Neunte Fortsetzung

Diese sittliche Verbesserung wird sich nicht erstreben lassen, wenn nicht in dem Gemeindehaushalte auf dem Lande die Heilighaltung des Gemeinde-Eigentums an Wald durch Aufstellung irgend einer Wirtschaftsnorm begründet und jener Sinn für strenge Beobachtung der Hausordnung erzweckt wird, der dem Willen zur Besserung kräftig zur Seite steht, wenn nicht jeder dieser Ordnung Zuwiderhandelnde strenge bestraft, die Anregung dazu nicht schon in dem Gemeinde-Interesse erkannt werden will. Wo findet sich z. B. auf dem Lande eine Gemeindeverwaltung, welche einem hochberechtigten Mitgliede derselben seinen eigenmächtigen Holzbezug vorenthalten würde, — ja, noch mehr! welche einem Gemeindegliede verwehren würde, zur Viehweide Vermehrung eine Waldstrecke, besonders einen Jungschlag, in immerwährende Weide umzugestalten; welche ferner sich überhaupt um einen Wald als ein Gemeindevermögen bekümmert hätte, als höchstens dann, wenn durch Verkauf derselben auf Absteckung gelegenheitlich sich ein mehr oder minder einträgliches Geschäft machen ließ.

Wir finden diese Gemeinde-Verwaltung nicht und sollte sie in unserem Lande wirklich bestehen — so bitten wir sie, als eine höchst seltene Ausnahme, namhaft machen zu wollen, damit ihr die verdiente Anerkennung nicht entgehen möge. In allem dem liegt zweifelsohne der Grund, dass die kommunistische Deutung des Wortes Gemeingut, vom Walde, so umfassenden Boden gewinnen konnte, begünstigt von der Mangelhaftigkeit der Aufsichtsführung und der nicht allseitig gehörigen Handhabung der für die Forste gegebenen Gesetze. Nebstdem brachten auch manche Inkonvenienzen die zur Herstellung einer Ordnung der Dinge ausgesendeten Kommissionen hervor, da im voraus nicht alle Verhältnisse der Zukunft wahrgenommen werden konnten, und man froh sein musste, die Handlungsweise Einzelner nach den Zeitbedürfnissen wenigstens einigermaßen im Interesse der Gesamtheit gebunden zu sehen. Die Maria-Theresianische General-Waldbereitung und der Josefinische Grundsteuer-Kataster geben zwar nähere Bestimmungen über das Verhältnis der Landesbewaldung, inwiefern nämlich das Stockrecht, d. i. die Bewirtschaftung auf Wald, eingehalten werden müsse, und dagegen zur Vermehrung des Futterwuchses der Holzbestand geräumt werden dürfe ; allein die diesfälligen Operate konnten ihrer großen Mangelhaftigkeit halber eine gesetzliche Geltung niemals erlangen. Da in jener Zeit das Bedürfnis nach Weide für Erweiterung der Alpenwirtschaft vorzüglich hervorgehoben wurde, so wurde einem solchen Ansinnen auch willig und um so lieber Gehör gegeben, als dadurch auch der Grundsteuer-Ertrag erhöht werden konnte. Es findet sich aus diesem Grunde mancher ausgedehnte Wald in den Höhen der Gebirge als Alpe oder Weide fatiert, der erst später dafür hätte umgestaltet werden sollen, was aber oft nicht, oder nicht in seiner ganzen Ausdehnung wirklich erfolgte, daher die Ansicht Mancher eine ganz irrige ist, dass die in jener Zeit als Alpe oder Weide vorgefundene Grundfläche durch Unterlassen des Räumens oder Schwendens des auf der Alpe sich angesiedelten Jungholzes nunmehr zu Wald sich umgestaltet habe. Wir finden ganz dieselbe Erscheinung im neuen Grundsteuer-Kataster wieder. Der Vermessungs-Kataster suchte im Gebirge kleine Parzellierungen möglichst zu vermeiden, zog dagegen vor, womöglich große Flächen als Parzellen zu gewinnen, und begnügte sich oder war selbst froh, wenn die betreffenden Indikatoren für eine Alpe auch einen großen Wald als Zugehör, d. i. als Alpe, bezeichneten und eine Einwendung dagegen nicht vorkam. Der nachgefolgte Schätzungs-Kataster suchte zwar diesem Übelstande einigermaßen abzuhelfen, indem er die augenfällig ganz verschiedenen Kulturgattungen, u. z. Alpe, Weide und Hochwald nach ungefährer Anschätzung im quotalen Verhältnisse mit ¼, 2/4 und ¾ u. s. f. der Gesamtfläche der betreffenden Parzelle, aber auch nur hier und da, wo es sehr auffallend von einander schied, und sie so besonders einstellte; allein der Grundfläche blieb nach der Aktivierung des neuen Katasters am 1. November 1843 die gesetzliche Eigenschaft als Alpe oder Weide, die ihr der Vermessungs-Kataster irrig beigelegt hatte, ohne alle Beachtung des Waldwuchses. Im Ganzen ist es übrigens über allen Zweifel erhoben, dass nur die Waldvegetation, nicht aber die Alpenregion zurückgedrängt worden ist.


Wenn das Eigentum der Waldungen Kärnthens in der Regel nicht, der Reichswaldbesitz aber als ein Ausfluss des einer Verjährung niemals unterliegenden a. h. Regalitätsrechtes auf alle Hoch- und Schwarzwaldungen, für welche eigene gültige Eigentums- und Besitzurkunden nicht bestehen, nirgends öffentlich verbucht, also nicht gesichert ist, so ist dies als ein Übelstand zu beklagen; nicht minder muss bedauert werden, dass gar oft die Grenzen des Besitztums sich nicht ermitteln lassen, oder nicht mehr aufgefunden werden können, dass ferner auch die Katastral Grenzscheiden ohne besondere Kosten und zeitraubende Messungsoperationen nicht zu ermitteln und sonach Streitigkeiten überhaupt an der Tagesordnung sind.

Mit der Frage der Berechtigung der Wälder und beziehungsweise Belastung steht es nicht besser und sehr übel sieht es in dieser Beziehung mit den Reichs-, Privat- und Korporationsforsten aus, die, insofern sie mit Servituten belastet sind, nicht nach ihren Eigentümern, sondern nach ihrer Benützung, u. z. für Holz- und Streubedarf „Gemeinwald, für Viehweide „Gemeinberg“ u. s. w. genannt werden, aber eben deshalb im neuen Grundsteuer-Kataster anstatt auf Namen des hohen Aerars und beziehungsweise der Privaten, Stifte und Korporationen, ganz irrig auf Namen der servitutsberechtigten Ortschaften und Insassen eingetragen erscheinen, was bei dem Mangel an hinreichender Vertretung der Eigentümer, oder aus sonstigen Gründen zur Zeit der Katastral-Vermessung leicht erreicht werden konnte, wornach auch diesfalls Eigentums- und Besitz-Streitigkeiten in Fülle aufgetaucht sind.

Die den Wäldern und Forsten dadurch bereiteten Verlegenheiten wuchsen übrigens noch mehr durch die im Jahre 1848 erfolgte Freistellung der Gemeinde-Verwaltungen, da in letzteren nunmehr die Angelegenheiten von einzelnen Ortschaften einer Katastral-Gemeinde nicht mehr verhandelt, das Waldvermögen einer Dorf- oder Ortschaft nicht mehr der Zukunft erhalten und der Erlös daraus nicht der Gemeinde-Cassa verrechnet, sondern leider für Weingelage vergeudet wird; die Berechtigten für Hausbedarf bei Entäußerung ihrer Wälder — der unentgeltlichen Berechtigung auf Forstproduktenbezug — ihre Zukunft sich vernichten oder gar sehr verkümmern, und sich so weit vergessen, bei einiger Aussicht auf Geldgewinn selbst ihre etwaigen Hausforste und Hutteile um wahre Spottpreise an Holzhändler hintangeben, welche letztere solche Wälder, sowie Holzwuchs für Bauholz zum Hausbedarf auf Gebirgswiesen und Weiden in ganzen Gegenden schon sämtlich auf einmalige Abstockung an sich gebracht, und mit solchem Ankaufe noch immer fortfahren, dadurch aber ganz gewiss den Landmann in kontributionsunfähigen Stand versetzen, bevor dieser sich's versieht — wenn der Belastete am Waldeigentume seine Rechte geltend macht, ihm die fernere unentgeldliche Berechtigung zum Forstproduktenbezug, zum Haus- und Gutsbedarf verweigert, wenn der hintergangene Verkäufer endlich den schlauen Holzhändler um den lange ausständig gebliebenen Kaufschilling, nachdem das Holz aus dem Walde, erst mit vielen Vorauslagen gerichtlich belangen soll.