Das erzbischöfliche Diözesan-Museum

Vom Dome herunter gekommen, weisen wir zunächst auf das dem Südportale gegenüberliegende erzbischöfliche Diözesan - Museum hin. — Im Jahre 1852, als Köln schon längst seinen (profanen) Kunstverein besaß, bildete sich auch ein „Verein für christliche Kunst,“ der im Jahre 1852 auf dem Gürzenich seine erste Ausstellung eröffnete. Von 1854 bis 58 fanden die jährlichen Ausstellungen dieses Vereins in einem dazu gemieteten Saale des Dom - Hotels Statt, und kam man im letztgenannten Jahre auf den Gedanken, ein eigenes permanentes Lokal zu diesem Zwecke zu akquirieren. Da nun eben die in dem jetzigen Museum früher bestandene Zucker-Raffinerie zum Verkaufe kam, übernahm der Verein die Gebäulichkeiten vom Eigentümer, dem jetzigen Rentner Horst, für 17.000 Thaler, und richtete mit bedeutenden Kosten die Raffinerie so wie die daneben liegende Thomas - Kapelle zum jetzigen Zwecke ein. Der Kauf wurde am 21. Dezember 1858 (Thomas Tag) geschlossen, und fand die Eröffnung des neuen Museums am 14. Mai 1860 bei Anwesenheit der zur Provinzial-Synode in Köln versammelten Kirchenfürsten in feierlichster Weise Statt.

Dieses Museum steht auf einem historisch wichtigen Boden. Vor mehr als 700 Jahren erhob sich hier der von den kölnischen Erzbischöfen und kaiserlichen Reichskanzlern bewohnte Palast, und das Hauptgebäude des Museums, damals „der Saal“ genannt, diente zur Ausübung der durch den erzbischöflichen Offizialaten gehandhabten geistlichen Gerichtsbarkeit. Die daneben liegende Kapelle zum h. Thomas war erzbischöfliche Hauskapelle und stammen die innern Bauteile derselben wahrscheinlich noch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts her. Zur Zeit der französischen Regierung wurden in diese Räumlichkeiten der Sitz des weltlichen Gerichtes, so wie die Geschäfts -Bureaus des Unterpräfekten verlegt. Als aber Köln an Preußen fiel, dienten sie, als Departements-Archiv, so lange zur Aufbewahrung aller Urkunden und Briefschaften der aufgehobenen Stifter und Klöster, bis man diese Schriftstücke im Provinzial - Archiv in Düsseldorf hinterlegte. Das Offizialatsgebäude wie die Kapelle wurden demnach öffentlich versteigert, gelangten so in den Privatbesitz des Zuckerfabrikanten Horst, und wurden endlich durch den Ankauf von Seiten des christlichen Kunstvereins abermals dem öffentlichen Gebrauche übergeben. Aus dem christlichen Kunstvereine bildete sich, „das Erzbischöfliche Diözesan - Museum für mittelalterliche Kunstwerke“ welches unter dem Protektorate Sr. Eminenz, des Kardinal- Erzbischofs Johannes von Geissel nachstehende Zwecke verfolgt:


a) Kunstwerke, Modelle und Nachbildungen guter Kunstwerke, Entwürfe, sowie kunstliterarische Werke anzuschaffen und zum Studium für Künstler und Handwerker nutzbar zu machen;
b) die ihm überwiesenen, dem Kultus (zeitweise oder für immer) nicht mehr dienenden Werke der Kunst und des Kunsthandwerks vor Verderben und Verschleppung zu bewahren;
e) eine permanente Ausstellung alter und neuer Werke der Kunst und des Kunsthandwerks im mittelalterlichen Stile einzurichten;
d) den lebenden Künstlern und Handwerkern Gelegenheit zu geben, ihre im mittelalterlichen Stile ausgeführten Arbeiten auszustellen.

Das erzbischöfliche Museum ist täglich von Morgens 9 Uhr bis Abends 7 (im Winter bis zur Dunkelheit) dem Besucher geöffnet. Der Eintrittspreis beträgt an Wochentagen 5, an Sonn - und Feiertagen 2 1/2 Sgr. Die Mitglieder des Vereins haben bei 1 Thaler Beitrag freien Eintritt für sich, bei 2 Thaler auch für ihre gesamte Familie. Da die ausgestellten Sachen, von Kirchen und Privaten größtenteils nur eine Zeit lang hierhin gesandt, zuweilen wechseln, so wollen wir nur die Kategorien bezeichnen, die hier durchgängig vertreten sind. In der untern Kapelle findet man hauptsächlich nur ältere Sachen vor. Wir sehen hier Gemälde aus der alten Schule auf Leinen, Pergament und Glas; Holzschnitzwerke in einzelnen Figuren und kleinern wie größeren Gruppen; Gipsabgüsse in Hautrelief und ganzen Statuen, unter andern die einzelnen Teile des Dreikönigenkastens, des Schreines vom h. Heribert in Deutz, wie des h. Maurinus in der Schnurgasse; ferner byzantinische und römische Elfenbeinschnitzwerke, sowie eben solche Metallkreuze und sonstige kleinere Kirchensachen; eine ziemliche Auswahl von Stoffen und Seidenstickereien aus dem 13., 14., 15. u. 16. Jahrhundert; mehrere Reliquienbehälter verschiedener Form, Heiligenstatuen, h. Gefäße, Kreuze u. s. w., alles aus älterer Zeit. Auf dem obern Saale, der über 1.500 [] Fuß Fläche enthält und eine herrliche Aussicht auf das Südportal des Domes gewährt, sind nur neue Erzeugnisse der christlichen Kunst zu sehen, wie z. B. Ölgemälde lebender Meister, Marmorbildwerke, Thon - und Bronze - Figuren, Photographien, große Schränke mit Kirchenparamenten von Düster in Köln und Casaretto in Krefeld, neuere Stickereien, worunter besonders die im Kloster vom armen Kinde Jesu zu Köln verfertigten ausgezeichnet zu nennen sind, und endlich eine ziemliche Auswahl von messingenen Kirchengerätschaften, verfertigt von Bündgen und Welter Bleissem in Köln.

Das Erzbischöfliche Museum verlassend, gehen wir an den beiden vordern Türmen des Domes vorbei nach „Unter Fettenhennen“, und gelangen, nachdem wir die Trankgasse überschritten, zur Kirche von St. Andreas.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Wanderer durch Köln