Erste Fortsetzung

In Österreich wird die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes in vielen Ländern schon weise anerkannt, die hemmenden Fesseln der Waldwirtschaft werden immer mehr und mehr gelöst; durch das kaiserliche Patent vom 3. Dezember 1852 hat unser allergnädigste Kaiser Franz Josef ein neues Forstgesetz ins Leben gerufen, die Forstmänner erfreuen sich schon in manchem Kronlande einer billigen Anerkennung ihres Berufes, ihr Streben, durch Bildung von Forstvereinen die vereinzelten Kräfte zu sammeln und gemeinnützig machen zu können, wird von der hohen Regierung unterstützt, das Bedürfnis zur Ausbildung von Forstmännern ruft leider immer noch zu wenige forstliche Unterrichtsanstalten ins Leben. Schon haben sich in den Kronländern Böhmen, Ungarn, Galizien, Tirol und den Alpenländern Forstvereine gebildet, die durch ihre Mitteilungen die einzelnen Erfahrungen der Forstmänner im Walde zum Nutzen für das allgemeine Wohl der Menschheit nach allen Richtungen des kaiserlichen österreichischen Staates ausbreiten.

Auch in Tirol hat sich ein Nordtiroler Forstverein gebildet, dessen Mitglied zu sein ich die Ehre habe, und wahrlich, kein Land Österreichs hat mehr Grund, das Forstwesen in Aufschwung zu bringen und die Forstmänner zu achten, damit sie die kahlen Berge wieder mit ihrem einstigen so schönen grünen Kleide, den Wäldern, schmücken, weil in diesem Lande nicht nur in seinen Forsten der größte Reichtum, sondern auch die Sicherheit und Prosperität des Landes, sein industrielles und Kommerzielles Leben im dunklen Schoße seiner Berge wurzelt und dieses ist es, welches den einstigen Wohlstand der Tiroler wieder gründen kann.


Kein Wunder also, dass die Tiroler mit großer Hoffnung und Vertrauen auf diesen Verein blicken, dessen sinnreicher Wahlspruch heißt : „Förderung der gemeinen Wohlfahrt mit vereinten Kräften in den Forsten“, um so mehr, als an der Spitze, als Präsident, unser allgemein geschätzte Herr Landesforst-Direktor, Andreas v. Sauter, mit dem besten Willen steht und derselbe durch sein längeres tätiges Wirken in Tirol die nötigen Landeskenntnisse besitzt. Mögen wir Forstmänner Tirols unter seiner weisen Leitung unser Ziel, die höchst möglichste Vervollkommnung in der Forstwirtschaft, erreichen, das in uns gesetzte Vertrauen der uns übergebenen Waldungen rechtfertigen und dadurch das Zutrauen der biederen Tiroler verdienen.

Wie konnte sich unser Verein ein schöneres Ziel stecken, sich ein herrlicheres, dauernderes Denkmal in Tirol setzen, als bei diesem so national wichtigen Gegenstande nach Kräften mitzuwirken, die kahlen Berge mit ihren früheren so schönen grünen Kleidern wieder zu schmücken, Tirol jene Fruchtbarkeit, jenen Wohlstand und Gesundheit zurückzugeben, welche das Land einst mit seinen Wäldern besaß; dann werden die Tiroler nicht mehr, wie die ausgestreuten Gedichte der Auswanderer von Vintschgau in der allgemeinen Zeitung Nr. 44, vom Jahre 1858, ausrufen: „Man sieht nur Gendarmen, Förster und Finanzwächter“, sondern sie werden in den Forstmännern jene Werkzeuge der Regierung erkennen, deren sie zur Gründung ihres Wohles so notwendig bedürfen.

Nicht allein, dass so tüchtige Forstmänner Tirols an der Spitze stehen, so können wir Forstmänner noch eine größere Unterstützung unseres Wirkens in unserm Herrn Landes-Gouverneur, Sr. kaiserlichen Hoheit dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Karl Ludwig, erwarten, weil er allergnädigst das Protektorat des österreichischen Reichsforstvereines zu übernehmen geruht hat; in seiner hohen Person finden wir das erfolgreiche Gedeihen des Vereines und den gewünschten Aufschwung der forstlichen Zustände Tirols.

Die große Gnade Sr. kaiserlichen Hoheit hat mir die Erlaubnis erteilt, dieses Werk Höchstdemselben widmen zu dürfen; möge es Seinen hohen, gnädigen Beifall erringen! Es sind bloß schwache Dankgefühle für Seine kaiserliche Hoheit, Höchstwelcher mich selbst als Forstmann nach Tirol ernannte. Doch auch schon dritthalb Jahre reichten seit meiner Anwesenheit hin, manche Gemeinde von den günstigen Folgen der neuen Forstorganisierung zu überzeugen.

Schon fängt man auch in Österreich an, die zweckmäßigsten Mittel und Gesetze aufzufinden, um auch die Privatforste vor ihrer Verwüstung und Zerstörung zu retten, sie unter gesetzlichen Schutz zu stellen und sachkundigen Forstmännern zur Bewirtschaftung anzuvertrauen.

Die allgemeine Hoffnung: die Forste des ganzen Kaiserstaates erhalten bald ein eigenes Ministerium in Wien, belebt, glaube ich, alle Forstmänner, und dann erst wird das Forstwesen Österreichs jene Stufe der Vollkommenheit erreichen, wie solche das Wohl und Interesse des Kaiserreiches erfordert. Aus dem Tiroler Wochenblatte der k. k. Landwirtschafts-Gesellschaft für Tirol und Vorarlberg führe ich den Aufruf des k. k. Kameral-Sekretärs und Oberwaldmeisters Franz Meguscher an die Tiroler an: „Schonet den Wald und pflanzet Holz!“

„In wohlgemeinter Absicht, richte ich diesen dringenden Zuruf an Euch, liebe Landsleute. Ja, schonet den Wald und pflanzet Holz, so lange es noch Zeit ist, wenn Ihr für Euch und Eure Kinder diesen wertvollen Grundbesitz in ertragsfähigem Zustande erhalten, durch Holzanbau seinen Nutzen und Wert vermehren und darin einen Schatz bewahren wollet, der, regelrecht bewirtschaftet und verwaltet, ebensowohl Euch, wie Euren Mitbürgern und Nachkommen große Vorteile gewährt. Der Verbrauchswert der Wald-Erzeugnisse und die Annehmlichkeiten, welche mit dem ausreichenden Besitze derselben verbunden sind, haben zu allen Zeiten das Verlangen hervorgerufen, sich Holz, Streu und Weide für den Wirtschaftsbetrieb zu sichern. Sollten wir das, was uns lieb und teuer, ja unentbehrlich ist, nicht auch unseren Enkeln und Nachkommen gönnen und im Walde möglichst ungeschmälert zu ihrem Genuss zu erhalten trachten? Die Liebe zum Vaterlande, die Pflicht der Fürsorge für unsere Nachkommen, fordert jeden Gutgesinnten von selbst auf, für die Erhaltung und Fortpflanzung der Wälder, so weit sie zum allgemeinen Wohle unentbehrlich sind, nach Kräften mitzuwirken und den nachhaltigen Vorteil der ganzen bürgerlichen Gesellschaft zu befördern.

Ihr wisset wohl, dass der Wald einen ebenso unerlässlichen Bestandteil der Gutswirtschaft bildet, wie das Feld und die Wiesen. Er sichert Euch das erforderliche Bau-, Schnitt-, Nutz- und Brennholz, liefert die nötige Streu und Weide, und die Verwertung des Mehrertrages aus dem Walde verschafft ein Geld-Einkommen, das sich häufig noch durch die an der Zugutemachung und Fortbringung der verkäuflichen Walderzeugnisse aufgewendete Arbeit namhaft steigert. Es wäre fast überflüssig Euch zu erinnern, dass der Betrieb und blühende Zustand vieler auf Holzverbrauch gegründeten Gewerbe- und Industrial-Anstalten, wobei sehr viele vom Arbeitsverdienste lebende Menschen ihren Unterhalt finden, auf einer guten Waldwirtschaft beruhen, sowie dass von der sorgfältigen Behandlung und Erhaltung des Waldes mehrfältig die Sicherheit des Lebens und des Besitzes und überhaupt das Wohl der Anwohner abhängt.

Darauf aber glaube ich Euch noch besonders aufmerksam zu machen, dass zwischen dem Wald- und Feldbesitze ein himmelweiter Unterschied besteht; das Feld kann dessen Inhaber alljährlich beliebig anbauen, abernten und im nächsten Jahre wieder mit anderen Früchten bestellen. Der Ackerbesitzer wirtschaftet unmittelbar für sich und ist für seine Wirtschaftsführung, auch wenn diese nicht die allerbeste wäre, Niemanden Rede und Antwort schuldig. Gleichwie der Tätigkeit und dem Schaffen des verständigen Landbauers der Lohn unmittelbar folgt, so erreicht auch bald die Strafe den trägen und unwissenden Ackersmann; den Rückschlag im Gutsertrage folgt meistens der Verlust des Gutsbesitzes, der, in fleißigere Hände übergehend, von einem verständigen Landwirte bald wieder zum vollen Ertrage gebracht und in seinen früheren guten Zustand zurückversetzt wird."

Wie ganz anders verhält es sich mit dem Walde! Der Waldbesitzer erntet in der Regel das, was seine Vorfahren angebaut oder für ihn aufbewahrt haben und muss für die Erzeugung und Erhaltung dessen sorgen, was kommenden Geschlechtern zur Ernte vorbehalten ist. Eine ausnehmende Eigenheit des Waldbesitzers ist daher die, dass sich in dessen Holzerzeugnisse die gegenwärtigen und die künftigen Nutznießer ebenmäßig teilen und dass jede unforstmäßige Behandlung und Benützung die Anrechte der Besitznachfolger beeinträchtigt. Auf dem Waldgrunde kann zwar jährlich eine Ernte stattfinden, aber hierzu wird erfordert, dass auf demselben die weggenommenen Holzerzeugungen durch Beihilfe der Natur oder durch jene des Menschen auch wieder ersetzt werden; dass sohin Holzpflanzen von allen Altersstufungen, von den ankeimenden Pflänzchen an bis zum aufgewachsenen Baumstamme, sich vorfinden und Verhältnisse mäßig so verteilt erscheinen, dass alljährlich ein in das Alter der Haubarkeit eintretender und zur Ernte schlagreifer gleich großer eingeschlagen, dagegen aber auch die vom Holze abgeräumten Flächen sobald wieder in Anwuchs gebracht und somit das Weggenommene durch Nachzucht junger Holzbestände fortan wieder ersetzt werde. Nimmt man vom Holzbestande in der Gegenwart eine größere Menge weg als nachwächst, und vernachlässigt man den Wiederanbau der abgeholzten Fläche, so wird durch das Holz-Kapital und beziehungsweise das Ertragsvermögen des Waldes zum offenbaren Schaden der Besitznachfolger verringert, wo nicht seine Ertragsfähigkeit gänzlich vernichtet, und hiermit noch mehrfältige andere physische und ökonomische Nachteile herbeigeführt.

Jede Überschreitung der Ertragskraft des Waldes, jede Unterlassung des Wiederanbaues auf den entholzten Flächen steigert die Gefahren und das Missbehagen der Gegenwart und Zukunft. Aus dem Grunde, dass der Wald nebst den Bedürfnissen der gegenwärtigen, auch jene der künftigen Geschlechter befriedigen, bald den Kulturländereien Schutz gegen schädliche klimatische Einflüsse gewähren und dem Boden seine Fruchtbarkeit erhalten, bald darunter liegende Baugründe, Ansiedelungen und Straßenzüge gegen Gefahren des Nachteiles durch widrige Naturereignisse schirmen soll, erscheint seine Erhaltung im wirtschaftlichem Zustande auch aus Gründen des gemeinen Wohles und der öffentlichen Sicherheit von Belang und bildet daher einen Gegenstand der Forstpolizei. Derlei ökonomische und polizeiliche Bestimmungen stempeln den Wald mehr zu einem Gemein- und National-, als zu einem Privatgute und dies umsomehr, als jede unforstliche Gebahrung, jede Verwüstung des notwendigen Waldbestandes auch eine Beeinträchtigung der Nutzungsansprüche sowohl für die berechtigten Nachfolger, wie auch für die Gesamtheit und mehrfältig auch noch andere Nachteile zur Folge hat, die, einmal erzeugt, nicht leicht wieder beseitigt werden können. Hierin liegt also der überaus große Unterschied zwischen Wald- und Feldbesitz.

Wer rücksichtslos das Holz in seinem Walde einschlägt und für den Wiederanbau der abgeholzten Fläche nicht Sorge trägt, der gleicht einem Landwirte, welcher, ohne zu pflügen, zu düngen und zu säen, dennoch fortan ergiebige Getreideernten von seinem Ackergrunde verlangt, oder er ist mit dem Geldbesitzer zu vergleichen, der sein Kapital nicht verzinsen oder sich nicht allein auf den Genuss der Zinsen beschränken will, sondern am Kapitale selbst zehrt, bis dieses ganz erschöpft und sein Geldbeutel vollends geleert ist.

Welcher vernünftige Mensch würde nicht jenen Weinbauer für einen unverständigen und schlechten Hauswirt halten, welcher die vor Alter und Krankheit absterbenden oder sonst untragbaren Beben in seinem Weingarten durch Nachpflanzungen zu ersetzen unterlägst, und so sich und seinen Besitznachfolger durch den geringen Ertrag des Weinberges eine schwere Wunde schlägt. Auch er pflanzt für die Gegenwart und Zukunft. Der Wald als Grundstück bedingt nicht minder die wirtschaftliche Gebahrung seines Holzbestandes wie die Fürsorge für den Ersatz des Weggenommenen, damit einesteils nicht mehr Holz genutzt werde, als sich an dem vorhandenen Waldvermögen (Holzkapital) durch Zuwachs jährlich erzeugt, und andernteils damit das Ertragsvermögen durch die fortschreitenden Holzungen nicht verkümmert, sondern vielmehr durch die Herstellung und Pflege des Nachwuchses das Weggenommene wieder ersetzt werde.

Merket es wohl: nur durch Holz erzeugt sich wieder Holz, Um daher stets gleich ergiebige Holzerträge vom Walde zu erlangen, muss dieser auch fortwährend ein gleich großes Holzkapital enthalten, welches durch alle Stufenleitern des Alters der auf verhältnismäßigen Flächen verteilten Holzpflanzen bis zum Haubarkeitsalter hinaufreicht und so eine andauernde Holzernte sichert.

Wer also holzlose Waldflächen in Anwuchs bringt, der sorgt und baut zwar mittelbar für seinen Nachfolger, sichert aber zugleich unmittelbar sich selbst den Vor, dass er durch den Wiederanbau das Ertragsvermögen aufrecht erhält, wo nicht erhöht, und sohin von diesem vermehrten Holz- und Arbeits-Kapitale auch in der Gegenwart größere Holzerträge oder höhere Holzzinsen beziehen kann.

In der verständigen Gebahrung und im zeitgemäßen Wiederanbau der abgeholzten Waldflächen liegt insbesonders auch für die Gemeinden, welche Wälder besitzen und als fortlebende Eigentümer ein vorzügliches Interesse haben müssen, die Waldwirtschaft nachhaltig zu betreiben, ein beachtungswertes Mittel, durch stetiges und wo möglich steigendes Holzerträgnis die dauernde Befriedigung der Bedürfnisse sowohl der eigenen Mitgenossen zu sichern, wie auch mit dem Überschuss des Holzertrags den Fortbestand und die Erweiterung der gewerblichen und Industrial-Anstalten ihrer Umgebung zu unterstützen, oder, damit zum allgemeinen Holzverbrauche beizutragen und durch Holzveräußerungen nicht nur der Gemeinde-Kasse eine ergiebige und bleibende Einnahmsquelle zur Bestreitung der mannigfachen Kommunal Auslagen zu sichern, somit die beschwerlichen Gemeindeumlagen, Wustungen zu vermeiden, zugleich dürftigen aber arbeitsfähigen Mitgliedern durch Waldarbeiten einen fortwährenden Verdienst zu verschaffen und hiermit die Last ihrer Versorgung von den Gemeinden möglichst fern zu halten.

In manchen Gemeinden Österreichs haben dieselben auch diesen wichtigen Einfluss des Waldes auf das allgemeine Wohl eingesehen und benützen ihre Wälder durch eine umsichtige Bewirtschaftung in eigener Regie.

Im Fleimser Tale in Südtirol, einer der wichtigsten Holzvorrats-Kammern der Lombardie, wurden unter der Leitung des für Südtirol so verdienstvollen Forstmeisters Herr Andreas v. Periboni und des jetzigen Forstmeisters in Cavalese, Herrn Anton Untergasser, alle Holzfällungen und Transporte in eigener Regie durch die Gemeinde-Vorstehung bewerkstelligt und die General-Gemeinde findet es nicht nur in ihrem Interesse, jährlich mehrere Tausend Gulden auf Herstellung von musterhaften Abfuhrwegen zu verwenden, sondern auch noch überdies mit 40 bis 50%, zu den Fällungs- und Lieferungskosten für die zum Haus- und Gutsbedarf der Filial-Gemeinden bestimmten Hölzer zu konkurrieren; denn nur auf diese Weise ist es möglich, auch das entfernte, sonst nutzlose, im Walde verwesende Holzmaterial vollkommen zur Benützung zu bringen, die gewonnenen Forstprodukte nach ihrer Verwendbarkeit zu Bau-, Werk-, Säge-, Schindel-, Spalt- oder Brennhölzern auszuscheiden, die zum inneren Bedarfe benötigten Hölzer in die ortsüblichen Sortimente aufzuarbeiten, in eigens hierzu erbauten Magazinen aufzubewahren, und an die Holzungsberechtigten nach ihren erwiesenen wirklichen Bedürfnissen gegen schriftliche Anweisung der Gemeinde-Vorstehung zu verabfolgen, die Magazinrechnung fortwährend in Bilanz zu halten, den Holzüberschuss aber mittelst öffentlicher Versteigerungen zu veräußern. Durch dieses Verfahren wird im Fleimsertal der Kubikschuh Fichten-, Tannen-, Lärchen-, Säge-, Bau- oder Spaltholz durchschnittlich mit 12 bis 15 kr. Reichswährung bezahlt, während das eigentliche zu keinem andern Zecke verwendbare Brennholz im Walde gar keinen Wert hatte und vor Einführung der Regie-Holzschläge nutzlos verfaulte. Die General-Gemeinde, welche den allenfalls abgängigen Brennholzbedarf der Filialgemeinden (mit Bauholzwaldungen zum Handel sind sie auch hinreichend versehen) zu decken hat, kann also für jede zum Nutzen gebrachte Maßeinheit an eigentlichem Brennholze ebenso viele Maßeinheiten an Bau- und Sägeholz verkaufen, was bei 50.000 Kubikfuß Sägeholz, welche durch die Holzfällungen in eigener Verwaltung alljährlich für den Aktivhandel gewonnen werden dürften, bereits 10bis 12.000 fl, Reichswährung beträgt.

Auf diese Art ist die Verwendung der Forstprodukte im Fleimsertal auf einen Grad der Vollkommenheit gebracht, wie sich wohl wenige Täler im Kronlande Tirol dessen rühmen können. Jede Staatsregierung hat für andauerndes Glück und Wohlstand des Volkes zu sorgen, und damit sich ein Band zur höchsten Blüte und Vollkommenheit entfalten könne, die ganze Staatsverwaltung in Einklang zu bringen und auf die Erreichung dieses Zieles zu richten. Leider hat man sich in vielen europäischen Staaten von diesem idealen Staatenbilde mehr oder weniger entfernt, oft haben persönliche Ansichten und Interessen über die speziellen und allgemeinen Anforderungen der staatlichen Gesellschaft die Herrschaft erworben, und die alte deutsche Treue, Biederkeit, genügsames Wohlergehen und Religiosität fast ganz vernichtet.

Wenn wir unsere Zustände mit Ruhe übersehen, so müssen wir zur Erkenntnis gelangen, dass wir an der Grenzmarke einer weltlichen Epoche stehen. Schon zu mächtig und verderben-drohend haben sich die feindlichen Elemente dem staatlich-politischen Leben gegenübergestellt; gelingt es nicht, uns von diesen vielen krankhaften und gärenden Stoffen zu befreien, so haben wir eine traurige Zukunft, vielleicht Ereignisse zu erwarten, wie solche die Weltgeschichte bisher nicht kannte. Aus den chaotischen Trümmern all' unserer menschlichen Glückseligkeit würde dann eine neue Generation, durch vernichtende Kämpfe und Erfahrungen geläutert und aufgeklärt, entstehen und einer glücklichem Zukunft, als unsere jetzigen Tage es sind, entgegengehen.

Noch ist Hoffnung, dass auch ohne diese vernichtenden Kämpfe und Revolutionen die schwankenden Staatsschiffe aus den tobenden Elementen und einer klippenvollen See wieder in ein ruhiges Fahrwasser geleitet werden. Es kann dies geschehen, wenn es allen europäischen Staatsregierungen wahrer Ernst ist, und wenn von denselben, sowie von allen guten Bürgern, rasch die Hand ans große Werk der sittlichen und politischen Regeneration gelegt wird. Die Gesamtheit des Staates, wie jeder Staatsangehörige, der noch die erforderliche moralische Kraft in sich fühlt, ist schon seiner Selbsterhaltung wegen, auch wenn die eigentlichen Früchte dieser Mühen erst künftigen Geschlechtern zukommen sollten, verpflichtet, alle seine Tätigkeit dieser sittlichen und staatlichen Wiedergeburt zu widmen. Gleichwie die Zerstörung eines Werkes viel leichter ist, als der Wiederaufbau, ebenso verhält es sich mit der Verbesserung unserer verdorbenen sittlichen und materiellen Zustände. Ein volles Jahrhundert wird vielleicht erforderlich sein, um den Geist des Verderbens wieder auszurotten und unsere, sowie die von unseren Vorgängern gemachten Fehler zu sühnen. Unsere Tätigkeit wird daher vor Allem eine rasch vermittelnde und einlenkende sein müssen.

Auch wir Forstbeamte sind berufen, bei diesen großen staatlichen Reformen, bei der beabsichtigten Verbesserung der sittlichen und materiellen Not der untersten Volksklassen tatkräftig mitzuwirken, und zwar wird unsere Aufgabe eine doppelte sein:

1. Wir werden — so viel es an uns liegt — der sehr oft durch Holzfrevel entstandenen, fast totalen Demoralisation der unteren Volksschichten, besonders auf dem Lande, entgegenzutreten und durch alle uns zu Gebote stehenden Mittel auf Verbesserung der sittlichen Zustände derselben hinzuwirken haben.

2. Wir werden im Interesse der Staatsangehörigen — als treue Wächter unserer Wälder — die in riesenhafter Zunahme begriffenen Devastationen derselben abzuwenden haben.

Wie schwer diese Aufgabe sei, lässt sich, wenn wir die bezüglich der Waldungen bei den untersten Volksklassen herrschenden Ansichten und den allgemein sittlichen Verfall in Erwägung ziehen, nicht verkennen.

Kein Staatsdiener hat ja mehr Gelegenheit, als gerade der auf dem Lande wohnende ausübende Forstbeamte, die Not und die Bedürfnisse der unteren Volksschichten, ja, oft menschliches Elend und Familienverhältnisse kennen zu lernen, die das tiefste Mitleid eines jeden besseren Menschen, der noch edler Mitgefühle fähig ist, erregen müssen.

Solche Zustände, namentlich aber die rasche Abnahme aller Religiosität und Sittlichkeit, die massenhafte totale Verarmung der unteren und teils auch der mittleren Volksklassen üben aber, wie jeder praktische und aufmerksame Forstmann täglich wahrzunehmen im Stande ist, notwendigerweise den entschiedensten Einfluss auf die Bewirtschaftung, Benützung und den Schutz unserer Waldungen aus; es dürfte daher erforderlich sein, dieselben vorerst, obgleich sie schon vielseitig beschrieben worden und leider nur zu sehr bekannt sind, in allgemeinen Umrissen kurz in Erwägung zu ziehen.

Die Verwirrung aller Sittlichkeits- und Rechtsbegriffe äußert sich, bezüglich der Waldungen, vor Allem und fast allenthalben in der tiefeingewurzelten Ansicht, dass ein Forstfrevel kein entehrendes, kein strafbares Vergehen, dass Holz eine Art Gemeingut sei und für den beliebigen Gebrauch Aller wachse. Es sind dies Ansichten, die sich aus den Zeiten des Holzüberflusses und aus jenen, wo die Wälder Deutschlands wirklich noch Gemeingut waren, herleiten.

Das Individuum in der Gemeinde glaubt sich berechtigt, in dem betreffenden Gemeindewalde, oder auch in jenem seines begüterten Mitbürgers, und im Allgemeinen der Staatsangehörige aus den Forsten des Staates sich diese und jene durch die Gesetze verpönte Nutzung erlauben zu dürfen.

Das Raisonnement der Bemittelten ist gewöhnlich: „Für was sind diese Waldungen sonst da, und wofür tragen wir unsere Gemeindelasten und bezahlen dem Staate Steuern?"

Der Arme aber glaubt in seiner Armut einen Freibrief gegen alle derlei Beschränkungen zu besitzen, und hält sich, da er auf eine legale Weise seine Bedürfnisse zur Genüge nicht befriedigen kann, ohnedies hierzu für berechtigt.

Dies sind die Früchte der vernachlässigten sittlichen Erziehung. Die demoralisierten Massen wissen weder die ihnen zukommenden Rechte zu begrenzen, noch weniger kennen sie und mögen sie kennen lernen die Pflichten, die sie — als einzelne Glieder der staatlichen Gesellschaft — der Gesamtheit des Staates und als Menschen der kommenden Generation zu erfüllen schuldig sind.

Die Waldungen sind bereits schon größtenteils auf jene Gegenden mit absolutem Waldboden zurückgedrängt; da nun in Folge dessen die Landwirtschaft in waldreichen Gegenden, ihrer mindern Ausbreitung und der gewöhnlich geringen Ergiebigkeit des Bodens wegen, den zahllosen Massen der Waldbewohner keine genügende Nahrungsquelle zu eröffnen vermag, so haben auch da und in jenen Gegenden, wo in Folge unzureichender Waldmassen die rechtliche Erwerbung von Forstprodukten erschwert, oder wo solche mit die Kräfte der Konsumenten übersteigenden Kosten verknüpft ist, die Frevel auf eine schauderhafte Weise so zugenommen, dass die Blüte unserer deutschen Wälder in den großen Wald-Komplexen vernichtet zu werden droht. Blicke jeder ausübende Forstmann nur einmal auf die letzten zwanzig Jahre zurück, so wird er sich überzeugen oder schon überzeugt sein, dass die Wald-Devastation progressiv in gleichem Schritt mit der Verarmung und Demoralisation des Volkes vorangegangen ist und mit jedem Jahr tiefer und tiefer in jene inneren und entferntem Walde eindringt, wohin sich früher ein Waldbewohner selten oder gar nicht bemühen mochte, und wohin er aber jetzt einzudringen gezwungen ist, da die Vorwaldungen größtenteils schon verwüstet und nicht mehr im Stande sind, seine Frevelgelüste oder Bedürfnisse zu befriedigen.

Ich habe seit meinem zweijährigen Hiersein in den hiesigen dreiunddreißig Gemeinden die traurigsten Beweise erfahren, welche vielseitigen Forstfrevel in den hiesigen Wäldern verübt werden, die natürlicherweise diesen devastierten Zustand der Forste herbeigerufen und dadurch das allgemeine Wohl des Landes so herabgebracht haben, und will meinen Fachgenossen das treue Bild hiervon entwerfen:

I. Der größte hiesige Frevel ist der Streufrevel; dieser wirkte am meisten auf die Zerstörung der Wälder.

Die Inwohner waren bis zu meiner Ankunft gewohnt, in allen Wäldern, ohne Unterschied, die Blätter der Laubhölzer und das Moos zu sammeln, wo und wie viel sie wollten.

Gerade hier auf dem Gebirge ist das Laub, Moos und die Flechten bestimmt, den Boden feucht zu erhalten, die Wurzeln gegen nachteilige atmosphärische Einflüsse, zu große Hitze und Kälte zu schützen, und endlich durch Verwesung als Dammerde den Holzpflanzen zur Nahrung zu dienen. Auf den hiesigen felsigen Waldflächen ist ohnedies wenig Humus, und wenn daher das Laub entfernt wird, so ist keine Waldvegetation möglich. Anstatt das Stroh von ihren Feldern zum Dünger zu verwenden, wird dasselbe zur Fütterung des Viehes verwendet und verkauft, und dagegen Waldstreu, ohne Rücksicht auf Zeit und Ort, aus dem Walde geholt. In den Gemeinden, wo sie nicht genug Laubstreu fanden, haben sie bis jetzt die Äste der Tannen, Fichten und Kiefern geschneitelt und als Dünger benützt. Allein auch hier findet nun die traurigsten Beweise, dass bisher keine Idee von einer Forstwirtschaft vorhanden war. Anstatt die Stämme im reiferen Alter und sukzessive zu schneiteln, haben sie hier bei dem zehn- und fünfzehnjährigen Stangenholz schon angefangen, von unten auf alle Äste knapp am Stamme und alle Lebenszweige abzuhacken. Was war die Folge? Die Jahresringe sind kaum erkennbar, der Wuchs ist niedrig, viele sind ausgedorrt, durch den Wind gestürzt und anstatt der früheren Stämme, wo man noch Stöcke von zwei Schuh im Durchmesser findet, sind jetzt sechzig- bis achtzigjährige Kiefern und Tannenbestände von acht bis zehn Zoll Stärke, wie die Bestände der Gemeinde Lover und Campo Denno beweisen. Bei den diesjährigen Holzausnutzungen habe ich die Gemeinde-Vorstände in den Wald geführt und ihnen den Unterschied zwischen zwei nebeneinander stehenden Kiefern erklärt und gezeigt, wie die jährlichen Triebe der zwölfjährigen ungeschneitelten Kiefer schlank, kräftig und einen Schuh lang waren, während die daneben stehende, von allen Ästen bis auf einige Zweige des Gipfels entblößte, gleich alte Kiefer ein krüppelhaftes Wachstum und kaum vier Zoll langen Jahrestrieb zeigte. Sie haben es eingesehen und geantwortet: „Wir haben es bisher nicht besser verstanden."

Anstatt dass diese Gemeinden bei einer ordentlichen Forstwirtschaft pr. Joch eine Klafter Zuwachs rechnen könnten, erhalten sie jetzt eine Achtelklafter, und anstatt den Überfluss ihres jährlich möglich zu erzeugenden Holzquantums verkaufen und zur Tilgung ihrer Schulden verwenden zu können, sind die jetzigen Wälder kaum hinreichend, ihren Bedarf an Brenn- und Bauholz zu decken, und so wirkt der Wald auf das allgemeine Wohl der Menschheit.