Einfluss des Waldes auf das allgemeine Wohl

Ich habe versucht den Einfluss des Waldes in gedrängter Kürze in nachfolgenden Versen zusammenzustellen; allein da ich kein Poet, sondern bloß praktischer Forstmann bin, so bitte ich diesen Versuch mit Nachsicht zu beurteilen.

Wer ist es, der mit grünem Dach
Der Berge Höhen ziert;
Für den der Mensch noch viel zu schwach
Sich bisher interessiert?
Wer ist es, der das Klima hält,
Den Regen an sich zieht.
Die Flüsse, Quellen uns erhält,
Zum Wohl des Landes blüht?
Wer ist es, der vor Sonnenstrahl,
Vor Hitze uns bewahrt,
Mit kühlen Schatten überall
Ein sich’res Obdach wahrt?
Wer ist es, der uns Wärme gibt,
Wenn Frost die Glieder starrt;
Auf uns den größten Einfluss übt
Und unser Wohl verwahrt?
Wer ist es, der mit seiner Kron’
Den Wasserstrom zerteilt,
Dem Sturme bietet mächtig Hohn
Und auf der Höh' ereilt?
Wer ist es, der Lawinen hält.
Dies Unglück uns entfernt.
Vor Erdsturz schützet Haus und Feld,
Sich wichtig zeigen lernt?
Wer ist es, der uns gibt ein Dach,
Vor Wind und Regen schützt.
Und jedem Menschen tausendfach
In jeder Hinsicht nützt?
Wer ist es, der uns Material
Zum Bau der Schiffe gibt,
Die Schwämme, Beeren ohne Zahl,
Die Jeder von uns liebt?
Wer ist es, der den Handwerksmann
Und sein Gewerb erb&lt.
Was macht ein Tischler, Zimmermann,
Wenn es an Holz ihm fehlt?
Wer ist es, der das Wild ernährt
Uns spendet es als Preis!
Diana als die Göttin ehrt.
Auf wunderbare Weis'?
Wer ist es, ohne dessen Sein
Der Mensch nicht leben kann.
Der uns erhält nur ganz allein,


Beglücket Jedermann?
Der Wald ist's! der das Alles gibt.
Vom Forstmann gut regiert,
Von uns so allgemein geliebt.
Die grünen Berge ziert.
So liegt im Schaff'n des Forstwirts nur
Die Fülle herrlichen Genuss'
Und jeder ruf in der Natur,
Dem Wald' zu seinen Gruß.

Wir lesen über die Bestimmung der Wälder im Staate und über die Möglichkeit ihrer Erhaltung in dem Haus- und Landwirtschafts-Kalender des landwirtschaftlichen Vereines in Bayern für 1849 folgenden wichtigen Aufsatz:

Die Weltereignisse des Jahres 1848, womit die Geschichte den Anfang eines neuen Abschnittes bezeichnet hat, riefen mitunter Anforderungen an die Forste hervor, die ihre Existenz weise bedrohen; es dürfte daher mehr als je die Erörterung der Frage zeitgemäß erscheinen, welche Bestimmungen die Wälder im Staate zu erfüllen haben und was zu ihrer Erhaltung geschehen könne.

Überblicken wir den dermaligen Zustand der bekannten Länder, so finden wir jene Staaten in den glücklichen Umständen, in welchen das richtige Verhältnis zwischen Wald und Feld nicht gestört worden ist.

In diesem Zustande befanden sich die Länder des Altertums in ihrer geschichtlich bekannten, glücklichen Periode. Mit der zu weit ausgedehnten Entwaldung sank ihre Fruchtbarkeit und die Völkerschaften eilten dem Verfalle entgegen. Solche Länder sind warnende Beispiele, wohin es kommen würde, wenn wir in Deutschland mit gleicher Unvorsichtigkeit verfahren, und die Wälder in Gegenden zerstören, wo sie die Bedingung der Fruchtbarkeit in sich tragen und die Mittel zur Befriedigung unentbehrlicher Bedürfnisse des Lebens bieten.

Es gehört wohl in das Reich unfruchtbarer Theorien, durch Zahlen das Flächenverhältnis feststellen zu wollen, mit welchen der Wald in wohlorganisierten Staaten vertreten sein soll. Meereshöhe, Terrain, Bodengüte, geographische Lage etc. etc. sind Faktoren, die ihre Tätigkeit in zu verschiedenen Richtungen äußern, um die Ermittlung des notwendigen Verhältnisses des Waldes zum übrigen Lande zu einem einfachen Rechnungsexempel zu machen. In manchen Gegenden Deutschlands und selbst Bayerns dürfte man indessen nicht fehlen, wenn in der Regel als notwendiges Waldland dasjenige in Anspruch genommen würde, was zum Acker- und Wiesenbaue unbrauchbar ist, oder einen nicht lohnenden landwirtschaftlichen Ertrag gewährt. Große sandige Ebenen und hochgelegte Plateaux, erheischen besondere Vorsicht; aber auch in andern Lagen ist Entwaldung ohne sofortige bessere Kultur des Bodens in keiner Weise zu rechtfertigen, weil das abgeholzte Grundstück vom ertragbaren in einen ertraglosen Zustand herabgesetzt würde.

Wissenschaft und Erfahrung haben längst zur unumstößlichen Wahrheit erhoben:

1. dass die Wälder die Extreme der Temperatur eines Landes, den Hitze- und Kälte-Grad mäßigen;

2. auf den der Vegetation günstigen Feuchtigkeitsgrad der Atmosphäre, die Bildung des Regens etc. wohltätig einwirken;

3. die Gewalt der Orkane brechen;

4. Regen- und Schneewasser an sich halten, damit es die Quellen speise, allmählich verlaufe und nicht in Gießbächen von den Bergen stürze, Überschwemmungen und Überschüttungen veranlasse;

5. das Abrutschen der Bergwände, steilen Halden und Flussufer verhindern, die Lawinen der Hochgebirge hemmen und

6. der Landesverteidigung angemessene Mittel darbieten; daher sind die Erscheinungen in übermäßig entwaldeten Ländern: heftige, schnell abwechselnde Hitze und Kälte, trockene Luft; und Mangel an gelinden, erquickenden Regen, Änderung im Anbau landwirtschaftlicher Gewächse, wolkenbruchartige Regengüsse, die das Berggelände abschwemmen, die Täler verschütten, Flüsse über ihre Ufer anschwellen, und plötzlich eintretende verheerende Überschwemmungen veranlassen, sehr anhaltende Trockenheit, Versiegen der Quellen und Bäche, heftig brausende Orkane und in . Hochgebirgsgegenden Bergstürze und Herabsinken der Vegetationsgrenze etc.

Diese nachteiligen Wirkungen vergrößern sich im Verhältnisse der vorschreitenden Entwaldung und führen bis zur Verödung und Entvölkerung ganzer Landstriche.

Wenn demnach die Erhaltung eines entsprechenden Waldstandes wohltätig auf Klima und Fruchtbarkeit bewohnter Länder wirkt und die Bevölkerung auch in direktem Wege unschätzbaren Nutzen gewährt, so sind die Vorteile, welche Landschaft und Industrie, überhaupt das Volk im Allgemeinen, direkt zur augenblicklichen Nutzanwendung aus den Waldungen empfängt, nicht minder belangreich. Sie beziehen sich sämtlich auf den Ertrag

a) an Bau- und großem Nutzholz zur Aufführung der Gebäude und zum Betriebe sehr vieler Gewerbe;

b) an Brennholz für den Bedarf häuslicher Ökonomien, Hütten- und Hammerwerke, für holzverbrauchende Gewerbe;

c) an kleinem Nutzholz für Haus- und landwirtschaftliche Geräte und Bedürfnisse aller Art, Uferschutzbauten etc.;

d) an Lohrinden und Harz zum Gewerbebetriebe;

e) an Streumaterial, Waldweide und Waldgräsereien etc. etc. zur Unterstützung der Landwirtschaft.

Der Verbrauchswert dieser Forsterzeugnisse und die Annehmlichkeiten, welche mit dem ausreichenden Besitze derselben verbunden sind, haben zu allen Zeiten das Verlangen der Bevölkerung hervorgerufen, sich Holz, Streu und Weidenschaft je nach den wirklichen oder vermeintlichen Bedürfnissen zu verschaffen.

So lange es noch der Wälder zu viele gab, konnte die Befriedigung dieses Verlangens auf keine erhebliche Schwierigkeiten stoßen, erst mit der Verminderung der Waldfläche und der Schwächung ihres Ertrages wuchsen die Schwierigkeiten heran, und es steigerten sich allmählich die Anforderungen an die Wälder bis auf die Höhe der jetzigen Zeit, auf welcher in vielen Gegenden ihr Fortbestand ernstlich bedroht erscheint. Jeder Schritt weiter vermehrt die Gefahr, vergrößert das Missbehagen, das man in der Einschränkung längst gewohnter Forstgenüsse empfindet.

Fragen wir nach der Ursache der Verminderung des Waldstandes und der Herabdrückung seines Ertrages, so ist die Antwort leicht zu finden. Benutzung ohne Rücksicht auf Wiederbestockung erzeugte entwaldete Flächen, die zum Teile der besseren landwirtschaftlichen Kultur gewidmet wurden, zum Teile aber auch als Haiden liegen blieben. Schonungslose Entnahme der Bodenstreu zerstörte die Waldvegetationskraft und schwächte das Ertragsvermögen. Maßlose Beweidung der Schläge erzeugte öde Plätze und lückenhafte Bestände.

Jetzt sind wir auf dem Punkte angelangt, wo von einer sehr vermehrten Bevölkerung alle Leistungen aus den Wäldern in dem früheren und zum e noch in höherem Masse verlangt werden, wenn auch bisher schon eine sichtbare Überschreitung der Ertragskräfte stattgefunden hatte.

Allerdings kann auf einer verhältnismäßig kleinen Waldfläche, wenn sie gut behandelt wird, mehr Holz erzeugt werden, als in einem größeren erschöpften Walde; die Forstwirtschaft steht hier mit der Landwirtschaft in gleicher Linie, sie erfüllt ihre Aufgabe nur dann vollständig, wenn sie ihren Betrieb intensiv verbessert. Kann sie dies ohne Störung durch äußere Einflüsse tun, dann mag mancher auf Ackerboden stockende Wald dem landwirtschaftlichen Betriebe gewidmet werden — ohne Gefahr für die Befriedigung der künftigen Bedürfnisse an Holz. Wenn aber aus den kleinen Waldflächen in demselben Übermaße die Bodenstreu entnommen und die Bedingungen gestört werden, an welche die Waldvegetation geknüpft ist, dann freilich tritt der Fall der Vernichtung dieser Vegetation ein, und die Gegend gelangt in den traurigen Zustand verhältnismäßiger Unfruchtbarkeit und Verödung.

Die Liebe zum Vaterlande, die Pflicht der Sorge für unsere Nachkommen fordert jeden edeldenkenden Menschen von selbst auf, für die Erhaltung der Wälder, soweit sie zum allgemeinen Wohle unentbehrlich sind, nach Kräften mitzuwirken, und dies wird geschehen, wenn wir uns zunächst klar machen:

1. dass die Bewaldung der Gebirge, der Höhenzuge, der steilen Gehänge oder sogenannten Leiten, der Flussufer etc. etc. unter allen Umständen erhalten werden müsse, weil von dieser Erhaltung die Beseitigung nachhaltiger klimatischer Veränderungen und Verwüstung des Bodens abhängig sind;

2. dass die Unterbrechung großer, ausgedehnter Flächen, besonders in Hochlagen, durch Waldungen das umliegende Land ebenfalls vor den Folgen austrocknender Winde schütze und die natürliche Fruchtbarkeit der Gegend erhalte und erhöhe;

3. dass der entwaldete Boden, wenn er nicht sofort der edleren landwirtschaftlichen Kultur zugewendet wird oder zugewendet werden kann, in ertraglosen Zustand kommt;

4. dass die Unterstützung der Landwirtschaft aus den Waldungen nur in dem Masse zulässig erscheint, als letztere noch dabei bestehen können.

Werden diese Grundsätze bei Beurteilung der Waldverhältnisse einer Gegend gehörig vor Augen behalten, so dürfte schon das allgemeine Landesinteresse, bei dem jeder Untertan beteiligt ist, die Erhaltung der unter Nro. 1 angeführten Schutzwaldungen überwachen und devastierliche Handlungen durch Anrufung der forstpolizeilichen Gesetze ferne halten.

Bei der Erhaltung der in die zweite Kategorie fallenden Waldungen sind zunächst die Besitzer der umliegenden Grandstücke beteiligt; ihnen dürfte es vorzugsweise obliegen, den betreffenden Waldbesitzer, wenn er mit fortgesetzter Bewirtschaftung seines Grundstückes als Wald wirklich ein Opfer zu bringen hätte, dafür angemessen zu entschädigen.

Die Erhaltung des Zerstörens in Waldungen, deren Boden entweder den landwirtschaftlichen Zwecken nicht entspricht, oder aus irgend einem Grunde nicht sofort zu Acker- oder Wiesenland aptiert werden kann (Nro. 3), liegt rein im Interesse des Grundbesitzers, der in diesem Falle und bis zum Eintritte der landwirtschaftlichen Kultur nur im Fortbestande des Waldes den höchsten Ertrag von dem betreffenden Grundstücke zu ziehen, vermag.

Der Reiz nach augenblicklichem Gewinne und wohl auch momentane Verlegenheit veranlassen vielfach den Waldbesitzer, seine Holzbestände niederzuschlagen, und da er sehr oft gegen Forstkulturen ein Vorurteil hegt, weil er die Haupternte selten mehr erlebt, so überlässt er die Wiederbestockung der Natur, ohne sie auch im mindesten durch schickliche Einrichtung der Schläge unterstützt zu haben. So entstehen Blößen, der Boden verwildert zu Haiden. Ein kleiner Aufwand an Arbeitskräften zur Bepflanzung in der Jahreszeit, wo Feld und Wiese noch nicht alle Hände in Anspruch nehmen, für wenige Gulden Holzsämereien auf die abgetriebene Waldfläche ausgestreut, würde zur Forterhaltung des Waldes hingereicht haben und seinem Besitzer wäre auf demselben Grundstücke ein Capital erwachsen, welches Grundstück im verödeten Zustande kaum so viel Ertrag liefert, um den Aufwand für die Steuern zu decken.

Es ist eine irrige Ansicht, in der Viele befangen sind, wenn sie glauben, der unangebaute Wald liefere seine Ernte erst den Enkeln. Wird zunächst das Waldgras nicht beachtet, das mit Vorsicht gleich im ersten Jahre schon aus den Pflanzungen geschnitten werden kann, so gibt doch das junge Dickicht nach wenig Jahren schon die ersten Reiser an Land- und Gartenbau ab; bald folgen, je nach der Holzart, Bohnenstecken, Reiser, Hopfenstangen und Zaunstangen, endlich im Durchforstungswege das unterdrückte Holz für Feuerungsbedarf, noch lange vorher, ehe die Axt an den Hauptbestand gelegt wird. Der größte Vorteil aber erwächst dem Besitzer des aufgeforsteten Waldgrundstückes durch den alljährlich steigenden Kapitalwert des letzteren, während er sich beim Verharren in ödem Zustande gleich bleibt, in manchen Fällen selbst verringert.

Der Wald gleicht einem Kapital, aus dem die Gegenwart berechtigt ist die Zinsen zu genießen. Nützt der Eigentümer mehr als die Zinsen, so greift er den Kapitalstock an und verliert beides, Kapital und Zinsen. Nutzt der Waldbesitzer mehr als den Ertrag, so greift er in die Substanz des Waldes ein, zehrt diese allmählich auf und hat zuletzt keinen Wald und keinen Waldertrag mehr.

Die Landwirtschaft Nro. 4 bedarf des Waldes nicht bloß des Holzes wegen, sondern auch als Weidegrund und zur Gewinnung des Streumateriales. Letzteres wird in vielen Orten noch höher angeschlagen als selbst das Holz, und daher so stark benützt, dass der Boden, mehr und mehr entkräftet, in. diesem Zustande nur krüppelhafte Waldvegetation erzeugt und zuletzt die Fähigkeit verliert, Holzpflanzen zu ernähren, deshalb verödet und, was noch schlimmer ist, je nach der Örtlichkeit, in Flugsand übergeht. Mit dem Untergange des Waldes versiegt die Quelle, welche bisher der Landwirtschaft Unterstützung zugeführt hat und für alle Folge zuführen würde, wenn nicht mehr als der Ertrag genützt worden wäre.

Wir wollen hier nicht in die Frage eingehen, ob die Landwirtschaft der Waldstreu entbehren könne. Wir nehmen an, sie könne der Streu nicht entbehren; um so mehr Aufforderung wird der Landwirt finden, sich mit dem Nachhaltertrage zufrieden zu geben, um nicht den Wald und mit ihm die Streuquelle zu zerstören.

Die Landwirtschaft kennt Mittel, sich vom Walde unabhängig zu machen ; der Wald hat keinen Ersatz für den ihm durch Entnahme der Streu entzogenen Humus.

Der kleine Grundbesitzer, der Söldner, bedarf der Unterstützung an Waldstreu am meisten, und er würde sie auch in zureichendem Masse erlangen können, wenn der größere Ökonom, der Bauer, von dem Mitgenusse abstehen und Ersatz in der Verbesserung seiner Landwirtschaft, Mischung der Erden, Kompostbereitung, Futter-, Kräuterbau und Erübrigung des Strohes zum Einstreuen, zweckmäßigere Einrichtung der Düngerstätten u. a. m. suchen wollte.

Die Frage über die Waldstreu gehört zu den allerwichtigsten im Bereiche der Forstwirtschaft. Diese Nutzung hat die Wälder ganzer Provinzen furchtbar erschöpft und große Forste an die Grenzen der Vegetation gerückt. Ungestüme Anforderungen, Auflehnung und Gewalt vermögen die Natur nicht zu bezwingen, sie weicht nicht aus den ewigen Fugen, die ihr die Vorsehung angewiesen. Unter der übermäßigen Streunutzung werden, müssen die davon betroffenen Wälder der Vernichtung zufallen und trostlosen Haiden die Stelle einräumen.

Die Liebe zum Vaterlande, die Pflicht der Lebenden für künftige Geschlechter, das wohlverstandene Interesse der gegenwärtigen Generation, die Rücksichten für Landwirtschaft und Gewerbe fordern in der lautgewordenen Stimme des Volkes die Erhaltung der Wälder als einem Grundpfeiler der staatlichen Wohlfahrt. Es strebe Jeder nach seinen Kräften zu diesem Ziele mitzuwirken, und vor Allem möge der Landwirt, der gewöhnt ist, aus dem Walde so wesentliche Unterstützungen zu empfangen, seine Ansprüche nach dem Maße der Leistungsfähigkeit bemessen, damit beide, die Landwirtschaft und die Forstwirtschaft, in schwesterlicher Eintracht nebeneinander ihre Bestimmung zu erfüllen vermögen.

Mein Vaterland Bayern beweist, wie ich schon früher erwähnte, dass man die Bäume zur Verschönerung der Residenz mit großem Vorteil immer mehr und mehr anwendet. Seit wenigen Jahren sind viele mächtige Kiesplätze in der Umgebung von München, welche als baumlose Flächen einen so traurigen Anblick früher gewährten, mit den schönsten Baumgruppen eingefasst worden, und man sieht, wie sich die neue Maximiliansstraße mit ihren raschen prächtigen Bauten in einen wahren Lustgarten umwandelt und eine wirkliche Naturschönheit Münchens zu werden verspricht. Diese Verschönerung durch Anpflanzung von Bäumen hat auch einen sehr wichtigen volkswirtschaftlichen Zweck und wird von der Regierung auf das Zweckmäßigste unterstützt, und so sind diesem schönen Beispiele in verschiedenen Provinzen Bayerns bereits viele größere Gutsbesitzer mit Energie gefolgt, ja, in richtiger Erkenntnis, was ihnen Not tut, sogar ihre minder ertragsfähigen Felder in Forste umgewandelt.

Das Staatsministerium der Finanzen begünstigt dieses Verfahren in einem Reskripte vom 6. d. M. in jeder Weise und bemerkt, durch diese Verminderung des angebauten Areals verbleibt mehr Dünger für die besseren Grundstücke; somit werden diese zu einer höheren Produktivität gebracht und nebstdem nicht nur erhöhte Erträge an Holz und Streu gewonnen, sondern auch wohltätiger Schutz für die Fluren erzielt und überhaupt günstig auf die klimatischen Verhältnisse des Landes gewirkt. Es sind daher die Forstbehörden anzuweisen, die nötigen Pflanzen aus den Staatswaldungen mit aller Bereitwilligkeit zu diesem Zwecke fortan abzugeben. Wie auf den bezeichneten Feldern, ebenso können in vielen Bezirken auch Pflanzungen in Reihen oder Gruppen mit entsprechenden Holzarten in der Umgebung von Feldern und Wiesen, auf steilen, zur landwirtschaftlichen Benutzung ungeeigneten Abhängen, auf Weideplätzen, an Seen, Weihern, Flüssen und Bächen, nicht nur zur Erzielung von Holz- und Streu-Erträgen, sondern auch zur Verschönerung der betreffenden Landschaft angebracht werden. Ebenso haben die Forstbediensteten in jenen Bezirken, wo der Obstbau sicheres Gedeihen verspricht, auch die Nachzucht und Veredlung von Obstbäumen zu berücksichtigen, wie dies bereits in mehreren Forstamtsbezirken mit gutem Erfolge geschehen ist. Die Preise für die abzugebenden Pflanzen sind von den einschlägigen Forstämtern so billig als möglich festzusetzen und lediglich nach dem für ihre Anzucht erforderlichen baren Aufwande zu bemessen.

Dieses Reskript wurde von allen Forstmännern Bayerns mit herzlicher Freude als Beweis aufgenommen, dass die bayerische Regierung die Wichtigkeit der Wälder für das Land und Volk mit weiser Umsicht berücksichtigt und die Blicke der größeren Waldbesitzer darauf hinleitet, den Wäldern eine höhere Aufmerksamkeit als bisher zu schenken. Diese weise Maßregel dürfte die schönsten Früchte tragen. Viele der größeren Waldbesitzer Bayerns haben zu ihrem pekuniären Vorteile, sowie zum Wohle des Landes, schlechte Felder in Forste umgewandelt und trachten die Wälder, soviel es in ihren Kräften und Interesse liegt, zu vermehren, während in vielen Ländern gerade das Gegenteil befolgt wird, die nützlichen Wälder auszubeuten und zu verwüsten.

Wir Menschen sollten in Liebe und Ehrfurcht vor dem Walde stille stehen und jene Achtung für ihn gewinnen, die einst unsere Vorfahren für ihn empfanden, mit welcher noch heutzutage der stille und fromme Hindu unter den Palmen seines Indus und Ganges sich lagert, sein Gebet zu verrichten, und mit welcher unsere Ahnen, die alten Germanen, ihre heiligen Haine uralter Eichen und Buchen betraten.

Jetzt wird in vielen Ländern die Axt, welche an den Baum geführt wird, zu einer Axt, die an das ganze Volk gerichtet wird, und durch Zerstörung der Wälder, durch die dadurch herbeigeführten nachteiligen Einflüsse auf das Klima des Landes, auf das allgemeine Wohl, das bürgerliche und häusliche Leben, ja, selbst auf die Gesundheit des Menschen werden ganze Länder ausgesogen und gehen den traurigen Folgen einer Holz-Not entgegen.

Betrachten wir den Wald näher! Sind nicht die Bäume die einzigen freundlichen Boten, die zwischen Erde und den hohen glänzenden Sternen hin- und herwanken? Welcher Mensch hat nicht in seinem Leben mit stillem Mute in ihrem kühlen Schatten gelustwandelt und dabei alle Sorgen und Eitelkeiten des Lebens vergessen. Welcher Mensch hat nicht mit Liebe und Sehnsucht, mit Achtung und so manchen namenlosen Gefühlen und wundersamen Geheimnissen den Wald als einen Zufluchtsort gesucht? Welches sonderbare, erhabene Gefühl bemeistert sich jedes Menschen unwillkürlich, wenn er von offener Steppe, verfolgt von der sengenden Glut der Sonnenstrahlen, plötzlich in einen Hochwald eintritt! Wie majestätisch erscheint ihm in diesem Augenblicke der Wald! Eine innere Stimme erinnert ihn an die Würde und Wichtigkeit desselben, und so sind die Bäume die geistigen Gesellen der Menschen auf Erden, aber sie sind auch seine recht lieben irdischen Gesellen, die ihm Obdach, Nahrung, Gesundheit und Segen des Himmels bringen; sie sind unsere Wohltäter, ohne welche wir nicht leben können, und die wir Alle lieben, achten und sorgfältig zu benützen und zu erhalten trachten sollen, als die von der Natur uns ewig überwiesenen Inventarstücke, an welche sowohl die jetztlebende als auch die zukünftige Generation volle gerechte Ansprüche zu machen hat.

Ich will hier nicht anführen, wie nützlich die Bäume jedem Menschen im bürgerlichen und häuslichen Leben sind, wenn sie schon gefällt sind; nein, ich will sie noch mit ihren schönen Kronen und Zweigen auf dem Stock im Walde betrachten, dort schützen sie den Menschen vor den gewaltigen Wirkungen der Stürme und Sonnenstrahlen, mildern die Heftigkeit der Regengüsse, mäßigen Nässe und Trockenheit, mildem die Übergänge in der Temperatur, verhindern, als natürliche Behälter des niederfallenden Schnees und Regens, Überschwemmungen, erhalten den Reichtum der Quellen, entziehen der atmosphärischen Luft die dem animalischen Leben besonders schädlichen Stoffe, hauchen erfrischende Dünste für Menschen und Tiere aus, befördern das Wachstum der Pflanzen und tragen so viel zur malerischen Schönheit und Annehmlichkeit eines Landes bei.

Möchte das Beispiel der bayerischen Grundbesitzer auch bei uns Nachahmung finden, — möchten doch endlich Österreichs Waldbesitzer in Anerkennung der Freiheit, die ihnen die freisinnige Staatsregierung bei der Bewirtschaftung ihrer Wälder gestattet, auch von ihrer Seite mit eben so vieler Billigkeit gegen das allgemeine Interesse als zu ihrem eigenen Nutzen die Verwaltung ihrer Wälder wirklichen Forstmännern anvertrauen und sie so besolden, dass sie mit Lust und Liebe ihrem Berufe sich widmen können; möchten sie ihren Forstleuten jene Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von den Wirtschaftsämtern einräumen, ohne welche der Forstmann, anstatt in der Erfüllung seines schönen Berufes Ehre und lohnendes Bewusstsein zu ernten, nur zu oft zum willenlosen Werkzeuge einer nur den Augenblick berechnenden Gewinnsucht herabgewürdigt wird, wodurch notwendig sein Sinn für Recht und Billigkeit verletzt wird, sein Diensteifer erkaltet, sein Mut auf jede Weise gebrochen werden muss. Wenn, zur Überwachung und Kultivierung der Gemeinde- und Privatwälder, in jedem Kreise ein Kreis-Forstinspektor, in jedem Kronlande eine wirksame Forstdirektion und in Wien eine Zentral-Forststelle aus gediegenen Forstmännern zusammengesetzt ist, wenn in den Kreisen bei den politischen oder Cameralförstern die nötigen Pflanzschulen für Wald- und Obstbäume eingerichtet werden, dann werden die Waldbesitzer auch bei uns Mittel finden, die leeren Stellen, wie in Bayern, auf eine wohlfeile Art mit Bäumen bepflanzen zu können, um so mehr, als die Regierung durch Anlage zweckmäßiger Pflanzschulen und durch den Verkauf der darin erzogenen Wald- und Obstbäume sich einen bedeutenden Nutzen, das Wohl des ganzen Landes, sowie jedes einzelnen Untertanes gründen und eine bedeutende Verbesserung des Klimas, sohin einen großem Ertrag der Ackergründe für den Landmann herbeiführen kann und wird. Leider wurden solche Projekte schon von manchem erfahrenen Förster vor Jahren ohne Erfolg den Landesforstdirektionen vorgelegt, da sie von diesen, anstatt der Regierung vorgelegt zu werden, unberücksichtigt zurückgewiesen wurden.

Wie wichtig der Wald für das allgemeine Wohl der Menschen ist, wird Jeder leicht begreifen, wenn er einen Blick tiefer in die von den politischen Verhältnissen eines Landes bedingten Waldzustände wirft; es fällt ihm wie Schuppen von den Augen, warum unsere Wälder heutzutage so und nicht anders stehen, und er muss bald immer mehr und mehr überzeugender die Notwendigkeit einer Reform des Waldbaues einsehen. Aber diese Reform muss nicht konservativ, sondern frei von allen Fesseln der Vorzeit und von allen Schwindeleien der Gegenwart sein.

Unsere Wälder haben, wie ich schon in der Einleitung erklärt habe, bis jetzt drei Lebensperioden durchlaufen und treten jetzt in die vierte Periode mit der Frage ein: Was wird die Zukunft über sie verhängen? Die schon zu sehr verminderten Wälder der Länder werden allerseits von Not und Eigennutz bestürmt und können keinerseits mehr durchgreifend geschützt werden. Alles lebt nur für den nächsten Tag, unbeschränkt herrscht das eingebildete Bedürfnis der Gegenwart, des Augenblickes; Entsagungen zum Besten unserer Kinder und einstigen Nachkommen tauchen auf und verschwinden wie Ephemeren; der forstlich starke Sinn, welcher sonst über die Wälder wachte, verweichlicht und verschwindet in den gelehrten Schulen und verfeinerten Salons, und die Pflege der Wälder versinkt in ihrer Untüchtigkeit und äußeren Missachtung. Selbst das neunzehnte Jahrhundert erkennt bei allen Riesenschritten in Künsten und Wissenschaften hie und da noch den durch die Geburt gestempelten Meister im Forstwesen an. Während jeder Handwerksmann sein Meisterstück ablegen muss, bevor man ihm nur das Geringste anvertraut, gibt man in manchem Lande den Wald in die Hände einiger Männer, die Fortmänner sein wollen, die den Wald bloß aus pekuniären Rücksichten beurteilen, aber im wahren Sinne des Wortes keine wirklichen Förster sind und weder den Wert, noch die Wichtigkeit des Waldes richtig zu begreifen im Stande sind.

Diese Umstände fuhren leider zu immer weiterer Ausbeutung und Verwüstung der Wälder und rufen die gefährlichsten Landes Kalamitäten hervor; Übervölkerung, Pauperismus und oft Hungersnot entsteigen aus den Ruinen der Wälder und erschüttern die Grundfesten der deutschen Staaten auf das Gefährlichste bis in ihr Innerstes.

Man fordert von dem ebenso milden als gerechten Geiste unserer Regierungen das Unmögliche, jedem helfen und keinen beschränken; der Waldbedürftige soll auf die leichteste Art befriediget werden, sowie er es verlangt, mit Holz, Streu, Futter, Stallland u. 8. w. ; der Waldbesitzer soll nicht beschränkt werden in der eigenmächtigen Ausbeutung seines Eigentumes, dabei aber wachsen die Ansprüche der steigenden Bevölkerung an das für unerschöpflich gehaltene Waldvermögen in immerwährender steigender Progression; die unersättliche Zeit gebietet, und es muss von Tag zu Tag immer mehr und mehr in den Wald gehauen werden, als die Natur nachhaltig erzeugen kann. Wie bald sind die Waldvorräte erschöpft, wie rasch beweisen dies die überall gestiegenen Holzpreise! Vergebens suchen jetzt schon Tausende von Armen Holz zur unentbehrlichen Feuerung und Streu zum Dünger ihrer notdürftigen Felder! Niemand kann helfen. Wer an jenen Orten wohnt, wo man die Wichtigkeit des Waldes für das allgemeine Wohl nicht früher einsah und wo die Holznot einreißt, noch einige Mittel besitzt, wandert zeitlich in Länder, wo Wald ist, und so entspringen viele Auswanderungen Tirols aus zu großer Ausdehnung des Ackerbaues Erschöpfung und Verwüstung der Wälder.

Werfen wir einen Blick auf unsere Nahrungsgewächse. Welchen wichtigen Einfluss hat der Wald nicht auf selbe und dadurch auf das allgemeine Wohl der Menschheit? Wo die Wälder zerstört, unterliegen die Witterungsverhältnisse einem plötzlichen Umschlagen und oft wird die ohnehin aufs höchste vermehrte Bevölkerung ein Spiel häufiger Missernten. Wenn schon jetzt die Lebensmittel eines Landes in jedem Jahre fast mit Beginn der neuen Ernte rein aufgezehrt sind und es tritt eine Missernte nur weise auf, wie schmerzlich ist der Eindruck auf die Bevölkerung ! Und was soll es aber in der Zukunft erst werden, wenn mehrere solche Missernten nacheinander folgen und selbst in den Städten aus Mangel an Feuerung die geistigen und körperlichen Kräfte mit allem friedlichen Verkehr erkranken und erstarren?

Darum segne Gott jeden Regenten, der sich der Wälder sorgsam annimmt, sie zu schützen sucht, deren Wichtigkeit für das Wohl des Landes richtig durchblickt und gesetzlich echt erprobte Meister anstellt, damit sie mit geschickter, starker Hand an diesem von dem Staate ewig überwiesenen Inventar rüstig bauen.