Zweite Fortsetzung
Während der Entwicklung der landwirtschaftlichen Gewerbe im Tale von Aragua, als die Urbarmachungen sich vervielfältigten und der Anbau im Großen ohne Ausdehnung zunahm, verminderte sich allmählich das Niveau des Sees; später, während einer unglücksschweren Periode, wurden die Urbarmachungen seltener und die durch den Anbau im Großen in Anspruch genommenen Ländereien zum Teile dem Walde wiedergegeben; das Wasser verminderte sich nicht mehr und nahm bald eine nicht mehr zweideutige steigende Bewegung an.
Der Verfasser legt auf die vorstehende Beobachtung Boussingaults deshalb soviel Gewicht, weil sie den positiven und negativen Einfluss der Wälder auf die Quellen beweist. Nach der Waldrodung nahm die Ergiebigkeit der fließenden Wässer ab und sie stellte sich wieder ein, als der Wald sein Terrain wieder einnahm.
Die meisten sonstigen Beispiele, welche über diesen Gegenstand angeführt werden, beschränken sich darauf; die Abnahme der Quellen bei zunehmender Waldrodung darzutun, deshalb musste die Beobachtung Boussingault's angeführt werden.
Um den Einfluss der Waldungen auf die Quellen zu ermitteln, möge man sich in Zukunft nicht darauf beschränken, die Beobachtungen so aufzunehmen, wie sie der Zufall bietet, sondern die Gelegenheit in der Forstwirtschaft selbst zu Versuchen benützen. An vielen Orten findet der Waldabtrieb mittelst Kahlschlagen statt; hier lässt sich beobachten, ob die Ergiebigkeit der Quellen nach dem Abtriebe nachlässt, so wie auch, ob sie sich nach dem Wiederanbau des Holzes wieder einstellt. Auf der Herrschaft Rokitnitz, im nordöstlichen Böhmen, versiegte eine starke Quelle nach dem kahlen Abtriebe eines Waldes und ist jetzt sechs Jahre nach dem Abtriebe vollkommen trocken.
Boussingault's Beobachtung am See Tacarigua scheint zu beweisen, dass die Regenmenge durch Waldrodung vermindert worden ist; aber die Abnahme des Wassers lässt sich auch noch auf andere Weise erklären, wie früher bemerkt wurde, wenn man nämlich annimmt, dass ein Teil der Niederschläge auf der entwaldeten Fläche von Wind und Sonne schnell aufgezehrt worden sei, was bei voller Bewaldung unterbleibt. In der Tat führt Boussingault noch ein Beispiel an, welches zeigt, dass die Waldrodung zwar die Ergiebigkeit der Quellen, aber nicht die Regenmenge vermindert habe. Das metallführende Gebirge von Marmato in der Provinz Papayon liegt in der Mitte unermesslicher Wälder; das Flüsschen, an dem die Pochwerke errichtet sind, entsteht aus mehreren Bächen, die auf der Hochebene von San Jorge entspringen. Es ist Alles dicht mit Wald bewachsen. Im Jahre 1826, als ich diese Bergwerke besuchte, war Marmato ein Ort von elenden Hütten; 1830, als ich den Ort verließ, sah man schon große Werkstätten, eine Goldschmelzhütte und Maschinen. Eine freie Bevölkerung von fast 3.000 Seelen hatte sich in verschiedener Höhe am Gebirge angesiedelt, zahlreiche Holzschläge fanden statt, sowohl für die Maschinen, als Wohnungen und zur Verkohlung. Der Transports-Erleichterung wegen wurden die Schläge auf den Hochebenen von San Jorge angelegt. Der Abtrieb hatte kaum zwei Jahre gedauert, als man bemerkte, dass die Wassermasse, deren man für den Betrieb der Maschinen bedurfte fühlbar abgenommen hatte. Die Maschinen selbst hatten das Wasser gemessen. Die Frage war von Gewicht, denn eine Abnahme des bewegten Wassers zu Marmato würde stets von einer Abnahme von Gold begleitet sein. .
Zu Marmato ist es durchaus nicht wahrscheinlich, dass ein örtliches und so beschränktes Abschlagen des Holzes in solcher Weise auf die meteorologische Beschaffenheit der Atmosphäre hätte einwirken können, um die jährliche Regenmenge, die auf die Gegend niederfällt, variieren zu machen. Übrigens schickte man sich in Marmato sofort an, einen Regenmesser aufzustellen. Obgleich die Holzschläge fortgesetzt worden waren, so erhielt man doch während des zweiten Beobachtungs-Jahres eine größere Menge Regen, als im ersten Jahre, ohne dass man hierbei eine merkliche Zunahme der bewegenden Wassermasse beobachtet hätte. Ohne Zweifel sind zweijährige Beobachtungen für die Bestimmung der Regenmenge unter den Wendekreisen wenigstens genügend, um eine wirkliche Veränderung in der jährlichen Regenmenge nachzuweisen; aber die Beobachtungen zu Marmato stellen außerdem fest, dass sich die Masse des fließenden Wassers vermindert hatte, obgleich die Regenmenge im zweiten Jahre viel bedeutender gewesen war.
Diese beiden Beispiele nach Boussingault zeigen übereinstimmend die Verminderung der Quellen durch die Waldrodung, wenn es gleich unentschieden bleibt, ob auch die Regenmenge abnimmt.
Bei den meisten deutschen Flüssen will man eine Abnahme des Wasserstandes gegen früher wahrgenommen haben, wie eine Zusammenstellung von Berghaus zeigt:
Mittlerer Wasserstand.
1811 bis 1820. 1821 bis 1830. 1831 bis 1835.
Rhein. 8' 9" 30 8' 9" 30 7' 8" 30
Weser — 3' 4" 91 2' 11" 39
Elbe 6' 1" 69 6' 9" 53 5' 10" 01
Oder 3' 1" 42 3' 1" 69 2' 10" 40
Weichsel 4' 10" 62 4' 6" 28 3' 0" 36
Memel 7’ 0' 28 7’ 9" 82 7' 2" 31
Allgemein wird diese Verminderung des mittleren Wasserstandes der Ausrottung der Wälder zugeschrieben. Wenn nun gleich die Waldverminderung in der Schweiz im Laufe eines Jahrhunderts nicht zu leugnen ist, so kann doch mit Bestimmtheit nicht entschieden werden, dass der niedere Wasserstand des Rheines von einer Verminderung der jährlichen Regenmenge herrühre. Die Pegelhöhe ist nur dann der richtige Abdruck für die Wassermenge eines Flusses, wenn die Ufer hoch genug sind, um ein Austreten über dieselben zu verhindern.
Unter Umständen kann auch die Versandung des Flussbeetes eine Erniedrigung des Wasserstandes bewirken, ohne dass der Wasserreichtum selbst sich vermindert hat. Auch liegen keine bestimmten Nachrichten vor, ob und welche Waldausrottungen in den Fluss- und Quellengebieten der Elbe, Oder, Weser, Weichsel etc. stattgefunden haben
Nach dem Obigen tragen die Waldungen zur Unterhaltung der Quellen besonders dadurch bei, dass sie, namentlich in geneigten Lagen, das rasche Abfließen des Meteorwassers, so wie dessen Verdunstung verhindern. Wo der Boden nicht abhängig und die Wärme gering ist, da wird die Ausrottung der Wälder keinen nachigen Einfluss auf die Quellen äußern. Dieser Fall tritt auf den Hochebenen der Gebirge ein. Hier ist der Boden durch die Sumpfmoose vor Austrocknung bewahrt und die Verdunstung hindert die niedere Temperatur. Unter solchen Verhältnissen werden die Waldungen nicht allein die Ansammlung der Bodenfeuchtigkeit nicht begünstigen, sondern sogar die Sumpf-Bildung hindern. Denn an solchen Orten wird die Verdunstung weniger durch die Temperatur, da sie niedrig ist, als vielmehr vom Luftzuge und davon abhängen, dass das Wasser über eine größere Fläche verteilt ist, indem es an den Blättern der Bäume etc. haftet. Entscheidende Beobachtungen über Sumpfbildung unter dem Waldschirme sind aus dem Schwarzwalde bekannt.
An einigen Orten des Württembergischen und Badischen Schwarzwaldes hat man bemerkt, dass nach dem Fällen der Tannen und Fichten sogleich ein kleiner Sumpf entsteht. Pflanzt man einen neuen Baum auf die Stelle, so verschwindet der Sumpf wieder. Man glaubte diese Erscheinung durch die Verdunstung der Bäume erklären zu sollen; dies ist aber nicht richtig, denn in der Ebene geschieht das Gegenteil; hier entfernt man die Sumpfe aus den Waldungen, indem man die Baume fallt. Diese Erscheinung im Schwarzwalde erklärt sich richtiger durch die Annahme, dass die Bäume das Regenwasser aufsaugen und nicht schnell zu Boden gelangen lassen. Es ist auf einer größeren Fläche verteilt und verdunstet daher auch schneller; fällt es sogleich zu Boden und wird von Moosen aufgenommen, so verdunstet es langsamer. Alles dieses findet jedoch nur im Hochgebirge bei niederern Temperaturen statt. Hier wird also auch unter Umständen der Waldabtrieb die Nachhaltigkeit und Ergiebigkeit der Quellen nicht gefährden. Lichtkronige Holzarten aber, wie Kiefern, Lärchen, gewähren den Schutz gegen Versumpfungen nicht in dem Masse, wie die bis zum Boden beasteten Fichten und Tannen. In Gebirgen, die keine Sümpfe enthalten, oder wo der bloßgelegte Boden sich nicht sogleich mit Torfmoosen bedeckt, hat der Waldabtrieb stets zur Folge, dass die niederfallenden Meteorwässer schnell verdunsten, auch abfließen, und nicht selten Überschwemmungen in den Ebenen verursachen. Ein auffallendes Beispiel finden wir in Frankreich, als der National-Convent den Verkauf eines großen Teiles der Staatsforste und die Teilung der Gemeinde-Waldungen dekretiert hatte. Um das durch den Ankauf ausgegebene Gold baldmöglichst wieder hereinzubringen, wurden die Wälder rücksichtslos niedergehauen, oft bloß in der Absicht, das Holz zu verbrennen und die Asche zu verwerten. Die Folgen der Entwaldung zeigten sich sehr bald; der erste Konsul ließ die Berichte der Präfekten hierüber einholen. Es liefen aus allen Departements Klagen ein, dass die Bäche und Flüsse bald trocken lagen, bald in furchtbaren Überschwemmungen sich ergossen, dass die Erde von den Gebirgen abgeschwemmt, dass Flüsse durch Geschiebe verstopft würden. Besonders hat man die Bildung der früher unbekannten Gießbäche beobachtet. Diese Gießbäche erzeugten sich in den Holzrissen zwischen den Tälern aus Regen- und Schneewasser, welches nicht mehr allmählich in den Boden eindringen konnte, sondern rasch abfloss. Am gefährlichsten wurden die Gießbäche in den Alpen-Departements; hier wurde die Ackerkrume ganzer Fluren durch die Fluten abgeschwemmt, und die Gesteinsbrocken traten zu Tage, welche jede Kultur unmöglich machten. Die Berichte der Präfekten entwerfen ein schauderhaftes Bild der Verheerungen, welche in Folge der maßlosen Entwaldung das Land trafen.
Auch gegen Lawinen schützen die Wälder. In den Alpen gibt es Waldungen, welche nur zum Schutze gegen die Lawinen erhalten werden, und bei deren Bewirtschaftung die Holznutzung nur eine untergeordnete Rolle spielt; sie heißen Bannwaldungen. Nach Kosthofer entstehen Lawinen niemals durch Zusammenrollen, sondern durch das Abrutschen des Schnees. Er unterscheidet folgende Arten:
a) Staublawinen, wenn die Schneemasse an einem Bergabhange zu rutschen beginnt und in Staub auffliegt.,
b) Grundlawinen, wenn die Masse nicht in der Luft zerstiebt, sondern geschlossen vorwärts rutscht,
c) Gletscherlawinen aus geborstenen Gletscherfragmenten.
d) Rutschlawinen, wenn die Schneedecke auf weniger schiefem Boden nicht zum Fallen oder Losreißen kommt, sondern langsam über die Erde rutscht und hinter jedem Gegenstand, welcher der bewegten Masse widersteht, sich anhäuft, bis er dem Drucke weicht, oder die Schneemasse sich an ihm teilt.
Zur Bildung einer Lawine ist ein Boden notwendig, der keine Unebenheit darbietet, sonst kann der Schnee nicht zum Rutschen kommen. Ein Mittel zur Verhinderung der Lawinen ist also, dem Boden künstliche Unebenheiten zu verschaffen, wozu sich der Wald am besten eignet. Dieser muss jedoch im Plenterhieb bewirtschaftet werden und aus schattentragenden Hölzern, als Tannen und Fichten bestehen, da die Buche in so hohen Lagen nicht mehr vorkommt. Auch der Niederwaldbetrieb würde sich sehr gut eignen, wenn die Eiche, als das vorzüglichste Schlagholz, nur im Hochgebirge anzuziehen wäre. Nach Kosthofer ist die Ansicht irrig, dass Wälder bereits im Rutschen begriffene Lawinen aufhalten können. Selbst der stärkste Wald soll dem Drucke des in der Bewegung begriffenen Schnees nicht zu widerstehen vermögen. Tannenwälder können daher nur dazu dienen, die Lawinenbildung zu verhindern.
Dass der Wald auch seinen Einfluss auf die Winde ausübt, wurde bereits erwähnt, indem er dem Zuge derselben als mechanisches Hindernis entgegensteht und deren Heftigkeit mindert. Die Höhe des Waldbestandes, die Reibung, welche zwischen den
Kronen der Bäume stattfindet, verlangsamt die Bewegung. Ob nun die Wälder durch diese Eigenschaft einen günstigen oder ungünstigen Einfluss auf das Klima äußern, hängt ganz von der Natur der Winde ab, deren Lauf sie hemmen. Im Süden wird ein Wald, der gegen die heißen Winde schützt, ebenso gerne gesehen sein, wie im Norden, wo er die rauben Nordwinde abhält.
Es fehlt nicht an Beobachtungen, welche zeigen, dass die Wälder den Zug der Winde modifizieren. Am deutlichsten zeigte sich dies in Frankreich; nachdem die Staatsforste verkauft, die Gemeindewaldungen aufgeteilt und in Folge davon die Entwaldung eingetreten war, erfroren durch das ungehinderte Wehen des Nordwindes eine ungeheure Menge Olivenbäume, so dass jetzt im südlichen Frankreich bei Weitem nicht mehr so viel Oliven gewonnen werden, als vor der Revolution.
In Deutschland hat man an vielen Orten beobachtet, dass das Obst nicht mehr gerät, wenn ein Wald abgetrieben wurde, der die Nordwinde abgehalten hatte.
Das Dorf Büchenbrunn im Schwarzwalde hatte früher viele ausgezeichnete Obstbäume; nach einem Kahlhiebe in dem angrenzenden Walde fing das Obst an zu missraten, und mit dem allmählichen Aufwüchse des jungen Waldes verschwindet dieser Übelstand wieder nach und nach.
In Deutschland hat die Waldverminderung und Entblößung der Berghöhen viele Veränderungen in dem Klima, in den Quellen, Bächen, Flüssen, Gewittern und Überschwemmungen hervorgebracht; an vielen Orten sind schon Quellen und Bäche versiegt, fast alle Flüsse sind seichter geworden und ihr Lauf hat sich zum Nachteile für die Schifffahrt verändert.
Häufigere, oft sehr verderbliche Ueberschwemmungen treten mit jedem Jahre ein und Hagelwetter muss bei jedem Gewitter befiirchtet werden. Und was verursacht alle diese Calamitäten? Die Zerstörung der Wälder.
Der gut geschlossene Wald zieht nicht blos die Feuchtigkeit aus der Atmosphäre an und erhält solche im Boden, so dass Quellen entstehen und Bäche sich bilden, welche dann wieder Flüsse speisen; sondern es geht auch viel regelmässiger zu mit dem Wetter, wenn die Höben bewachsen sind. Die Schmelzung des Schnees geht viel langsamer von Statten als auf den freien Bergen und auch das Wasser der Wolkenbrüche oder sonstiger starker Platzregen wird mehr allmählich nach den Flüssen geleitet; folglich erhalten diese die außerordentlichen Wassermassen nicht so plötzlich, die Überschwemmungen entstehen daher dann seltener als es jetzt leider an vielen Orten der Fall ist.
Der Verfasser legt auf die vorstehende Beobachtung Boussingaults deshalb soviel Gewicht, weil sie den positiven und negativen Einfluss der Wälder auf die Quellen beweist. Nach der Waldrodung nahm die Ergiebigkeit der fließenden Wässer ab und sie stellte sich wieder ein, als der Wald sein Terrain wieder einnahm.
Die meisten sonstigen Beispiele, welche über diesen Gegenstand angeführt werden, beschränken sich darauf; die Abnahme der Quellen bei zunehmender Waldrodung darzutun, deshalb musste die Beobachtung Boussingault's angeführt werden.
Um den Einfluss der Waldungen auf die Quellen zu ermitteln, möge man sich in Zukunft nicht darauf beschränken, die Beobachtungen so aufzunehmen, wie sie der Zufall bietet, sondern die Gelegenheit in der Forstwirtschaft selbst zu Versuchen benützen. An vielen Orten findet der Waldabtrieb mittelst Kahlschlagen statt; hier lässt sich beobachten, ob die Ergiebigkeit der Quellen nach dem Abtriebe nachlässt, so wie auch, ob sie sich nach dem Wiederanbau des Holzes wieder einstellt. Auf der Herrschaft Rokitnitz, im nordöstlichen Böhmen, versiegte eine starke Quelle nach dem kahlen Abtriebe eines Waldes und ist jetzt sechs Jahre nach dem Abtriebe vollkommen trocken.
Boussingault's Beobachtung am See Tacarigua scheint zu beweisen, dass die Regenmenge durch Waldrodung vermindert worden ist; aber die Abnahme des Wassers lässt sich auch noch auf andere Weise erklären, wie früher bemerkt wurde, wenn man nämlich annimmt, dass ein Teil der Niederschläge auf der entwaldeten Fläche von Wind und Sonne schnell aufgezehrt worden sei, was bei voller Bewaldung unterbleibt. In der Tat führt Boussingault noch ein Beispiel an, welches zeigt, dass die Waldrodung zwar die Ergiebigkeit der Quellen, aber nicht die Regenmenge vermindert habe. Das metallführende Gebirge von Marmato in der Provinz Papayon liegt in der Mitte unermesslicher Wälder; das Flüsschen, an dem die Pochwerke errichtet sind, entsteht aus mehreren Bächen, die auf der Hochebene von San Jorge entspringen. Es ist Alles dicht mit Wald bewachsen. Im Jahre 1826, als ich diese Bergwerke besuchte, war Marmato ein Ort von elenden Hütten; 1830, als ich den Ort verließ, sah man schon große Werkstätten, eine Goldschmelzhütte und Maschinen. Eine freie Bevölkerung von fast 3.000 Seelen hatte sich in verschiedener Höhe am Gebirge angesiedelt, zahlreiche Holzschläge fanden statt, sowohl für die Maschinen, als Wohnungen und zur Verkohlung. Der Transports-Erleichterung wegen wurden die Schläge auf den Hochebenen von San Jorge angelegt. Der Abtrieb hatte kaum zwei Jahre gedauert, als man bemerkte, dass die Wassermasse, deren man für den Betrieb der Maschinen bedurfte fühlbar abgenommen hatte. Die Maschinen selbst hatten das Wasser gemessen. Die Frage war von Gewicht, denn eine Abnahme des bewegten Wassers zu Marmato würde stets von einer Abnahme von Gold begleitet sein. .
Zu Marmato ist es durchaus nicht wahrscheinlich, dass ein örtliches und so beschränktes Abschlagen des Holzes in solcher Weise auf die meteorologische Beschaffenheit der Atmosphäre hätte einwirken können, um die jährliche Regenmenge, die auf die Gegend niederfällt, variieren zu machen. Übrigens schickte man sich in Marmato sofort an, einen Regenmesser aufzustellen. Obgleich die Holzschläge fortgesetzt worden waren, so erhielt man doch während des zweiten Beobachtungs-Jahres eine größere Menge Regen, als im ersten Jahre, ohne dass man hierbei eine merkliche Zunahme der bewegenden Wassermasse beobachtet hätte. Ohne Zweifel sind zweijährige Beobachtungen für die Bestimmung der Regenmenge unter den Wendekreisen wenigstens genügend, um eine wirkliche Veränderung in der jährlichen Regenmenge nachzuweisen; aber die Beobachtungen zu Marmato stellen außerdem fest, dass sich die Masse des fließenden Wassers vermindert hatte, obgleich die Regenmenge im zweiten Jahre viel bedeutender gewesen war.
Diese beiden Beispiele nach Boussingault zeigen übereinstimmend die Verminderung der Quellen durch die Waldrodung, wenn es gleich unentschieden bleibt, ob auch die Regenmenge abnimmt.
Bei den meisten deutschen Flüssen will man eine Abnahme des Wasserstandes gegen früher wahrgenommen haben, wie eine Zusammenstellung von Berghaus zeigt:
Mittlerer Wasserstand.
1811 bis 1820. 1821 bis 1830. 1831 bis 1835.
Rhein. 8' 9" 30 8' 9" 30 7' 8" 30
Weser — 3' 4" 91 2' 11" 39
Elbe 6' 1" 69 6' 9" 53 5' 10" 01
Oder 3' 1" 42 3' 1" 69 2' 10" 40
Weichsel 4' 10" 62 4' 6" 28 3' 0" 36
Memel 7’ 0' 28 7’ 9" 82 7' 2" 31
Allgemein wird diese Verminderung des mittleren Wasserstandes der Ausrottung der Wälder zugeschrieben. Wenn nun gleich die Waldverminderung in der Schweiz im Laufe eines Jahrhunderts nicht zu leugnen ist, so kann doch mit Bestimmtheit nicht entschieden werden, dass der niedere Wasserstand des Rheines von einer Verminderung der jährlichen Regenmenge herrühre. Die Pegelhöhe ist nur dann der richtige Abdruck für die Wassermenge eines Flusses, wenn die Ufer hoch genug sind, um ein Austreten über dieselben zu verhindern.
Unter Umständen kann auch die Versandung des Flussbeetes eine Erniedrigung des Wasserstandes bewirken, ohne dass der Wasserreichtum selbst sich vermindert hat. Auch liegen keine bestimmten Nachrichten vor, ob und welche Waldausrottungen in den Fluss- und Quellengebieten der Elbe, Oder, Weser, Weichsel etc. stattgefunden haben
Nach dem Obigen tragen die Waldungen zur Unterhaltung der Quellen besonders dadurch bei, dass sie, namentlich in geneigten Lagen, das rasche Abfließen des Meteorwassers, so wie dessen Verdunstung verhindern. Wo der Boden nicht abhängig und die Wärme gering ist, da wird die Ausrottung der Wälder keinen nachigen Einfluss auf die Quellen äußern. Dieser Fall tritt auf den Hochebenen der Gebirge ein. Hier ist der Boden durch die Sumpfmoose vor Austrocknung bewahrt und die Verdunstung hindert die niedere Temperatur. Unter solchen Verhältnissen werden die Waldungen nicht allein die Ansammlung der Bodenfeuchtigkeit nicht begünstigen, sondern sogar die Sumpf-Bildung hindern. Denn an solchen Orten wird die Verdunstung weniger durch die Temperatur, da sie niedrig ist, als vielmehr vom Luftzuge und davon abhängen, dass das Wasser über eine größere Fläche verteilt ist, indem es an den Blättern der Bäume etc. haftet. Entscheidende Beobachtungen über Sumpfbildung unter dem Waldschirme sind aus dem Schwarzwalde bekannt.
An einigen Orten des Württembergischen und Badischen Schwarzwaldes hat man bemerkt, dass nach dem Fällen der Tannen und Fichten sogleich ein kleiner Sumpf entsteht. Pflanzt man einen neuen Baum auf die Stelle, so verschwindet der Sumpf wieder. Man glaubte diese Erscheinung durch die Verdunstung der Bäume erklären zu sollen; dies ist aber nicht richtig, denn in der Ebene geschieht das Gegenteil; hier entfernt man die Sumpfe aus den Waldungen, indem man die Baume fallt. Diese Erscheinung im Schwarzwalde erklärt sich richtiger durch die Annahme, dass die Bäume das Regenwasser aufsaugen und nicht schnell zu Boden gelangen lassen. Es ist auf einer größeren Fläche verteilt und verdunstet daher auch schneller; fällt es sogleich zu Boden und wird von Moosen aufgenommen, so verdunstet es langsamer. Alles dieses findet jedoch nur im Hochgebirge bei niederern Temperaturen statt. Hier wird also auch unter Umständen der Waldabtrieb die Nachhaltigkeit und Ergiebigkeit der Quellen nicht gefährden. Lichtkronige Holzarten aber, wie Kiefern, Lärchen, gewähren den Schutz gegen Versumpfungen nicht in dem Masse, wie die bis zum Boden beasteten Fichten und Tannen. In Gebirgen, die keine Sümpfe enthalten, oder wo der bloßgelegte Boden sich nicht sogleich mit Torfmoosen bedeckt, hat der Waldabtrieb stets zur Folge, dass die niederfallenden Meteorwässer schnell verdunsten, auch abfließen, und nicht selten Überschwemmungen in den Ebenen verursachen. Ein auffallendes Beispiel finden wir in Frankreich, als der National-Convent den Verkauf eines großen Teiles der Staatsforste und die Teilung der Gemeinde-Waldungen dekretiert hatte. Um das durch den Ankauf ausgegebene Gold baldmöglichst wieder hereinzubringen, wurden die Wälder rücksichtslos niedergehauen, oft bloß in der Absicht, das Holz zu verbrennen und die Asche zu verwerten. Die Folgen der Entwaldung zeigten sich sehr bald; der erste Konsul ließ die Berichte der Präfekten hierüber einholen. Es liefen aus allen Departements Klagen ein, dass die Bäche und Flüsse bald trocken lagen, bald in furchtbaren Überschwemmungen sich ergossen, dass die Erde von den Gebirgen abgeschwemmt, dass Flüsse durch Geschiebe verstopft würden. Besonders hat man die Bildung der früher unbekannten Gießbäche beobachtet. Diese Gießbäche erzeugten sich in den Holzrissen zwischen den Tälern aus Regen- und Schneewasser, welches nicht mehr allmählich in den Boden eindringen konnte, sondern rasch abfloss. Am gefährlichsten wurden die Gießbäche in den Alpen-Departements; hier wurde die Ackerkrume ganzer Fluren durch die Fluten abgeschwemmt, und die Gesteinsbrocken traten zu Tage, welche jede Kultur unmöglich machten. Die Berichte der Präfekten entwerfen ein schauderhaftes Bild der Verheerungen, welche in Folge der maßlosen Entwaldung das Land trafen.
Auch gegen Lawinen schützen die Wälder. In den Alpen gibt es Waldungen, welche nur zum Schutze gegen die Lawinen erhalten werden, und bei deren Bewirtschaftung die Holznutzung nur eine untergeordnete Rolle spielt; sie heißen Bannwaldungen. Nach Kosthofer entstehen Lawinen niemals durch Zusammenrollen, sondern durch das Abrutschen des Schnees. Er unterscheidet folgende Arten:
a) Staublawinen, wenn die Schneemasse an einem Bergabhange zu rutschen beginnt und in Staub auffliegt.,
b) Grundlawinen, wenn die Masse nicht in der Luft zerstiebt, sondern geschlossen vorwärts rutscht,
c) Gletscherlawinen aus geborstenen Gletscherfragmenten.
d) Rutschlawinen, wenn die Schneedecke auf weniger schiefem Boden nicht zum Fallen oder Losreißen kommt, sondern langsam über die Erde rutscht und hinter jedem Gegenstand, welcher der bewegten Masse widersteht, sich anhäuft, bis er dem Drucke weicht, oder die Schneemasse sich an ihm teilt.
Zur Bildung einer Lawine ist ein Boden notwendig, der keine Unebenheit darbietet, sonst kann der Schnee nicht zum Rutschen kommen. Ein Mittel zur Verhinderung der Lawinen ist also, dem Boden künstliche Unebenheiten zu verschaffen, wozu sich der Wald am besten eignet. Dieser muss jedoch im Plenterhieb bewirtschaftet werden und aus schattentragenden Hölzern, als Tannen und Fichten bestehen, da die Buche in so hohen Lagen nicht mehr vorkommt. Auch der Niederwaldbetrieb würde sich sehr gut eignen, wenn die Eiche, als das vorzüglichste Schlagholz, nur im Hochgebirge anzuziehen wäre. Nach Kosthofer ist die Ansicht irrig, dass Wälder bereits im Rutschen begriffene Lawinen aufhalten können. Selbst der stärkste Wald soll dem Drucke des in der Bewegung begriffenen Schnees nicht zu widerstehen vermögen. Tannenwälder können daher nur dazu dienen, die Lawinenbildung zu verhindern.
Dass der Wald auch seinen Einfluss auf die Winde ausübt, wurde bereits erwähnt, indem er dem Zuge derselben als mechanisches Hindernis entgegensteht und deren Heftigkeit mindert. Die Höhe des Waldbestandes, die Reibung, welche zwischen den
Kronen der Bäume stattfindet, verlangsamt die Bewegung. Ob nun die Wälder durch diese Eigenschaft einen günstigen oder ungünstigen Einfluss auf das Klima äußern, hängt ganz von der Natur der Winde ab, deren Lauf sie hemmen. Im Süden wird ein Wald, der gegen die heißen Winde schützt, ebenso gerne gesehen sein, wie im Norden, wo er die rauben Nordwinde abhält.
Es fehlt nicht an Beobachtungen, welche zeigen, dass die Wälder den Zug der Winde modifizieren. Am deutlichsten zeigte sich dies in Frankreich; nachdem die Staatsforste verkauft, die Gemeindewaldungen aufgeteilt und in Folge davon die Entwaldung eingetreten war, erfroren durch das ungehinderte Wehen des Nordwindes eine ungeheure Menge Olivenbäume, so dass jetzt im südlichen Frankreich bei Weitem nicht mehr so viel Oliven gewonnen werden, als vor der Revolution.
In Deutschland hat man an vielen Orten beobachtet, dass das Obst nicht mehr gerät, wenn ein Wald abgetrieben wurde, der die Nordwinde abgehalten hatte.
Das Dorf Büchenbrunn im Schwarzwalde hatte früher viele ausgezeichnete Obstbäume; nach einem Kahlhiebe in dem angrenzenden Walde fing das Obst an zu missraten, und mit dem allmählichen Aufwüchse des jungen Waldes verschwindet dieser Übelstand wieder nach und nach.
In Deutschland hat die Waldverminderung und Entblößung der Berghöhen viele Veränderungen in dem Klima, in den Quellen, Bächen, Flüssen, Gewittern und Überschwemmungen hervorgebracht; an vielen Orten sind schon Quellen und Bäche versiegt, fast alle Flüsse sind seichter geworden und ihr Lauf hat sich zum Nachteile für die Schifffahrt verändert.
Häufigere, oft sehr verderbliche Ueberschwemmungen treten mit jedem Jahre ein und Hagelwetter muss bei jedem Gewitter befiirchtet werden. Und was verursacht alle diese Calamitäten? Die Zerstörung der Wälder.
Der gut geschlossene Wald zieht nicht blos die Feuchtigkeit aus der Atmosphäre an und erhält solche im Boden, so dass Quellen entstehen und Bäche sich bilden, welche dann wieder Flüsse speisen; sondern es geht auch viel regelmässiger zu mit dem Wetter, wenn die Höben bewachsen sind. Die Schmelzung des Schnees geht viel langsamer von Statten als auf den freien Bergen und auch das Wasser der Wolkenbrüche oder sonstiger starker Platzregen wird mehr allmählich nach den Flüssen geleitet; folglich erhalten diese die außerordentlichen Wassermassen nicht so plötzlich, die Überschwemmungen entstehen daher dann seltener als es jetzt leider an vielen Orten der Fall ist.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Wald samt dessen wichtigem Einfluss auf das Klima der Länder, Wohl der Staaten und Völker; sowie die Gesundheit der Menschen.