Einfluss des Waldes auf das Klima eines Landes.

Das Dasein der Wälder wirkt vorteilhaft auf die Feuchtigkeit der Atmosphäre und des Bodens, den Hauptfaktor der Fruchtbarkeit. Durch ihre regelmäßige Verteilung, besonders in den Gebirgen, hat es der Mensch in der Hand die Regenmenge zu regeln.

Die Wälder haben eine wichtige physikalische Bedeutung leider durch die traurigsten Erfahrungen begründet; nämlich die Vermittler zwischen Luft und Erde zu sein, und als solche die Feuchtigkeit der Luftdünste an sich zu ziehen und der Erde mitzuteilen, wie auch die fessellos umherbrausenden Nord- und Weststürme mit ihren riesigen Armen zu brechen, damit die Erde nicht erstarre vor ihrem allgewaltigen Hauche.


Es ist eine allbekannte, unbestreitbare Tatsache, dass jede Urbarmachung eines Waldes eine Änderung in dem Klima der Gegend hervorruft und ihren Einfluss sogar auf sehr beträchtliche Entfernungen ausüben kann. Diese Veränderung des Klimas kann vorteilhaft oder schädlich sein, je nachdem sie zwischen den verschiedenen Erzeugnissen des Bodens, der physischen Beschaffenheit des Landes, den verschiedenen Faktoren des Klimas die glücklichsten Beziehungen, diejenigen, die am besten geeignet sind, die Bedürfnisse des Menschen-Geschlechtes zu befriedigen, herstellt oder zerstört.

Allzu ausgedehnte Wälder, so wie man ihrer nur noch teilweise, aber selten, im Norden Amerikas und einzelnen Gouvernements Russlands findet, unterhalten eine kalte, nasse Luft; sie hemmen, verdichten die Wolken und verbreiten in der Atmosphäre Ströme von wässerigen Dünsten, die Winde dringen nicht in ihr Innerstes, die Sonne erwärmt nicht die Erde, über welche sie ihren Schatten breiten; diese poröse Erde, die aus der Zersetzung der Kräuter, der Blätter, der Zweige und der durch die Länge der Zeit umgestürzten Baumstämme gebildet ist, erhält eine bleibende Feuchtigkeit, die niedrigen Orte dienen als Behälter für kalte, stagnierende Gewässer, auf den Abhängen entstehen zahllose Bäche.

Die Wälder üben den glücklichsten Einfluss auf die Atmosphäre aus, sie sind mächtige Leiter des elektrischen Fluidums, tragen zur Harmonie der Naturgesetze bei, ziehen die Gewitter an sich und verteilen sie zum wohltätigen Regen; sie nähren die Quellen und Bäche, welche den Feldern und Wiesen ihre Fruchtbarkeit miten; sie mildern die Heftigkeit der Regengüsse, massigen Nässe und Trockenheit, mildem die Übergänge in der Temperatur, verhindern als natürliche Behälter des niedergefallenen Schnees und Regens oft verheerende Überschwemmungen, erhalten den Reichtum der Quellen; sie saugen mit ihren Blättern die tödlichen Miasmen und das verderbliche Gas ein und entziehen dadurch der atmosphärischen Luft die dem animalischen Leben besonders feindlichen Stoffe; sie geben der Luft ihre Frische und Reinheit wieder, sie bedecken die Gipfel der Berge, erhalten und befestigen den Boden auf den jähen Abhängen der Hügel, sie massigen die Heftigkeit der kalten Winde des Nordens und die Wirkungen der brennenden Luft des Südens.

Da die Atmosphäre in den Wäldern sich langsamer erhitzt und wieder abkühlt als unter einem offenen, freien Himmel, so dienen sie als Regulators für den Wärmestoff und verkleinern in Bezug auf die Temperatur die Unterschiede zwischen Tag und Nacht, zwischen den warmen und kalten Tagen und zwischen den Jahreszeiten. Sie schützen gegen die sengende Glut der Sonnenstrahlen im Süden und beleben durch ihr vielseitiges Grün die malerische Schönheit und Annehmlichkeit eines Landes.

Niemand kann das Gefühl beschreiben, der es nicht selbst empfunden hat, welches sich unwillkürlich in dem Innern eines Wanderers regt, wenn derselbe auf weiter Reise, bei drückender Hitze, müde und matt von offener Straße, offener Steppe plötzlich in einen Hochwald eintritt. Wie majestätisch, wie erhaben erscheint in diesem Augenblicke ihm nicht der Wald! Wie wohl und erquickt fühlt er sich nicht in dessen kühlen Schatten und unwillkürlich bemächtigt sich seiner Sinne eine gewisse Ehrfurcht, ein inneres angenehmes Gefühl, das ihn an die Wichtigkeit und den Wert des Waldes erinnert. Wenn in trockenen, heißen Sommermonaten ein warmer Regen die Natur erquickt, und der Wanderer tritt nach demselben in den Wald, welche erfrischende Dünste haucht er dann nicht für Menschen und Tiere aus und befördert dadurch das Wachstum der Pflanzen!

Nicht uninteressant dürfte manchen meiner Fachgenossen die Schilderung des berühmten Professors Heyer über den Einfluss der Wälder auf Boden und Klima sein und ich erlaube mir daher solche anzuführen.

Auf die Zusammensetzung der Luft übt der Wald einen positiven Einfluss, denn in der Natur wird der Luft durch den Verbrennungs-, Verwesungs- und Atmungsprozess Sauerstoff entzogen. Verbrennung und Verwesung unterscheiden sich zwar wesentlich dadurch, dass bei ersterer der Sauerstoff der Luft direkte an den Kohlenstoff der verbrennenden Substanz tritt, während bei der Verwesung der Sauerstoff sich nur mit dem Wasserstoff der organischen Substanz verbindet; sie stimmen aber darin überein, dass sie gleich viel Sauerstoff erfordern. Elia verwesendes Stück Holz bedarf der nämlichen Menge Sauerstoffes, um eine gewisse Menge Kohlenstoffes und Wasserstoffes austreten zu machen, als wenn beide letztere durch die Verbrennung entfernt worden wären.

Der Atmungsprozess bedarf einer nicht unbedeutenden Menge Sauerstoffes, der Mensch braucht täglich einen Kilogramm Sauerstoff. Die ganze Quantität Sauerstoff, welche Verbrennung, Verwesung und der Atmungsprozess konsumieren, wird von Dumas nach Ablauf eines Jahrhunderts doch nur auf 1/1344000 Sauerstoffgehaltes der Luft berechnet. Wenn diese Quantität für ein Jahrhundert auch sehr gering erscheint, so ist doch gewiss, dass eine fortwährende Konsumtion von Sauerstoff die Luft im Laufe der Zeit verderben müsse und vielleicht spätere Generationen die Rache dieser Verschlechterung empfinden werden. Durch den Vegetationsprozess hat die Natur für den Ersatz an Sauerstoff in der Atmosphäre gesorgt. Der Kohlenstoff der Pflanzen rührt von der Kohlensäure der Luft her, indem die Gewächse die Kohlensäure aufnehmen, sie zersetzen, den Kohlenstoff behalten und den Sauerstoff in Gasform wieder ausstoßen.

Von der Wärme der Sonnenstrahlen absorbiert die Luft nur wenig, die Erwärmung der Atmosphäre geht vorzüglich von dem Boden aus, nachdem sich dieser durch die Sonnenstrahlen erwärmt hat. Im geschlossenen Walde können die Sonnenstrahlen nicht zum Boden gelangen; sie treffen das Blätterdach der Bäume. Dieses wird aber nicht in dem Masse erwärmt, wie der Boden, weil Blätter und Nadeln stets Feuchtigkeit enthalten, welche verdunsten kann. Die Wärme wird also verbraucht, um die Saftflüssigkeit in Dampf zu verwandeln.

Während des Tages ist daher im Sommer die Temperatur im Walde geringer, als über dem Felde, oder über vegetationslosen Flächen. Was nun aber das Maß der Temperatur-Differenz anbelangt, so fehlen zuverlässige Beobachtungen. Es ist also nicht erwiesen, ob überhaupt die Sommer-Temperatur in waldreichen Gegenden geringer ist, als in waldarmen, denn im Walde kühlt sich die Luft während der Nacht auch nicht so stark ab, als wie im Freien. Die Wärme, welche Boden und Luft ausstrahlt, wird von den Bäumen reflektiert. Die Nächte bei bedecktem Himmel sind nicht so kalt, als wenn der Himmel klar ist, weil die Wolken die Wärmestrahlen zurückwerfen. Und in ähnlicher Weise wirkt das Blätterdach der Bäume. Die Behauptung, dass waldreiche Gegenden kühlere Sommer haben, als waldarme oder waldlose, ist noch nicht erwiesen.

Die gleiche Ursache, welche im Sommer die Nacht im Walde wärmer macht als im Freien, bewirkt auch, dass der Boden im Walde während der kalten Jahreszeit nicht so viel Wärme durch Ausstrahlung verliert, als dies beim Felde der Fall ist. Auch Laub, Moos und der Humus, der den Boden deckt, schützen die Erde als schlechte Wärmeleiter gegen plötzliche Abkühlung. Da die Erde im Winter mehr Wärme ausstrahlt, als ihr durch, die Sonne zugeführt wird, so ist wahrscheinlich, dass die durch den Baumschlag gehinderte Wärmestrahlung von größerer Bedeutung für die Bewahrung einer höheren Temperatur im Walde sei, als die Wärmemenge, welche dem Boden zugeführt würde, wenn er den Sonnenstrahlen ausgesetzt wäre. Da positive Beobachtungen fehlen, kann dieser Satz nur als wahrscheinlich aufgestellt werden.

Die Erniedrigung der Temperatur wird fast in jedem Winter so groß, dass der Wärme-Überschuss des Bodens in Feldern etc. aufgezehrt wird. Nach dieser Erscheinung, und wenn sich die Temperatur im Walde und im Freien ausgeglichen hat, hält die Kälte im Walde viel länger an, weil der Baumschlag verhindert, dass die Frühlings-Sonnenstrahlen den Boden treffen, so wie die Decke desselben verhindert, dass die Luftwärme sich ihm mitt. Daher die bekannte Erscheinung, dass der Winter im Walde länger dauert, der Schnee später schmilzt als im freien Felde. Dieses Zurückbleiben der Temperatur im Walde äußert einen Einfluss auf die Bäume; es verhindert das vorzeitige Austreiben derselben im Frühjahre und ist vielleicht von Vorteil, weil die Spätfröste weniger schädlich werden.

Was den Einfluss der Wälder auf die mittlere Jahrestemperatur betrifft, so kann letztere

a) auf theoretischem Wege nach den Gesetzen der Physik bemessen, oder

b) die Temperatur bewaldeter und unbewaldeter Gegenden verglichen, oder endlich

c) ermittelt werden, ob durch Waldrodungen Veränderungen in der mittleren Jahres-Temperatur bewirkt worden sind; aber, wie bereits erwähnt, sind diese Beobachtungen in einer Weise nicht gemacht worden, welche das Maß dieser Differenzen genau festsetzen, wäre es auch sichergestellt, dass in waldreichen Gegenden die Sommer kühler, die Winter wärmer seien als in waldlosen Ländern.

Ein noch nicht erwähnter Umstand trägt dazu bei, die Temperatur in den Wäldern zu vermindern, ohne dass sich angeben Hesse, ob hierdurch die größere Wärme, welche dem Walde aus anderen, früher angeführten Ursachen zukommt, ganz absorbiert, oder ob sogar hierdurch die mittlere Jahrestemperatur waldiger Gegenden unter das Mittel von waldarmen Orten herabgestimmt werde. Es ist dies die stagnierende Feuchtigkeit, welche sich in Wäldern mehr hält, als im Freien, weil sie dort vor Luftzug und Sonne geschützt ist. Im offenen Lande zehrt Luft und Sonne diese Feuchtigkeit schnell auf, und die Kälte dauert nicht lange an, weil die durch die Verdunstung erniedrigte Temperatur durch Sonne und Luft schnell aufgehoben wird. Anders ist es im Walde, wo die Verdunstung der stagnierenden Feuchtigkeit das ganze Jahr dauert und zugleich der Zutritt der wärmeren Luft gehemmt ist. Hier wird daher die Temperatur der nassen Fläche immer herabgestimmt.

Man hat den Einfluss der Wälder auf die Temperatur mit dem Einflusse des Meeres verglichen; dieser ist jedoch nicht begründet. Das Meer zeigt im Sommer nur dann eine niederere Temperatur als das Land, weil es eine größere Wärmekapazität besitzt. Das Wasser des Meeres nimmt wegen seiner Durchsichtigkeit die Wärme der Sonnenstrahlen zum größten Teile auf, nur ein kleiner Teil geht durch die an der Oberfläche stattfindende Verdunstung verloren; im Walde aber wird alle Wärme der Sonnenstrahlen, welche die Kronen treffen, zur Verdunstung der in den Blättern etc. enthaltenen Feuchtigkeit verwendet; die Wassermenge ist nicht so groß, um viel Wärme aufzunehmen. Wenn das Wasser des Meeres im Winter wärmer ist als die Erde, so liegt die Ursache in der größeren Wärmeaufnahme des Wassers über Sommer, während eine höhere Temperatur des Waldes im Winter nur in der gehinderten Wärmeausstrahlung beruhen kann.

Man weiß, dass die Winter-Temperatur am Meere gelegener Länder größer ist, als die Erniedrigung der Sommer-Temperatur. Diese Beobachtungen sind durch den Thermometer erwiesen, woraus sich auch einfach erklärt, warum das Meeres-Klima eine höhere mittlere Jahres-Temperatur, als das Kontinental-Klima zeigt. Die Unterschiede in der Erwärmung des Meeres und der Waldgegenden lehren aber, dass es unstatthaft ist, aus der größeren mittleren Jahres-Temperatur der Küstenländer eine gleiche für die Waldgegenden ableiten zu wollen.

Die zweite Art zur Bestimmung des Wäldereinflusses auf die mittlere Jahres-Temperatur ist von Moreau de Jonnes befolgt worden; dieser stellt die Ansicht auf, die Waldungen drückten die mittlere Jahres-Temperatur herab und sucht dies durch den Vergleich der mittleren Temperatur von Orten in waldreichen und waldlosen Gegenden unter gleicher geographischer Breite zu erweisen. Die Resultate dieser Vergleiche könnten nur dann als entscheidend betrachtet werden, wenn bei selben sämtliche Einflüsse des Klimas in Rechnung gezogen worden wären, welche das Abweichen der Isothermen von den Polarkreisen der Erdoberfläche bewirken. Da der genannte Schriftsteller dies nicht getan hat, so haben seine Untersuchungen für die Gegenwart den Wert nicht mehr, welchen man ihnen früher beilegte. Da die Schrift jedoch noch bei vielen Forstwirten, Botanikern und Staatswirten in Ansehen steht, so mögen einige Beispiele aus derselben hier Platz finden.

Paris liegt unter 48° 50' Breite, Regensburg unter 48° 56' Breite, die mittlere Temperatur der ersteren Stadt beträgt 11° 8' die der letzteren 8° 7', daher 3° Unterschied. Die Waldungen decken ein Drittel von Baiern; wenn man dagegen, um die Ausdehnung der Forste, welche in der Umgebung von Paris liegen, zu schätzen, die nächsten Departements zusammenfasst, so findet man, dass auf einer Fläche von 910 Quadratmeilen die Wälder 2.000 Kilometer einnehmen, was nicht den achtzehnten Teil derselben ausmacht. Brüssel liegt unter 50° 60' und Prag 50° 05'; die mittlere Temperatur des ersten Ortes beträgt 11°, die letzterer Stadt 9° 7’; der Unterschied ist 1,93 oder nahezu 2 Grade. Die Forste bilden mehr als zwei Siebenteile oder beinahe den dritten Teil von Böhmen, während sie kaum den achten Teil von Brüssels Umgebung ausmachen.

Diese und noch mehrere von Moreau de Jonnes angeführten Beispiele zeigen keineswegs den Einfluss der Bewaldung, sondern mehr den der See auf die mittlere Temperatur.

Um die dritte Methode zu würdigen, hat man die den Waldungen zugeschriebenen Temperatur-Veränderungen aus den Veränderungen folgern wollen, welche das Klima Deutschlands seit der Römerzeit erfahren haben soll. Tacitus nennt die Wälder Deutschlands streng; er sagt, das Obst gerate nicht. Nach den römischen Begriffen von Tacitus, welchem Italien als Maßstab galt, hätten die Winter Deutschlands bis heute nicht an Strenge verloren. Das Obst gerät auch heute noch nicht alle Jahre, selbst in den besten Obstgegenden.