Die Juden in Sachsen

Ebenso liegen auch die Verhältnisse in Sachsen, das infolge seiner geographischen Lage der Einwanderung aus dem Osten am exponiertesten und wegen seiner günstigen kommerziellen und industriellen Verhältnisse für eine handeltreibende Bevölkerung äußerst anlockend ist. Bekanntlich finden Einwandernde in höher entwickelten Gegenden leichter jederzeit ihr Fortkommen als in dünn besäten, minder industriellen Landen, wobei wir als bekannt vorausschicken, dass die osteuropäischen Juden ihr Fortkommen in Deutschland im Handel, in der Industrie oder Handwerk suchen.

Die Zahl der Juden betrug im ganzen Königreich im Jahre:


1871 1880 1890 1900 1905
3.357 6.518 9.368 12.416 14.697
in % 0,13 0,22 0,27 0,29 0,33

Die Einwanderung ausländischer Juden spiegelt folgende Aufzählung wieder:

Anno 1875 waren von den in Leipzig wohnhaften 2.531 Juden 731 aus Österreich oder Russland *). Im Jahre 1900 gab es dort 3.577 ausländische Juden **), 1905 zählte man ihrer 4.843 ***). Somit war allein für Leipzig in der Zwischenzeit der letzten beiden Volkszählungen ein Zuwachs von 1.266 fremden Juden zu verzeichnen.

*) Verwaltungsbericht für die Stadt Leipzig für die Jahre 1866—77 (Lpg. S. 149).
**) Verwaltungsbericht für die Stadt Leipzig für das Jahr 1900.
***) Die Ergebnisse der Volkszählung vom 1. 12. 1905 in der Stadt Leipzig, 2. Teil, Leipzig 1907.


Eine eben erschienene amtliche Statistik *) gibt auch die Zahl der ausländischen Juden im ganzen Königreich mit 7.778 für 1905 an, für 1900 beziffert das Jahrbuch **) deren Zahl mit 5.637, so dass sich eine Zunahme der fremden Juden in den in Frage kommenden 5 Jahren um 2.141 ergibt. Es bleibt also die Eigenvermehrung der deutschen Juden in Bezug auf Sachsen auf 140 Seelen beschränkt, gewiss eine recht bescheidene Zunahme, die sich aus dem Zuzug aus nicht-sächsischen Gebietsteilen erklären ließe. Mag dem sein, wie ihm wolle, im Verhältnis zur Zunahme aus der fremdländischen Einwanderung (2.141) ist die eventuelle eigene (140!) so minimal, dass wir ruhig sagen dürfen, die Zunahme der sächsischen Juden stammt aus dem Zuzug vom Osten.

*) Stat. Jahrbuch f. d. Königreich Sachsen für 1905.
**) Stat. Jahrbuch f. d. Königreich Sachsen für 1900.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Untergang der deutschen Juden.