Der prozentuale Anteil der Juden in Deutschland

Sehen wir uns die Ziffern genauer an!

Bei Begründung des Kaiserreichs im Jahre 1871 treffen wir 512.000 Juden in Deutschland an, deren Zahl sich nach 10 Jahren um 50.000 und bis 1905 weiter um ein halbes Hunderttausend gemehrt hatte, so dass in diesem Jahre 607.802 Juden im Reich ermittelt wurden. Diese groben Zahlen ergeben eine Vermehrung der deutschen Juden und bildeten auch stets den Grund zu der weitverbreiteten Anschauung, die eine kräftige numerische Eigenentwicklung des jüdischen Elementes in Deutschland für gegeben hielt. *) Das Wachstum der übrigen Bevölkerung war dagegen ein bei weitem stärkeres, die Zunahme betrug in derselben Zeit 12 Millionen.


*) Selbst ein sehr tüchtiger jüdischer Nationalökonom wie Dr. H. G. Heymann glaubt diesen Umstand besonders hervorheben zu müssen, als Gegenbeweis gegen pessimistische Auffassungen. (Jüdische Turnzeitung, Jahrgang 1907.)

Es waren unter 10.000 ortsanwesenden Personen in Deutschland Juden

1871 125
1880 124
1890 115
1900 104
1905 100

Die Eigenentwicklung der deutschen Juden — eine Andeutung ergibt sich schon aus diesen Zahlen — war also zum mindesten sehr gering und herzlich wenig ins Gewicht fallend. In den achtziger Jahren stellt sich für die Juden ganz Deutschlands lediglich eine jährliche Zunahme von 627 Seelen ein. Im nächsten Jahrzehnt begegnen wir allerdings wieder einer Steigerung der Zunahme, die wir noch in dem nächsten Abschnitt zu erklären versuchen werden. Dieses Ansteigen kann bedingt sein durch plötzlich wieder einsetzende stärkere Geburtenvermehrung oder durch veränderte Emigration oder Immigration. Dass eine schlechte Geburtenziffer sich so rasch in eine bessere verwandelt, ist bei unserem Objekt ziemlich unwahrscheinlich. Die Sterblichkeitsziffer ist so günstig, dass geringgradige Einsparungen de facto keinen großen Effekt mehr auslösen können. Die einfachen Zahlen geben kaum eine wissenschaftliche Basis für die ortsübliche Theorie, dass das deutsche Judentum noch über eine gesunde volkstümliche Fruchtbarkeit und Entwicklung verfügt, da es in seinem Wachstum dermaßen hinter seiner Umgebung zurückbleibt. Jedes gesunde Lebewesen trägt in sich den Keim der Fortpflanzung, das stärkere und lebenskräftigere gewinnt an Boden und nur die schwache Pflanze bleibt in ihrem Gedeihen zurück.

Die Juden des 1. und 2. Drittels des XIX. Jahrhunderts waren so glänzend veranlagt, was wir aus ihren Erfolgen auf dem Gebiet aller Wissenschaften und des Wirtschaftslebens erkennen, dass die Quantität sicher der Qualität des Menschenmaterials keine Einbuße tat. Anders allerdings steht es heute, wo Sombart u. a. ein deutliches Zurückweichen der Juden und sinkende Einwirkung auf das Wirtschaftsleben und die gesamte Kultur wahrzunehmen glaubt. Ob, abgesehen von der numerischen Minderung ihres Anteils an der allgemeinen Bevölkerung des Deutschen Reiches, noch eine spezielle Verschlechterung der Qualität des einzelnen jüdischen Individuums (im großen Ganzen gesprochen) die Einbuße verursachte, lassen wir vorerst dahingestellt.

Auf jeden Fall ist der prozentuale Anteil der Juden an der deutschen Bevölkerung bedeutend zurückgegangen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Untergang der deutschen Juden.