Köln zur deutschen Kaiserzeit unter seinen Erzbischöfen
Erzbischof Bruno, mit dem Beinamen der Große, dritter Sohn Heinrich des Voglers und Bruder Kaiser 0ttos I. (953 — 965) war wohl der erste Bischof der kölnischen Kirche, der mit der geistlichen Macht über seine Diözese auch den größten Teil der weltlichen zu vereinigen gewusst. Er hatte von Jugend auf die ausgezeichnetste Erziehung genossen und Männer wie die Bischöfe Jsrael von Scotigena, Balderik von Utrecht und sogar mehrere griechische Koryphäen der Wissenschaft waren seine Lehrer. Kaiser Otto zog ihn an seinen Hof und umgab Bruno sich bald mit einem Kreise von Gelehrten, die er aus allen Ländern der damaligen zivilisierten Welt zu wählen verstand. Er selbst aber nahm als Dichter, Schriftsteller und Philosoph eine der ersten Stellen unter ihnen ein, wobei er aber stets ein Muster der Bescheidenheit und des Frommsinnes blieb. Als Erzbischof von Köln und Erzkanzler seines Bruders wurde er von diesem im Jahre 954 zum Herzoge von Lothringen ernannt und ihm die Verteidigung des Landes gegen Conrad, den aufrührerischen Schwiegersohn des Kaisers, übertragen. Seine Statue, vom Bildhauer Anton Werres aus Köln verfertigt, ziert, die Bischofsmütze rechts zu Füssen und das Schwert in der Linken haltend, die linke Ecke des Portalgiebels am neuen Museum. Bruno gründete die St. Pantaleons- Abtei, und baute (wie früher bemerkt) aus den Trümmern der um 955 zerstörten Constantinsbrücke die Pantaleonskirche, in welcher die Kaiserinnen Teophania (daher der Name der hinter St. Pantaleon neu erbauten Strasse) und Mathilde begraben liegen, und regierte mit seinem Krummstabe über mehrere schönen Länderteile längs des Rheines, die er durch seine usurpierte weltliche Macht seiner Kirche vor und nach unterworfen hatte. Er verschaffte der Stadt und seinem Stifte große Freiheiten und Vorrechte; aber seine und seiner Nachfolger Behauptung, dass dieselben ein freier Ausfluss der bischöflichen Gnade seien, und deshalb willkürlich geschmälert oder gedeutelt werden könnten, gab in der Folge Veranlassung zu mancherlei Streitigkeiten, da die bischöflichen Untertanen, eine kräftige Bürgerschaft und ein derbes Bauerntum, dies bereitwillig anzuerkennen und einzusehen sich nicht bequemen wollten. Diese Meinungsverschiedenheit und das daraus entsprungene gespannte Verhältnis sind hauptsächlich Ursache der vielen Kämpfe gewesen, die in der kölnischen Kirche zwischen Hirt und Herde so vielfach geführt worden sind.
Der große Bischof Anno, der Erzieher Kaiser Heinrichs IV. und während dessen Minderjährigkeit als Erzbischof von Köln zugleich Verweser des deutschen Reiches (bis 1073) wurde auch mit der unter seiner Regierung so kräftig blühenden Reichsstadt in die verdrießlichsten Fehden verwickelt. Als nämlich seine Diener sich des Schiffes eines kölnischen Kaufherren gewaltsam bemächtigen wollten, um damit Annos Gast, den Bischof von Münster seiner Heimath entgegen zu fahren, erregte der Sohn des Kaufherrn die Gemüter der ihren strengen Bischof nur fürchtenden Bürger der Art auf, dass man allgemein zu den Waffen griff, den bischöflichen Palast erstürmte und plünderte, die Fenster einwarf, mehrere Diener verwundete und einige sogar tötete. Der Bischof floh erst in den Dom und dann verkleidet nach Neuss. Die empörten Bürger wüteten noch mehrere Tage gegen die Anhänger Annos, bis dieser mit bewaffneten Landbewohnern seiner Erzdiözese vor den Toren der Stadt erschien. Auf die Drohung, die Stadt zu verbrennen, wurden ihnen die Tore geöffnet. Als Sieger einziehend, hielt er sofort über die Urheber der Revolution ein strenges Gericht. — Köln verdankt diesem Bischofe den Bau der Annoburg (jetzt Georgsstraße Nr. 7.) und der St. Georgs Kirche. Der unverhältnismäßig kolossale Turm, so kühn und trotzend in die Straße tretend, erregte bei den Kölnern die Meinung, der Erzbischof habe denselben mehr als Kriegsveste wie als Kirchturm erbaut.
Als sich nach Annos Tode König Heinrich V. gegen seinen Vater, Kaiser Heinrich IV. empörte, und letzterer nach einer verlorenen Schlacht Schutz und Hilfe bei den Kölnern suchte, wurde ihm, der in Köln erzogen und von den Bewohnern als Mitbürger betrachtet wurde, diese nicht nur gewährt, sondern seinetwegen und nach seinem Plane die Stadt mit riesigen Wällen, Gräben und Türmen der Art versehen, dass sie nicht nur allen Angriffen des unnatürlichen Sohnes widerstand, sondern derselbe sich auch nach einer langwierigen Belagerung beschämt aber Rache brütend zurück ziehen musste. Diese hätte Köln getroffen, als nach dem Tode das verwirrte Reich sich dem Sohne unterwarf. Kölns Bürger taten dies nicht, sondern erklärten, lieber unter den Trümmern ihrer Mauern zu sterben, als sich auf Gnade oder Ungnade dem dieses verlangenden neuen Kaiser zu ergeben, trotzdem derselbe (später noch unter dem Papste Paschalis II. mit dem Bannfluche bestraft) mit der gesammten Reichsarmee die Stadt umzingelt hielt. Die Schwierigkeit des Unternehmens erkennend, nahm Heinrich endlich die ihm von der Stadt gebotenen 6.000 Pfd. Silber an, und hob die Belagerung auf.
Bemerkenswert in der Reihe der Kölner Erzbischöfe ist noch der von 1161 bis 1167 regierende Reinold von Dassel, der vom Kaiser Friedrich für geleistete Kriegshilfe die Gebeine der h. 3 Könige erhielt. Die Chronik erzählt darüber Folgendes: Diese Gebeine befanden sich in Mailand in einem Nonnenkloster. Der Kölner Erzbischof spekulierte darauf, und versprach der Äbtissin des Klosters, ihren Bruder, den Bürgermeister von Mailand, dem der Kaiser den Tod geschworen, zu retten, wenn sie ihm die Gebeine der h. 3 Könige zum Geschenke übermache. Nach der Übergabe der Stadt soll der Erzbischof für die Äbtissin das vom Kaiser erbeten haben, was sie auf ihren Schultern aus der Stadt tragen würde. Der Kaiser gewährte dies, sie trug ihren Bruder hinaus, dieser wurde vom Tode gerettet und Reinold erhielt die versprochenen Reliquien. Sie wurden im Jahre 1164 nach Köln gebracht, und von der gesamten Geistlichkeit und Bürgerschaft in feierlichstem Zuge empfangen und zum Dome geführt. Diese bedeutsamen Reliquien waren von der größten Wichtigkeit für die heilige Stadt und dokumentierte sie diese Wichtigkeit für ewige Zeiten durch Aufnahme der drei Kronen in das oberste Feld des stadtkölnischen Wappens.
Köln war zu dieser Zeit die bedeutendste Stadt des deutschen Reiches und wurden alle wichtigen Beratungen in Reichs- und Kirchenangelegenheiten dort abgehalten. Am 1. März 1198 wurde Otto IV. von den in Köln versammelten Reichsständen zum Könige gewählt. Im Jahre 1218 rüsteten die Kölner ungefähr 300 Schiffe ans, um, nachdem sie in Gemeinschaft mit den Friesen erst in Portugal die Mauren besiegt, an einem Kreuzzuge Theil zu nehmen. Johann, der christliche König von Jerusalem, machte darauf 1224 einen Besuch beim Erzbischof Engelbert I., und wurden ihm zu Ehren von den Kölnern die großartigsten Feste bereitet. Erzbischof Engelbert war einer der bedeutendsten Männern seiner Zeit, wie des erzbischöflichen Stuhles von Köln. Als Sohn des Grafen Engelbert von Berg, (dessen Brüder, Friedrich und Bruno schon vor ihm den kölnischen Bischofssitz verwaltet,) und Margaretha, Tochter des Grafen Heinrich von Geldern, wurde er im Jahre 1185 geboren. Ausgezeichnet durch Schönheit an Körper wie an Geist, erregte er als Jüngling allgemeines Aufsehen unter den Genossen seiner Zeit. Außer mehreren Präbenden, die er schon in frühester Zeit erhielt, wurde er in seinem 18. Jahre zum Bischofe von Münster erwählt, wollte aber in seiner Bescheidenheit damals noch nicht die Kraft in sich fühlen, dieses so wichtige und schwierige Amt zu übernehmen. Im Jahre 1215 bestieg er den erzbischöflichen Stuhl von Köln. Allerlei weltliche Wirren und Thronstreitigkeiten im Reiche, in die auch seine Vorgänger durch wechselnde Parteinahmen sich verwickelten, und in Folge deren Erzbischof Theodorich durch den päpstlichen Legaten, den Erzbischof Siegfried von Mainz, seiner Würde entsetzt worden war, gingen seiner Thronbesteigung vorher. Kaum aber im Besitze seiner erzbischöflichen Macht wurde er in ähnliche Fehden wegen eigenen Erbschaftsangelegenheiten hineingezogen, indem Irmengard, die Tochter seines im Morgenlande verstorbenen Bruders, Adolph IV. von Berg, nach dem Tode ihres Vaters die Grafschaft als ihr Erbe beanspruchte, was Engelbert mit Klugheit, Energie und Gewalt, gestützt auf das salische Gesetz, wonach weibliche Nachkommen von der Erbfolge ausgeschlossen sind, zu vereiteln verstand.
Am Hofe des Kaisers Friedrich war Engelbert, so oft er dort erschien, die geachtetste Person. Der Kaiser übertrug ihm sogar später die Verwaltung aller Reichsgeschäfte diesseits der Alpen, sowie die Vormundschaft über seinen Sohn, den er auch zu Aachen 1222 zum Könige salbte und dann durch verschiedene Teile des Reiches führte, überall Ordnung und Friede stiftend, um Handel und Kunst, Gewerbe und Ackerbau zu fördern und zu beleben. Ein von ihm auf den Wunsch des Papstes und des Kaisers unternommenes Friedenswerk kostete leider diesen erhabenen Kirchenfürsten sein Leben. Sein Verwandter, Graf Friedrich von Isenburg, Schutzherr des unmittelbar unter dem Reichsoberhaupte stehenden reichen Stiftes von Essen, verfuhr gegen Land und Volk mit einer Willkür und Tyrannei, die sogar für die damalige Zeit zu empörend erschien. Engelbert kam mit ihm und mehreren andern geistlichen und weltlichen Herren in Soest zusammen, um den Grafen durch Güte oder Strenge auf andere Wege zu bringen. Drei Tage der Friedensunterhandlungen reichten nicht hin, um Friedrich zu bekehren; endlich ging er scheinbar auf alle Vorschläge und Wünsche Engelberts ein und nachdem er vernommen, dass letzterer bei seiner Rückreise in Schwelm eine Kirche einzuweihen versprochen, und er die Zeit der Abreise und die Wege Engelberts zuverlässig erfahren hatte, lies er ihn bei Anbruch der Nacht in einem Hohlwege an dem Gevelsberge bei Schelm von seinen Trabanten meuchlings überfallen und auf eine so grausame Weise ermorden, dass 47 Wunden, kleinere Stiche gar nicht mitgerechnet, an seinem verstümmelten Körper aufgezählt worden sind. Dies geschah am 7. November 1225, an welchem Tage die Kirche noch heute sein Andenken als das eines Heiligen und Märtyrers verehrt. — Sein Vorhaben, an Stelle des am Anfange des 13. Jahrhunderts so sehr in Verfall geratenen damaligen Kölner Domes einen der großartigsten Tempel der Christenheit zu erbauen, wozu schon die Einleitungen getroffen worden waren, wurde ebenfalls durch seinen plötzlichen Tod zwar vereitelt, dagegen von seinem Nachfolger, dem Erzbischof Conrad von Hochstedten, in der imposantesten Weise ausgeführt.
Engelberts Statue, zugleich mit der des großen Bischofs Bruno vom Bildhauer Anton Werres aus Köln verfertigt, ziert als Seitenstück zu genannter, seit dem 10. Mai 1862 die westliche Ecke des Portalgiebels am neuen Museum.
Im Mai 1235 hielt die englische Prinzessin Isabella, als erwählte Gemahlin Kaiser Friedrichs II. ihren Einzug in die Stadt, und legte Köln durch den Glanz und die Pracht der angeordneten Festlichkeiten den Beweis seines Wohlstandes und Reichtumes an Tag. Dieses für Kölns Geschichte denkwürdige Ereignis wurde noch kürzlich durch ein prachtvolles Wandgemälde von Maler Schmitz aus Frankfurt in dem kleinern Saale des Gürzenichs treffend dargestellt.
Der Name des zu jener Zeit regierenden Erzbischofs Conrad von Hochstedten (1237 —1261) wird in der Chronik Kölns nie untergehen, weil er der Gründer des jetzigen Domes war. Der Grundstein zu demselben wurde von ihm am 15. August 1248, am Tage Maria Himmelfahrt gelegt. Der Fortbau geriet aber leider bald ins Stocken, weil der Ausbruch erneuter Zwistigkeiten zwischen Bischof und Volk einen Kampf herauf beschwor, der das großartige Unternehmen in Stillstand versetzte. Diese unseligen Kämpfe, oftmals angeschürt und bis zum Bürgerkriege entflammt, in deren Folge Erzbischof Engelbert II. später sogar genötigt wurde, seinen Wohnsitz von Köln nach Bonn, (welches von da ab die Residenz mehrerer seiner Nachfolger blieb) zu verlegen, waren eine Schattenseite der Regierung durch die Kölner Erzbischöfe. Sie dauerten fast durch die ganze damalige Zeit hindurch, bis endlich in der Schlacht bei Worringen (am 1. Juni 1288) die Bürger Kölns mit Hilfe ihrer Bundesgenossen über ihren Erzbischof und seine Verbündeten einen glänzenden Sieg erfochten. Diese Schlacht war für die damalige Zeit eine wirklich blutige zu nennen, indem auf beiden Seiten mit verhältnismäßig großen Massen und seltenem Mute gefochten wurde und wenigstens 10.000 Mann getötet auf dem Platze blieben. Die Erfolge dieser Schlacht bilden für die Stadt Köln einen Wendepunkt in ihrer Geschichte. Ihre früheren, so oft angetasteten reichsstädtischen Freiheiten und Rechte blieben ihr von da ab auf eine lange Dauer von Jahren verbürgt, und in dieser freireichsstädtischen Verfassung lag der fruchtbarste Keim zu ihrer Gewerbtätigkeit und Machtentfaltung, wodurch sie schon längst die volkreichste und mächtigste Stadt um ganzen Rheine war.
Köln hatte sich im Verlaufe der reichsstädtischen Periode in seiner äußerlichen Gestalt bedeutend verändert und erweitert. Der aus seinem Bette in den Hauptstrom entführte Arm des Rheines, an dessen Ufern sich ein bedeutender Gewerbeverkehr gebildet hatte, legte große Flächen unbebauten Bodens frei, von dem der Heu- und Altenmarkt noch bis heute als Plätze geblieben sind. Der Verkehr rückte nun mehr auf die frühere Insel dem jetzigen Rheinufer näher, wodurch die Stadt an Ausdehnung nach dieser Seite hin bedeutend gewann. Zum Schutze dieser neubebauten Flächen wurde südlich der Filzengraben ausgeworfen und am Rheine eine neue Ufermauer bis zum Frankenturm erbaut. Im Norden der Altstadt hatte sich vor dem Pfaffentor eine bedeutende Vorburg unter dem Namen Niederreich (Niederich) gebildet. Die Gegend rechts davon von St. Lupus bis Cunibert, sowie links davon der Strich von St. Andreas, der Marzellenstraße bis zum Eigelsteine waren bevölkerte Distrikte geworden. Vor der Hochpforte, ungefähr auf dem Terrain der jetzigen Pfarre Lyskirchen war ein Dorf unter dem Namen Nothausen entstanden. Südlich davon lagen in der Gegend von St. Severin die Sayner Höfe, woselbst durch eine Gräfin von Sayn, Mechtildis (von der eine dortige neue Straße heut ihren Namen führt) das Kloster Sion erbaut worden war. (Daher die dortige Straßenbenennungen: Sionstal und Sionsstraße.) Seitwärts davon vom Rheine ab, lag das Dorf Diedenhofen und neben diesem die Grafenschaft Cunerich, an die sich weiter nach Norden eine Waldung Dierlo, oder Jungenforst reihte, deren letzter Rest nach das Klöckerwäldchen bei Aposteln war. Statt mit der heutigen Mauer waren diese Distrikte mit tiefen Gräben, an die die heutigen Straßennamen: Catherinen-, Perlen-, Altengraben noch erinnern, geschützt. Einzelne dieser Vorstädte (wie auch einige Klöster, z. B.: St Ursula, St. Pantaleon u. s. w.) umgaben sich (1000 — 1100) mit eigenen Mauern für sich und bildeten eine besondere Kommune, die ihren eigenen Greven, (Bürgermeister) ihre Schöffen und Beisitzer, ihren Schrein und ihr Dinghaus besaßen. Der Erzbischof Philipp von Heinsberg widersetzte sich damals dem Anbau außerhalb der alten Mauern der Stadt. Als aber die Bürger deshalb an den Kaiser appellierten, verfügte dieser, Friedrich I., 1180 von Halberstadt aus mit lakonischer Unparteilichkeit, dass kein Teil beeinträchtigt werden solle, und erlaube er den Bürgern: 1. außerhalb der Stadt Häuser zu errichten, wenn sie dem Erzbischofe den üblichen Grundzins bezahlten, und 2. Gräben oder Mauern um die Vorstädte zu bauen, wenn sie die Kosten trügen. In derselben Urkunde gewährte und bestätigte er die nämlichen Rechte, Frei- und Gewohnten für die Bürger in- wie außerhalb der Mauern der Stadt, ohne dass jedoch die kaiserlichen, bischöflichen und kirchlichen Gerechtsame geschmälert werden dürften.
Nachdem sich die nördliche Vorburg, der Niederich, schon früher mit einer eigenen Mauer umgeben hatte, kam man endlich auf den Einfall, die sämtlichen Vororte durch eine neue starke und feste Stadtmauer mit der Altstadt zu vereinigen. Durch diese zweite, noch jetzt bestehende Ummauerung, unter dem genannten Erzbischofe Philipp von Heinsberg von 1170 bis 1206 größtenteils ausgeführt, erhielt Köln seine jetzige Gestalt. Der an der südlichen Spitze der Stadt gelegene prachtvolle Bayenturm wurde aber von Erzbischof Engelbert II. Grafen von Falkenburg, (1261 — 1275) erbaut.
Der große Bischof Anno, der Erzieher Kaiser Heinrichs IV. und während dessen Minderjährigkeit als Erzbischof von Köln zugleich Verweser des deutschen Reiches (bis 1073) wurde auch mit der unter seiner Regierung so kräftig blühenden Reichsstadt in die verdrießlichsten Fehden verwickelt. Als nämlich seine Diener sich des Schiffes eines kölnischen Kaufherren gewaltsam bemächtigen wollten, um damit Annos Gast, den Bischof von Münster seiner Heimath entgegen zu fahren, erregte der Sohn des Kaufherrn die Gemüter der ihren strengen Bischof nur fürchtenden Bürger der Art auf, dass man allgemein zu den Waffen griff, den bischöflichen Palast erstürmte und plünderte, die Fenster einwarf, mehrere Diener verwundete und einige sogar tötete. Der Bischof floh erst in den Dom und dann verkleidet nach Neuss. Die empörten Bürger wüteten noch mehrere Tage gegen die Anhänger Annos, bis dieser mit bewaffneten Landbewohnern seiner Erzdiözese vor den Toren der Stadt erschien. Auf die Drohung, die Stadt zu verbrennen, wurden ihnen die Tore geöffnet. Als Sieger einziehend, hielt er sofort über die Urheber der Revolution ein strenges Gericht. — Köln verdankt diesem Bischofe den Bau der Annoburg (jetzt Georgsstraße Nr. 7.) und der St. Georgs Kirche. Der unverhältnismäßig kolossale Turm, so kühn und trotzend in die Straße tretend, erregte bei den Kölnern die Meinung, der Erzbischof habe denselben mehr als Kriegsveste wie als Kirchturm erbaut.
Als sich nach Annos Tode König Heinrich V. gegen seinen Vater, Kaiser Heinrich IV. empörte, und letzterer nach einer verlorenen Schlacht Schutz und Hilfe bei den Kölnern suchte, wurde ihm, der in Köln erzogen und von den Bewohnern als Mitbürger betrachtet wurde, diese nicht nur gewährt, sondern seinetwegen und nach seinem Plane die Stadt mit riesigen Wällen, Gräben und Türmen der Art versehen, dass sie nicht nur allen Angriffen des unnatürlichen Sohnes widerstand, sondern derselbe sich auch nach einer langwierigen Belagerung beschämt aber Rache brütend zurück ziehen musste. Diese hätte Köln getroffen, als nach dem Tode das verwirrte Reich sich dem Sohne unterwarf. Kölns Bürger taten dies nicht, sondern erklärten, lieber unter den Trümmern ihrer Mauern zu sterben, als sich auf Gnade oder Ungnade dem dieses verlangenden neuen Kaiser zu ergeben, trotzdem derselbe (später noch unter dem Papste Paschalis II. mit dem Bannfluche bestraft) mit der gesammten Reichsarmee die Stadt umzingelt hielt. Die Schwierigkeit des Unternehmens erkennend, nahm Heinrich endlich die ihm von der Stadt gebotenen 6.000 Pfd. Silber an, und hob die Belagerung auf.
Bemerkenswert in der Reihe der Kölner Erzbischöfe ist noch der von 1161 bis 1167 regierende Reinold von Dassel, der vom Kaiser Friedrich für geleistete Kriegshilfe die Gebeine der h. 3 Könige erhielt. Die Chronik erzählt darüber Folgendes: Diese Gebeine befanden sich in Mailand in einem Nonnenkloster. Der Kölner Erzbischof spekulierte darauf, und versprach der Äbtissin des Klosters, ihren Bruder, den Bürgermeister von Mailand, dem der Kaiser den Tod geschworen, zu retten, wenn sie ihm die Gebeine der h. 3 Könige zum Geschenke übermache. Nach der Übergabe der Stadt soll der Erzbischof für die Äbtissin das vom Kaiser erbeten haben, was sie auf ihren Schultern aus der Stadt tragen würde. Der Kaiser gewährte dies, sie trug ihren Bruder hinaus, dieser wurde vom Tode gerettet und Reinold erhielt die versprochenen Reliquien. Sie wurden im Jahre 1164 nach Köln gebracht, und von der gesamten Geistlichkeit und Bürgerschaft in feierlichstem Zuge empfangen und zum Dome geführt. Diese bedeutsamen Reliquien waren von der größten Wichtigkeit für die heilige Stadt und dokumentierte sie diese Wichtigkeit für ewige Zeiten durch Aufnahme der drei Kronen in das oberste Feld des stadtkölnischen Wappens.
Köln war zu dieser Zeit die bedeutendste Stadt des deutschen Reiches und wurden alle wichtigen Beratungen in Reichs- und Kirchenangelegenheiten dort abgehalten. Am 1. März 1198 wurde Otto IV. von den in Köln versammelten Reichsständen zum Könige gewählt. Im Jahre 1218 rüsteten die Kölner ungefähr 300 Schiffe ans, um, nachdem sie in Gemeinschaft mit den Friesen erst in Portugal die Mauren besiegt, an einem Kreuzzuge Theil zu nehmen. Johann, der christliche König von Jerusalem, machte darauf 1224 einen Besuch beim Erzbischof Engelbert I., und wurden ihm zu Ehren von den Kölnern die großartigsten Feste bereitet. Erzbischof Engelbert war einer der bedeutendsten Männern seiner Zeit, wie des erzbischöflichen Stuhles von Köln. Als Sohn des Grafen Engelbert von Berg, (dessen Brüder, Friedrich und Bruno schon vor ihm den kölnischen Bischofssitz verwaltet,) und Margaretha, Tochter des Grafen Heinrich von Geldern, wurde er im Jahre 1185 geboren. Ausgezeichnet durch Schönheit an Körper wie an Geist, erregte er als Jüngling allgemeines Aufsehen unter den Genossen seiner Zeit. Außer mehreren Präbenden, die er schon in frühester Zeit erhielt, wurde er in seinem 18. Jahre zum Bischofe von Münster erwählt, wollte aber in seiner Bescheidenheit damals noch nicht die Kraft in sich fühlen, dieses so wichtige und schwierige Amt zu übernehmen. Im Jahre 1215 bestieg er den erzbischöflichen Stuhl von Köln. Allerlei weltliche Wirren und Thronstreitigkeiten im Reiche, in die auch seine Vorgänger durch wechselnde Parteinahmen sich verwickelten, und in Folge deren Erzbischof Theodorich durch den päpstlichen Legaten, den Erzbischof Siegfried von Mainz, seiner Würde entsetzt worden war, gingen seiner Thronbesteigung vorher. Kaum aber im Besitze seiner erzbischöflichen Macht wurde er in ähnliche Fehden wegen eigenen Erbschaftsangelegenheiten hineingezogen, indem Irmengard, die Tochter seines im Morgenlande verstorbenen Bruders, Adolph IV. von Berg, nach dem Tode ihres Vaters die Grafschaft als ihr Erbe beanspruchte, was Engelbert mit Klugheit, Energie und Gewalt, gestützt auf das salische Gesetz, wonach weibliche Nachkommen von der Erbfolge ausgeschlossen sind, zu vereiteln verstand.
Am Hofe des Kaisers Friedrich war Engelbert, so oft er dort erschien, die geachtetste Person. Der Kaiser übertrug ihm sogar später die Verwaltung aller Reichsgeschäfte diesseits der Alpen, sowie die Vormundschaft über seinen Sohn, den er auch zu Aachen 1222 zum Könige salbte und dann durch verschiedene Teile des Reiches führte, überall Ordnung und Friede stiftend, um Handel und Kunst, Gewerbe und Ackerbau zu fördern und zu beleben. Ein von ihm auf den Wunsch des Papstes und des Kaisers unternommenes Friedenswerk kostete leider diesen erhabenen Kirchenfürsten sein Leben. Sein Verwandter, Graf Friedrich von Isenburg, Schutzherr des unmittelbar unter dem Reichsoberhaupte stehenden reichen Stiftes von Essen, verfuhr gegen Land und Volk mit einer Willkür und Tyrannei, die sogar für die damalige Zeit zu empörend erschien. Engelbert kam mit ihm und mehreren andern geistlichen und weltlichen Herren in Soest zusammen, um den Grafen durch Güte oder Strenge auf andere Wege zu bringen. Drei Tage der Friedensunterhandlungen reichten nicht hin, um Friedrich zu bekehren; endlich ging er scheinbar auf alle Vorschläge und Wünsche Engelberts ein und nachdem er vernommen, dass letzterer bei seiner Rückreise in Schwelm eine Kirche einzuweihen versprochen, und er die Zeit der Abreise und die Wege Engelberts zuverlässig erfahren hatte, lies er ihn bei Anbruch der Nacht in einem Hohlwege an dem Gevelsberge bei Schelm von seinen Trabanten meuchlings überfallen und auf eine so grausame Weise ermorden, dass 47 Wunden, kleinere Stiche gar nicht mitgerechnet, an seinem verstümmelten Körper aufgezählt worden sind. Dies geschah am 7. November 1225, an welchem Tage die Kirche noch heute sein Andenken als das eines Heiligen und Märtyrers verehrt. — Sein Vorhaben, an Stelle des am Anfange des 13. Jahrhunderts so sehr in Verfall geratenen damaligen Kölner Domes einen der großartigsten Tempel der Christenheit zu erbauen, wozu schon die Einleitungen getroffen worden waren, wurde ebenfalls durch seinen plötzlichen Tod zwar vereitelt, dagegen von seinem Nachfolger, dem Erzbischof Conrad von Hochstedten, in der imposantesten Weise ausgeführt.
Engelberts Statue, zugleich mit der des großen Bischofs Bruno vom Bildhauer Anton Werres aus Köln verfertigt, ziert als Seitenstück zu genannter, seit dem 10. Mai 1862 die westliche Ecke des Portalgiebels am neuen Museum.
Im Mai 1235 hielt die englische Prinzessin Isabella, als erwählte Gemahlin Kaiser Friedrichs II. ihren Einzug in die Stadt, und legte Köln durch den Glanz und die Pracht der angeordneten Festlichkeiten den Beweis seines Wohlstandes und Reichtumes an Tag. Dieses für Kölns Geschichte denkwürdige Ereignis wurde noch kürzlich durch ein prachtvolles Wandgemälde von Maler Schmitz aus Frankfurt in dem kleinern Saale des Gürzenichs treffend dargestellt.
Der Name des zu jener Zeit regierenden Erzbischofs Conrad von Hochstedten (1237 —1261) wird in der Chronik Kölns nie untergehen, weil er der Gründer des jetzigen Domes war. Der Grundstein zu demselben wurde von ihm am 15. August 1248, am Tage Maria Himmelfahrt gelegt. Der Fortbau geriet aber leider bald ins Stocken, weil der Ausbruch erneuter Zwistigkeiten zwischen Bischof und Volk einen Kampf herauf beschwor, der das großartige Unternehmen in Stillstand versetzte. Diese unseligen Kämpfe, oftmals angeschürt und bis zum Bürgerkriege entflammt, in deren Folge Erzbischof Engelbert II. später sogar genötigt wurde, seinen Wohnsitz von Köln nach Bonn, (welches von da ab die Residenz mehrerer seiner Nachfolger blieb) zu verlegen, waren eine Schattenseite der Regierung durch die Kölner Erzbischöfe. Sie dauerten fast durch die ganze damalige Zeit hindurch, bis endlich in der Schlacht bei Worringen (am 1. Juni 1288) die Bürger Kölns mit Hilfe ihrer Bundesgenossen über ihren Erzbischof und seine Verbündeten einen glänzenden Sieg erfochten. Diese Schlacht war für die damalige Zeit eine wirklich blutige zu nennen, indem auf beiden Seiten mit verhältnismäßig großen Massen und seltenem Mute gefochten wurde und wenigstens 10.000 Mann getötet auf dem Platze blieben. Die Erfolge dieser Schlacht bilden für die Stadt Köln einen Wendepunkt in ihrer Geschichte. Ihre früheren, so oft angetasteten reichsstädtischen Freiheiten und Rechte blieben ihr von da ab auf eine lange Dauer von Jahren verbürgt, und in dieser freireichsstädtischen Verfassung lag der fruchtbarste Keim zu ihrer Gewerbtätigkeit und Machtentfaltung, wodurch sie schon längst die volkreichste und mächtigste Stadt um ganzen Rheine war.
Köln hatte sich im Verlaufe der reichsstädtischen Periode in seiner äußerlichen Gestalt bedeutend verändert und erweitert. Der aus seinem Bette in den Hauptstrom entführte Arm des Rheines, an dessen Ufern sich ein bedeutender Gewerbeverkehr gebildet hatte, legte große Flächen unbebauten Bodens frei, von dem der Heu- und Altenmarkt noch bis heute als Plätze geblieben sind. Der Verkehr rückte nun mehr auf die frühere Insel dem jetzigen Rheinufer näher, wodurch die Stadt an Ausdehnung nach dieser Seite hin bedeutend gewann. Zum Schutze dieser neubebauten Flächen wurde südlich der Filzengraben ausgeworfen und am Rheine eine neue Ufermauer bis zum Frankenturm erbaut. Im Norden der Altstadt hatte sich vor dem Pfaffentor eine bedeutende Vorburg unter dem Namen Niederreich (Niederich) gebildet. Die Gegend rechts davon von St. Lupus bis Cunibert, sowie links davon der Strich von St. Andreas, der Marzellenstraße bis zum Eigelsteine waren bevölkerte Distrikte geworden. Vor der Hochpforte, ungefähr auf dem Terrain der jetzigen Pfarre Lyskirchen war ein Dorf unter dem Namen Nothausen entstanden. Südlich davon lagen in der Gegend von St. Severin die Sayner Höfe, woselbst durch eine Gräfin von Sayn, Mechtildis (von der eine dortige neue Straße heut ihren Namen führt) das Kloster Sion erbaut worden war. (Daher die dortige Straßenbenennungen: Sionstal und Sionsstraße.) Seitwärts davon vom Rheine ab, lag das Dorf Diedenhofen und neben diesem die Grafenschaft Cunerich, an die sich weiter nach Norden eine Waldung Dierlo, oder Jungenforst reihte, deren letzter Rest nach das Klöckerwäldchen bei Aposteln war. Statt mit der heutigen Mauer waren diese Distrikte mit tiefen Gräben, an die die heutigen Straßennamen: Catherinen-, Perlen-, Altengraben noch erinnern, geschützt. Einzelne dieser Vorstädte (wie auch einige Klöster, z. B.: St Ursula, St. Pantaleon u. s. w.) umgaben sich (1000 — 1100) mit eigenen Mauern für sich und bildeten eine besondere Kommune, die ihren eigenen Greven, (Bürgermeister) ihre Schöffen und Beisitzer, ihren Schrein und ihr Dinghaus besaßen. Der Erzbischof Philipp von Heinsberg widersetzte sich damals dem Anbau außerhalb der alten Mauern der Stadt. Als aber die Bürger deshalb an den Kaiser appellierten, verfügte dieser, Friedrich I., 1180 von Halberstadt aus mit lakonischer Unparteilichkeit, dass kein Teil beeinträchtigt werden solle, und erlaube er den Bürgern: 1. außerhalb der Stadt Häuser zu errichten, wenn sie dem Erzbischofe den üblichen Grundzins bezahlten, und 2. Gräben oder Mauern um die Vorstädte zu bauen, wenn sie die Kosten trügen. In derselben Urkunde gewährte und bestätigte er die nämlichen Rechte, Frei- und Gewohnten für die Bürger in- wie außerhalb der Mauern der Stadt, ohne dass jedoch die kaiserlichen, bischöflichen und kirchlichen Gerechtsame geschmälert werden dürften.
Nachdem sich die nördliche Vorburg, der Niederich, schon früher mit einer eigenen Mauer umgeben hatte, kam man endlich auf den Einfall, die sämtlichen Vororte durch eine neue starke und feste Stadtmauer mit der Altstadt zu vereinigen. Durch diese zweite, noch jetzt bestehende Ummauerung, unter dem genannten Erzbischofe Philipp von Heinsberg von 1170 bis 1206 größtenteils ausgeführt, erhielt Köln seine jetzige Gestalt. Der an der südlichen Spitze der Stadt gelegene prachtvolle Bayenturm wurde aber von Erzbischof Engelbert II. Grafen von Falkenburg, (1261 — 1275) erbaut.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Wanderer durch Köln