Wittenberg

Diese Universität hat in ihrer Verfassung viel Aehnlichkeit mit der Universität Leipzig. Wenn eine ordentl. Professur der alten Stiftung erledigt worden, so schlägt die Fakultät, in welcher die Vakanz ist, gemeiniglich 3, bisweilen auch 4 oder 5 Personen der Universität vor. Die Universität, d. i. die übrigen 3 Fakultäten, behält entweder dis sogenannte Probuleuma der Fakultät unverändert bei, oder macht eine andere Denomination und schickt dieselbe an den Kirchenrat in Dresden. Jedoch wird das Probuleuma der Fakultät immer zugleich mit eingesandt. Der Kirchenrat wählt alsdann einen von den Denominirten, wenn ihm die akademische Denomination nicht missfällt, als in welchem Fall die Universität Befehl zu einer andern Denomination erhält, weil der Kirchenrat keinen wählen kann, der nicht von der Universität denominirt worden. Der also gewählte muss nun auch von dem geheimen Conseil konfirmiert werden. Wenn daher das geheime Conseil die Wahl des Kirchenrat missbilligt, so bekömmt dieser Befehl, eine neue Wahl zu veranstalten. Bei außerordentlichen oder Supernumerar-Professuren wird nicht denominirt; doch ist es gewöhnlich, dass in dem Fall, wenn jemand um eine solche Stelle in Dresden angehalten hat, erst ein Befehl an die Universität erlassen und ihr Gutachten über das Gesuch und die Verdienste des Kandidaten erfordert wird.

Die Zahl der Studierenden ist zwar seit 8 Jahren etwas größer, als sie im siebenjährigen Kriege und den zunächst darauf folgenden Jahren war. Sie kommt aber doch selten über 450, da sie sich im vorigen Jahrhundert noch auf 1.500 bis 2.000 belaufen. Die Studiosi Theologiae machen hier bei weitem die größere Hälfte aus. — Studiosi Medicinae sind gewöhnlich nur 10 bis 12 hier.


Der Rektor kann zwar in Disziplinar-, Schulden- und ähnlichen Sachen vieles allein verfügen, Verhöre mit Zuziehung des Protonotarii anstellen, strafen, auch nach Befinden von Strafen dispensieren u. s. w. Allein es gibt ein ordentliches Universitätsgericht, das Dekanat, worin die jedesmaligen 4 Decani unter Vorsitz des Rektor alle Klagen annehmen, Untersuchungen anstellen, Decisa, welche von dem zeitigen Decanus facult. jurid. gemacht werden, publizieren lassen u. s. w. Dieses Gericht versammelt sich, sowie es die Umstände erfordern, alle 14 Tage oder auch nur in 3 oder 4 Wochen.

Der Beneficien gibt es hier eine große Zahl:

1) Kurfürstl. Stipendia von jährlich 20, 30, 40 Gulden, die ungefähr 50 Studierenden erteilt werden auf 3 Jahr.

2) Die Hohen Kurfürstl. Stipendia von 60-80-100 Gulden, welche auf eben diese Zeit einigen Candidatis, Magistris legentibus und Adiunctis Facult. philos., die sich zu öffentlichen Lehrern nach und nach zu qualifizieren suchen, erteilt werden.

3) Das Kurfürstl. Convictorium, worin an 18 Tischen, an jedem 12 Studenten speisen, wofür einer wöchentl. 6 ½ Groschen zahlt und Mittags und Abends warmes Essen, auch Bier erhält. Einige Stellen sind ganz frei.

4) Gegen 30 Stipendia, welche die Universität, zum Teil auch einige andere Collatoren aus gewissen Familien vergeben, meistenteils zwischen 20 bis 30 Rthlr. jährlich, einige auch von 50 Rthlr. Mehrere dergleichen Stipendia sind für hier studierende Ungarn gestiftet.


Die Kurfürstlichen Stipendiaten werden alle 14 Tage examiniert, im Disputieren geübt, auch in Ausarbeitungen, und bekommt darüber Zensuren, die nach Dresden geschickt werden. Diejenigen, welche günstige Zensuren bekommen, erhalten nach und nach höhere Stipendia. Außer den wirklichen Stipendiaten werden auch die Expektanten jenen Prüfungen unterworfen.

Die höchsten Honoraria sind halbjährig 2 bis 2 ½ Thaler. Die für die theologischen Kollegia, die ohnehin von den meisten frei gehört werden, noch weniger. Auch hier werden nur die Brodkollegia zahlreich besucht, andere höchstens nur dann, wenn sie publice gelesen werden.

Bei den einzelnen Fakultäten gibt es keine besonderen Institute. Zur Bildung künftiger Prediger werden von den Theologischen Professoren Predigercollegia gehalten. Die medizinische Fakultät hat jetzt ein Gutachten von der Universität über die Errichtung eines philologischen Seminariums gefordert worden. Bisher hat der Professor eloquentiae nur ein Privatinstitut der Art gehalten.

Die Einkünfte der Professoren fließen aus mancherlei Fonds. Jede Profession hat ihre eigne bestimmte geringere oder höhere Besoldung. Die höchsten sind in der theolog. und juristischen Fakultät, zu 40-60-80-100 Gulden vierteljährig, die geringsten in den beiden anderen Fakultäten, bis zu 30-25 Gulden vierteljährig. Hingegen haben alle Professoren gemeiniglich jährl. 80 Thaler Biersteuer, über 40 Rthlr. Festgelder und dergleichen mehr, jeder jährlich 43 Scheffel Korn, 12 Scheffel Hafer, einige Klaftern Holz und andere Naturalien. Auch haben die Professoren, deren Besoldung sehr gering, sogenannte Accessinen aus neueren Fonds, die zum Teil eben soviel als ihre von alten Zeiten herrührende Besoldungen betragen, ferner haben die meisten Professores Philos. 1-2-300 Rthalr. jährliche Pension. Das Fixum eines Professors in der theolog. und jurist. Fakultät ist also 5-600 Thaler, wozu noch andere Ämter und deren Einkünfte kommen, in den 2 anderen Fakultäten gegen 400 Thaler, wozu noch die Promotionseinkünfte und die erwähnten Pensionen kommen. Junge hoffnungsvolle Dozenten, Magistri und Adjuncti bekommen auch jährliche Pensionen von 50-100 Thaler.

In den Beilagen sind außer den Lektionskatalogen noch mehrere andre die Verfassung dieser Universitäten betreffende Schriften befindlich.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Universitäts-Bereiser