Abschnitt 2

Friedericke Krüger - Teil 2


Vor den feindlichen Geschossen und Bajonneten hat Gottes schützende Hand sie in diesem Kampfe bewahrt, wie denn überhaupt die Schlacht bei Groß-Beeren für die Preußen sehr unblutig war, denn ihr Verlust bestand nur in 159 Todten und 662 Verwundeten. während der der Gegner über 50 Offiziere und 3000 Mann betrug, wovon die Hälfte Gefangene. Alles das der Erfolg der moralischen Ueberlegenheit der Preußen, die da wußten, wofür sie stritten, und des Feldherrngeistes, der Klugheit und Festigkeit Bülows, den der arglistige, falsche Bernadotte hier so wenig, wie den herrlichen, Borstell bei Dennewitz vom rechten Wege abzubringen vermochte. Das Regiment Colberg hatte trotz all des Gemetzels nur zwei verwundete Offiziere, den Regiments-Commandeur und einen Lieutenant, drei Mann todt und 47 Verwundete. Es hatte 635 eingezählte Gefangene gemacht.


Wir finden im Verfolg der Begebenheiten unsere Friederike nun wieder in der Schlacht bei Dennewitz am 6. September, wo ihrer Erwähnung gethan wird. Das Colbergsche Regiment focht in der Brigade Kraft auf dem rechten Flügel bei Göhlsdorf, wo der Kampf nicht minder blutig und hartnäckig war, als bei Dennewitz selbst, und wo zuletzt das rechtzeitige Eintreten des dem Befehle des Kronprinzen von Schweden rechtzeitig ungehorsamen Borstells den Sieg entschied. Unsere Heldin wurde hier zweimal, an Fuß und Schulter, jedoch nicht schwer, verwundet, wollte aber, wie ihr der General Borstell selbst bezeugt, das Regiment deshalb nicht verlassen. Wegen ihres ausgezeichneten Verhaltens wurde sie während der Schlacht zum Unteroffizier ernannt und erhielt nach derselben das eiserne Kreuz zweiter Klasse und nachträglich auch den kaiserlich russischen Georgen-Orden fünfter Klasse, wie die den gesammelten Urkunden beiliegenden Zeugnisse der General- Ordens-Commisston darthun.

Der Verlust des lange nicht vollzähligen Regiments in dieser Schlacht war furchtbar: 4 Offiziere todt, 22 verwundet; an freiwilligen Jägern, Unteroffizieren und Gemeinen betrug die Zahl der Todten und Verwundeten 799, das heißt, es war etwa der dritte Mann kampfunfähig. Eine der beiden Wunden, welche unsere Friederike davontrug, rührte, wie auch v. Bagensky (S. 203) bezeugt, von einem Granatstücke her, das ihr die Schulter stark verletzte; die andere, am Fuße, war minder schwer. Von einer dritten, leichteren Verwundung, vielleicht einem Streif- oder Prellschusse, hat sie selbst öfter erzählt; jedoch werden solche Kleinigkeiten in die Tageslisten der Verwundeten nicht eingetragen.

Wie ungern sie auch das Schlachtfeld und die Reihen ihrer tapfern Kameraden verließ, so mußte sie doch dem Befehl ihrer Obern gehorchen, der sie in ein Lazareth zu Berlin verwies, wo die Ruhe, sorgfältige Pflege und ihre kräftige Gesundheit sie binnen sechs Wochen völlig herstellten. Dort hatte sie die Freude und Genugthuung, daß der König, als er nach der Leipziger Schlacht einige Tage in seiner Hauptstadt verweilte und das Krankenlager seiner verwundeten Krieger besuchte, auch an ihr Bett trat und sich freundlich und wohlwollend mit ihr unterhielt.

Nachdem am 19. Oktober Napoleon seinen Rückzug angetreten hatte, ging Bülows Heerhausen nach kurzer Rast im raschen Zuge guer durch Thüringen, Hannover, Hessen und Westphalen seiner glänzenden Bestimmung entgegen. Holland zu erobern, glücklicher als die Lützowsche Freischaar, die, obgleich seit dem Waffenstillstande dem Oberbefehle Bülows untergeordnet und nur an Walmoden einstweilen abgegeben, nach der Leipziger Schlacht aber wieder an Bülow überwiesen, ein unglückseliges Verhängniß unter der Gewalt des schwedischen Franzosen festhielt, der das von der Elbe her auf dem Marsche zu Bülow bereits bis an die Aller und Weser vorgerückte Corps zu seinen schnöden Zwecken wieder umzukehren zwang, um diese deutscheste aller deutschen Schaaren – aus der aller Landsmannschafts- und Sonderdünkel verbannt war, in der es keine Preußen, Oesterreicher, Sachsen. Rheinländer u. s. w. (alle Gauen des gemeinsamen Vaterlandes waren darin vertreten) sondern nur Deutsche gab, die mit einander täglich auf dem Marsche und im Bivouac ihres verklärten Sängers Worte sangen:

Aus Osten. Westen, Süd und Nord
Treibt uns der Rache Strahl
Vom Oderflusse, Weser, Main,
Vom Elbstrom und vom Vater Rhein
Und aus dem Donauthal.

Doch Brüder sind wir allzusamm'n
Und das schwellt unsern Muth.
Uns knüpft der Sprache heilig Band,
Uns knüpft ein Gott ein Vaterland,
Ein treues deutsches Blut –

zur Unterjochung der deutschen Brüder in Holstein zu mißbrauchen, denn er wollte nicht etwa das meerumschluugene Land vom Dänenjoche befreien, sondern den Dänen Norwegen rauben, und zu solchen schnöden Zwecken wurden deutsche Männer mitzuhelfen gezwungen!

Doch zurück zu unserer Friederike! Die Colberger erwarben sich auf ihrem Zuge durch Deutschland durch den ihnen vorausgegangenen Ruf ihrer Tapferkeit und Todesverachtung, wie durch ihre treffliche Kriegszucht und die den Pommern eigenthümliche Treuherzigkeit und Gutmüthigkeit überall Liebe und Hochachtung, so, daß ihnen aus der Stadt Mühlhausen an der Unstrut und deren Umgegend eine Schaar von mehr als hundert kampfbegierigen jungen Leuten aus allen Ständen als freiwillige Jäger folgten, die auch 1815 wieder zu den Waffen griffen.

In Holland sollte das Regiment mit neuen Lorbeeren gekrönt werden. Das erste Bataillon hatte wesentlichen Antheil an der kühnen Erstürmung der Festung Arnheim, und Friederike Krüger hat diesen Sturm mitgemacht, nachdem sie kurze Zeit vorher mit andern Geheilten ihr Bataillon eingeholt hatte. Die Kühnheit der Tirailleure, denen sie auch hier wieder angehörte, wird in den Berichten ausdrücklich erwähnt, und der Verlust des Regimentes – 10 Offiziere und 218 Mann – zeugt von der Heftigkeit des Kampfes. Von da quer durch Holland bis zur Eroberung von Herzogenbusch eine lange Reihe von großen und kleinern siegreichen Treffen und Gefechten mit bedeutenden Opfern. Bei dem Sturm auf Herzogenbusch wird nun unserer Heldin besondere Erwähnung gethan. Da heißt es bei Bagensky S. 203: „Vorzugsweise machte sich bei diesem Unternehmen, wie bei jeder andern Gelegenheit ein Mädchen, Auguste Krüger aus Friedland in Meklenburg, durch Unerschrockenheit bemerkbar. Nachdem ihr Geschlecht (in der Schlacht bei Dennewitz) bekannt geworden war, wurde sie bei ihrer untadelhaften Führung stets mit großer Rücksicht behandelt.“ – Sie selbst sagt über ihre Theilnahme an jenem Sturme ganz einfach und trocken, als wäre das nichts Besonderes: „die Festungen Herzogenbusch und Bommel wurden von uns erstürmt.“