehr zu Lande insofern einen Platz von Wichtigkeit, als hier die Fracht auf Schiffe geladen wurde und durch den Flussverkehr weiterbefördert wurde. Daneben unterhielt Lüneburg noch einen direkten Handelsverkehr mit Umgehung des Lübecker Stapels.

Der Handel Danzigs mit Lübeck stellte allen anderen bei weitem in den Schatten; von 1474 bis 1476 kamen im Danziger Hafen aus Lübeck nicht weniger als 451 Schiffe, rund ein Drittel aller eingelaufenen Schiffe, oder 12 — 13 im Monat an. Diese brachten 69 1/2 Stück Rheinwein und 1 Ohm, das Stück zu 3 1/2 Ohm gerechnet, im ganzen 243 Ohm oder ungefähr 970 Liter. Von Poitouwein wurden 13 Pipen und von Romaniewein 3 Fässer im ganzen importiert.

Der Handel mit Rheinwein war in Danzig sehr bedeutend; in den Handelsrechnungen des deutschen Ordens wird er öfters erwähnt, bisweilen in ganz beträchtlichen Quantitäten. So kaufte 1399 der Großschäffer von Marienburg im Namen des Hochmeisters 6 Fass Rheinwein, die 34 1/2 Ohm enthielten, zum Preise von 184 Mark, außerdem 1 Fass roten Rheinwein für 15 Mark. Obgleich roter Rheinwein äußerst selten erwähnt wird, ist der Preis doch um die Hälfte billiger für das Fass wie für weißen Rheinwein. Wahrscheinlich ist diese Billigkeit auf seine Unbeliebtheit zu schieben, da er den Vergleich mit den roten französischen Weinen kaum ausgehalten haben wird. Öfters kehrt Rheinwein auch als Schuldforderungen wieder: Der Bischof von Samland schuldet 1400 für eine Tonne Wein von 91 1/2 Stof 4 1/2 Mark und 4 1/2 Schilling; der Komtur von Osterode für 1 Fässchen Rheinwein mit einem Inhalte von 1 Ohm weniger 7 Stof 6 1/2 Mark und 2 1/2 Schilling. Nach Hirsch stellte sich der in Danzig gezahlte Preis für Romanie durchschnittlich auf 9 Mark das Ohm, für Gascognerwein das Fass zu 7 Mark, für Malvasier das Ohm*), zu 10 Mark. Je nach ihrer Herkunft wurden die verschiedenen Weine in verschiedenen Maßen gehandelt. Die Verbreitung des Rheinweines wurde durch einen Weinausschank, den Kölner in Danzig unterhielten, unterstützt. Auch die Nachrichten, die über die lokale Organisation des Weinhandels erhalten sind, tragen Kölnisches Gepräge. Die Erlaubnis zum Verkauf knüpfte sich an eine vorherige Prüfung des Weines durch Beamte des Rates; diese stellten auch gleichzeitig den Preis fest. Nur der Zapf einer Sorte Wein war gestattet, Verwechslung des Weins, Zusammenschütten und Verfälschung mit schweren Strafen bedroht.

*) Das Ohm rechnete man zu 110 Stof, 1 1/2 Ohm gingen auf 1 Oxthoft, 1 Tonne fasste 73 1/3 Stof. Sattler a. a. O., S. XLIV, Hirsch, a. a. O. S. 261.

Der Weinausschank scheint jedem, der sich diesen Vorschriften unterwarf, freigestanden zu haben; über den Kölner Ausschank berichtet eine Beschwerdeschrift des Hochmeisters von 1399 den Rat von Köln; er verlangt in derselben den Weinverkauf in Fässern seitens der Kölner Bürger. Danach waren sie vom Kleinhandel scheinbar ausgeschlossen.

Neben Lübeck treten im preußisch-hansischen Rheinweinhandel namentlich die Städte der Niederlande, in zweiter Linie auch Englands hervor. Bei diesen Weinsendungen handelt es sich um den direkten Seeweg; der Wein ging von Köln rheinabwärts nach Flandern, Holland und von dort nach Preußen. Der letzte Hafen, von dem das Schiff ausgelaufen war, galt dann als Ursprungsland der Waren, die es geladen hatte. Allgemein hatten Flandern und Brabant für Preußen eine große handelspolitische Bedeutung; in Brügge war der Brennpunkt des ganzen westeuropäischen Handels, weshalb eine preußische Vertretung dort von Wichtigkeit war; ferner war Preußen und mit ihm das ganze Ostseegebiet auf die Produkte des flandrischen Gewerbefleißes, namentlich auf die flandrischen Tuche, angewiesen. Da die Preußen in Flandern und Brügge als Mitglieder der Hanse auftraten, so kann man sich auf eine spezialisierte Betrachtung des Danziger Handels mit den nördlichen Nederlanden beschränken, zumal da der Weinhandel mit den Städten Flanderns, es kommen eigentlich nur Brügge mit Sluys und Antwerpen in Betracht, äußerst gering war. Die Städte der nördlichen Niederlande treten in dieser Beziehung mehr hervor. Für den holländisch-preußischen Handel ist die Tatsache in Rechnung zu ziehen, dass in Danzig seit alters her zahlreiche Holländer ansässig waren und dadurch der Handel zwischen beiden Gebieten sich bedeutend ausdehnen konnte.

Von Holland setzte der Rheinweinhandel, der von Köln aus in das ganze niederrheinische Wirtschaftsgebiet ausstrahlte, seinen Weg in die Ostsee meistenteils zu Schiff fort, da der Landübergang an der Weser und Elbe an der Ungunst der örtlichen Verhältnisse einen mächtigen Widerstand fand. Die starke Weineinfuhr aus holländischen Häfen nach der Ostsee erklärt sich zur Genüge aus dem Zusammentreffen der Weintransporte von Köln und der französischen aus la Rochelle und der Baie. Dieser Handel wurde noch um so mehr gefördert, als sich Utrecht, Geldern und Oberyssel von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts als Mitglieder der deutschen Hanse betrachteten und durch Teilnahme und Verleihung von den Handel begünstigenden Privilegien in engerer Handelsverbindung mit den Städten der Ostsee blieben.

Für Weineinfuhr nach Preußen kommen von holländischen Städten in Betracht : Amsterdam, Dordrecht, Terschelling. Enkhuizen am Zuidersee, Zierikzee auf Schowen im Mündungsgebiet des Rheins; allgemein die Grafschaft Holland, Kampen, Stavoren und Friesland. Von 1474 — 1476 wurden nach Danzig verschifft: 60 Pipen Poitouwein, von diesen kamen 51 aus Amsterdam, 4 aus Seeland, 3 aus Zierikzee und 2 aus Enkhuizen. Haupthandelsplatz für Wein ist Amsterdam, denn die Häfen am Zuidersee wurden nur von Schiffen, die nicht vom Rhein kamen, angelaufen, um sich zu verproviantieren; die Angaben über die von dorther kommenden kleinen Weinladungen sind daher ziemlich belanglos. Der Handel mit Poitouwein übertrifft den mit allen anderen Weinsorten bei weitem; schon der Rheinwein tritt hiergegen bedeutend zurück. An Romaniewein kommen 1476 acht Botten aus Amsterdam und eine Botte aus Dordrecht; an Malvasier 1/2 Botte aus Dordrecht; Kampen ist mit einer Einfuhr von 10 Stück Wein ohne nähere Angabe der Sorte vertreten. Allgemein ist aus den überaus verstreuten und teilweise auch ungenauen Angaben über die Weinarten ein ausgesprochener Handelsweg oder die Herausbildung bestimmter Plätze für die verschiedenen Sorten nicht zu bemerken; so gewaltige Handelszentren wie Brügge und Köln verwirrten die bis dahin regelmäßigen Handelswege, so dass eine Detaillierung unmöglich durchzuführen ist. Nur so viel steht fest, dass in den Niederlanden mit Unterstützung von Köln ein großer Weinmarkt für nahezu ganz Europa war.

Einen ähnlichen Mittelpunkt, nur in kleinerem Maßstabe, bildete Danzig für den Norden und Osten Europas. Bis hierher ging der Weinhandel direkt, um sich dann nach allen Richtungen zu verzweigen: zum Teil zurück, um die Städte der pommerschen Küste zu versorgen, zum Teil nach Norwegen und Schweden, endlich nach Riga und Reval und von dort nach Russland. Für Polen kommt die Weichselschifffahrt und das feste Thorn als Stützpunkt des litauischen und polnischen Weinhandels in Betracht, der über diese Stadt einen nahezu reinen Landweg nach Russland fand.

Der Landhandel von Lübeck nach Danzig ging der Ostseeküste entlang über Rostock, Stralsund, Greifswald. Stettin und Kolberg; er kommt für Wein nicht in Betracht. Nur Kolberg und Stettin sind im Verkehr mit Danzig Ausfuhrplätze für den im Mittelalter am ganzen Gestade der Ostsee und weit im Litauischen und im Polnischen verbreiteten Wein aus Guben, dem sogenannten Gobynischen Wein. Dieser Wein war in seiner Heimat außerordentlich beliebt, dazu sehr billig; unter den Rechnungen des deutschen Ordens finden sich 1406 6 Fass Gobynischer Wein mit nur 20 Mark angegeben . Im Vergleich damit ist der Rheinwein ungefähr zehnmal so teuer. Der Gobynische Wein und namentlich die preußischen Landweine aus der Gegend um Thorn wurden vielfach nach Polen und Russland exportiert: 1490 verließen 2 Fass Gubener Wein den Danziger Hafen, wahrscheinlich in der angegebenen Richtung. Gubener Wein wurde im Jahre 1475 in Danzig importiert aus Stettin: 50 Fuder, aus Kolberg 1474: 3 Fuder; außerdem aus Stettin 1474 und 1475 zusammen 71 Fuder und 2 Fass Wein ohne Angabe der Sorte. Auch nach Königsberg erstreckte sich der Stettiner Handel; wir hören im Jahre 1456 von der Strandung eines Schiffes, das von Stettin kam, nach Königsberg bestimmt war und 24 1/2 Fuder Wein geladen hatte. Diese bedeutenden Quantitäten lassen auf einen sehr regen Handel mit diesem Wein schließen.

Der Weinhandel von Danzig nach Schweden, Norwegen und Dänemark war sehr gering, da einmal das Bier hier bevorzugt wurde und dann die Bevölkerung zu arm war, um sich ein Luxusprodukt, wie Wein es war, zu kaufen. Die Schifffahrtsregister geben über eine Ausfuhr von Wein nach Skandinavien, ebenso wie nach Finnland, das damals mit Schweden verbunden war, keinen Ausweis. Nach Hirsch soll Danzig nach Skandinavien namentlich Poitou- und Romaniewein exportiert haben; Quellenangaben fehlen allerdings hierüber. Außerdem ist auch nur anzunehmen, dass Danziger Schiffe direkt vom Ursprungsland den Wein nach Skandinavien gebracht haben. Nach Dänemark war der Danziger Schiffsverkehr überhaupt gering; Wein findet sich nicht unter den Waren. Er wird nur in den Schadensverzeichnissen aufgeführt, welche die Dänen als Seeräuber veranlassten. Natürlich war der Wein, von dem wir auf diese Weise Kenntnis erhalten, bei weitem nicht immer für Dänemark bestimmt, sondern befand sich meistens auf dem Wege nach Osten. Beispielshalber sei ein Schadenverzeichnis von 1462 angeführt, das auch für die Mannigfaltigkeit der Sorten im damaligen Weinhandel lehrreich ist: es wurden als verloren angegeben: 5 1/2 Pipen Wein, Eigentum zweier Danziger Schiffer; ferner 2 Pipen Gascogner Wein, 2 Fässer Bastert, Fässer Malvasier und 2 1/2 Fässer griechischer Wein; ein anderer Danziger Bürger büßte Wein im Werte von 100 Kronen ein; der Wert des Malvasiers belief sich insgesamt auf 240 Mark. Die Danziger erwiderten diese Beraubungen ihrerseits mit Repressalien; sie nahmen im Jahre 1458 ein Schiff weg, das von Kopenhagen nach Reval unterwegs war und unter seiner Ladung 4 Pipen Wein hatte.

Von großer Wichtigkeit war Danzig für den hansisch-russischen Handel, soweit er sich auf die heutigen russischen Ostseeprovinzen erstreckt. Es kommen hier namentlich Reval und Riga in Betracht; von diesen Städten aus wurden dann die Waren auf den russischen Markt gebracht. Das Hinterland zu Reval und Riga bildete Nowgorod, ein uralter Freistaat, der seit alters her die Rohprodukte des inneren Russland mit Benutzung des Wolchow, des Ladogasees und der Newa nach Wisby brachte. Mit der Verbreitung hansischen Handels in Livland und Estland rissen die Hansen diesen Handel, der bis dahin von den Russen besorgt war, ebenfalls ganz an sich. Seit dieser Zeit beginnt die hansische Epoche in Nowgorod.

Die Weinausfuhr nach Livland und Estland wurde außer von Danzig, auch von Lübeck betrieben. Schon frühzeitig bestand eine direkte Verbindung zwischen Lübeck und Riga, an der auch die Weintransporte beteiligt waren. Später bildeten sich in Lübeck Handelskompanien für den Handelsverkehr nach dem Osten heraus, von denen die der Rigafahrer, scheinbar die älteste, eine große Bedeutung erlangte. Der Hauptanteil Lübecks am rigaischen Weinhandel fällt in nachhansische Zeit; eine rigaische Zollrolle vom Ende des 17. Jahrhunderts führt alle bekannten mittelalterlichen Weinsorten an: Rheinwein, Poitouwein, Malvasier, Bastart und Romanie. Über die direkten Handelsbeziehungen Lübecks mit Reval liegen bessere Belege in Zollbüchern und Zollquittungen vor, die den Zeitraum von 1373 — 1384 umfassen und für den Weinhandel zwischen Lübeck und Reval einige Schlüsse zulassen. Der Revaler Export und Import war an sich sehr bedeutend und belief sich in dem angegebenen Zeitraum auf einen durchschnittlichen jährlichen Umsatz von einer Milhon Mark in unserem Gelde; doch war er hierbei erheblichen Schwankungen ausgesetzt: 1379 erhob er sich auf 2.160.404 Mark, während er 1381 auf 745.237 Mark sank. Bei der sichtlich unvollständigen Angabe des Schiffsverkehrs — er schwankt zwischen 8 Schiffen im Jahre 1379 und 47 Schiffen im Jahre 1384 — lässt sich Genaueres über die Weineinfuhr, von einzelnen Notizen abgesehen, nicht sagen. Ein direkter Handel zwischen Lübeck und Reval ist aus dem Jahre 1454 nachweisbar; unter der Ladung eines lübischen Schiffers, die nach Reval bestimmt war, befanden sich 7 Stück roten Messweines und 1 Bota Romanie; 1387 lief in Reval ein Schiff eines Kölner Bürgers ein, das 54 Stück Wein im Werte von 4.400 Rheinischen Gulden geladen hatte.

Mit diesen dürftigen Notizen wären die sicheren Angaben über einen lübischen Handel oder überhaupt eines Handels von Westen her erschöpft.

Besseren Anhaltspunkt für den Weinhandel mit Livland und Estland gibt Danzig durch seine Schiffstabellen. Die Zahl der aus Reval in Danzig angekommenen Schiffe betrug in den Jahren 1474—1476 insgesamt 31 ; die aus Riga 13. Bedeutend für den Weinhandel war außerdem Abö in Finnland, das nicht weniger als 56 Schiffe in der angegebenen Zeit nach Danzig sandte; sie brachten ausschließlich Naturprodukte wie Felle, Fische und Tran. Die Zahl der Schiffe, die von 1490—1492 Danzig verließen, war beträchtlich geringer; nach Abö immerhin noch 11, nach Reval 3 und nach Riga nur 2. Auf diesen Schiffen wurden ausschließlich rote Weine verfrachtet: nach Reval 3 Pipen Poitouwein, 2 Pipen Bastart, 2 Pipen Romanie, 1/2 Fass Malvasier; nach Riga 1 Fass Malvasier, nach Abö 4 Stück Poitouwein. Diese Weine wurden dann von Riga und Reval aus durch Kaufleute, die mit Danziger Firmen in Verbindung standen, nach Russland weiter vertrieben; das beweist der Umstand, dass in den Beschwerden der Russen über Weinverfälschungen nur von französischen und anderen „heißen“ Weinen die Rede ist, die nach den obigen baltischen Häfen exportiert wurden.

Von Riga aus stand dem Handel durch den Wasserlauf der Düna das ganze diesen Fluss umgrenzende Gebiet offen mit seinen damals wichtigen Handelsplätzen Dünaburg, Polozk und Witebsk.

Im Anschluss an das Aufblühen der baltischen Städte hatte sich Nowgorod ebenfalls als Handelsplatz ersten Ranges entwickelt; schon 1191 ist ein Verkehr Nowgorods mit deutschen Kaufleuten nachweisbar. Aus dem Jahre 1269 datiert das große Privileg, das den Handel zwischen Russen und Deutschen im einzelnen regelt. Auf dem dortigen Peterhof fand der Austausch zwischen den Erzeugnissen des ganzen russischen Reiches, unter denen das Pelzwerk die bedeutendste Rolle spielte, mit den Erzeugnissen der westlichen Industrie und des westlichen Gewerbefleißes statt.

Auch der Wein hielt bald nach Gründung des hansischen Kontors seinen Einzug. Immerhin muss er im Handel sehr zurückgetreten sein; denn genaue Angaben lassen sich aus Mangel an urkundlichen Nachrichten nicht machen. Es ist aus den gelegentlichen Beschwerdeschriften der Russen nur einiges über die Ausdehnung des Handels und die Arten des Weines zu entnehmen. Eine solche Beschwerdeschrift ist aus dem Jahre 1337 erhalten, in der der deutsche Kaufmann in Nowgorod über Weinpanscherei der Russen Klage führt; es handelt sich wahrscheinlich um den Verkauf von Gewürzweinen an Stelle von reinem Wein; das an dieser Stelle gebrauchte Wort „cryderewine“ kann kaum eine andere Bedeutung haben. Um solche Weinverfälschungen handelt es sich auch in der Zusammenkunft der livländischen Städte in Dorpat im Jahre 1402, die veranstaltet wurde, um eine Beschwerde bei der Versammlung der gemeinen Städte in Lübeck vorzubereiten, weil sich die russischen Kaufleute aus Nowgorod und Pskow bei ihnen über die Verfälschung der süßen Weine und die Kleinheit der Gefäße beklagt hatten. Hier erscheinen auch die süßen Weine wieder, die beinahe ausschließlich von Danzig aus nach Livland und Estland exportiert wurden und von dort ihren Weg nach den Handelsplätzen Russlands fanden. Im Jahre 1406 erließ der deutsche Kaufmann in Brügge als Antwort auf eine gleiche Klage ein Gebot, den Wein nicht mehr zu verfälschen und Gefäße von richtiger Größe zu benutzen. Interessant ist dabei die Tatsache, dass in diesem Falle die livländischen Kaufleute in Brügge selbst erschienen waren, um ihre Klagen zu vertreten. Demnach musste der Handel von großer Bedeutung sein, wenn sich eine so weite Reise verlohnte.

Es erübrigt noch, die Flussverbindungen zu betrachten, mit Hilfe deren bisweilen Wein nach Polen, Litauen und weiter nach Ungarn verfrachtet wurde. Auch hier sind die fragmentarischen Nachrichten nicht imstande, eine erschöpfende Darstellung zu geben.

Für den Weg nach Polen stand die Benutzung von zwei Flussläufen offen, der Weichsel und der Warthe. Die Weichsel wurde ohne Zweifel viel benutzt im Verkehr zwischen Danzig und den landeinwärts gelegenen Städten des deutschen Ordens, unter denen Thorn den ersten Platz einnahm. Thorn selbst baute viel Wein und ist als der Ursprungsort für den preußischen Landwein zu betrachten; große Weingärten umgaben die Stadt und schon frühzeitig war der Weinzapf in der Stadt wohl organisiert. Ohne Zweifel hat ein direkter Weinverkehr zwischen Thorn und Danzig bestanden, er ist aber urkundlich nicht nachweisbar; für die Verbreitung des thornschen Weines spricht die Tatsache, dass der Kommandant der hansischen Besatzung in Stockholm Herman van der Halle, im Jahre 1395 zwei Lasten thornschen Weines und später noch drei Lasten bestellt; auch preußischer Landwein wird einmal genannt. Da Thorn durch direkte Handelsstraßen mit Guben und auch mit Breslau verbunden war, so könnten auch gubenscher Wein und die schlesischen Landweine mit Benutzung dieser Wege nach der Ostsee gebracht worden sein. Einen Weintransport auf der Weichsel beweist eine Urkunde von 1459; nach dieser ist ein Danziger Schiffer mit seinen Schiffen, die einige Fuder Wein geladen hatten, bei Wollin gestrandet.

Der zweite Weg nach Polen folgte dem Laufe der Warthe. Im Jahre 1390 verleiht König Wladislaw von Polen den Kaufleuten aus Lübeck, Hamburg, Wismar, Rostock, Frankfurt a. O., Landsberg ein Verkehrsprivileg für sein Land; gleichzeitig hatte er eine Handelsstraße mit Benutzung der Warthe nach Krakau anlegen lassen. Auf dieser wurden von 1 Fass Wein, Malwasier, Granate „oder anderen starken Weinen“ 6 Heller polnisch Zoll erhoben. Bemerkenswert ist wieder die Anführung nur „starker“ Weine, die die Vorliebe der östlichen Handelsgebiete für diese Weinsorten beweist. Im Jahre 1390 scheint eine allgemeine Regelung des hansisch-polnischen Verkehrs stattgefunden zu haben, der nach dem Stralsunder Frieden 1370, namentlich in den östlichen Teilen der Ostsee, an Festigkeit zugenommen hatte. Russische und polnische Kaufleute zogen mit ihren Waren nach Westen, so dass die Städte Pommerns sich genötigt sahen, diesem wachsenden Handel mit Zollbeschränkungen zu begegnen. Die polnischen Kaufleute brachten die Erzeugnisse ihres Landes, Naturalien, Felle, Pelze, in die pommerschen Häfen, namentlich Stralsund, und tauschten dagegen Industrieprodukte und Kolonialwaren ein, unter letzteren befanden sich auch in großen Mengen „starke Weine“. Es ist anzunehmen, dass diese Weine auf dem Wasserwege durch preußische Schiffer, z. B. nach Stralsund, gebracht wurden; wenigstens stellt Stralsund 1390 einen Zolltarif für „Wein aus Granada, Malvasierwein und andere starke Weine, die aufwärts geführt werden“, auf, und zwar für die Kaufleute aus Polen, Ungarn, Litauen und Ruthenien; sie hatten von jedem Fass 6 Pfennige Zoll zu entrichten. Unter „aufwärtsführen“ kann nur die Fahrt durch das kleine und große Haff, die Oder aufwärts, verstanden werden; sie gelangten dann in die Warthe und von hier aus auf die Handelsstraße nach Krakau. Ebenfalls im Jahre 1390 wurden die Kaufleute aus Krakau, Polen usw. vom Herzog Bogislaw IV von Pommern von Abgaben in seinem Lande befreit; sie hatten nur in den pommerschen Städten einen Weinzoll von 2 Schillingen für das Fass zu entrichten: Granada- und Malwasierwein ,,edder welkerhande wyn yd zi“.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Weinhandel im Gebiete der Hanse im Mittelalter